LVwG-000157/23/Bi/CG

Linz, 28.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn W P, S, L, vom 5. Mai 2016 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. April 2016, GZ: 0061245/2015, wegen Übertretung des OÖ. Hundehaltegesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 3. Oktober 2016 und 7. November 2016

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Tatzeit auf „12. November 2015, ca 7.30 bis 10.00 Uhr“ eingeschränkt wird; die Geldstrafe wird auf 40 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Stunden herabgesetzt. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde wird auf 4 Euro herabgesetzt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 3 Abs.2 Z2 iVm 15 Abs.1 Z2 Hundehaltegesetz eine Geldstrafe von 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2,5 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 5 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, seine beiden Schäferhunde hätten im Garten seines Hauses in der S 53 in L am 12. November 2015 durch ihr Gebell, welches laut und über eine längere Dauer (ganzer Vormittag bis zumindest um 10.25 Uhr; Eintreffen der Polizei) hindurch erfolgt sei, die Anrainer über das zumutbare Ausmaß hinaus belästigt. Er habe dadurch, dass er seine Hunde an der Adresse S 53 in L am 12. November 2015 zum oben zitierten Zeitraum nicht in einer Weise beaufsichtigt bzw verwahrt habe, dass Menschen durch das Gebell seiner Schäferhunde nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden, seine Schäferhunde entgegen den Bestimmungen des Hundehaltegesetzes gehalten und somit eine Verwaltungsübertretung begangen.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 3. Oktober und am 7. November 2016 wurde in Verbindung mit dem Verfahren LVwG-000158/ER eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf, der Vertreterin der  belangten Behörde Frau Mag. C P-H, und der Zeugen T P (P), A H (H), Mag. B S (S) und der Meldungslegerin RI K M (Ml) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, es könne nur am Unverständnis der Bearbeiterin dieser Angelegenheit betreffend eine entsprechende Hundehaltung liegen, wenn sie zu so einem Straferkenntnis komme. Eine mögliche Erklärung sei, dass sie laut Eigendefinition mit einer „Hundeallergie“ leben müsse und gleichzeitig Hundehalter abzustrafen habe. Er habe ausführlich dargelegt, aus welchen Umständen es zu einem jeweiligen kurzen Bellen = Anschlagen der Hunde am Gartentor kommen könne. Ein andauerndes Gebell könne nur vorgelegen sein, wenn sich jemand fortwährend am Hauseingang aufhalte – zB auch die „einschreitenden Polizeibeamten“, er kenne deren Wahrnehmungen nicht. Es liege nun einmal in der Natur von Hunden – nicht nur bei jenen, die zur Überwachung von Objekten geeignet seien – dass Fremdes bzw Unsicherheit-Erzeugendes gemeldet werde. Wenn er zu Hause sei, schreite er immer ein, alles andere seien bösartige Unterstellungen bzw unbewiesene Behauptungen, zB er würde die Hunde sogar auffordern, aggressiv zu sein bzw jemanden zu verbellen. Das sei ein an Blödheit nicht mehr zu überbietender Beitrag in dieser eigentlich banalen, allerdings aufwendigen Sache. Vor allem wenn man feindseligen Nachbarn ausgesetzt sei, die mit Tratsch, Vernadern und Anschwärzen kein Problem hätten, seien solche einfältigen Meldungen nicht hilfreich für eine objektive Rechtsfindung. Er ersuche nochmals um eine Anberaumung eines Lokalaugenscheins, damit er mehr als „nicht einmal ansatzweise darlegen“ könne, welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um diesem leidigen Thema beizukommen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung – am 7. November 2016 in Verbindung mit der Verhandlung im Verfahren LVwG-000158 – bei der beide Parteien gehört und die oben angeführten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB einvernommen wurden.

Ein Lokalaugenschein erübrigte sich, weil die örtliche Lage der beiden Grundstücke des Bf und des Zeugen P anhand von DORIS-Fotos ersehen werden kann und die in der Verhandlung am 7. November 2016 genannten 500 m nicht das ggst Verfahren betreffen.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge P erstattete am 12. November 2015 um 10.25 Uhr telefonisch Anzeige bei der PI Linz-Neue Heimat, weil die Hunde des Bf „den ganzen Vormittag“ bellen würden und der Nachbar mache nichts; er halte das nicht mehr aus; das gehe seit Tagen so.

