LVwG-411186/10/Re/PW

Linz, 14.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Reichenberger über die Beschwerde des Herrn M B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land vom 24. November 2015, GZ: Pol96-271-2015, wegen einer teilweisen Betriebsschließung nach den Bestimmungen des GSpG

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.            Die Beschwerde wird im Grunde des § 28 Abs. 1 VwGVG mangels vorliegenden Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurück-gewiesen.

Das gegenständliche Verfahren wird eingestellt.

 

 

II.         Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Bescheid vom 24. November 2015, GZ: Pol96-271-2015, gegenüber dem Beschwerdeführer, Herrn M B, X, die teilweise Schließung des Betriebes mit der Lokalbezeichnung „Sportwetten X“ in X, X, mit Wirkung ab 24. November 2015 verfügt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bereits im Zuge mehrerer Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz seien elektronische Glücksspielgeräte betriebsbereit vor­gefunden worden. So seien bei einer Kontrolle am 16. März 2015 sieben Glücks­spielgeräte vorläufig beschlagnahmt und wegen des Verdachts der Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen diese Beschlagnahme mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. April 2015 angeordnet worden. Mit Straferkenntnis vom 31. Juli 2015 sei aus diesem Grund eine Verwaltungsstrafe verhängt worden. Mit Schreiben vom 27. März 2015 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, den weiteren Betrieb von Glücksspielen entgegen den Vorschriften des GSpG einzustellen, andernfalls die Schließung verfügt werde. Bei einer Kontrolle am 24. November 2015 seien neuerlich vier Glücksspielgeräte betriebsbereit vorge­funden worden, wobei typischerweise für einen Einsatz von mindestens 0,20 Euro ein Gewinn von bis zu 20 Euro sowie bis 898 Supergames in Aussicht gestellt worden seien. Im Zuge dieser Kontrolle wurde sodann am 24. November 2015 um 14.30 Uhr die teilweise Betriebsschließung vom Organ der Behörde verfügt und der nunmehr bekämpfte Bescheid zugestellt. Verfügt wurde ein räumlich und funktional dargestellter und als solcher abgegrenzter Bereich durch Teilbetriebsschließung, Festschrauben der Schiebetüre, Anbringen von amtlichen Siegeletiketten sowie eines Schildes. Gleichzeitig wurde für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes im geschlossenen Teil des Lokals die Verhängung einer Zwangsstrafe in der Höhe von 8.000 Euro angedroht.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) rechtzeitig durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde vom 22. Dezember 2015 eingebracht. Die Beschwerde ist am 28. Dezember 2015 bei der belangten Behörde eingelangt. Beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Betriebsschließungsverfahren einzustellen, jedenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Es liege weiters ein nicht korrigierbarer Spruchmangel vor, da als Tatzeit die Zeiten der Kontrollen angenommen worden seien. Weiters lägen Begründungsmängel vor, zumal der Bescheid gemäß § 46 Abs. 2 VStG eine Begründung aufzuweisen und Tatbestandsmerkmale zu bewei­sen habe. Weiters wird vom Bf in umfangreichen Begründungsteilen eine behaup­tete Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes vorgebracht und ein Gesetzesprüfungsverfahren im Hinblick auf die Subsidiarität einer strafgerichtlichen Zuständigkeit gegenüber der Zuständigkeit der Verwal­tungs­behörden angeregt. Der Tag der Ausstellung des Schließungsbescheides könne nicht derselbe Tag sein wie die verfügte Schließung des Betriebes. Der überwiegende Zweck des Lokals sei nicht illegales Glücksspiel, weshalb für die Betriebsschließung kein Platz sei. Ein Verwaltungsstrafverfahren sei nicht been­det worden. Ohne Beschlagnahme könne auch nicht der begründete Verdacht für eine Betriebsschließung vorliegen.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Beschwerdevorbringen abgegeben.

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich durch Einzel-richter ergibt sich aus §§ 2 und 3 VwGVG.

 

3. Nachstehender Sachverhalt liegt der Entscheidung zu Grunde:

 

Nach Durchführung einer Kontrolle beim Lokal „Sportwetten X“ in X, X, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. April 2015 gemäß § 53 GSpG die behördliche Beschlagnahme von sieben betriebsbereit festgestellten Glücksspielgeräten angeordnet.

Mit Straferkenntnis vom 31. Juli 2015 wurde gegenüber dem Lokalbetreiber, Herrn M B, gemäß § 52 GSpG eine Verwaltungsstrafe verhängt.

 

Beide Bescheide wurden vom Bf bekämpft, in der Zwischenzeit mit Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich jedoch bestätigt.

Mit Schreiben vom 27. März 2015, nachweislich zugestellt am 3. April 2015, wurde der Bf aufgefordert, den weiteren Betrieb von Glücksspielen entgegen den Bestimmungen des GSpG einzustellen, andernfalls die Schließung des Betriebes verfügt werde.

Im Rahmen einer weiteren Kontrolle am 24. November 2015 wurden im Lokal „Sportwetten X“ neuerlich elektronische Glücksspielgeräte entgegen den Bestimmungen des GSpG betriebsbereit aufgestellt vorgefunden.

Im Rahmen dieser Kontrolle am 24. November 2015 wurde aus diesem Grund durch das anwesende Organ der Behörde die teilweise Betriebsschließung um 14.30 Uhr verfügt.

Die Aushändigung bzw. Zustellung des entsprechenden, nunmehr bekämpften schriftlichen Bescheides erfolgte am selben Tag.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungs­behörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- und Landes­gesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 29. September 2009, 2008/21/0646, bekräftigt:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist eine die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides feststellende Entscheidung nicht vorgesehen. Mit einem Interesse an einer solchen Entscheidung des VwGH lässt sich daher ein (noch aufrechtes) Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Bf durch die für den Fall der Rechtswidrigkeit des ange­fochtenen Bescheides im VwGG allein vorgesehene Aufhebung rechtlich besser gestellt wäre, sodass Entscheidungen von bloß abstrakt-theoretischer Bedeutung vom VwGH nicht zu treffen sind. Insoweit besteht daher eine Einschränkung der Kontrolle von Verwaltungshandeln durch den VwGH. Art. 13 MRK steht dem nicht generell entgegen. Nur ein Verwaltungsakt, der (noch) in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift, muss bekämpfbar und letztlich vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts überprüfbar sein. [...]“ (vgl. B 15.9.2011, 2006/04/0108; B 27.1.2011, 2009/21/0163; B 29.9.2009, 2008/21/0646) (vgl. VwGH 23.4.2015,  Ro 2015/07/0001, und 29.9.2009, 2008/21/0646).

 

Das von der Bf mit der Einbringung der Beschwerde verfolgte Rechtsschutzziel lag in der Aufhebung der Betriebsschließung und damit der Ermöglichung einer Weiterführung ihres Lokals. Dieses angestrebte Rechtsschutzziel kann infolge zeitlicher Überholung nicht mehr erreicht werden.

 

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht Aufgabe der [...] Verwal­tungsgerichte, abstrakte Rechtsfragen zu beantworten, sondern vielmehr [...] über eine Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in der die Rechtswidrigkeit des Bescheides behauptet wird, zu ent­schei­den (VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

Die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist uneinge­schränkt auf die Verwaltungsgerichte übertragbar, handelt es sich bei der Frage der „Beschwer“ bzw. des „Rechtsschutzinteresses“ doch um allgemeine Rechts­grundsätze und entspricht die in Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG geregelte Beschwerdelegitimation der früher in Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG  vorgesehenen Parteibeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Dem gegenständlichen Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass der bekämpfte Bescheid betreffend die teilweise Schließung des Betriebes des Bf diesem am 24. November 2015 durch Aushändigung nachweisbar zugestellt worden ist.

Dieser Bescheid, welcher im Grunde des § 56a Abs. 3 GSpG ergangen ist, tritt im Grunde des Abs. 6 leg. cit., wenn er nicht kürzer befristet ist, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen wird die Wirksamkeit des Bescheides nicht berührt.

Die einjährige Frist des § 56a Abs. 6 GSpG endete somit spätestens am 24. November 2016.

In der Zwischenzeit hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. Juli 2016, dem Bundeskanzler zugestellt am 6. Juli 2016, in den zu den Zahlen E945/2016, E947/2016 und E1054/2016 anhängigen Verfahren beschlossen, dass bei ihm eine erhebliche Anzahl von Beschwerdeverfahren betreffend die Frage, ob § 52 GSpG, § 53 GSpG und/oder § 54 GSpG (offenkundig) gegen Unionsrecht verstoßen oder ob gegen diese Bestimmungen verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, anhängig sind. Dieser Beschluss wurde gemäß § 86a Abs. 2 VfGG am 12. Juli 2016 im BGBl. kundgemacht. Diese Kundmachung bewirkt, dass die Verwaltungsgerichte in den bei ihnen zu gleichartigen Rechtsfragen anhängigen Verfahren nur solche Handlungen vornehmen oder Anordnungen oder Entscheidungen treffen dürfen, die durch das Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

 

Eine Entscheidung über diese Fragen erfolgte mit Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes vom 15. Oktober 2016, E945/2016, E947/2016 und E1054/2016, wonach die Rechtsgrundlagen der §§ 52, 53 und 54 GSpG nicht gegen Unionsrecht verstoßen und aus diesem Grund von vornherein keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 Abs. 1 B-VG und Art. 2 StGG wegen Inländerdiskriminierung vorliegt.

 

Innerhalb dieses Zeitraumes konnte eine Entscheidung des Landesverwaltungs­gerichtes Oberösterreich nicht getroffen werden, als Folge wurde innerhalb der oben zitierten einjährigen Frist des § 56a Abs. 6 GSpG eine vollständige Ergän­zung und Vervollständigung des Ermittlungsverfahrens mit Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht durchgeführt, weshalb der dem Verfahren zu Grunde gelegene Titelbescheid nach § 56a GSpG, zugestellt an den Bf am 24. November 2015, spätestens am 24. November 2016 ex lege außer Kraft getreten ist. Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 


 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger