LVwG-700019/2/MB/WU

Linz, 02.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des A S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes der Bezirks Freistadt, vom 19. September 2013, GZ: Sich96-148-2012,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafe mit 20 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 9 Stunden) bei gleichbleibenden Kosten für das behördliche Verfahren festzusetzen ist.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19. September 2013, GZ: Sich96-148-2012, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt, es nach Aufgabe seiner Unterkunft am 6. September 2012 unterlassen zu haben, sich binnen der gesetzlichen Frist von 3 Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden und wurde mit 40 Euro (18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus:

„Auf Grund einer Anzeige der PI Freistadt GZ AI/000008933/01/2012 vom 25.11.2012 wurde gegen Sie eine Strafverfügung erlassen wobei Ihnen zur Last gelegt wurde, dass Sie es unterlassen haben sich nach Aufgabe Ihrer Unterkunft an der Adresse X am 12.8.2012, binnen der gesetzlichen Frist von 3 Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden.

 

Innerhalb offener Frist haben Sie bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt rechtzeitig Einspruch erhoben. In diesem Einspruch erklären Sie, dass Sie erst am 6.9.2012 bei Fr. W  (vormalige Unterkunftgeberin an der Adresse X) ausgezogen sind. Sie erklärten weiters, dass Sie mit Fr. W eine Vereinbarung getroffen gehabt hätten, dass Sie bis zum 1.10.2012 bei ihr mit Hauptwohnsitz angemeldet bleiben hätten dürfen. Darüber wäre eine schriftliche SMS von Fr. W vorhanden. Am 27.8.2012 hätten Sie einen Nebenwohnsitz und am 1.10.2012 Ihren Hauptwohnsitz in X angemeldet und auch Ihre Abmeldung in X bekannt gegeben. Es sei daher nicht richtig, dass Sie die Wohnung in X am 12.8.2012 aufgegeben hätten. Außerdem wäre es nicht Ihre Wohnung gewesen.

 

Auf Grund Ihres Einspruches wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und Fr. W als Zeugin einvernommen.

 

Nach Durchführung der Zeugeneinvernahmen wurde Ihnen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 15.1.2012 das Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, wobei der Tatvorwurf dahingehend geändert wurde, dass Sie die Veranlassung der pol. Abmeldung nach Aufgabe Ihrer Unterkunft am 6.9.2012 unterlassen haben. Zu diesem Ergebnis haben Sie folgende schriftliche Stellungnahme abgegeben:

 

"Es gibt eine SMS vom 6.8.2012 von Fr. W mit dem "Wortlaut": Okay, ein paar Wochen geb ich dir noch Zeit mit dem Abmelden, wenn du mir die Adresse gibst schick ich dir die Post wöchentlich nach. Fr. W lügt in der Niederschrift! Wir haben eine Vereinbarung getroffen dass ich erst am 6.9.2012 siedeln kann. Ich hätte ohne Räumungsklage gar nicht ausziehen müssen It. Anwalt. Ich hatte keinen anderen HWS, außer X, wegen der Postzustelladresse. Ich habe nicht gegen das Meldegesetz verstoßen! Fr. W ist krank und braucht einen psychische Betreuung! Ersuche Sie bitte um positive (Einstellung) Erledigung. PS: Ich habe das SMS zum Beweis Freitag 18.1.2013 um 11.45 Uhr gesendet. Hoffentlich bekommt Fr. W eine Strafe wegen falscher Zeugenaussage."

Mit Schreiben vom 15.1.2013 wurden Sie auch aufgefordert Ihre Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse zur Strafbemessung bekannt zu geben. Hierzu haben Sie jedoch keine Stellungnahme abgegeben.

 

Gegenständlicher Sachverhalt unterliegt folgender rechtlicher Beurteilung:

 

Gemäß § 4 Meldegesetz ist wer eine Unterkunft aufgibt, innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden. Gemäß § 7 Meldegesetz trifft die Erfüllung der Meldepflicht den Unterkunftnehmer.

 

Die Behörde geht von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

Sie haben es unterlassen sich nach Aufgabe Ihrer Unterkunft an der Adresse X am 6.9.2012 binnen drei Tagen davor oder danach bei der zuständigen Meldebehörde abzumelden. Sie haben die Abmeldung erst am 1.10.2012 veranlasst.

 

Als Beweismittel gelten:

·         Anzeige PI Freistadt vom 25.11.2012

·         Ihre Einspruchsangaben sowie

·         Ihre Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme Zeugeneinvernahmen Fr. W

 

Die Behörde hat darüber folgendes erwogen:

Es steht für die Behörde zweifelsfrei fest, dass Sie die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen haben. Ihre Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme konnte die Behörde nicht dazu bewegen, von einer Verwaltungsstrafe abzusehen. Sie haben in dieser Stellungnahme angeführt, dass Sie mit Fr. W eine Vereinbarung getroffen gehabt hätten, dass Sie erst am 6.9.2012 siedeln konnten. Die Tatsache, dass Sie sich dann nach Aufgabe Ihrer Unterkunft nicht binnen drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abgemeldet haben wurde Ihnen auch zum Tatvorwurf gemacht. Weil Sie am 6.9.2012 tatsächlich Ihre letzten in der Wohnung zurückgebliebenen Utensilien geholt haben bzw. die Wohnung geräumt haben, hätten Sie sich spätestens drei Tage danach bei der Meldebehörde abmelden müssen. Tatsächlich haben Sie sich jedoch erst am 1.10.2012 an der Adresse X  mit Hauptwohnsitz angemeldet und an der Adresse X  abgemeldet. Diese Feststellung der tatsächlichen Aufgabe Ihrer Unterkunftnahme am 6.9.2012 wird von Ihnen auch nicht bestritten und auch von Fr. W bestätigt. Eine falsche Zeugenaussage von Fr. W kann somit auch nicht festgestellt werden.

 

Die objektive Tatseite ist somit als erwiesen anzusehen.

 

Die Behörde kann bei der Beurteilung der Beweiskraft einer Zeugenaussage den Umstand berücksichtigen, dass der Zeuge der (durch § 289 StGB sanktionierten) Wahrheitspflicht unterliegt. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung enthebt die Behörde allerdings in Fällen, in denen sowohl Angaben des Meldungslegers als auch die entgegenstehenden Aussagen der Partei die konkret und in sich schlüssig sind, nicht der Verpflichtung, den Meldungsleger gegebenenfalls als Zeugen zu vernehmen (VwSlg 9602 A/1978 verst Sen.). Treten aber auch bei der zeugenschaftlichen Vernehmung des Meldungslegers keine Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben auf, so ist im Verhältnis zur Verantwortung des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren zu berücksichtigen, dass Letzterer aus bloßen unrichtigen Schutzbehauptungen (VwGH 14.12.1990, 86/0061) zwar einen Vorteil ziehen kann, dafür aber keinerlei Sanktionen zu befürchten hat (VwSlg 9602 A/1978 verst Sen). Im Verhältnis zu einem Zeugen müssen hingegen, weil bei diesem bei einer Falschaussage strafrechtliche Sanktionen drohten, weitere Momente hinzutreten, um des Aussagen für unwahr zu halten (VwGH 28.11.1990, 90/03/0172).

 

Allgemein:

Was das Verschulden betrifft, genügt gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschuldigten kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ

alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Da Sie keine Gründe vorgebracht haben, die einer Bestrafung aufgrund der im Spruch geschilderten Verwaltungsübertretung im Wege stünden, musste die Behörde davon ausgehen, dass Ihr Verschulden gegeben ist. Sie haben die gegenständliche Verwaltungsübertretung zumindest fahrlässig begangen und den tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklicht.

 

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen an sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

 

Sie haben der Behörde Ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht bekannt gegeben, daher wurde von der Behörde wie angekündigt angenommen, dass Sie kein Vermögen besitzen, keine Sorgepflichten haben und Ihr monatliches Nettoeinkommen ca. 1.300 beträgt.

 

Die über Sie verhängte Geldstrafe ist unter Berücksichtigung Ihrer Einkommens-Vermögens- und Familienverhältnisse im Sinne des § 19 Abs. 1 und 2 VStG nach Ansicht der Behörde adäquat bemessen und liegt mit ca. 5 % unteren Bereich des vorgesehenen Strafrahmens von € 726,- im Die verhängte Strafe ist somit dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen und war die Verhängung der im Spruch angeführten Geldstrafe vor allem notwendig, um Sie im Sinne der Spezialprävention von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitige, vollinhaltliche Berufung des Beschwerdeführers vom 23. September 2013, welche gem. § 3 Abs 1 VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/122, als Beschwerde gem. Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG gilt und deren Verfahren gem. § 3 Abs 7 VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/122, vom Oö. LVwG weitergeführt wird.

 

Der Bf führt darin im Wesentlichen aus, dass er seiner Ansicht nach nicht gegen das Meldegesetz verstoßen habe, da er mit seiner vormaligen Unterkunftgeberin (Frau W) vereinbart habe, dass er den Hauptwohnsitz weiterhin in X gemeldet haben dürfe, bis er eine neue Bleibe gefunden habe. Zudem habe er in O sofort einen Nebenwohnsitz angemeldet und sei er erst am 6. September 2013 gesiedelt und habe sodann am 1. Oktober 2013 sofort den Hauptwohnsitz in O an- und in H abgemeldet. Zudem könne er nirgendwo einen Hauptwohnsitz anmelden, wenn er keine neue Unterkunft habe. Zudem sei alles mit Frau W vereinbart gewesen und er habe sofort den Nebenwohnsitz in O angemeldet. Darüber hinaus sei die Strafe zu hoch, er verdiene lediglich 843,90 € Pension.

 

Abschließend beantragt der Bf die „Einstellung“ des Verfahrens.

 

3. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 übermittelte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Akt samt Aktenverzeichnis zur Entscheidung.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der verfahrensrelevante Sachverhalt unstrittig aus dem bisherigen Verfahrensgang ersichtlich war (siehe zudem § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG).

 

2. Gem. § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der verfahrensgegenständlichen Sache durch seinen Einzelrichter zu entscheiden.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht sohin von dem unter Pkt. I.1, I.2. dargestellten, im entscheidungswesentlichen Umfang auch unstrittigen, Sachverhalt aus.

 

 

III.

 

1. § 4 Abs. 1 MeldeG 1991 idF BGBl I 50/2012 (nachfolgend: MeldeG) bestimmt, das wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, sich innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden hat.

 

§ 1 Abs. 1 MeldeG definiert dem Grund nach den Begriff der Unterkunft. Unterkünfte sind idS Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

 

§ 1 Abs. 6 MeldeG normiert, dass ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet ist, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

 

§ 1 Abs. 7 MeldeG bestimmt wiederum, dass der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet ist, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

 

Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind gem. § 1 Abs. 8 MeldeG insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

Gem. § 1 Abs. 9 ist demgegenüber obdachlos, wer nirgends Unterkunft genommen hat.

Gem § 7. Abs. 1 trifft die Meldepflicht den Unterkunftnehmer.

 

§ 22 Abs. 1 Z 1 MeldeG bestimmt, dass, wer die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, zu bestrafen ist.

 

Unstrittig ergibt sich sohin aus dem Verfahrensgang, dass der Bf am 6. September 2012 „gesiedelt“ ist (s dazu Einspruch des Bf S 1 vom 18. Dezember 2012, übereinstimmend die Aussage von Frau W vom 14. Jänner 2013, Stellungnahme des Bf vom 18. Jänner 2013 und Beschwerde des Bf vom 23. September 2013 Pkt. 3.). Der Bf hat sohin den Hausstand mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin an der Adresse X.

 

Eine Aufgabe der Unterkunft ist entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (s dazu VwGH vom 14. Oktober 2005, Zl. 2004/05/0221) grundsätzlich dann anzunehmen, wenn aus den äußeren Umständen hervorgekommen ist, dass eine Person ihre faktische Beziehung zu der Unterkunft gänzlich gelöst hat.

 

In diesem Sinn ist das „Siedeln“ des Bf am 6. September 2012, als der Bf die faktische Beziehung zur Unterkunft gänzlich gelöst hat. Ab diesem Zeitpunkt ist die „Unterkunftnahme“ aufgrund der bestehenden Meldung lediglich als Formalakt zu werten und zeitigt für die Erfüllung der Verpflichtung des Bf gem. § 4 MeldeG keine Wirkung. MaW: die mögliche Übereinkunft über die aufrechte Meldung des Hauptwohnsitzes ist nicht entscheidungsrelevant.

 

Die Abmeldung des alten Hauptwohnsitzes durch die Anmeldung eines neuen Hauptwohnsitzes erfolgte durch den Bf wiederum unstrittig am 1. Oktober 2012 – sohin nach der gesetzlich eingeräumten Toleranzfrist.

 

Insofern ist das Tatbild des §§ 22 Abs. 1 Z 1 MeldeG erfüllt.

 

2. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 22 MeldeG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

 

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog "Ungehorsamsdelikt").

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Der Bf bringt insofern keine tauglichen Gründe vor. Der mögliche Irrtum des Bf über die bestehende Vereinbarung ist ebenfalls nicht als nichtvorwerfbarer indirekter Verbotsirrtum zu werten, da selbst bei tatsächlicher Existenz dieser Vereinbarung keine Rechtfertigung nach dem MeldeG herbeigeführt wird. Insofern ist zumindest Fahrlässigkeit gem. § 5 VStG anzunehmen.

 

3.1. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

3.2. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

3.3. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl ua VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt. Darüber hinaus normiert Abs 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs 3 leg cit ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl § 34 StGB).

 

3.4. Von der belangten Behörde wurde bei der Strafbemessung festgestellt, dass beim Bf keine Milderungs- oder Erschwerungsgründe hervorgetreten sind. Zudem geht die belangte Behörde mangels Angaben davon aus, dass der Bf kein Vermögen besitze, keine Sorgepflichten habe und 1300 € netto per Monat als Einkommen verdiene.

 

Dahingehend ist zunächst vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich festzustellen, dass der Bf lediglich ein Nettoeinkommen von 843,90 € bezieht. Dieses Einkommen liegt sohin wesentlich unter den Annahmen der belangten Behörde.

 

Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass der Bf die rechtswidrige „Nichtabmeldung“ bereits nach wenigen Wochen von sich aus beseitigt hat und sohin die Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes in der zeitlichen Dimension als reduziert zu erkennen ist (vom 9. September bis zum 1. Oktober).

 

Unter Berücksichtigung der Strafmilderungsgründe, der Angemessenheit der Strafe im Verhältnis zum Schuldgehalt und zum Unrechtsgehalt der Tat sowie der zeitlich zu limitierten Intensität der Rechtsgüterbeeinträchtigung war die verhängte Strafe daher auf 20 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Stunden, sowie der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf 10 Euro festzusetzen.

 

 

IV.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter