LVwG-750007/10/BP/JO

Linz, 28.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. X gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, vom 6. November 2013, GZ: 1078561/FRB, mit dem über den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf 18 Monate befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum erlassen wurde, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG iVm. § 1 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

II.       Gemäß § 31 VwGVG wird der „Berufungsantrag“ auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. November 2013, GZ: 1078561/FRB, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen.

 

Den Sachverhalt betreffend gibt die belangte Behörde Folgendes an:

 

Sie wurden am 10.10.2013 in Gallneukirchen einer Kontrolle unterzogen, wobei Sie sich mit einem verfälschten slowenischen Reisepass lautend auf X auswiesen. Bei der anschließenden kriminalpolizeilichen Vernehmung gaben Sie an, den slowenischen Reisepass verwendet zu haben, weil Sie in Ihrer Heimat wegen mehrerer Raubüberfälle gesucht werden.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des FPG führt die belangte Behörde weiter aus:

 

Bei Ihrer fremdenpolizeilichen Befragung am 05.11.2013 haben Sie im Wesentlichen angegeben, zuletzt am 13.01.2013 mit einem verfälschten Reisepass nach Österreich eingereist zu sein.

Sie haben bei Ihren Eltern in Steyr und später bei Ihrer Freundin in Steyr gewohnt.

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat erwogen:

 

Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu.

Wenn nun Fremde den entsprechenden Vorschriften zuwider (ohne gültiges Reisedokument) nach Österreich einreisen, sich mit einem falschen Identitätsdokument ausweisen und sich nicht rechtmäßig hier aufhalten, läuft dies massiv einem geordneten Fremdenwesen zuwider.

 

An dieser Stelle soll auch erwähnt werden, dass Sie am 06.03.1997 (rk 17.06.1997) vom LG Steyr wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130 letzter Fall und 15 StGB, des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs. 1, 2 und 3 1. Fall und15 StGB, des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs. 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 12 Monate bedingt auf 3 Jahre, verurteilt wurden.

 

Da die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten 17 Jahre zurückliegen, werden Sie zur Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes nicht herangezogen, auch wenn die Verurteilung noch nicht getilgt ist.

 

 

Obwohl Sie seit 16 Jahren (wieder) in Serbien leben, haben Sie doch Ihre Eltern und eine Freundin in Österreich.

Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes scheint dennoch die Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und auch im Licht des § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

Im Sinn eines geordneten Fremdenwesens kann nicht hingenommen werden, dass sich Fremde über die für die Einreise und den Aufenthalt geltenden fremdenrechtlichen Normen einfach hinwegsetzen und die Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen versuchen, weshalb Ihre sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist, und daher die aufschiebende Wirkung einer Berufung abzuerkennen war.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Beschwerde.

 

Vorerst werden die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge

a)   eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen; sowie

b)   gegenständlicher Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkennen; sowie

c)   den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, GZ 107851/FRB, vom 06.11.2013, ersatzlos beheben; in eventu

d)   den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde beheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.

 

Begründend führte der Beschwerdeführer Folgendes aus:

 

1.    Das gegenständliche Einreiseverbot wird auf die Dauer von 18 Monaten für den gesamten Schengen-Raum erlassen, da ich am 10.10.2013 in Gallneukirchen einer Kontrolle unterzogen wurde und dabei einen verfälschten slowenischen Reisepass lautend auf X vorgewiesen habe.

Ich trete dieser Feststellung auch nicht entgegen, ersuche jedoch zu berücksichtigen, dass ich aus Serbien fliehen musste, da mein Leben in Serbien bedroht war. Aufgrund dieser Verfolgung in Serbien habe ich auch bereits einen Asylantrag gestellt. Ich befand mich daher in einer Notstandsituation und habe mir daher das gefälschte Reisedokument besorgt, um aus Serbien fliehen zu können.

Auf meine entsprechenden Angaben im Asylverfahren darf ich hiermit verweisen.

 

2.    Entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde ist meine sofortige Ausreise auch nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, sodass die Vorraussetzungen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegenständlicher Berufung nicht vorliegen und ich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantrage, dies auch vor dem Hintergrund dessen, dass aufgrund des laufenden Asylverfahrens eine Ausreise derzeit auch nicht möglich ist.

Ich ersuche weiter zu berücksichtigen, dass in Österreich sowohl meine Eltern, als auch meine Freundin leben und damit das Einreiseverbot auch unzulässig in mein Privat- und Familienleben eingreifen würde.

 

Weiteres Vorbringen im Zuge des Berufungsverfahrens behalte ich mir ausdrücklich vor.

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem nunmehrigen Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 zur Entscheidung vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Mit E-Mail vom 28. Jänner 2014 zog der Rechtsvertreter des Bf einen ursprünglich gestellten Verhandlungsantrag zurück und teilte mit, dass der Bf nach Auskunft des BFA am 18. Dezember 2013 unter AIS 13 17.111 zum Asylverfahren zugelassen worden sei. Dieses Verfahren sei noch offen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung zunächst von dem unter dem Punkt I 1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

Der Bf ist aktuell Asylwerber, da er mit 18. Dezember 2013 unter AIS 13 17.111 zum Verfahren zugelassen und dieses noch nicht abgeschlossen wurde.

 

 

II.             

 

Es ergeben sich betreffend der Beweiswürdigung keinerlei wie auch immer gearteten Zweifel.

 

 

III.            

 

1.1.1. Gemäß § 125 Abs. 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

 

Gemäß Abs. 22 leg. cit. sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat der Länder anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.

 

1.1.2. Es ist sohin gemäß § 125 Abs. 22 FPG zur Beurteilung des vorliegenden Falles das Fremdenpolizeigesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 heranzuziehen. 

 

1.2. Gemäß § 1 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 sind auf Asylwerber (§ 2 Z. 14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100) die §§ 41 bis 43, 52, 53, 57 Abs. 1, 72 und 76 Abs 1 nicht anzuwenden. Ein vor Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen. Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, sind darüber hinaus die §§ 39, 60 und 76 nicht anzuwenden. Die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber ist erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Ein Rückkehrverbot kann gegen einen Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erlassen werden.

 

2. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergibt sich, dass der Bf aktuell den Status eines Asylwerbers inne hat. Aus § 1 Abs. 2 erster Satz FPG ergibt sich nun aber, dass gegen einen Asylwerber die Anwendung der §§ 52 und 53 FPG ex lege ausgeschlossen ist. Folglich kann aber auch keine Rückkehrentscheidung bzw. kein Einreiseverbot gegen den Bf verhängt werden.

 

Allenfalls wird in einem neuerlichen Verfahren zu prüfen sein, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Erlassung eines Rückkehrverbotes gegeben sind. Aus § 1 Abs. 2 zweiter Satz ergibt sich e contrario, dass der Wechsel im Regime von den §§ 52 und 53 auf ein Rückkehrverbot gemäß § 54 vom Legislator nicht intendiert sind.

 

3. Zusammengefasst ergibt sich somit, dass der in Rede stehenden Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben war.

 

Betreffend den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das LVwG ist festzuhalten, dass das Fremdenpolizeigesetz in der anzuwendenden Fassung keine diesbezügliche Rechtsgrundlage vorsieht, weshalb dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen war.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Bernhard Pree