LVwG-750403/2/Sr

Linz, 22.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Stierschneider über die Beschwerde des B R, x, Deutschland, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin von Kirchschlag bei Linz vom 2. September 2016, Zl.: Meldeamt 023-1-2016/Reit,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.            Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 15 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992 in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2015, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 2. September 2016, Zl.: Meldeamt 023-1-2016/Reit, verfügte die Bürgermeisterin von Kirchschlag bei Linz die Berichtigung des Melderegisters insofern, als B R, geboren am x, mit Rechtskraft der Entscheidung an der Adresse W 36, K, polizeilich abgemeldet wird, da dieser jedenfalls seit zwei Jahren an der genannten Adresse keine Unterkunft (mehr) hat.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtete sich das vorliegende Rechtsmittel des Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) vom 18. November 2016.

 

Begründend führt der Bf ua aus, dass er zugunsten der Schwester auf das Elternhaus verzichtet habe. Der Verzicht sei im Glauben auf die Einräumung eines Wohnrechtes samt Gartenbenutzung erfolgt. Im Jahr 2012 sei er von der Schwester des Hauses verwiesen worden. Das ihm zugedachte Zimmer werde von der Schwester als Schlafzimmer verwendet. Eine Wohnung im Haus sei vermietet worden. Letztmalig habe er das Haus im Jahr 2014 betreten, als er die Mutter besucht habe. Über einen Haustorschlüssel würde er nicht verfügen.

 

Abschließend ersuchte der Bf um Aufrechterhaltung der Anmeldung bis zur gerichtlichen Durchsetzung seiner Ansprüche.

 

3. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2016, eingelangt am 14. Dezember 2016, übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt samt Beschwerdeschriftsatz.

 

4. Im Hinblick auf diverse Zustellversuche hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich weitergehende Ermittlungen vorgenommen.

 

Im Zuge dieser ist hervorgekommen, dass die Hinterlegung im September 2016 keine Rechtsfolgen ausgelöst hat, da der Bf während des Hinterlegungszeitpunktes nicht ortsanwesend war und auch während der Dauer der Bereithaltung des Schriftstückes nicht an die Abgabestelle zurückgekehrt ist.

 

Nachdem die Post das amtliche Schriftstück der belangten Behörde retourniert hatte, übermittelte diese den Bescheid nach dem 24. Oktober 2016 ohne Zustellnachweis an die Wohnanschrift des Bf in Deutschland. Abstellend auf den Postlauf ist von einer Zustellung des gegenständlichen Bescheides mit Ende Oktober 2016 auszugehen. Am 18. November 2016 hat der Bf die belangte Behörde aufgesucht. Bei der Vorsprache wurde ihm der vorliegende Bescheid neuerlich ausgefolgt und der Bf hat im Anschluss daran die Beschwerde persönlich bei der belangten Behörde eingebracht. Da die Zustellung des gegenständlichen Bescheides Ende Oktober 2016 erfolgte, ist die Beschwerdeeinbringung am 18. November 2016 fristgerecht.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vorlageakt. Darüber hinaus wurden am 22. Dezember 2016 ergänzende Erhebungen vorgenommen. Im Zuge dieser hat der Bf am 22. Dezember 2016 telefonisch ausgeführt, dass er ein Rechtsmittel gegen den Bescheid eingebracht habe, um im angestrebten gerichtlichen Verfahren auf eine aufrechte Meldung hinweisen zu können. Da er über keinen Hausschlüssel verfüge, habe er, nachdem er im Jahr 2012 von der Schwester aus dem Haus gewiesen worden sei, im Elternhaus keine Unterkunft mehr nehmen können.

 

6. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden, zumal der in Rede stehende Sachverhalt widerspruchsfrei feststand und lediglich rechtliche Fragen zu klären waren. Keine der Parteien hat einen Verhandlungsantrag gestellt.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

7. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I.1., I.2. und I.4. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

 

II.

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt und den Angaben des Bf in der Beschwerdeschrift und seinem Vorbringen am 22. Dezember 2016.

 

 

III.

 

1. Folgende Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 - MeldeG, BGBl. Nr.9/1992, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 52/2015, sind im Beschwerdefall maßgeblich:

 

§ 1.

(1) Unterkünfte sind Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

(4) Wohnungen sind Unterkünfte, soweit es sich nicht um Beherbergungsbetriebe handelt. Fahrzeuge und Zelte gelten dann als Wohnung, wenn sie im Gebiet derselben Gemeinde länger als drei Tage als Unterkunft dienen.

§ 4.

(1) Wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, ist innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden.

 

§ 13.

(1) Meldebehörden sind die Bürgermeister.

(2) Über Beschwerden gegen Bescheide der Meldebehörden entscheidet das Landesverwaltungsgericht.

 

§ 15.

(1) Erhält die Meldebehörde vom Tod eines angemeldeten Menschen Kenntnis, hat sie die Abmeldung durchzuführen. Hat sie Grund zur Annahme, dass eine Meldung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgenommen oder unterlassen wurde, so hat sie die An- oder Abmeldung, in den Fällen des    § 11 Abs. 1 auch die Ummeldung von Amts wegen vorzunehmen. Im übrigen hat sie das Melderegister, soweit es unrichtige oder unvollständige Meldedaten enthält, zu berichtigen. Die Berichtigung der Wohnsitzqualität einer Unterkunft  (§ 1 Abs. 6 oder 7) ist nur nach einem Verfahren gemäß § 15 Abs. 7 oder nach einem Reklamationsverfahren (§ 17) zulässig; sie hat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Weisung oder den Bescheid zu erfolgen.

