LVwG-490029/11/Re/AK

Linz, 22.12.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Reichenberger aufgrund der Beschwerde des Herrn M B, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, X, vom 22. Dezember 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 30. November 2015, GZ: Pol96-271-1-2015, betreffend die Verhängung einer Zwangsstrafe nach dem VVG iVm dem GSpG den

B E S C H L U S S

gefasst:

I.         Die Beschwerde wird wegen Gegenstandslosigkeit als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.      Dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird keine Folge gegeben.

 

 

III.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Bescheid vom 30. November 2015, GZ: Pol96-271-1-2015, gegenüber Herrn M B, X, eine Zwangsstrafe in der Höhe von 8.000 Euro verhängt. Dies, da die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 24. November 2015 um 14.30 Uhr die teilweise Betriebsschließung des Lokals „Sportwetten X“ in X, X, gegen ihn als Lokalbetreiber mündlich verfügt hat, der Umfang der Schließung einen etwa 2,5 x 4 m großen Teil des Hinterzimmers, der durch eine Holzwand und eine Schiebetür abgegrenzt ist und in dem die Glücksspielgeräte aufgestellt waren, betrifft, die Schließung von der Behörde durch Beschilderung und Abringen von amtlichen Siegeln gekennzeichnet bzw. durch Holzschrauben fixiert wurde und er als Lokal­betreiber seine Verpflichtung, die Wiederaufnahme des Betriebes im geschlos­senen Betriebsteil zu unterlassen, verletzt habe.

Begründend wird ausgeführt, das angedrohte Zwangsmittel seien beim Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Hand­lung gesetzten Frist sofort zu vollziehen, gleichzeitig sei für den Fall der Wieder­holung ein schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Voraussetzung für eine Voll­streckung nach den Bestimmungen des VVG sei das Vorliegen eines entsprechen­den Titelbescheides, der gegenüber dem Verpflichtenden wirksam geworden ist.  Dies sei mit Bescheid vom 24. November 2015, GZ: Pol96-271-2015, erfolgt. Die teilweise Betriebsschließung des Lokals sei mit Wirkung ab 24. November 2015 verfügt worden. Im Rahmen einer Kontrolle sei festgestellt worden, dass der geschlossene Betriebsteil bereits zwei Tage nach der Schließung wieder geöffnet gewesen sei und vier neue Glücksspielgeräte betriebsbereit aufgestellt waren. Aufgrund der Wiederaufnahme des geschlossenen Betriebsteiles sei der Ver­dacht, dass illegale Glücksspiele mittels Glücksspielgeräten veranstaltet würden, erneut entstanden.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer (Bf), vertreten durch Rechts­anwalt Dr. F M, X, mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2015 innerhalb offener Frist eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich eingebracht. Gleichzeitig wurde beantragt, der Beschwerde die auf­schiebende Wirkung zuzuerkennen und eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gleichzeitig wird auf den Betriebsschließungsbescheid als Titel­bescheid hingewiesen und festgehalten, dass dieser mittels Beschwerde ange­foch­ten worden sei. Beantragt werde daher, das Verfahren bis zur rechtskräf­tigen Entscheidung betreffend Betriebsschließung auszusetzen.

Begründend weist der Bf im Wesentlichen auf die Bekämpfung des Titelbe­scheides hin. Die Betriebsschließung sei rechtswidriger Weise erfolgt, daher würden alle Argumente auch im Rahmen der Beschwerde gegen die ebenfalls rechtswidrigerweise verhängte Zwangsstrafe gelten. Eine Sachverhaltsdarstel­lung sei dem bekämpften Bescheid nicht im ausreichenden Ausmaß zu entneh­men. Das Vorliegen objektiver Tatbestandsmerkmale habe die Behörde zu beweisen.

Darüber hinaus bringt der Bf eine ausführliche Begründung zu einer behaupteten Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des GSpG vor und regt ein Gesetzes­prüfungsverfahren im Hinblick auf die Subsidiarität einer strafgerichtlichen Zustän­­digkeit gegenüber der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden an.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zugrunde liegenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Ober­öster­reich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Beschwerdevorbringen abgegeben.

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich durch Einzel­richter ergibt sich aus §§ 2 und 3 VwGVG.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Ein­sicht­nahme in den verfahrensgegenständlichen Verfahrensakt sowie auch in den Verfahrensakt betreffend die Betriebsschließung, LVwG-411186.

Die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich letztlich aufgrund des Ergebnisses des Rechtsmittelverfahrens in Bezug auf die Betriebsschließung als nicht mehr erforderlich.

 

Der Bescheid der belangten Behörde vom 24. November 2015, GZ: Pol96‑271‑1025, betreffend eine teilweise Betriebs­schließung des Lokals des Bf mit der Bezeichnung „Sportwetten X“ in X, X, wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsge­richtes Oberösterreich vom 14. Dezember 2016, GZ: LVwG-411186/10, durch Zurückweisung der Beschwerde mangels vorliegenden Anfech­tungsgegenstandes gegenstandslos und wurde das diesbezügliche Verfahren eingestellt.

 

4. Nachstehender wesentlicher Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

 

Die belangte Behörde hat über den Bf mit Bescheid vom 30. November 2015 eine Zwangsstrafe in der Höhe von 8.000 Euro verhängt und für den Fall der weiteren Zuwiderhandlung eine weitere Zwangsstrafe in der Höhe von 14.000 Euro ange­droht.

 

Das Lokal des Bf „Sportwetten X“ in X war zu diesem Zeit­punkt zumindest seit 24. November 2015, 14.30 Uhr, einer teilweisen Schließung unterworfen.

Eine Kontrolle des Betriebes am 26. November 2015 ergab eine neuerliche Betriebsaufnahme des verfahrensgegenständlichen Lokals durch den Bf und einen ursächlichen Verdacht der weiteren Veranstaltung illegaler Glücksspiele mittels Glücksspielgeräten.

 

Das Verfahren betreffend Betriebsschließung wurde durch Rechtsmittelent­schei­dung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 14. Dezember 2016, GZ: LVwG-411186/10, eingestellt, dies im Wesentlichen in Anwendung des § 56a Abs. 6 GSpG, wonach Bescheide, die im Grunde des § 56a Abs. 3 GSpG ergan­gen sind, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirk­samkeit treten.

 

5. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbe­hörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 3/2008, wird die Verpflich­tung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 VVG hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein ange­drohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung ent­sprochen ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 VVG dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

 

Gemäß § 5 Abs. 4 VVG ist die Vollstreckung durch Geldstrafen als Zwangsmittel auch gegen juristische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffent­lichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften zulässig.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.

 

Gemäß § 56a Abs. 5 GSpG kommt ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 (Betriebsschließungen) keine aufschiebende Wirkung zu.

 

Gemäß § 52a GSpG tritt für die Vollstreckung eines Bescheides nach diesem Bundesgesetz an die Stelle des in § 5 Abs. 3 VVG vorgesehenen Betrages der Betrag von 22.000 Euro.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- und Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörden in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sinn einer Zwangsstrafe, einen dem Willen der Behörde entgegenstehenden Willen einer Partei zu brechen. Ist dieser Zweck erreicht, bevor die verhängte Haft voll­streckt oder der als Zwangsstrafe auferlegte Betrag entrichtet worden ist, so wäre es zweckwidrig, auf dem Vollzug der Haft oder der Entrichtung des Geld­betrages zu bestehen, weil hier jedes Moment eines Sühnezweckes oder Besserungs­zweckes ausscheidet (VwGH 9.5.1990, 89/03/0269).

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, liegt nunmehr ein rechtswirksamer Titelbe­scheid betreffend die Betriebsschließung infolge Zeitab­laufes nicht mehr vor. Dies unter Bezugnahme auf § 56a GSpG.

 

Ein Vollzug einer Beugemaßnahme, so die Eintreibung einer verhängten Zwangs­strafe, kommt angesichts des ausschließlichen Beugecharakters der Zwangs­strafe ab dem Zeitpunkt, an dem eine Verpflichtung aus einem vollstreckbaren Titelbescheid nicht mehr vorliegt, nicht mehr in Betracht bzw. ist dieser unzulässig.

Der Umstand, dass der Betriebsschließungsbescheid in der Zwischenzeit außer Kraft getreten ist, stellt somit ein Hindernis für die Eintreibung einer auferlegten und noch nicht einbezahlten Beugestrafe dar.

 

Da somit ein durch Zwangsstrafe zu erzwingender Zustand nicht mehr vorliegt, erweist sich ein Anfechtungsgegenstand als nicht mehr vorliegend und war die Beschwerde zurückzuweisen.

 

 

 

 

Zu II.:

 

Antrag auf Aussetzung des Verfahrens:

Ein Recht auf Aussetzung kann sich gegebenenfalls nur aus der jeweils in Betracht kommenden Rechtsvorschrift ergeben (VwGH 21.2.1989, 89/05/0014).

Weder aus dem Glücksspielgesetz noch aus dem Verwaltungsvollstreckungs­gesetz ergibt sich ein Rechtsanspruch auf Aussetzung eines Vollstreckungsver­fahrens.

Der Antrag des Bf, das Verfahren bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel gegen den Titelbescheid auszusetzen, war daher zurückzuweisen.

 

Insgesamt war aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden und die Beschwerde aufgrund des Außerkrafttretens des Schließungsbescheides mangels Rechtsschutzinteresses (Beschwer) zurückzuwei­sen, weil es der belangten Behörde nunmehr verwehrt ist, die verhängte Zwangs­strafe einzutreiben.

 

Über den gleichzeitig mit der Beschwerde eingebrachten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde bereits mit Beschluss vom 18. Februar 2016 entschieden.

 

 

Zu III.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  Reichenberger