Kurz nach 12.20 Uhr traf die Ml, der von der Leitstelle pauschal eine „Lärmbeschwerde“ als Grund für die Anzeige genannt worden war, mit einem Kollegen beim Haus des Zeugen P ein. Sie bestätigte in der Verhandlung, dass sie das Gebell der Hunde im und vor dem Wohnhaus des Zeugen P wahrgenommen habe. Sie habe es eindeutig zum Wohnhaus und Garten des Bf zugeordnet. Der Zeuge P habe gesagt, das Gebell störe ihn so sehr, dass er in seiner Lebensführung unzumutbar beeinträchtigt werde. Aufgrund eines dringenden Einsatzes habe der Bf von der Anzeige nicht in Kenntnis gesetzt werden können. 

In der Verhandlung am 7. November 2016 gab die Ml zeugenschaftlich einvernommen an, das Gespräch mit dem Zeugen P, das sie als „Amtshandlung“ und nicht als bloße „Kontaktaufnahme“ gesehen habe, habe etwa 5 Minuten gedauert. Der Zeuge P habe sofort auf die zwei Hundes des Bf verwiesen und gesagt, das gehe schon den ganzen Vormittag so, zumindest längere Zeit. Sie habe das Bellen im und vor dem Haus wahrgenommen, konnte sich aber nicht mehr erinnern, ob die Hunde kurz gebellt, dann aufgehört und dann wieder angefangen oder durchgehend gebellt haben. Hund habe sie an diesem Tag keinen gesehen, sie sei nicht im Garten des Zeugen P gewesen. Sie bestätigte, es habe schon öfter Probleme und Beschwerden von Nachbarn wegen der Hunde des Bf gegeben, und sie glaube, dass auch schon Kollegen von der PI deswegen dort gewesen seien. Sie habe selbst schon einmal deswegen mit dem Bf gesprochen, da sei eine Nachbarin gekommen und habe bestätigt, dass es deswegen öfter Beschwerden gebe.

 

Der Zeuge P gab bei seiner Einvernahme am 3. Oktober 2016 an, teilweise arbeite er zu Hause und sei auch den ganzen Vormittag daheim. Im Sommer 2016 sei der 12jährige Windhund seiner Lebensgefährtin verstorben, den hätten die beiden Hunde des Bf bei einem Vorfall auf der Straße blutig gebissen; da gebe es auch eine Anzeige. Der Windhund habe nur gebellt, wenn die beiden Hunde des Bf losgelegt hätten, sonst sei er eher ruhig gewesen. Die Liste mit den Uhrzeiten, zu denen die Hunde bellen würden, führe er auf Anraten der Behörde – jedes Mal, wenn er den Garten betreten habe, seien die beiden Schäferhunde des Bf zum Zaun gelaufen und hätten wie verrückt gebellt. Die Behörde habe ihm geraten, eine Liste mit den Uhrzeiten zu führen, in denen die Hunde des Bf längere Zeit bellen, das sei inzwischen eine lange Liste. Bezogen auf den 12. November 2015 habe er die Uhrzeiten mit „7.30 Uhr bis 10.00 Uhr“ festgehalten. Er rufe nur die Polizei an, wenn das Gebell besonders unerträglich bzw nicht mehr auszuhalten sei, so sei es auch damals gewesen. Er wisse nicht, ob der Bf in dieser Zeit daheim gewesen sei, er habe ihn nicht wahrgenommen.

 

Die Lebensgefährtin des Zeugen P, die Zeugin H, bestätigte, dass ihr Windhund am 12. November 2015 noch gelebt habe, der sei 12 Jahre alt gewesen. Er sei sicher auch im Garten gewesen, aber es habe kein Grund bestanden zu bellen, weil dort ja auch keine fremden Leute vorbei gekommen seien. Nur wenn die Schäferhunde des Bf im Garten gebellt hätten, habe er zurückgebellt; dann habe sie ihn ins Haus gerufen, um das Bellen zu beenden. Ob das am 12. November 2015 auch so gewesen sei, konnte sie nicht mehr sagen. Die Schäferhunde hätten öfters längere Zeit gebellt, ohne dass sie verstanden habe, aus welchem Grund. Sie wisse nichts mehr zum 12. November 2015, nur dass zwei- oder dreimal die Polizei da gewesen sei. Sie arbeite auch zu Hause, sie verlasse das Haus nicht am Morgen.

 

Die vom Bf geltend gemachte Zeugin S gab an, sie kenne die Schäferhunde des Bf, seit sie acht Wochen alt gewesen seien, jetzt seien sie 7 bzw 4 Jahre alt. Sie habe selbst Aufzeichnungen, aber erst ab 10. Dezember 2015; dazu habe sie sich entschlossen, weil es Vorfälle mit Nachbarn gegeben habe und sie Fälle kenne, wo jemand wegen eines Nachbarn seine Tiere weggeben hätte müssen. Sie konnte zum 12. November 2015 konkret nichts sagen. Generell hätten einmal die Hunde des Bf gebellt und dann wieder der Hunde des Nachbarn. Die Hunde des Bf würden bellen zB wenn die Katze auf dem Baum sitze, wenn der Briefträger komme, weil sie der Motorenlärm störe, wenn die Frau, die jeden Tag mit einem Cockerspaniel mit Langlaufleine vorbeilaufe, ihren  Hund zu nahe an den Zaun lasse, wenn die Müllabfuhr komme bzw in Hausnähe umdrehe, wenn jemand zu knapp am Zaun vorbeigehe. Die Hunde würden ihr Revier verteidigen, da komme die Natur durch, da könne man nichts machen, die Hunde seien ja im eigenen Garten. Zeitungsausträger kämen in der Nacht; die Hunde würden auch bellen, wenn der Melder anspringe, wenn zB ein Tier vorbeilaufe oder jemand vorbeigehe. Sie würden aber nur ganz kurz bellen bzw nur brummen. Die Frau mit dem Spaniel laufe nicht in der Nacht. Dass die Hunde länger bellen würden, sei so, wenn auf der einen Seite ein Hund herauskeife, dann keife der andere Hund von der anderen Seite zurück.       

 

Der Bf hat in der Verhandlung am 3. Oktober 2016, befragt zur vom Zeugen P angegebenen Zeit zwischen ca 7.30 Uhr bis ca 10.00 Uhr am 12. November 2015, ausgeführt, er sei am Vormittag nicht daheim, er gehe in der Regel zwischen 9.15 Uhr und 13.00 Uhr mit den Hunden weg, zB in den Wasser- oder Hummelhofwald. Im November könne es sein, dass er Tennisspielen gewesen sei, da beginne die Hallensaison. Damals habe er die Hunde im Garten gelassen, wenn er nicht zu Hause gewesen sei. Wenn er zu Hause sei, seien die Hunde möglicherweise im Vorgarten beim Hauseingang. Zwischen der L und seinem Nachbarhaus befinde sich ein Durchgang; wenn da jemand mit einem Hund gehe, würden seine Hunde „natürlich“ auch reagieren. Sie würden auch auf das Moped des Briefträgers reagieren, der sei aber ohnehin gleich wieder weg. Er halte seine Hunde völlig normal und sehe nicht ein, warum er sie im Haus einsperren solle, wenn er einen großen Garten habe. Das Gebell ergebe sich eben manchmal durch andere Leute, die mit ihren Hunden vorbeigehen an der Haustür. Mit den Müllmännern hätten sie Freundschaft geschlossen, da würden sie nicht bellen.    

 

Erörtert wurde auch die Mitteilung der Abt. Veterinärwesen des Magistrats Linz vom 17. Oktober 2016, wonach ATA Dr. M am 26. November 2013 und die ATÄ Dr. W und Dr E am 18. August 2016 die Hundehaltung des Bf gemäß Hundehaltegesetz zB in baulicher Hinsicht kontrolliert und für in Ordnung befunden haben. Die Sicherung des Zaunes zum Nachbarn mittels Baustellengitter wurde vorgenommen. Betont wurde, dass der Bf um gutes Einvernehmen mit der Behörde bemüht sei; die Mindestanforderungen an die Hundehaltung gemäß der 2. THV würden eingehalten, die Hunde seien nicht auffällig. Dass es eine Vorgeschichte über etwa 2 Jahre wegen Bellens gebe, sei nicht bekannt gewesen. Während der Kontrolle sei kein länger durchgehendes Bellen feststellbar gewesen. Die Aussage des Nachbarn, insbesondere wegen Bellens zur Nachtzeit, konnte nicht beurteilt werden.

 

Der Bf hat die Einholung eines Gutachtens durch eine Sachkundekurse abhaltende Fachkraft, zB Tierarzt Dr. S, beantragt zu „Art und Weise der verschiedenen Auswirkungen eines Hundes bei besonderer Wachsamkeit und zum Unterschied zwischen einem Schäferhund und einem gemütlicheren Hund“. Er hat den Unterschied zwischen „Anschlagen“ und „Bellen“ betont und ausgeführt, ununterbrochenes bzw länger andauerndes Bellen über den genannten Zeitraum sei unmöglich; außerdem sei der Vorwurf des Zeugen P samt seinen Aufzeichnungen unglaubwürdig.

 

Die Vertreterin der belangten Behörde hat in der Verhandlung betont, sie wisse von Erhebungsbeamten, dass die Hunde dem Bf auf Wort folgten und gut erzogen seien.

 

Der Beweisantrag auf Einholung des vom Bf beantragten Gutachtens wurde in der Verhandlung am 7. November 2016 abgewiesen, weil ein „Anschlagen“ – zB beim Eindringen einer fremden Person oder eines Tieres in das Revier des Hundes – nur kurz dauern würde und nicht vergleichbar wäre mit dem von Zeugen P angezeigten durchgehenden Bellen für den Zeitraum von ca 2,5 Stunden.

 

Beweiswürdigend ist zu den Aussagen der Zeugen P, H und S zu sagen, dass alle drei Zeugen bei ihrer Einvernahme einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen haben. Nachvollziehbar ist aber, dass der Zeuge P und seine Lebensgefährtin in der Früh nicht das Haus verlassen bzw tagsüber zu Hause arbeiten, was aber bedeutet, dass länger andauerndes (auch abwechselndes) Gebell zweier Schäferhunde im angrenzenden Garten jedenfalls wahrgenommen und als störend empfunden werden kann. Diesbezüglich sind die Aussagen des Zeugen P keineswegs als unglaubwürdige Behauptungen anzusehen, wie der Bf meint. Die Zeugin S hat auch verschiedene Anlässe für das Bellen der beiden Schäferhunde des Bf geschildert, insbesondere eine mit ihrem Hund am Zaun entlang laufende Frau, Briefträger mit Moped und den Bewegungsmelder auslösende Tiere bzw Personen. Die Zeugin S hat dezidiert ausgesagt, sie sei zur vom Zeugen P angegebenen Zeit – 12. November 2015, ca 7.30 bis 10.00 Uhr – nicht im Garten oder Haus des Bf gewesen; ebenso konnte die Zeugin H konkret zur Vorfallszeit nichts sagen. Der Bf hat andererseits eingeräumt, wegen der im November beginnenden Hallensaison sei es durchaus möglich, dass er in dieser Zeit beim Tennisspielen war und die Hunde sich inzwischen in seinem Garten aufgehalten haben.

Damit ist aber der Aussage des Zeugen P Glaubwürdigkeit beizumessen. Zum einen überschreitet die Belästigung durch Hundegebell zweier Schäferhunde über einen Zeitraum von ca 2,5 Stunden zweifellos das zumutbare Ausmaß, speziell dann, wenn jemand zu Hause seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht und wegen des Lärms daran gehindert wird, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Zum anderen konnte, wenn sich die Hunde unbeaufsichtigt im Garten des Bf aufgehalten haben und der Bf nicht zu Hause war, niemand ihr Bellen abstellen, dh ein Ende des Lärms war nicht abzusehen. Dass der Bf die Belästigung, wie er bei der Anzeigeerstattung sagte, nicht mehr aushielt und deshalb die Polizei rief, ist damit jedenfalls nachvollziehbar, ohne dass das etwas mit „Vernadern“ zu tun hätte. Der Anlass für das Bellen – von einem nur kurz dauernden „Anschlagen“ kann bei 2,5 Stunden Bellen keine Rede mehr sein – war nicht eruierbar, allerdings ist es Sache des Bf, seine Hunde so zu erziehen, dass sie, auch wenn er nicht daheim ist, alleine im Garten bleiben können, ohne Nachbarn durch ihr über einen längeren Zeitraum dauerndes Bellen unzumutbar zu belästigen. Dass bei den Hunden, wie die Zeugin S sagte, „die Natur durchkommt“ bzw „man da nichts machen“ könne, oder wie sich der Bf verantwortete, Schäferhunde eben besonders wachsame und keine „gemütlichen“ Hunde seien, ist keineswegs als Rechtfertigung dafür geeignet, Nachbarn einer unzumutbaren nervlichen Dauerbelastung auszusetzen. Dabei ist unerheblich, ob die Hunde tatsächlich „ununterbrochen“ gebellt haben oder ob sie nach einiger Zeit damit aufgehört und nach kurzer Unterbrechung wieder mit dem Bellen begonnen haben. Das Argument des Bf, ununterbrochenes Bellen sei für die Hunde physisch gar nicht möglich, geht ins Leere.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z2 OÖ. HHG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 hält.

Gemäß § 3 Abs.2 Z2 leg.cit. ist ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden.

 

Dem Bf wird vorgeworfen, seine beiden Schäferhunde in L, S 53, am 12. November 2015, über den ganzen Vormittag bis zumindest 10.25 Uhr und beim Eintreffen der Polizei, nicht in einer Weise beaufsichtigt bzw verwahrt zu haben, dass Menschen, nämlich Anrainer, durch ihr lautes Gebell nicht über ein zumutbares Ausmaß hinaus belästigt werden.   

In zeitlicher Hinsicht hat sich nach der zweifelsohne glaubwürdigen Aussage des Zeugen P, der über Dauerbellzeiten aufgrund vorangegangener gleichartiger Vorfälle eine Liste führte, eine Uhrzeit zwischen etwa 7.30 Uhr und 10.00 Uhr an diesem Tag ergeben.

 

Die Ml kam nach ihren Angaben um kurz nach 12.20 Uhr zum Zeugen P, eruierte den Grund für seine Anzeige und musste dann zu einem dringenden Einsatz, wobei sie selbst bestätigte, das Gespräch mit dem Zeugen in seinem Haus habe etwa 5 Minuten gedauert; sie habe keinen Hund gesehen, Hunde wohl bellen gehört, konnte aber zur Art des Bellens nichts sagen, das Gebell habe sie eindeutig dem Garten bzw Haus des Bf zuordnen können.

Damit ist, bezogen auf die Uhrzeit 12.25 Uhr bzw „Eintreffen der Polizei“, eine Belästigung eines Menschen über ein zumutbares Maß hinaus nicht eindeutig nachweisbar.  

 

Zur vom Zeugen P genannten Zeitspanne von etwa 2,5 Stunden ist zu sagen, dass aufgrund seiner glaubwürdigen Aussage kein Zweifel besteht, dass er die Polizei tatsächlich verständigt hat, wie er den Lärm nicht mehr ausgehalten hat.

Aus dem in der Verhandlung erörterten DORIS-Foto von den in einem Wohngebiet gelegenen Grundstücken des Bf und des Zeugen P ergibt sich, dass die Grundstücke im Wiesenbereich auf eine Länge von über 30 m unmittelbar aneinandergrenzen und sich dort auch Hauswände befinden, die den Lärm zusätzlich reflektieren, sodass davon auszugehen ist, dass die Lautstärke des Bellens zweier Schäferhunde über diesen Zeitraum zweifellos dazu geführt hat, dass der Zeuge P den Lärm „nicht mehr aushielt“, wie er der Polizei gegenüber angab.

 

Der Tatbestand der Belästigung über ein zumutbares Maß hinaus erfasst jedes Verhalten eines Hundes, welches grundsätzlich geeignet ist, das Wohlbefinden von dritten Personen konkret zu beeinträchtigen, sofern die Hinnahme der Belästigung für dritte Personen unzumutbar ist. Nicht jedes Verhalten eines Tieres ist als unzumutbare Belästigung anzusehen. Es ist die zeitliche Dauer, die Intensität, sowie die konkreten Umstände (zB Zeitpunkt, Ort) mit zu berücksichtigen. Relevant für die rechtliche Beurteilung ist auf jeden Fall das objektive Empfinden eines Durchschnittsmenschen unter den konkreten Umständen des Einzelfalles. Eine etwaige Überempfindlichkeit bzw übermäßige Toleranz einer dritten Person sind für die Lösung einer Rechtsfrage nicht ausschlaggebend. Lautes Hundegebell – noch dazu zweier allein im Garten befindlicher Schäferhunde in einem Wohngebiet über etwa 2,5 Stunden – verursacht kein Dauergeräusch, sondern ist eine aufschreckende, die Aufmerksamkeit auf sich ziehende und daher in höchstem Maße störende Lärmquelle.

