LVwG-411521/2/Gf/Mu

Linz, 15.11.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Grof über die Beschwerde des A V gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 21. Juni 2016, Zl. Pol96-410-2015, wegen zwei Übertretungen des Oö. Wettgesetzes

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

 

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG zulässig.

 

 


 

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

 

I.

 

Gang des Behördenverfahrens

 

 

1. Am 23. November 2015 hat der Administrator der HAK Bad Ischl bei der örtlich zuständigen Polizeiinspektion eine telefonische Anzeige dahin erstattet, dass zwei seiner Schüler im Kebap-Stand des Beschwerdeführers bei Sportwetten mitgesetzt hätten, obwohl diese zum Vorfallszeitpunkt ihr 18. Lebensjahr jeweils noch nicht vollendet gehabt hätten.

 

2. Hierauf hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden auch: belangte Behörde) ein Exekutivorgan damit beauftragt, den Internatsleiter und die beiden minderjährigen Jugendlichen zeugenschaftlich einzuvernehmen, um die aus der polizeiliche Anzeige hervorgehenden Angaben entsprechend konkretisieren zu können. Zudem wurde auch das Amt der Oö. Landesregierung über diesen Vorfall informiert.

 

3. Mit e-mail vom 27. November 2015 wurde die belangte Behörde seitens des Amtes der Oö. Landesregierung darüber in Kenntnis gesetzt, dass das gegenständliche Wettterminal an diesem Tag nicht nur abgemeldet, sondern auch außer Betrieb gesetzt wurde und in der folgenden Woche abgebaut werden wird.

 

4. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2016, Zl. E1/12988/2015, hat die Polizeiinspektion Bad Ischl der belangten Behörde einen Bericht über die von ihr durchgeführten Erhebungen übermittelt. Daraus geht hervor, dass auf Grund der Anzeige und der Aussagen der einvernommenen Zeugen der Verdacht bestehe, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen April und November 2015 gegen das Verbot des § 7 des Oö. Wettgesetzes verstoßen habe.

 

Begründend wird dazu insbesondere ausgeführt, dass die am 24. November 2015 einvernommenen minderjährigen Schüler der HAK angegeben hätten, dass sie in den vergangenen Sommermonaten im Lokal des Rechtsmittelwerbers öfter an Wetten auf Sportereignisse teilgenommen hätten. Dabei habe der Beschwerdeführer weder ihr Alter kontrolliert noch ihre Teilnahme an diesen Wetten verhindert. Auch ihr Schulleiter habe zeugenschaftlich angegeben, dass er den Rechtsmittelwerber schon im April 2015 darauf aufmerksam gemacht habe, dass in dessen Lokal minderjährige Schüler verbotenerweise Wetteinsätze tätigen würden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin jedoch nur erwidert, dass nicht er, sondern sein Sohn solche Wetten zugelassen habe. Außerdem wisse er nicht, ab welchem Alter man mit Automaten wetten dürfe.

 

5. In der Folge hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Wege einer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Februar 2016, Zl. Pol96-410-2015, zur Last gelegt, dass er von April 2015 bis Ende November 2015 in seinem K-Lokal in B. I. zwei minderjährigen Schülern in verbotener Weise das Wetten ermöglicht und dadurch jeweils eine Übertretung des § 7 Abs. 1 des Oö. Wettgesetzes, LGBl 72/2015 (im Folgenden: OöWettG), begangen habe, weshalb er nach § 15 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 15 Abs. 2 OöWettG zu bestrafen sei.

 

6. In seiner Stellungnahme vom 16. Februar 2016 äußert sich der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen dahingehend, dass er die genehmigten Wettterminals in seinem Lokal bewusst links neben dem Eingang aufgestellt gehabt habe, um spielende Personen gut beobachten zu können. In Zweifelsfällen habe er stets das Alter nachgefragt und die Ausweise kontrolliert. Wetteinsätze hätten volljährige Personen geleistet; die Minderjährigen hätten nur zugeschaut oder mitdiskutiert, weshalb er diese mehrfach von den Terminals ferngehalten und zum Verlassen des Lokales aufgefordert habe. Im November 2015 sei er erstmals von der Polizei dazu aufgefordert worden, das Alter der Schüler zu kontrollieren, was er von da an auch gemacht habe. Im Zuge solcher Kontrollen habe er sodann einige Schüler mit gefälschten Ausweisen, mit denen jene auch andere Lokale besucht hätten, betreten sowie beobachtet, dass volljährige Schüler, die an seinen Automaten Wetteinsätze geleistet haben, danach das Lokal verlassen und die Wettscheine sodann an minderjährige Schüler weitergegeben hätten. Innerhalb seines Kebap-Standes habe er jedenfalls keine minderjährigen Schüler wetten lassen. Die Automaten habe er nur deshalb angeschafft, um mehr Kunden zu gewinnen. Mittlerweile seien die Wettautomaten ohnehin schon aus seinem Lokal entfernt worden.

 

Daher möge von einer Bestrafung Abstand genommen werden.

 

7. Daraufhin wurden mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 21. Juni 2016, Zl. Pol96-410-2015, über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: je 11 Stunden) verhängt, weil er im Zeitraum von April 2015 bis mindestens Ende November 2015 in seinem Lokal in B. I. zwei minderjährigen Schülern in verbotener Weise das Wetten ermöglicht habe. Dadurch habe er zwei Übertretungen des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 5 und § 15 Abs. 2 des OöWettG begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelasteten Übertretungen auf Grund der Anzeige eines Schulleiters und des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen; allerdings läge eine Vielzahl von verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vor. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung des Beschwerdeführers von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

8. Gegen dieses ihm am 24. Juni 2016 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche, am 1. Juli 2016 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin wendet der Beschwerdeführer wie schon in seiner Stellungnahme vom Februar 2016 neuerlich ein, dass er und seine Mitarbeiter keine minderjährigen Jugendlichen an den in seinem Lokal aufgestellten Automaten hätten wetten lassen. Vielmehr seien alle Schüler immer wieder auf das am Automaten angebrachte Schild, wonach Personen unter 18 Jahren eine Wettteilnahme verboten sei, hingewiesen und deren Ausweise kontrolliert worden. Außerdem seien die Jugendlichen stets dazu aufgefordert worden, die bestellten Speisen und Getränke an einem der dafür vorgesehenen Tische oder außerhalb des Lokales zu konsumieren. Schließlich habe er die Wettterminals ohnehin bereits im November 2015 aus seinem Lokal entfernen lassen.

 

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe oder bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

9. Die belangte Behörde hat diese Beschwerde mit Schreiben vom 8. Juli 2016, Zl. Pol96-410-2015, samt Bezug habendem Akt dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich vorgelegt; von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde abgesehen.

 

 

II.

 

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich

und Zulässigkeit der Beschwerde

 

 

1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig zu qualifizieren.

 

2. Weil diesbezüglich weder im OöWettG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung

durch das Verwaltungsgericht

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. Pol96-410-2015. Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche, oben unter I. dargestellte Sachverhalt – der insoweit zwischen den Verfahrensparteien auch nicht strittig ist – klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

IV.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1.1.1. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 5 und Abs. 2 OöWettG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der minderjährigen Personen entgegen § 7 Abs. 1 OöWettG die Teilnahme an einer Wette ermöglicht oder diese als Wettkunden vermittelt.

 

Nach § 7 Abs. 1 OöWettG (in der hier maßgeblichen, am 1. Juli 2015 kundgemachten Stammfassung LGBl 72/2015) darf nur volljährigen Personen die Teilnahme an einer Wette ermöglicht und dürfen nur solche als Wettkunden vermittelt werden. Im Zweifelsfall ist die Volljährigkeit durch einen amtlichen Lichtbildausweis nachzuweisen, der den Anforderungen des § 40 Abs. 1 des Bankwesengesetzes, BGBl 532/1993 in der Fassung BGBl I 59/2014, entspricht.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 OöWettG hat ein Wettunternehmen für Wetten an einem Wettterminal oder für Wetten, bei denen der Wetteinsatz pro Wettabschluss einen Betrag von 70 Euro übersteigt, für jeden Wettkunden eine laufend nummerierte Wettkundenkarte auszustellen. Bezüglich Wettterminals, bei denen auf andere Weise die Einhaltung der Bestimmung des Abs. 1 sichergestellt wird, ist bei einem Wetteinsatz pro Wettabschluss bis zu einem Betrag von 70 Euro keine Wettkundenkarte erforderlich.

 

Nach § 7 Abs. 4 OöWettG hat u.a. jedes Wettunternehmen zum Zweck der Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen zum Schutz der Jugend ein Verzeichnis der gültigen Wettkundenkarten sowie der Daten des amtlichen Lichtbildausweises, mit dem die Identität nachgewiesen wird, zu führen und über Verlangen der Oö. Landesregierung zu übermitteln.

 

1.1.2. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 9 und § 15 Abs. 2 des bis zum 30. Juni 2015 in Geltung gestandenen Oö. Spielapparate- und Wettgesetzes, LGBl 106/2007 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl 90/2013 (im Folgenden: OöSpAppWG), beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der nach § 10 OöSpAppWG verbotene Wetten angeboten, abgeschlossen oder vermittelt hat.

 

Nach § 10 Abs. 1 Z. 2 OöSpAppWG war der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten mit Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, oder die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten an solche verboten.

 

Gemäß § 10 Abs. 1a Z. 2 OöSpAppWG war auch die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkunden verboten, sofern diese das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

 

2.1. Im Hinblick auf § 44a Z. 1 und 2 VStG, wonach die als erwiesen angenommene und dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses entsprechend zu konkretisieren und hierbei auch die als verletzt erachtete Verwaltungsvorschrift anzugeben ist, ist zunächst zu konstatieren, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt hat, dass er von April 2015 bis mindestens Ende November 2015 eine Übertretung des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 5 und Abs. 2 OöWettG begangen habe.

 

Allerdings ist das am 30. Juni 2015 mit LGBl 72/2015 verlautbarte OöWettG nach dessen § 16 Abs. 1 erst am 1. Juli 2015 in Kraft getreten. Davon ausgehend erweist sich dessen Anwendung für den Tatzeitraum von April bis einschließlich 30. Juni 2015 als verfehlt (vgl. z.B. auch VwGH vom 12. September 2013, 2013/21/0088).

 

2.2. Bezüglich der Neufassung des OöWettG wird in den Gesetzesmaterialien (1273/2015 [RV] und 1441/2015 [AB], 27. GP) u.a. darauf verwiesen, dass das zu diesem Zeitpunkt in Geltung gestandene OöSpAppWG keine ausreichenden Vorschriften zum Schutz für Kinder und Jugendliche enthalten habe, weshalb die Einführung von personenbezogenen Wettkundenkarten, eines Wettbuches und von Regelungen zum Schutz der Wettkunden (ähnlich dem Oö. Glücksspielgesetz) vorgeschlagen werde. Hinsichtlich des neu gefassten § 7 OöWettG wird sowohl in der Regierungsvorlage als auch im Ausschussbericht betont, dass ein Wettunternehmen zwar auch schon nach dem OöSpAppWG keine Wetten mit Kindern und Jugendlichen abschließen durfte; allerdings müsse die Einhaltung dieser Vorschriften insbesondere bei Automaten dadurch besser kontrollierbar werden, dass jeder Wettkunde nicht nur identifiziert, sondern auch registriert wird, weshalb dem Unternehmer zur Sicherstellung der Volljährigkeit seiner Kunden grundsätzlich eine Verpflichtung zur Führung von Wettkundenkarten vorzuschreiben sei, es sei denn, er könne auch anderweitig sicherstellen, dass der Jugendschutz eingehalten wird (so z.B. dadurch, dass Wettterminals nur in Räumen aufgestellt werden, zu denen Jugendlichen kein Zutritt gewährt und diese Zutrittsbeschränkung durch das Wettunternehmen auch wirksam kontrolliert wird). Um Wetten mit kleinen Geldbeträgen nicht unnötig zu verkomplizieren, werde ein Grenzwert von 70 Euro angeregt.

 

2.3. Davon ausgehend ist zu konstatieren, dass im gegenständlichen Fall aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich hervorgeht, dass der Beschwerdeführer deshalb wegen einer Verletzung des OöWettG belangt werden soll, weil er minderjährigen Personen „Wetten im Sinne des OöWettG ermöglicht hat, obwohl, wer minderjährigen Personen entgegen § 7 Abs. 1 OöWettG die Teilnahme an einer Wette ermöglicht oder als Wettkunden vermittelt, eine Verwaltungsübertretung begeht .....“.

 

Hingegen findet sich im Spruch des Straferkenntnisses keine eigentliche Tatumschreibung, im Besonderen keine nähere Konkretisierung dahin, in welcher Form den beiden Schülern die Teilnahme an Wetten – nämlich hier: durch Bedienung eines Wettterminals – ermöglicht wurde.

 

Dieser Aspekt ist aber deshalb von essentieller Bedeutung, weil § 7 Abs. 2 OöWettG hinsichtlich Wettterminals darauf abstellt, ob ein Betrag von 70 Euro pro Wetteinsatz überschritten wurde oder nicht und damit zwei Deliktstatbestände institutionalisiert, die sich schon von ihrem Unrechtsgehalt her besehen wesentlich unterscheiden, sodass diesem Umstand in der Folge maßgebliche Bedeutung im Rahmen der Strafbemessung zukommt.

 

Im Hinblick auf den von 7 Euro (vgl. § 13 VStG) bis 20.000 Euro (vgl. § 15 Abs. 2 OöWettG) weit ausladenden Strafrahmen kann es daher gleichsam nicht genügen, dass bloß überhaupt ein strafbares Verhalten vorliegt, ohne dass es zudem darauf ankäme, welchem der beiden in § 7 Abs. 1 und 2 OöWettG normierten Deliktstatbestände dieses konkret zuzurechnen ist.

 

Lässt sich daher auf Grund der vorhandenen Belege – insbesondere des Fehlens jeglicher Ermittlungen hinsichtlich der Höhe des Einsatzes pro Wettabschluss – nicht mit der für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe erforderlichen Sicherheit beweisen, welcher konkrete Deliktstatbestand als erfüllt anzusehen ist – wobei in diesem Zusammenhang vor allem auch zu beachten ist, dass, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jüngst in seinem Urteil vom 20. September 2016, 926/08 (Karelin/Russland), RN 55 f, festgestellt hat, jedenfalls eine autonom-ergänzende Beweisführung durch das LVwG dem in Art. 6 Abs. 1 EMRK zum Ausdruck kommenden Prinzip der Unparteilichkeit des Gerichts widersprechen würde –, ist folglich im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK zugunsten des Rechtsmittelwerbers von der Nichterwiesenheit der Tat auszugehen.

 

3. Da dem Beschwerdeführer somit ein Verhalten angelastet wurde, hinsichtlich dessen nicht klar ist, welchen Straftatbestand dieses erfüllt, war der gegenständlichen Beschwerde sohin gemäß § 50 VwGVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war hingegen im Hinblick auf die gegenwärtig noch offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu verfügen.

 

Ob bzw. in welcher Form das Strafverfahren weitergeführt wird, hat vielmehr im Lichte des zuvor (vgl. oben, IV.2.3.) angeführten Urteils des EGMR vom 20. September 2016, 926/08 (Karelin/Russland), die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

 

Dem stünde im Übrigen das Doppelverfolgungs- und ‑bestrafungsverbot des Art. 4 des 7.ZPMRK nicht entgegen, weil eine explizit ohne Einstellung verfügte Aufhebung eines Straferkenntnisses nicht einer rechtskräftigen Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens gleichzuhalten ist (vgl. in diesem Sinne jüngst EuGH vom 29. Juni 2016, C‑484/16 [Kossowski], RN 53; zur Aufhebung ohne Einstellung siehe VwGH vom 4. Juli 1991, 90/10/0131; vom 27. Mai 1988, 88/18/0034; und vom 22. Jänner 1980, 1967/79, allerdings jeweils noch zur Rechtslage vor der VStG-Novelle 1991; zur geltenden Rechtslage vertrat der VwGH hingegen in Bezug auf die Unabhängigen Verwaltungssenate die Auffassung, dass eine solche Vorgangsweise nicht zulässig war [vgl. VwGH vom 29. März 1994, 93/04/0021, und vom 16. Oktober 2001, 99/09/0150]).

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Rechtsmittelwerber gemäß § 52 Abs. 9 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

 

V.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Eine ordentliche Revision ist zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren im Hinblick auf die Urteile des EGMR vom 20.9.2016, 926/08 (Karelin), und des EuGH vom 29. Juni 2016, C 484/16 (Kossowski),eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG insoweit grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil diesbezüglich bislang sowohl eine entsprechende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes als auch des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 


 

 

Rechtssatz:

 

LVwG-411521/2/Gf/Mu vom 15. November 2016

 

Erkenntnis

 

Normen:

Art. 6 EMRK

Art. 4 7.ZPMRK

§ 7 OöWettG

§ 15 OöWettG

 

Abstract:

 

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes wurden über den Bf. zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils Euro 1.000,− verhängt, weil er in seinem Kebap-Stand zwei minderjährigen Schülern die Teilnahme an Wetten ermöglicht habe. Dagegen brachte der Bf. in seiner Beschwerde an das LVwG im Wesentlichen vor, dass nicht die beiden Schüler selbst gewettet hätten, sondern dass ihnen die Wettscheine von volljährigen Personen außerhalb des Lokals übergeben worden seien; darüber hinaus habe er die Terminals nach dem Vorfall umgehend entfernt.

 

 

Rechtssätze:

 

* Hinsichtlich Wettterminals stellt § 7 Abs. 2 OöWettG darauf ab, ob ein Betrag von 70 Euro pro Wetteinsatz überschritten wurde oder nicht; damit werden zwei Deliktstatbestände institutionalisiert, die sich schon von ihrem Unrechtsgehalt her besehen wesentlich unterscheiden, sodass diesem Umstand in der Folge maßgebliche Bedeutung im Rahmen der Strafbemessung zukommt;

 

* Im Hinblick auf den von 7 Euro (vgl. § 13 VStG) bis 20.000 Euro (vgl. § 15 Abs. 2 OöWettG) weit ausladenden Strafrahmen kann es daher gleichsam nicht genügen, dass bloß überhaupt ein strafbares Verhalten vorliegt, ohne dass es zudem darauf ankäme, welchem der beiden in § 7 Abs. 1 und 2 OöWettG normierten Deliktstatbestände dieses konkret zuzurechnen ist;

 

* Lässt sich aber auf Grund des Fehlens jeglicher Ermittlungen hinsichtlich der Höhe des Einsatzes pro Wettabschluss nicht mit der für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe erforderlichen Sicherheit beweisen, welcher konkrete Deliktstatbestand als erfüllt anzusehen ist – wobei in diesem Zusammenhang vor allem auch zu beachten ist, dass, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jüngst in seinem Urteil vom 20. September 2016, 926/08 (Karelin/Russland), RN 55 f, festgestellt hat, jedenfalls eine autonom-ergänzende Beweisführung durch das LVwG dem in Art. 6 Abs. 1 EMRK zum Ausdruck kommenden Prinzip der Unparteilichkeit des Gerichts widersprechen würde –, ist folglich im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK zugunsten des Rechtsmittelwerbers von der Nichterwiesenheit der Tat auszugehen;

 

* Daher war der Beschwerde stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben; eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war hingegen im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu verfügen. Ob bzw. in welcher Form das Strafverfahren weitergeführt wird, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen. Das Doppelverfolgungs- und ‑bestrafungsverbot des Art. 4 des 7.ZPMRK stünde dem nicht entgegen, weil eine explizit ohne Einstellung verfügte Aufhebung eines Straferkenntnisses nicht einer rechtskräftigen Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens gleichzuhalten ist (vgl. in diesem Sinne jüngst EuGH vom 29. Juni 2016, C 484/16 [Kossowski], RN 53; zur Aufhebung ohne Einstellung siehe VwGH vom 4. Juli 1991, 90/10/0131; vom 27. Mai 1988, 88/18/0034; und vom 22. Jänner 1980, 1967/79, allerdings jeweils noch zur Rechtslage vor der VStG-Novelle 1991; zur geltenden Rechtslage vertrat der VwGH hingegen in Bezug auf die Unabhängigen Verwaltungssenate die Auffassung, dass eine solche Vorgangsweise nicht zulässig war [vgl. VwGH vom 29. März 1994, 93/04/0021, und vom 16. Oktober 2001, 99/09/0150]).

 

 

Beschlagwortung:

 

Vermischung: richterliche und Anklagefunktion; Doppelverfolgung; Doppelbestrafung; Aufhebung ohne Einstellung; Verjährung