LVwG-411508/4/HW – 411509/3

Linz, 07.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerden der 1. H R Kft., X, X, und der 2. E G A Kft., X, X, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, X, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 8.4.2015, GZ: VStV/915300092289/2015, (mitbeteiligte Partei: Finanzamt Linz),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.              Der mit 8.4.2015 datierte Beschlagnahmebescheid wird aufgehoben.

 

 

II.            Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

I.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22.1.2015, GZ: VStV/915300092289/2015, adressiert an die H R Kft. („ErstBf“) zu Handen Frau I Z, und an das Finanzamt Linz, wurde die Beschlagnahme von mehreren Geräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG ange­ordnet. Dieser Bescheid wurde dem Finanzamt Linz am 30.1.2015 zugestellt.

 

I.2. Die belangte Behörde erstellte weiters einen mit 8.4.2015 datierten und an die ErstBf, die E G A Kft. („ZweitBf“), und an das Finanzamt Linz adressierten Beschlagnahmebescheid, wobei in diesem Beschlagnahme­bescheid zusätzlich zum Wortlaut der Begründung des mit 22.1.2015 datierten Bescheides Folgendes ausgeführt wird: „Mit Eingabe vom 10.11.2014 an die LPD wurden die rechtsfreundlichen Vertretungen der Lokalbetreiberin, nämlich der H R C Kft sowie der Eigentümerin der Gesellschaft und deren Geschäfts­führer, nämlich der E G A Kft, bekannt gegeben. Diese per E-Mail eingebrachte Bekanntgabe wurde offensichtlich durch ein internes Versehen nicht an die zuständige Abteilung der LPD weitergeleitet, sodass ho erst durch die eingebrachte Beschwerde von Frau I Z gegen den Beschlagnahmebescheid vom 22.01.2015 die rechtsfreundlichen Vertretungen der H R C Kft sowie der E G A Kft bekannt wurden und die gegenständlichen Beschlagnahmebescheide erst jetzt erlassen werden konnten.“

 

[Hervorhebungen nicht übernommen]

 

I.3. Am 11.5.2015 brachten die ErstBf und die ZweitBf Beschwerde gegen den mit 8.4.2015 datierten Beschlagnahmebescheid ein.

 

 

II. Beweiswürdigung

Der unter Punkt I. festgestellte Sachverhalt bzw. dargestellte Verfahrensablauf ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den Beschei­den, dem Zustellnachweis betreffend das Finanzamt und der Beschwerde.

 

 

III. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

III.1. Im vorliegenden Fall wurde die Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte durch zwei unterschiedliche (nicht idente) Beschlagnahmeentscheidungen (Bescheid mit Datum 22.1.2015 und Bescheid mit Datum 8.4.2015) ausge­sprochen. Die beiden Bescheide unterscheiden sich nicht nur beim angeführten Bescheiddatum, sondern auch in der Begründung.

 

III.2. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass im Mehrparteienverfahren ein Bescheid durch seine Zustellung an (nur) eine Partei des Verfahrens bereits als „erlassen“ gilt (vgl. etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313). Da der Bescheid vom 22.1.2015 bereits im Jänner 2015 dem Finanzamt Linz, welchem gemäß § 50 Abs. 5 GSpG Parteistellung zukommt, zu­gestellt (erlassen) wurde, erfolgte die „Beschlagnahmeanordnung in Bescheid­form“ (vgl. VwGH 15.9.2011, 2011/17/0112) der Geräte somit chronologisch betrachtet erstmals durch den Beschlagnahmebescheid vom 22.1.2015.

 

III.3. Mit der in weiterer Folge gegenüber der ErstBf und der ZweitBf ergangenen (mit dem vorhergehenden Bescheid nicht identen) Beschlagnahmeentscheidung vom 8.4.2015 wurde seitens der belangten Behörde hinsichtlich dieser Geräte somit die bescheidförmige Beschlagnahmeanordnung vom 22.1.2015 im Ergebnis abgeändert.

 

Vom UVS Oberösterreich wurde in der Entscheidung vom 14.8.2013, GZ: VwSen-740249/3/AL/HUE, ausgesprochen, dass eine amtswegige Abänderung einer bereits einmal erlassenen Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform ausschließ­lich bei Vorliegen einer speziellen gesetzlichen Grundlage zulässig sei und mangels einer solchen gesetzlichen Grundlage ein einmal mit bescheidförmiger Beschlagnahmeanordnung beschlagnahmter Gegenstand nicht erneut durch einen weiteren Bescheid beschlagnahmt werden könne: Diese „Sperrwirkung“ einer einmal gegenüber einer Partei nach § 53 Abs. 3 GSpG erlassenen bescheid­förmigen Beschlagnahmeanordnung ergebe sich, so der UVS Oberösterreich, schon allein aus dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und damit der sofortigen Rechtswirksamkeit (Vollstreckbarkeit) der Beschlagnahme und werde nicht zuletzt durch die quasi-dingliche Wirkung und der damit verbundenen – über den Bescheidadressaten hinausgehenden – Rechtswirkung dieses Beschei­des für andere Personen, denen ebenfalls Rechte an der beschlagnahmten Sache zustehen, bekräftigt, zumal ein Gegenstand naturgemäß nur ein einziges Mal beschlagnahmt werden könne.

 

Für die Auffassung des UVS Oberösterreich spricht nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch § 53 Abs. 3 GSpG, der offenbar von einem einzigen Beschlag­nahmebescheid, der gegebenenfalls mehreren Parteien zuzustellen ist, ausgeht („das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides“).

 

III.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher im Anschluss an die Rechtsansicht des UVS Oberösterreich in der Entscheidung vom 14.8.2013, GZ: VwSen-740249/3/AL/HUE, davon aus, dass die angefochtene Beschlag­nahmeentscheidung vom 8.4.2015 mangels bestehender Rechtsgrundlage aufzu­heben ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Eine Verhandlung entfällt, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde ange­fochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 


 

IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da – soweit ersichtlich – keine höchst­gerichtliche Judikatur zu der Frage vorliegt, ob grundsätzlich nur eine einzige Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform gemäß § 53 GSpG erlassen werden kann (welche gegebenenfalls mehreren Personen zuzustellen ist).

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem ein­zubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger