LVwG-411610/9/BP/HG

Linz, 02.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Pree über die Beschwerde von J E, geb. x, W, vertreten durch RA Dr. F M, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26. Juli 2016, GZ: Pol96-698-2-2015, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.              

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 26. Juli 2016, GZ: Pol96-698-2-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe iHv. 3.000 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-GmbH, S-straße 1, E (nunmehr: W Straße 331a, G), zu verantworten hat, dass sich dieses an Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, in der Zeit vom 27. Mai 2015 bis 28. Mai 2015 im Cafe-Restaurant B, W-straße 24/2, S, unter Verwendung von einem Glückspielgerät unternehmerisch beteiligt hat.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Es wurden zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen in Form von Walzenspielen bzw. elektronischen Glücksrädern durchgeführt. Sie haben es als das gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ des Unternehmens A-GmbH mit der Geschäftsanschrift E, S-straße Nr. 1 in Ihrer Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass sich dieses als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt hat. Es handelte sich um verbotene Ausspielungen, da dafür eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die Ausspielungen auch nicht gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren. Es lagen Glücksspiele vor, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine Vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war und für welche vom Unternehmer Vermögenswerte Leistungen (Gewinn) in Aussicht gestellt wurden.

Das durch Sie vertretene Unternehmen war daran beteiligt, indem es das Gerät zur Verfügung stellte und dadurch Einnahmen erzielte.

 

Gehäusebezeichnung des Glücksspielgeräts:

 

1) afric2go, Seriennr. x (FA-Nr. 4)

 

Tatzeitraum:

27.05.2015 bis 28.05.2015

 

Tatort:

in S, W-straße 24/2 (Lokal „Cafe Restaurant B“)

 

Sie haben somit folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 52 Abs. 1 Z 1 iVm. § 2 Abs. 2 und 4 iVm. § 4 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von

falls diese uneinbringlich
ist, Ersatzfreiheitsstrafen von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1) 3.000 Euro

34 Stunden

-

§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG

[…]"

 

Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

"Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat im Rahmen der Beschlagnahmebescheide vom 06.07.2015, als die nach § 50 Abs 1 GSpG zuständige Behörde, aufgrund der ausführlich dokumentierten Anzeige des Finanzamtes Braunau Ried Schärding, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Veranstaltens von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, gegen Sie als Eigentümer des genannten Geräts am 17.05.2016 eingeleitet.

 

Es wurde folgender, verfahrenswesentlicher Sachverhalt zur Anzeige gebracht:

Bei einer am 28.05.2016 [gemeint wohl: 2015] ab 14:30 Uhr, im Lokal mit der Bezeichnung "Cafe Restaurant B", S, W-straße 24/2, betrieben von der T M KG mit Sitz in S, R 6, von Organen der Abgabenbehörde, Finanzamt Braunau Ried Schärding, als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz war unter [anderem] das Glücksspielgerät mit der Bezeichnung

 

1) afric2go, Seriennr. x

 

betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden, mit welchem jedenfalls im Zeitraum von 27.05.2015 bis 28.05.2015 wiederholt verschiedene Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, konkret in Form eines elektronischen Glücksrades. Aufgrund der für die Spielteilnahme bedungenen Spieleinsätze und der vom Veranstalter in Aussicht gestellten Gewinne wäre fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen worden und deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden, weil diese Ausspielungen weder von der erforderlichen Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst waren, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