 

Im Übrigen hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals festgestellt, dass lautes und anhaltendes Bellen im Wohngebiet eine unzumutbare Belästigung darstellt. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Bellen auf eine artspezifische Verhaltensweise der Hunde zurückzuführen und unterbindbar ist. Erforderlich ist jedenfalls eine solche Verwahrung der Tiere, dass Menschen, die nicht im selben Haushalt leben, durch das Bellen nicht unzumutbar belästigt werden. Der Tatvorwurf umfasst nicht eine mangelhafte Haltung sondern die gesetzwidrige Verwahrung (vgl VwGH 27.4.2004, 2004/05/0074; ua).

 

Zum Verschulden ist grundsätzlich auszuführen, dass einem Hundehalter im Hinblick auf das nicht immer vorhersehbare Verhalten eines Haustieres eine entsprechende Betreuung und Beaufsichtigung obliegt. Bei seiner Abwesenheit hat er daher Vorsorge zu treffen, dass seine Hunde, auch wenn sie alleine gelassen werden, nicht bellen, insbesondere wenn er die üblicherweise seine Hunde zum Bellen animierenden Auslöser kennt und er in seiner Abwesenheit nicht in der Lage ist, länger andauerndes Bellen (= über ein „Anschlagen“ hinausgehendes Bellen) zu beenden. Der Bf wusste am 12. November 2015 bereits von den Lärmbeschwerden seiner Nachbarn und hat trotzdem die Hunde alleine im Garten laufen gelassen, ohne Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Nachbarn durch ihr Bellen nicht unzumutbar belästigt werden.

 

Da es nach der Rechtsprechung des VwGH nicht darauf ankommt, ob das Bellen auf eine artspezifische Verhaltensweise der Hunde zurückzuführen ist, erübrigte sich auch die vom Bf beantragte Einholung eines Gutachtens eines Sachkunde-Prüfers.

Sein Argument, alle Nachbarn hätten zeugenschaftlich befragt werden müssen, ähnlich wie bei einem Bauverfahren, geht ebenfalls ins Leere, weil die Belästigung eines Nachbarn bereits ausreicht und es nicht darauf ankommt, ob einer der Nachbarn sich nicht unzumutbar belästigt fühlt.

 

Aus all diesen Überlegungen war davon auszugehen, dass der Bf den ihm – nunmehr zeitliche eingeschränkt – vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Da es sich beim vorgeworfenen Tatbestand um ein Erfolgsdelikt handelt, muss dem Bf der Eintritt des „Erfolgs“ im Sinne der tatsächlichen Belästigung Dritter über ein zumutbares Maß hinaus durch das Bellen seine Hunde auch auf der Schuldebene zugerechnet werden. Die Argumentation des Bf, der das Bellen einfachheitshalber auf das Wesen von Schäferhunden bezieht und offenbar als naturgegeben ansieht, geht damit insofern ins Leere, als er dann eben auf besondere Weise für die Dauer seiner Abwesenheit vorzusorgen hat, dass die Hunde die Nachbarn nicht durch ungehindertes Dauerbellen unzumutbar belästigen. Die tatsächliche Belästigung hat ihre Ursache in einer – Fahrlässigkeit begründenden – Sorgfaltswidrigkeit des Bf selbst, weshalb auch von der Erfüllung der subjektiven Tatseite auszugehen ist.

  

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 15 Abs.2 HHG bis zu 7000 Euro Geldstrafe, im Fall deren Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

 

Die belangte Behörde hat – zutreffend – die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bf als mildernd und nichts als erschwerend gewertet und ist in Parallelverfahren vom Bf unwidersprochen von einem Nettomonats­einkommen von 1200 Euro und dem Fehlen von Sorgepflichten ausgegangen. Aufgrund der zeitlichen Einschränkung des Tatvorwurfs war auch die Strafe entsprechend herabzusetzen. Die nunmehr verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG. Die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Ermahnung lagen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos.

Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesendet.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger