LVwG-411034/27/Wg

Linz, 01.12.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Weigl über die Beschwerde der T M KG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. August 2015, GZ: Pol96-698-2015, betr. Schließungsanordnung iSd § 56a GSpG, den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.         Die Beschwerde wird als gegenstandlos geworden erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1.1.      Die Beschwerdeführerin (Bf) erhob als Betreiberin des „C R B“ im Standort Straße, St. P, Beschwerde gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 29. Mai 2015 und vom 27. August 2015, jeweils GZ: Pol96-698-2015, betreffend Schließungsanordnungen iSd § 56a GSpG.

 

1.2.      Das LVwG Oö. verband die Beschwerden zur gemeinsamen Verhandlung am 9. November 2015. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme und Erörterung des Akteninhaltes sowie Einvernahme des Zeugen Z (Finanz­polizei). In weiterer Folge gab das LVwG Oö. mit Erkenntnis vom 12. November 2015 den Beschwerden statt und behob die bekämpften Bescheide. Über die dagegen erhobene Amtsrevision fasste der VwGH mit Erkenntnis vom 27. Juli 2015 den Beschluss, dass die Revision, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Teilbetriebsschließungsbescheides vom 29. Mai 2015 richtet, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren in diesem Umfang eingestellt wird (Spruchabschnitt I). In Spruchabschnitt II. wurde das Erkenntnis des LVwG Oö. im Umfang der Auf­hebung des Betriebsschließungsbescheides vom 27. August 2015 wegen Rechts­widrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Das LVwG Oö. kündigte der belangten Behörde wie auch der Bf unter Hinweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens an. Die belangte Behörde war damit aus­drücklich einverstanden. Der rechtsanwaltliche Vertreter der Bf erklärte am 30. November 2016, mit der Einstellung einverstanden zu sein.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

Das Amt der Oö. Landesregierung übermittelte der belangten Behörde mit Schreiben vom 18. September 2014 eine Liste mit Lokalen, bei denen vermutet werde, dass an diesen Standorten illegale Ausspielungen mit Glücksspielauto­maten durchgeführt bzw. betrieben werden. In dieser Liste ist auch das Lokal „R“ enthalten, das von der Bf in der Betriebsart „Gasthaus“ unter der Bezeichnung „C R B“ (umbenannte Adresse: W-straße, St. P) geführt wird.

 

Auf Grund dieser Mitteilung wandte sich die belangte Behörde an die Bf und teilte ihr im Schreiben vom 1. April 2015 mit, dass der begründete Verdacht bestehe, dass Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes durch­geführt würden. Sollte der illegale Spielbetrieb nicht eingestellt werden, werde die Behörde – so das Schreiben vom 1. April 2015 – mit einer gänzlichen oder teilweisen Schließung ihres Betriebes im Sinne des § 56a GSpG vorgehen. Eine Kontrolle nach dem GSpG durch Finanzpolizisten war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt.

 

Am 19. Mai 2015 zeigte ein Privatdetektiv bei der belangten Behörde schriftlich an, er habe am 18. Mai 2015 im Lokal der Bf drei Glücksspielautomaten der Marke Kajot festgestellt. Die belangte Behörde leitete diese Anzeige noch am selben Tag an das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding (in der Folge: Finanzamt) weiter und ersuchte um Erhebung und Berichterstattung.

 

Finanzpolizisten des Finanzamtes führten am 28. Mai 2015 eine Glücksspiel­kontrolle im Lokal der Bf durch, bei der sie vier Geräte vorfanden, die – wie sich später herausstellte – im Eigentum der P GmbH und der G s.r.o. stehen. Es handelte sich nach Ansicht der Finanzpolizisten um drei sogenannte Walzenspielgeräte und ein „afric2go“. Die Finanzpolizisten hatten den Verdacht, dass mit diesen Geräten gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde und verfügten die vorläufige Beschlagnahme gemäß GSpG. Vertreter der belangten Behörde verfügten mündlich um 16:45 Uhr die teilweise Schließung des Betriebes, die in der Folge mit Bescheid vom 29. Mai 2015 – am selben Tag zugestellt – mit Wirkung ab 28. Mai 2015 angeordnet wurde. Laut Spruch des Bescheides bezieht sich die Betriebsschließung auf das Nebenzimmer des Gast­gewerbebetriebes, welches mit einer Schwingtür vom Flur aus bzw. vom im Außenbereich gelegenen Gastgarten betretbar ist. Der betroffene Nebenraum ist in einer der Niederschrift des LVwG Oö. als Beilage 1 angeschlossenen Hand­skizze mit blauer Farbe markiert.

 

Am 29. Mai 2015 ergab die im Auftrag der belangten Behörde von der PI O vorgenommene Überprüfung, dass der Nebenraum nicht benützt wurde. Am 10. Juli 2015 ergab eine neuerliche im Auftrag der Behörde vorgenommene Überprüfung, dass nun nicht im Nebenraum, sondern im Vor­raum vier – von den Exekutivbeamten als Glücksspielautomaten bezeichnete – Geräte in Betrieb waren. Ein Gast benützte dabei einen Automaten. Die belangte Behörde hatte den Verdacht, dass T M – die gewerberechtliche Geschäftsführerin der Bf – offenbar die vier beschlagnahmten Automaten vom Nebenraum entfernt und im Vorraum, so wie bei der Überprüfung vom 10. Juli 2015 vorgefunden, aufgestellt hatte. Am 18. Juli 2015 nahmen Exekutivorgane der PI O daher im Auftrag der belangten Behörde eine Überprüfung der im Vorraum stehenden Geräte vor. Dabei ergab sich, dass von den vier vorhandenen Geräten ein Automat, nämlich der ursprünglich versiegelte Spiel­automat „afric2go“ mit der Nummer x, mit drei anderen Geräten im Vorraum angeschlossen und für den Spielbetrieb geeignet abgestellt worden war.

 

Am 27. August 2015 führten Finanzpolizisten in Begleitung von Behörden­vertretern erneut eine Kontrolle nach dem GSpG durch. Im Akt befindet sich der Bescheid vom 27. August 2015 mit folgendem Spruch „Es wird die Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „C R B“ in St. P, W-straße, mit Wirkung ab 27. August 2015, 12.00 Uhr angeordnet“. Die Bescheidausfertigung wurde von T M um 12:45 Uhr übernommen. Aus der Begründung geht hervor, dass am 27. August 2015 neuerlich 4 Glücks­spielgeräte festgestellt worden wären. Dies ergibt sich auch aus dem von der Behörde angefertigten Aktenvermerk vom 28. September 2015.

 

Die PI O stellte am 28. August 2015 fest, dass das Lokal geöffnet war und zeigte T M mit Abschlussbericht vom 28. August 2015 wegen des Verdachts des Siegelbruches bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis an. Die belangte Behörde verhängte wegen Missachtung der Schlie­ßungsanordnung mit Bescheid vom 8. September 2015, über die Bf eine Zwangsstrafe von 8.000 Euro.

 

Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit fand in der Verhandlung des LVwG Oö. am 9. November 2015 eine umfassende Erörterung statt. Auf folgende Aus­führungen der Niederschrift wird verwiesen:

 

„Im Einverständnis des Herrn Mag. A wird Frau T als Parteivertreterin befragt:

 

Sie macht folgende Angaben:

 

„Vom Verhandlungsleiter befragt, ob es zwischen der T M KG einen Vertrag mit der G s.r.o. über das Aufstellen von Geräten oder ähnlichen gibt, gebe ich an, dass es dazu keinen Vertrag gibt.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ich mir dann erkläre, dass die Geräte im Lokal der T M KG aufgestellt wurden und die G s.r.o. ihr Eigentum daran erklärt hat, gebe ich an, dass ich das jetzt nicht erklären kann.

 

Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob es vielleicht eine mündliche Vereinbarung gibt über die Aufstellung der Geräte und von der Vertreterin der belangten Behörde dazu befragt, wer die Geräte überhaupt aufgestellt hat, gebe ich an, dass ich dazu nichts sagen möchte.“

 

Die Verfahrensparteien halten einvernehmlich fest, dass der Schriftsatz von
Dr. M vom 6. November 2015 einschließlich aller angeschlossenen Beilagen einvernehmlich als verlesen gilt. Die Verfahrensparteien verzichten insoweit auf eine wörtliche Verlesung.

 

Der Verhandlungsleiter bringt den Verfahrensparteien weitere Auszüge aus dem Business Register betreffende G s.r.o. (Beilage 5), den Glücksspielbericht 2010 bis 2013 (Beilage 6), den Bericht Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010 bis 2014 (Beilage 7) und die Stellungnahme des BMF vom 26. Juni 2015 (Beilage 8) zur Kenntnis. Die Ver­fahrensparteien erklären dazu, auf eine wörtliche Verlesung zu verzichten. Die Ver­fahrensparteien erklären, dass diese Beilagen einvernehmlich als verlesen gelten.

 

Die Verfahrensparteien halten weiters fest, dass die Stellungahme des Finanzminis­teriums vom 30. Oktober 2015 (ON 15) 410986) sowie die Studie Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015 (ON 14) 410986 einvernehmlich als verlesen gilt. Auf eine wörtliche Verlesung dieser Dokumente wird seitens der Verfahrensparteien einvernehmlich verzichtet.

 

Mag. A führt dazu aus: „Zu dieser vorgelegten Studie ist festzuhalten, dass laut dem EuGH es bezüglich der Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopoles bzw. des Glücksspielgesetzes auf die tatsächlichen Wirkungen des Glücksspielgesetzes ankommt. Die einschlägigen Regelungen müssen in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und damit die Kriminalität bekämpft wird. Laut dieser aktuellen Studie ist es seit in Kraft treten des Glücksspielgesetzes 2010 zu keiner Ver­besserung des Spielverhaltens bzw. bei der Spielsucht gekommen. Das Glücksspielgesetz ist damit ineffektiv und verstößt das Glücksspielmonopol des Bundes gegen das Unions­recht.“

 

Der Verhandlungsleiter richtet an die Verfahrensparteien die Fragen, welche Beweis­anträge im diesem Zusammenhang bzw. noch aufrecht erhalten werden. Mag. A führt dazu aus: „Wir beantragen wie unter Punkt I. im Schriftsatz vom 6. November 2015 die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH im vorab Entscheidungs­verfahren (Antrag des LG Wiener Neustadt zu 62cg44/15Y vom 26. August 2015) aus­zusetzen bzw. zu unterbrechen. Weiters werden die Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugen Dr. I H, Mag. A Sch, Dr. D K, Dr. P B, Mag. B F, Mag. A F, Mag. M G, H G, Mag. I G, M G, Mag. R H, Mag. L H, Dipl. Soz. H M, Mag. N R, Ch L, M D, Mag. S P, Mag. Dr. U H, Mag. N R und E F aufrecht­erhalten. Auf die Einvernahme des Zeugen H K, R N und R R wird verzichtet, weil insoweit bereits Einvernahmeprotokolle im Schriftsatz vorgelegt wurden. Die eben genannten Zeugen werden zum Beweis für folgendes Beweisthema geführt: 1. Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 bis 2015 sowie 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 bis 2015.

 

Weiters beantragt Mag. A eine Probebespielung der Geräte FA-Nr. 1-3 sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu diesen Geräten betreffend das Beweis­thema, da diese Geräte keine Glücksspiele, sondern „Skill Games“ ermöglichen.

 

Mag. A erklärt, dass abgesehen davon keine weiteren Beweisanträge gestellt oder aufrechterhalten werden.

 

Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A folgende Frage, ob im gegenständlichen Zusammenhang ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstatt der Europä­ischen Union beteiligt ist. Mag. A führt dazu aus: „Wie schon erwähnt ist die G s.r.o. Eigentümerin der Geräte, ist aber in sonstiger Weise nicht in die Vor­gänge involviert.“

 

Über ergänzendes Befragen des Verhandlungsleiters hält Mag. A fest: „Es wird nicht behauptet, dass eine Konzession oder Bewilligung für die Veranstaltung von Aus­spielungen oder Glücksspielen vorliegen würde oder versucht worden wäre, eine solche zu erhalten. Dies weder in Österreich, noch in einem anderen Mitgliedsstaat der Europä­ischen Union. Unstrittig ist, dass die Kapitalerfordernisse des GSPG für die Konzessions­erteilung nach dem GSPG unstrittig nicht erfüllt sind. Keine der beteiligten Gesellschaften hat sich um die Ausstellung einer Konzession bislang bemüht, weil das Glücksspielmono­pol wie schon erwähnt unionsrechtswidrig ist und daher überhaupt keine Konzession oder Berechtigung verlangt werden kann. Unserer Ansicht nach handelt es sich sowohl um einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit als auch die Dienstleistungsfreiheit.“

 

Der Verhandlungsleiter richtet an die Vertreter der belangten Behörde und des Finanz­amtes die Frage, ob den Aussetzungsanträgen bzw. Beweisanträgen des Beschwerde­führervertreters nachzukommen ist. Die Vertreterin der belangten Behörde und des Finanzamtes erklären dazu, sich dazu nicht zu äußern und diese Frage dem LVwG zur Beurteilung überlassen.“

 

Dazu wird folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spiel­süchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „x“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozen­tuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweit­verbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhan­den. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Casinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Casinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenom­men, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durch­schnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Casinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Casinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein proble­matisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Casinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problema­tischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Präva­lenzwerte für die Automatenspiele der „C A“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und patho­logischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Casinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungs­politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzes­sionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschafts­auskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbank­besucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien CRIF (vormals Deltavista) und BISNODE (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbank­besucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchs­möglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessio­näre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unter­stützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücks­spielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vor­stellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessio­nären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspiel­automaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der mini­malen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maxi­malen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindest­spieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhin­derung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücks­spielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung geneh­migter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

Von Seiten der Konzessionäre erfolgt zwar eine Werbung für bestimmte Glücks­spiele, es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass für Spielautomaten eine umfassende und gezielte Werbetätigkeit der legalen Anbieter im Bundesgebiet bestehen würde.

 

 

3.     Beweiswürdigung:

 

Der Sachverhalt (2) zur Vorgeschichte und zum Ablauf der Kontrollen wurde bereits im Erkenntnis vom 12.11.2015 festgestellt und in gleicher Weise erneut den Feststellungen zu Grunde gelegt. Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit wird zunächst auf den Ablauf der Verhandlung vom 9.11.2015 verwiesen. Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Aus­wertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanz­polizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücks­spielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswir­kungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die von den Bf vorgelegten Beweismittel (Urkunden, s. Eingabe vom 6.11.2015) ändern daran nichts.

 

 

4.     Rechtliche Beurteilung:

 

§ 56a GSpG lautet unter der Überschrift „Betriebsschließung“:

 

(1) Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätig­keit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeig­nete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn fest­steht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungs­berechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

(7) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 3 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.

 

Es besteht unstrittig ein Zusammenhang mit Gesellschaften, die in „hunderte“ Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des GSpG involviert sind. Unstrittig ist, dass bei den „Skill Games“ Walzen zum Einsatz kommen. Hinsicht­lich der Walzenspiele besteht im Hinblick auf die höchstgerichtliche Recht­sprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) jedenfalls der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind. Der VwGH führte aus: Im Übrigen hat es das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bei der Beurteilung des begründeten Verdachts der Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen entgegen dem GSpG durch die mitbeteiligte Partei (Anm: T M KG) im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit verabsäumt, auf den Umstand, dass bei den Kontrollen am 10. Juli 2015 und 18. Juli 2015 trotz vorheriger Teilbetriebs­schließung vier Glücksspielgeräte, darunter ein bereits zuvor versiegelter Apparat, ohne Konzession betriebsbereit in einem frei zugänglichen Raum des Gastgewerbebetriebes vorgefunden worden waren, Bedacht zu nehmen. Diese wiederholte Missachtung der behördlichen Anordnungen wäre auch bei der Beurteilung der Gefahr der Fortsetzung von Verstößen gegen das GSpG iSd § 56a Abs 1 GSpG zu berücksichtigen gewesen. Allein diese Tatsachen hätten den Verdacht iSd § 56a Abs 1 GSpG gerechtfertigt, dass Glücks­spiele veranstaltet und durchgeführt wurden.“ Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücks­spielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit aus­geschlossen werden kann. Da jedoch die Teilbetriebsschließung nicht ausreichend war, war die gänzliche Schließung des Betriebes notwendig. Infolge Zeitablaufes ist der bezeichnete Schließungsbescheid mittlerweile außer Kraft getreten (§ 56a Abs. 6 GSpG). Die für die Einstellung zu Zl: Ro2016/17/0019, maßgeblichen Überlegungen können auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden (vgl. Ra 2015/11/0027). Dies führt zur Einstellung des Beschwerde­verfahrens.

 

In der bezeichneten Angelegenheit liegt das Erkenntnis des VwGH RO2016/17/0019 vor. Der VfGH hat im Erkenntnis E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19 das Glücksspielmonopol für EUrechts- und verfassungskon­form befunden.

 

Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15.9.2011,
Rs C-347/09 (Dickinger und Ömer), und vom 30.4.2014, Rs C-390/12 (Pfleger), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl. VwGH vom 24.4.2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behauptungs­last) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen wie hier sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grund­sätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (vgl. OGH 20.1.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

Gemäß Art. 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger u.a., C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschrän­kungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allge­meininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger,
C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammen­hang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr. 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchst­gerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu recht­fertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücks­spieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohä­renter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese umgesetzt werden.

 

Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungs­voraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Ver­folgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl. auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Geset­zesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspielgesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vor­gaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und anderer­seits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungs­politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlag­nahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücks­spielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessio­näre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unter­stützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücks­spielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vor­stellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessio­nären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Video­lotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechen­zentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maxi­malen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektro­nische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unab­hängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzes­sionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Fest­legung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücks­spielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem fest­gestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichi­schen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschrän­kungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automaten­glücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Casinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geld­einsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „C A“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesver­waltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GSpG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücks­spieltätigkeit als gegeben.

 

Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist Folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflations­rate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Casinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spiel­süchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbe­maßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätig­keiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Ver­folgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt. Soweit in den erwähnten von den Bf vorgelegten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten führt.

 

Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesverwaltungs­gericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorge­kommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der öster­reichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH aner­kannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformi­tät ist Folgendes auszuführen: Die Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt. Soweit sich die Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behörd­lichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzelpersonen sind daher für die vom Landesverwaltungsgericht Oö. vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetz­lichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

 

5.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

5.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit des § 52 GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unions­rechswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen. Hinsichtlich der Beweisanträge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

 

5.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH, EuGH und VfGH geklärt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Weigl