[…] Bei dem Gerät mit der Bezeichnung „afric2go" (Nr. 4) stellt sich der Ablauf wie folgt dar: Es handelt sich dabei um einen mehrstufigen Dienstleistungsautomat, welcher als Geldwechsler oder Musikautomat verwendet werden kann. Die 121 gespeicherten Musiktitel werden in akzeptabler Qualität abgespielt, dauern drei bis fünf Minuten und können nicht unter- oder abgebrochen werden. Durch Betätigung der grünen „Rückgabe/Wählen"-Taste können zwei verschiedene Stufen ausgewählt werden - Stufe 1 = ein Lied, Stufe 2 = zwei Lieder. Mittels Münzeingabe oder Banknoteneinzug ist ein Guthaben auf dem Kreditdisplay herzustellen. Durch Drücken der roten Taste („Musik kopieren/hören" können die Musiktitel auf einen USB-Stick geladen oder abgespielt werden. Der Benutzer hat dabei eine Auswahlmöglichkeit, welchen Musiktitel er abspielen bzw. kopieren möchte. Der Preis für ein Musikstück beträgt EUR 1,00, je nach Auswahl der Stufe verringert sich demnach das Kreditguthaben um EUR 1,00 oder EUR 2,00. Mit dem Drücken der roten Taste wird gleichzeitig ein Zufallsgenerator aktiviert, der zu einem vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlauf führt. Dadurch kann ein Bonus bei Aufleuchten eines Zahlensymbolfeldes (2/4/6/8/20) erlangt werden, welcher dann im Anzeigedisplay ersichtlich ist. Durch Drücken einer beliebigen Taste wird der Bonus in dieser Höhe (bei Auswahl der Stufe 2 in doppelter Höhe) dem Kredit zugezählt, das Kreditguthaben kann durch Drücken der grünen Taste ausgeworfen werden.

 

Das gegenständliche elektronische Glücksrad wurde auf Namen der Firma A GmbH mit Sitz in E betrieben.

 

Das Gerät war im Lokal "Cafe Restaurant B", S, W-straße 24/2 aufgestellt und durch jedermann benutzbar.

Dieser Sachverhalt wurde Ihnen im Rahmen der Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17.05.2015 zur Kenntnis gebracht, gleichzeitig wurde Ihnen die Möglichkeit gewährt, binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

 

Mit Schreiben vom 30.05.2016, eingelangt am 01.06.2016 brachten Sie durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung, RA Dr. F , W, eine Rechtfertigung ein.

 

Sie bestreiten darin einerseits grundsätzlich die Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes. Desweiteren bestreiten Sie, 1. eine Tathandlung gesetzt zu haben, 2. dass die zu verantwortenden Handlungen und Unterlassungen tatbeständig seien, 3. dass die von der Behörde herangezogene Gesetzesnorm anzuwenden sei, 4., dass Entgeltlichkeit vorliege, 5. dass der Spielverlauf überwiegend oder ganz zufallsabhängig sei, 6. dass das Gerät überhaupt bzw. in einer gegen gesetzliche Normen verstoßenden Art und Weise betrieben werde oder betriebsbereit war.

 

Begründungen, bzw. Sachverhaltsergänzen, weshalb die bestrittenen Tatsachen nicht vorlägen, brachten Sie nicht vor. Vielmehr beantragen Sie weiters die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers unter Aufzählung der an diesen zu stellenden Fragen, sowie die Beiziehung eines Sachverständigen für Glücksspielwesen zum technischen Ablauf der Spiele.

 

Sie bringen weiters vor, die gegenständlichen Eingabeterminals seien weder Glücksspielautomaten noch elektronische Lotterie, überhaupt könne darauf kein wie auch immer geartetes Glücksspiel stattfinden. Die Geräte stünden auch mit keinem Spielanbieter in Zusammenhang. Über die verfahrensgegenständlichen Terminals können lediglich Aufträge verschiedener Art weiter gegeben werden

Am Gerät selbst fände kein Spiel statt und könne auch kein Einsatz geleistet werden. Auf dem Gerät könne nicht gespielt werden.

Ferner brachten Sie vor, dass über Gewinn und Verlust nicht die mechanische oder elektronische Vorrichtung des Apparates entscheide, sondern dieser auf einem Geldspielapparat generiert und von der lokal verwendeten Software lediglich visualisiert werde und die in Diskussion geratenen Terminals lediglich ein Spiel an anderer Stelle erlauben.

 

Abschließend bringen Sie vor, die Ausspielung von Gewinn und Verlust sei nahezu ausschließlich von der Geschicklichkeit des Spielers abhängig. Nähere Erläuterungen dazu wurden nicht vorgebracht.

 

Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich eindeutig und widerspruchsfrei aus dem Behördenakt, insbesondere aus den Anzeigen des Finanzamtes Braunau Ried Schärding. Die Dokumentation der durchgeführten Kontrolle durch die Finanzpolizei insgesamt erscheint der Behörde nachvollziehbar, schlüssig und glaubhaft, es ergibt sich kein Grund, an dieser zu zweifeln. Dass die Geräte bis zum Zeitpunkt der Kontrolle betriebsbereit aufgestellt waren, ergibt sich aus der zu Grunde liegenden Anzeige.

 

Von der zeugenschaftlichen Vernehmung des Meldungslegers konnte abgesehen werden, da seitens der Beschuldigten lediglich bestritten wurde eine Tat begangen zu haben, den Sachverhalt wesentlich abändernde Begründungen wurden jedoch nicht vorgebracht. Die von der Beschuldigten aufgeworfenen Fragen stehen einerseits mit der Sache in keinerlei Zusammenhang - etwa wie jener nach den Öffnungszeiten des Unternehmens -, beziehen sich auf ohnehin bereits aufgrund der Anzeige des Finanzamtes feststehende Wahrnehmungen des Meldungslegers (beispielsweise ist die Frage der Betriebsbereitschaft hinreichend durch Fotodokumentationen und Aktenvermerke des Finanzamtes Braunau Ried Schärding dokumentiert). Grundsätzlich gewann die Behörde den Eindruck, dass sich die rechtsfreundliche Vertretung der Beschuldigten mit dem konkreten Verfahrensgegenstand nur wenig bis gar nicht auseinandersetzte. Zur Rechtfertigung bediente man sich lediglich eines vorgefertigten „Musters" bediente, welches auch bei vielen zeitgleich bei der Behörde anhängigen Verwaltungsstrafverfahren angewendet wurde. Die Beweisanträge der Beschuldigten sind lediglich als Verschleierungs- und Verzögerungstaktik der Beschuldigten zu werten; das unsubstantiierte Bestreiten sämtlicher Vorwürfe kann bestenfalls als Schutzbehauptung interpretiert werden.

 

Von der Einvernahme eines Sachverständigen für Glücksspielwesen war auch abzusehen, da die Funktionsweisen der Eingriffsgegenstände bereits in dem zu den verfahrensgegenständlichen Eingriffsgegenständen durchgeführten Beschlagnahme­verfahren - auch vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich - hinreichend festgestellt wurde. Neue Erkenntnisse sind durch ein neuerliches Sachverständigen­gutachten nicht zu erwarten.

 

Der festgestellte Sachverhalt ist wie folgt rechtlich zu beurteilen:

 

Als Rechtsgrundlage wurde das Glücksspielgesetz, dabei insbesondere nachfolgende Bestimmungen, herangezogen:

 

[Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften setzt die belangte Behörde fort:]

 

Die angezeigten Glücksspiele unterliegen jedenfalls den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes.

 

Hinsichtlich des Gerätes afric2go entschied zwar das LVwG in oben zitiertem Erkenntnis dahingehend, dass kein Glücksspiel vorliege. Zum gleichen Gerät entschied nun mittlerweile der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall (VwGH 02.04.2016, Ro 2015/17/0020) ausführlich dahingehend, dass das Gerät eine Gewinnchance bietet. Durch den Einwurf einer 1-Euro-Münze erwirbt man die Chance, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl und anschließender Betätigung der "Rückgabe-Taste" einen Gewinn zu realisieren. Da das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Zahlensymbols vom Gerät selbsttätig herbeigeführt wird, liegt ein Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann. Ob dabei Zusatzleistungen wie eine Geldwechselfunktion oder die Möglichkeit, ein Musikstück abzuspielen oder durch Download auf einen USB-Stick zu erwerben, geboten wird, ist für die Beurteilung, ob das Gerät eine vom Zufall abhängige Gewinnchance bietet, ohne Belang. Zu welchem (weiteren) Zweck das Gerät bestimmt ist oder benutzt wird, ist für die Beurteilung, ob ein Glücksspielgerät vorliegt, ebenso wenig relevant.

Wie in VwGH 28.06.2011,2011/17/0068, bereits festgehalten wurde, vermag die Feststellung, welches Musikstück vor dem Weiterspielen eines Benutzers des Geräts zur allfälligen Realisierung eines Gewinns abgespielt wird (und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit des Spielers gibt oder nicht bzw. ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird), an dem Umstand, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, allenfalls für seinen Einsatz zufallsabhängig etwas zu gewinnen, nichts zu ändern.

Auch dass der mögliche Erwerb eines Musiktitels für den geleisteten Einsatz eine adäquate Gegenleistung darstelle, ändert nichts an der Eigenschaft des vorliegenden Geräts als Glücksspielgerät (vgl VwGH vom 06. März 2014, 2013/17/0802, zur Wiedergabe eines Musikstücks).

 

Für die Erfüllung des § 2 Abs 1 Z 2 GSpG ist lediglich Voraussetzung, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine Vermögenswerte Leistung erbracht wird. Der Einsatz von EUR 1,00 steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel, da gleichzeitig mit der Betätigung der "Musik kopieren/hören"-Taste der zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf in Gang gesetzt wird, mit dem dieser Einsatz vervielfacht werden kann. Aber selbst ein zeitversetztes Starten der Gewinnspielfunktion könnte den Zusammenhang zwischen der Einsatzleistung und dem Gewinnspiel verfahrensgegenständlich nicht durchbrechen: Auch wenn für den Einsatz von EUR 1,00 zuerst ein Musikstück abgespielt oder abgespeichert würde und erst danach ein Zufallsgenerator das Gewinnspiel starten würde, stünde das derart verzögert in Gang gesetzte Glücksspiel noch in einem engen Zusammenhang mit der Einsatzleistung, weil die Vermögenswerte Leistung des Anwenders eben nicht auf den Erwerb eines Musiktitels beschränkt ist, sondern auch die (nachfolgende) Gewinnchance umfasst.

 

Dieses Gerät ist also als Glücksspiel iSd GSpG zu qualifizieren.

 

Eine Konzession oder Bewilligung liegt für dieses Gerät nicht vor. Für die Behörde ergeben sich sohin keine Zweifel, dass die angezeigten Ausspielungen in Form verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, veranstaltet wurden. Aufgrund des Betriebes der Glücksspielgeräte, welche die Durchführung der Ausspielungen ermöglichten, wurde mit diesen verbotenen Ausspielungen gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, erstes Tatbild, verstoßen. Es lag sohin ein unzulässiger Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vor.

 

Mit der beantragten Einvernahme des Meldungslegers hinsichtlich der höchstmöglichen Einsatzhöhe zielte die Beschuldigte offensichtlich auf die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 1 GSpG ab. Hiezu ist zu erwähnen, dass es dahingestellt bleiben kann, ob lediglich um geringe Beträge gespielt wird, da für die Ausnahme jedenfalls kumulativ das Glücksspiel nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt wurde. Dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Spielen um Ausspielungen handelt, wurde von der Beschuldigten nicht bestritten. Vielmehr wird in der Rechtfertigung vom 30.05.2016 selbst von einer Ausspielung gesprochen, im gleichen Satz wird lediglich bestritten, dass Gewinn und Verlust vom Zufall abhängig seien.

 

Für diese Ausspielungen waren nachweislich weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt worden, noch waren diese Ausspielungen nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. An diesen Ausspielungen konnte vom Inland aus teilgenommen werden. Die Ausspielungen wurden also in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

 

Die gegenständlichen Glücksspiele, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, bei denen die Spieler eine Vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen mussten und bei denen vom Unternehmer eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden war, wurden also ohne Rechtsgrundlage von einem Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG veranstaltet. Somit wurden diese Glücksspiele in Form einer verbotenen Ausspielung veranstaltet.

 

Sie als Verantwortlicher der A GmbH, welche Eigentümerin des Gerätes ist, haben dieses Gerät zur Verfügung gestellt und daher gegen § 52 Abs. 1 Z 1, viertes Tatbild (als Unternehmer daran beteiligt) verstoßen.

 

Bezüglich Ihrer Bedenken wegen der Unionsrechtswidrigkeit wird auf die jüngsten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH 16.03.2016, Ro 2015/17/0022,VwGH 20.04.2016, Ra 2016/17/0066-3 verwiesen, wonach eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des österreichischen Glücksspielgesetzes nicht erkannt wird.

 

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte gemäß Abs 2 bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-GmbH, sind Sie daher für die angezeigten Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt. Da das GSpG keine diesbezügliche Spezialnorm kennt, genügt für die Sanktionsmöglichkeit bereits die fahrlässige Begehung. Als Maßstab für die anzuwendende Sorgfalt des Täters ist dabei jene Sorgfalt zu berücksichtigen, zu der der Täter nach den Umständen des einzelnen Falles verpflichtet wäre.

 

Auf Grund der Tätigkeit als Unternehmer gehört es zu ihren grundlegenden Aufgaben, sich über die Zulässigkeit der Ausübung von Glücksspielaktivitäten zu informieren. Diese Überwachungsaufgabe oblag Ihnen als Verantwortlichen der erwähnten Firma und war Ihnen auf Grund der öffentlich zugänglichen Informationen (z.B. www.bmf.gv.at, RIS etc.) auch zumutbar.

 

Auch die Behauptung, eines Rechtsirrtums kann nicht überzeugen, da aus dem Gesamtzusammenhang des Verhaltes nicht angenommen werden kann, dass die irrige Rechtsauslegung unverschuldet erfolgte bzw. Sie das Unerlaubte ihres Verhaltens nicht einsehen konnten. Es bedarf bei der Einhaltung der einer am Wirtschaftsleben teilnehmenden Person obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr der Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Diese erfolgten im gegenständlichen Fall allenfalls bei beteiligten Unternehmen nicht aber bei Behörden.

 

Die Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen erfolgte daher zumindest fahrlässig, gleiches gilt für die Zurverfügungstellung der Geräte.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Die Einkommens-, Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Behörde ging hierbei von mittleren Verhältnissen aus, da Sie trotz Aufforderung diese nicht bekannt gegeben haben.

 

Mildernd war Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem Beschuldigten zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden. Angesichts der bisherigen Darlegungen war somit die Geldstrafe auf die im Spruch ersichtliche Höhe zu bemessen.

[…]

Es handelt sich um einen Eingriffsgegenstand, daher war der niedrigere Strafrahmen des § 52 Abs 2 GSpG (je Glücksspielautomat bzw. anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe iHv EUR 1.000,- bis zu EUR 10.000,-) anzuwenden. In Anbetracht dessen wurde ohnehin eine milde Strafe im unteren Drittel des Strafrahmens von der Finanzpolizei beantragt und verhängt. Die verhängte Strafe erscheint daher auch schuldangemessen.

 

Gemäß § 16 Abs 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen. Gemäß diesen sich aus § 19 VStG ergebenden Regeln sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Die Strafhöhe erscheint unter Zugrundelegung der im konkreten Fall zu berücksichtigen gewesenen Spezial- und Generalprävention und im Hinblick auf den im Tatzeitraum erzielten wirtschaftlichen Erfolg als geboten. Aus den angeführten Gründen erscheint unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen monatlichen Einkommens das verfügte Strafausmaß durchaus als angemessen und nicht als überhöht. Dies insbesondere deshalb, da im Gesetz im Fall der Tatbegehung mit mehr als drei Eingriffsgegenständen bzw. Glücksspielautomaten eine Höchststrafe von 30.000 Euro pro Glücksspielgerät bzw. Eingriffsgegenstand vorgesehen ist und die Behörde daher lediglich eine Strafe im Ausmaß von 30 % der jeweils möglichen Höchststrafe erlassen hat.

 

Eine weitere Strafherabsetzung kam unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe, die generalpräventive Funktion einer Verwaltungsstrafe und den Strafrahmen bzw. Strafsatz nicht in Betracht. Die Kostenvorschreibung ist gesetzlich zwingend und stützt sich auf § 64 Abs 2 VStG

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. [Hervorhebungen nicht übernommen]"

 

2. Mit Schreiben vom 16. August 2016 erhob der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welcher die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 VStG, in eventu eine Herabsetzung der verhängten Strafe, beantragt wurden.

 

Begründend führte der Bf zusammengefasst aus, dass Begründungsmängel, Verfahrensfehler und eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliegen, dass die belangte Behörde überdies unzuständig war, dass im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsmeinungen kein Verschulden anzulasten sei, dass keine Milderungsgründe festgestellt sowie Erschwerungsgründe unzutreffend gewertet wurden und daher die Strafe zu hoch bemessen worden sei.

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 9. September 2016 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

4. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 2. Juli 2016, kundgemacht im BGBl. I Nr. 57/2016 am 12. Juli 2016, ausgesprochen, dass bei ihm eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden im Sinne des § 86a Abs. 1 VfGG anhängig ist, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind. Gemäß § 86a Abs. 3 VfGG durften daher vom Verwaltungsgericht in Rechtssachen, welche die im Beschluss genannten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen §§ 52 bis 54 GSpG - anzuwenden und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen hatten, nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden konnten oder die die Frage nicht abschließend regelten und keinen Aufschub gestatteten. Im Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, kundgemacht im BGBl. I Nr. 91/2016 am 3. November 2016, hat der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsanschauung zusammengefasst, womit die oben genannten Wirkungen gemäß § 86a Abs. 3 VfGG geendet haben und das Verfahren fortzuführen war.

 

5. Mit Schreiben vom 23. November 2016 legte der Bf mit Verweis auf die europäische und österreichische Rechtsprechung eine ergänzende Stellungnahme hinsichtlich dem Anwendungsverbot des österreichischen Glücksspielgesetzes aufgrund der europarechtlichen Bedenken des österreichischen Glückspielmonopols und dem im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Rechtfertigungsgründe, insbesondere den präventiven Spielerschutz, zur Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit mitsamt 20 Beilagen vor.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere in die im Akt einliegende Niederschrift der Finanzpolizei, das Beschwerdevorbringen und der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 23. November 2016.

 

7. Bei der mündlichen Verhandlung brachte der Rechtsvertreter des Bf ergänzend zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2016 vor, dass die Anfechtung des Glücksspielmonopols durch den OGH vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m, zwar zurückgewiesen wurde, dies jedoch nichts an den Zweifeln des OGH an der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielrechtes ändere und daher davon auszugehen sei, dass der OGH Vorlagefragen an den EUGH stellen wird. Die Thematik der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes sei daher noch nicht abschließend geklärt. Im Übrigen wird auf das neuerliche Ersuchen um Vorabentscheidung des Landesverwaltungs­gerichtes Oberösterreich vom 17. November 2016, LVwG-411593, verwiesen.

 

Betreffend der vom erkennenden Gericht beigeschafften Unterlagen, wie dem Glücksspielbericht und der Studie zum Glücksspielverhalten, sei anzumerken, dass es sich hierbei um Unterlagen handle, welche teilweise auch vom am Verfahren beteiligten Parteien erstattet bzw. verfasst wurden. Im Sinne des Urteils des EGMR vom 20. September 2016 zur Rechtssache Karelin, 926/08, müsse daher zumindest von einer sogenannten Anscheinsbefangenheit des jeweils erkennenden Richters bzw. der Richterin ausgegangen werden. Außerdem verwies der Bf abermals auf das Vorliegen eines Verbotsirrtums.

 

8. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Am 28. Mai 2015 führten Organe der Finanzpolizei um ca. 14:30 Uhr eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz im Cafe-Restaurant B, W-straße 24/2, S, durch.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle wurden im Lokal unter anderem das im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Gerät betriebsbereit vorgefunden, von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Nummerierung gekennzeichnet und nach Durchführung von Testspielen zwecks Verhinderung eines weiteren Eingriffs in das Glücksspielmonopol vorläufig beschlagnahmt, versiegelt und vor Ort belassen.

 

Das in Rede stehende Gerät war zwecks nachhaltiger Einnahmenerzielung in dem gegenständlichen Lokal betriebsbereit aufgestellt. Es konnten Einsätze an den Geräten geleistet werden, für welche - abhängig vom Einsatz - Gewinne in Aussicht gestellt wurden.

 

Die A-GmbH, S-straße 1, E (nunmehr: W Straße 331a, G) ist Eigentümerin des in Rede stehenden Geräts. Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-GmbH.

 

Beim gegenständlichen Gerät mit der Gehäusebezeichnung "afric2go" handelt es sich um ein Gerät, das unter anderem für Geldwechselzwecke verwendet werden kann. Auf dem Gerät befinden sich eine rote und eine grüne Taste. Mittels Drücken der grünen Taste kann zunächst zwischen Stufe 1, 2 und 4 gewechselt werden. Durch Einwerfen von Münzen oder Einführen von Banknoten in den Banknoteneinzug kommt es zur Anzeige eines entsprechenden Guthabens auf dem Kreditdisplay. Durch erneutes Drücken der grünen Taste kann das Guthaben in 1 Euro oder 2 Euro Münzen gewechselt werden.

Durch Drücken der roten Taste können jedoch – abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) – 1, 2 oder 4 (je nach Stufe) Lieder am Automaten angehört oder auf einen USB-Stick, welcher am Automaten angeschlossen werden kann, kopiert werden. Wird die rote Taste bei Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um 2 Euro, bei gewählter Stufe 4 um 4 Euro.

Während des Anhörens oder Kopierens der Musik, also bereits aufgrund des Drückens der roten Taste, kommt es automatisch zur Aktivierung eines zufalls­abhängigen Bonussystems am Gerät, bei dem der Beleuchtungsumlauf in den Zahlenfeldern und Notensymbolen in der Gerätemitte ausgelöst wird.

Sofern am Ende des vom Kunden nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet bleibt, bleibt ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt werden kann. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2/4/6/8 oder 20, in Stufe 2 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter Höhe und in der Stufe 4 in vierfacher Höhe. Durch Drücken der grünen Taste kann der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden.

 

 

II.             

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt, insbesondere der schlüssigen und nachvollziehbaren Anzeige der Finanzpolizei, ihrem Aktenver­merk zur gegenständlichen Kontrolle, der Dokumentation der Probespiele, der Niederschrift über die Einvernahme und den deutlichen, im Akt einliegenden Fotos. Sie gründen zudem auf der glaubwürdigen Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Kontrollorgans.

 

Dass der Bf zum Tatzeitpunkt Geschäftsführer der A-GmbH war, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Firmenbuchauszug. Dass die A-GmbH Eigentümerin des gegenständlichen Geräts ist, ergibt sich aus dem parallel geführten Beschlagnahmeverfahren und wurde vom Bf auch nie abgestritten.

 

Dass das Gerät zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung betrieben wurde, folgt bei lebensnaher Betrachtungsweise bereits daraus, dass diese von einem Unternehmer betriebsbereit in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt wurden und die Funktionsweise der Geräte eine Einnahmenerzielung ermöglicht. Es sind im Verfahren auch keine ausreichenden Gründe hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die Aufstellung des Geräts aus reiner Freigiebigkeit vorgenommen worden wären und dass das Gerät nicht zur Durchführung von Glücksspielen zur Verfügung gestellt worden wären.

 

Dass das verfahrensgegenständliche Gerät vom 27. Mai 2015 bis 28. Mai 2015 betriebsbereit im gegenständlichen Lokal aufgestellt war, ergibt sich aus den Unterlagen zur finanzpolizeilichen Kontrolle. Das Gerät war zu dem Zeitpunkt an dem die Kontrolle der Finanzpolizei begonnen hat, bereits betriebsbereit für das Spielen von Glücksspielen aufgestellt gewesen. Das Argument des Bf, es wäre im Zeitraum der der finanzpolizeilichen Kontrolle kein Spielen möglich gewesen, geht daher ins Leere.

 

Dass die Lokalbetreiberin oder das Unternehmen des Bf, als Eigentümerin der Geräte, im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für Ausspielungen am verfahrensgegenständlichen Standort mit den verfahrens­gegenständlichen Geräten gewesen wären oder eine Konzession oder Bewilligung für in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vorgelegen wäre, wurde zu keinem Verfahrenszeitpunkt behauptet. Ebenso ist eine solche der diesbezüglich einschlägigen Homepage des BMF https://www.bmf.gv.at/ steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/gspg-konzessionaere.html nicht entnehmbar.

 

 

III.            

 

1. Gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm. § 3 Abs. 2 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

2. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung BGBl I Nr 105/2014, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

Gemäß § 52 Abs 2 GSpG ist bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

 

§ 52 Abs 3 GSpG lautet: Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 1 Abs 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

3. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät Spiele durchgeführt werden konnten, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt.

 

Aufgrund der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 2016, Ro 2015/17/0020 und 0021, zum Gerät „afric2go“, kann die bisherige Judikatur des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, die zusammengefasst davon ausging, dass aufgrund der Zurverfügungstellung eines Musiktitels, welcher auf einem Datenträger gespeichert und mitgenommen werden kann und des daraus resultierenden Erhalts eines Wertäquivalents, keine Einsatzleistung und insofern keine Ausspielung vorliegt, nicht mehr aufrechterhalten werden. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stützte sich bei dieser Rechtsprechung insbesondere auf die oben dargestellten Gutachten, die den Schluss zuließen, dass es sich bei Geräten, die diesen Gutachten entsprechen, um Musikautomaten handle. Dieser Ansicht war auch der Leiter der Stabstelle der Finanzpolizei, worauf die zuständige Abteilung der Oö. Landesregierung mit Schreiben vom 7. März 2013 mitteilte, dass Geräte, die den Gutachten entsprechen würden, als Musikautomaten zu qualifizieren seien.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellte nunmehr klar (Ro 2015/17/0020), dass für die Erfüllung des § 2 Abs 1 Z2 GSpG lediglich Voraussetzung ist, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine vermögenswerte Leistung erbracht wird. Der Einsatz von 1 Euro stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel, da gleichzeitig mit der Betätigung der „Musik kopieren/hören“-Taste der zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf in Gang gesetzt werde, mit dem der Einsatz vervielfacht werden könne. Selbst ein zeitversetztes Starten der Gewinnspielfunktion könne den Zusammenhang zwischen Einsatzleistung und Gewinnspiel nicht durchbrechen, da selbst ein verzögert in Gang gesetztes Glücksspiel noch in einem engen Zusammenhang mit der Einsatzleistung stehe, weil die vermögenswerte Leistung des Anwenders nicht auf den Erwerb eines Musiktitels beschränkt ist, sondern auch die (nachfolgende) Gewinnchance umfasse.

 

Entsprechend der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist – trotz Übereinstimmung der Funktionsweise des gegenständlichen Geräts mit dem Gutachten von F M – festzuhalten, dass mit dem Gerät mit der FA-Nr 4 Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte.

 

Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 1 GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und der Bf von diesem auch nicht ausgenommen war, weshalb diese Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG verboten waren.

 

Die A-GmbH als Eigentümerin des Geräts hat sich somit unternehmerisch an Ausspielungen beteiligt und den objektiven Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG erfüllt. Der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Vertretung nach außen berufen und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

4. Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf berufte sich jedoch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mit dem Verweis auf ein dem Gericht bekanntes Schreiben der Oö. Landesregierung aus dem Jahr 2013 auf einen Verbotsirrtum.

 

Entschuldigend wirken dabei nach ständiger Rechtsprechung nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Judikatur zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.03.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22.03.1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18. 9. 2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, z.B. der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (z.B. VwGH 16.11.1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskrankenkasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw. in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufs­mäßiger Parteienvertreter (z.B. von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rechtsprechung der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungs­verhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22.02.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21 (Stand 1.7.2013, rdb.at).

 

Obwohl durch das Aufstellen des gegenständlichen Geräts ein Verstoß gegen einen der objektiven Tatbestände des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begangen wurde, fehlt es im konkreten Fall an einem vorwerfbaren Verhalten. Der Bf durfte auf die – ihm bereits vor Aufstellung des gegenständlichen Geräts bekannte – Rechtsansicht der Oö. Landesregierung bzw. des Leiters der Stabstelle Finanzpolizei, wonach es sich bei einem derartigen Gerät um einen Musikautomaten handle, soweit es dem Sachverständigengutachten entspricht, vertrauen. Der Bf konnte sich somit erfolgreich auf einen Verbotsirrtum berufen.

 

5. Es war somit im Ergebnis der Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm. § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

Nachdem der Beschwerde stattgegeben wurde, waren keine Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aufzuerlegen.

 

 

IV.          Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit des § 52 Abs. Z. 1 GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen (vgl. insbesondere die in Punkt III. zitierte Judikatur).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Pree