 

(2) Von einer beabsichtigten An-, Ab- oder Ummeldung von Amts wegen hat die Meldebehörde den Meldepflichtigen zu verständigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erhebt der Meldepflichtige gegen eine solche Maßnahme Einwendungen, so ist die An-, Ab- oder Ummeldung, falls die Einwendungen nicht berücksichtigt werden, mit Bescheid vorzunehmen.

 

2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist hinsichtlich der Frage der Unterkunftaufgabe nicht der Rechtstitel, der der Unterkunftaufgabe zu Grunde liegt, sondern die bloße Herstellung eines faktischen Zustandes maßgebend. Demnach ist die Aufgabe der Unterkunft mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, in dem die faktische Beziehung zwischen der Person und der Unterkunft, wenn auch nur vorübergehend, gänzlich gelöst wird (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 6. März 2001, Zl. 2000/05/0108, mit Hinweis auf das Erkenntnis vom 27. April 1984, Zl. 82/01/0019, sowie das Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, Zl. 2004/05/0221).

 

Entscheidend für die Abmeldung ist das faktische Verlassen der bisherigen Unterkunft und die Unmöglichkeit der Rückkehr; auf die Gründe, die dazu geführt haben, kommt es in melderechtlicher Hinsicht nicht an. Selbst eine zwangsweise Delogierung ist geeignet, die Unterkunftaufgabe zu begründen (VwGH vom 2. Februar 1983, Zl. 82/01/0209, 0301).

 

Beabsichtigte zivilgerichtliche Verfahren zur Erlangung allfälliger Nutzungsrechte im ehemaligen Elternhaus des Bf vermögen am meldegesetzlichen Tatbestand der Unterkunftaufgabe nichts zu ändern (vgl. VwGH vom 27. April 1984 und vom 6. März 2001).

 

Wie unbestritten feststeht, ist dem Bf seit 2012 der Zutritt zum nunmehrigen Haus der Schwester verwehrt. Darüber hinaus sind jene Räumlichkeiten, die nach Ansicht des Bf ihm zur Ausübung seines Wohnrechtes zustünden, an Dritte vermietet. Eine Unterkunftnahme ist somit praktisch unmöglich.

 

Unterkunftnahme liegt nämlich dann vor, wenn von einer Unterkunft (Wohnung) ein widmungsgemäßer Gebrauch gemacht wird. Dies wird bei der Unterkunft in einer Wohnung zumeist dann der Fall sein, wenn eine Person diese tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen benützt. Eine Unterkunftnahme wird daher überall dort anzunehmen sein, wo Räume von einer oder mehreren Personen zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden, Wohnbedürfnisses tatsächlich benützt werden. Zu den Wohnbedürfnissen muss man aber nicht bloß das Nächtigen, sondern auch das "Sichdarinaufhalten", seine Sachen zu verwahren und hievon grundsätzlich andere auszuschließen, zählen. Hingegen setzt die Unterkunftnahme nicht voraus, dass in den jeweiligen Räumen sämtliche Wohnbedürfnisse ständig bzw. ununterbrochen befriedigt werden.

 

Die Meldevorschriften stellen sowohl betreffend das Nehmen als auch die Aufgabe einer Unterkunft auf ein tatsächliches Naheverhältnis bzw. dessen Wegfall des Meldepflichtigen zur Unterkunft ab (VwGH vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0557). Eine Aufgabe der Unterkunft kann daher grundsätzlich nur angenommen werden, wenn aus den äußeren Umständen - etwa durch Entfernung der persönlichen Gegenstände des täglichen Gebrauches aus der Wohnung - hervorgekommen ist, dass eine Person ihre Beziehung zu der Unterkunft gänzlich gelöst hat (VwGH vom 29. September 2000, Zl. 98/02/0449, und vom 6. März 2001, Zl. 2000/05/0108).

 

Da die bloße Herstellung des faktischen Zustandes maßgebend ist, ist es im Hinblick auf die Unterkunftaufgabe im Sinne des Meldegesetzes unerheblich, ob der Bf zwar die Absicht hat, die Unterkunft wieder anzunehmen, wenn er seine Absicht auf Grund des Verhaltens der Schwester nicht verwirklichen kann.

 

Auf Grund der Äußerungen und der Vorgangsweise der Schwester hatte der Bf jedenfalls seit 2012 keine Möglichkeit zur Unterkunftnahme. Auf die Gründe der Unmöglichkeit der Rückkehr kommt es in melderechtlicher Hinsicht nicht an. Die Aufgabe der Unterkunft erfolgte jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als der Bf die Beziehung zur Unterkunft, wenn auch nur (aus seiner Sicht) vorübergehend, gänzlich gelöst hatte. Dies war unwidersprochen bereits im Jahr 2012 der Fall.

 

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens – denen der Bf dem Grund nach nicht widersprochen hat - von der Aufgabe der Unterkunft durch den Bf zumindest ab dem Jahr 2014 ausgegangen ist.  

 

3. Es war daher die Beschwerde unter Spruchpunkt I. dieses Erkenntnisses als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diese Entscheidungen besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Stierschneider