LVwG-411515/11/BMa/SH

Linz, 21.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Bergmayr-Mann über die Beschwerde des Dr. P S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, I, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4020 Linz, GZ: VStV‑1248541/2015, wegen einer Betriebsschließung nach dem Glücksspiel­gesetz (GSpG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 12.05.2016, GZ: VStV-1248541/2015, aufgehoben.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

I.1. Mit Schreiben vom 18.05.2015 wurde von Rechtsanwalt Dr. R die rechtsfreundliche Vertretung der „A s.r.o.“ bekanntgegeben, weil am 29.04.2015 eine Beschlagnahme nach dem GSpG im Lokal „W“, x-str., in L verfügt wurde.

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 12.05.2016, GZ: VStV-1248541/2015, wurde die gänzliche Schließung dieses Betriebs mit Wirkung ab 12.05.2016 angeordnet. Adressat des Bescheides ist der handelsrechtliche Geschäftsführer des Betriebs A s.r.o., Dr. P S, der im Betreff des bekämpften Bescheides als „Betriebsinhaber“ bezeichnet wurde. Die Zustellung erfolgte zu Handen Rechtsanwalt Dr. R, x-gasse, I. In der Begründung des Bescheids wurde als Betreiber des Lokals „Dr. P S als Verantwortlicher der A s.r.o.“ angeführt.

Der an Dr. P S gerichtete Schließungsbescheid wurde vom Rechtsanwalt, der Dr. S zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides nicht vertreten hat, dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der A s.r.o. am 30.05.2016 übergeben, woraufhin der nunmehr beauftragte Rechts­anwalt mit Schreiben vom 14.06.2016 Beschwerde gegen den Schließungs­bescheid erhoben hat.

 

2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verfahrensakt der Landespolizeidirektion Oberösterreich und dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.12.2016 ergibt, zu der ein Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und ein Vertreter der belangten Behörde gekommen sind. In der Verhandlung wurde der zeitliche Ablauf der Übergabe des Schriftstücks an den Bf, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A s.r.o., von dessen Vertreter dargelegt.

 

3. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

Die Abs. 1 und 3 des § 56a des Bundesgesetzes vom 28. November 1989 zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 118/2015 lauten wie folgt:

 

Abs. 1:

Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

 

Abs. 3:

Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an die Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG ist bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitzurechnen, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 33 Abs. 2 AVG).

 

3.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, erfolgte die Zustellung an den Rechtsanwalt innerhalb der gesetzlichen 3-Tages-Frist des § 56a Abs. 3 GSpG, fiel der letzte Tag des Fristenlaufs doch auf den Pfingstsonntag, sodass die Zustellung am nächsten Werktag, das war der 17. Mai 2016, recht­zeitig erfolgt war. Der bekämpfte Bescheid war aber nicht an die Betreiberin A s.r.o, sondern an den handelsrechtlichen Geschäftsführer dieser Firma adressiert.

Überdies war der Bf in diesem Verfahren zum Zeitpunkt der Zustellung des bekämpften Bescheids nicht durch Rechtsanwalt Dr. R vertreten. Eine allfällige Heilung des Zustellmangels durch Übergabe des Bescheids an den Bf als handelsrechtlichen Geschäftsführer der A s.r.o. erfolgte nach den Feststellungen nicht inner­halb der gesetzlich vorgegebenen 3-Tages-Frist des § 56a Glücksspielgesetz, sodass die Verfügung der Betriebsschließung gemäß § 56a Abs. 3 ex lege als aufgehoben gilt.

 

In seiner Entscheidung vom 30. März 2016, Ro2016/09/0002, hat der VwGH Folgendes zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt, bei dem der Schließungs­bescheid auch dem handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GmbH, und nicht dieser, die Betreiberin des Lokals war, zugestellt wurde, ausgeführt: „Der Bescheid über die Schließung wäre daher an die MG GmbH zu richten gewesen (die Umdeutung eines ausdrück­lich genannten Bescheidadressaten ist nicht zulässig (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens6, Seite 734, E 88g, 89c wiedergegebene hg. Rechtsprechung)), die Zustell­verfügung hätte entweder einen individuell bestimmten zur Empfangnahme befugten Vertreter der MG GmbH ausdrücklich in dieser Funktion oder diese juristische Person selbst ohne Nennung einer ver­tretungsbefugten Person anführen müssen (vgl. die in Raschauer u.a., öst. Zustellrecht 2007, S. 128f zitierte hg. Rechtsprechung). Der Bescheid wurde sohin gegenüber der MG GmbH nicht rechtswirksam erlassen“.

 

Weil der Bescheid auch in der gegenständlichen Angelegenheit an einen der Sache nach unrichtigen Adressaten gerichtet wurde und von diesem das Rechtsmittel erhoben wurde, war der bekämpfte Schließungsbescheid nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (VwGH vom 30.03.2016, Ro 2016/09/0002) aus Gründen der Rechtssicherheit aufzuheben.

 

 

Zu II.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann