LVwG-410029/7/WEI/KR

Linz, 18.04.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde (Berufung) des X, vom 14. September 2011 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. August 2011, Zl. S-40.824/10-2, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz gemäß § 31 Abs 1 iVm § 50 VwGVG den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Es wird festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 51 Abs 7 VStG idFd Kdm BGBl I Nr. 142/2008 mit Ablauf des 16. Dezember 2012 von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist. Das Verfahren wird daher analog dem § 43 Abs 1 letzter Satz VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 30. August 2011 hat die Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr Landespolizeidirektion Oberösterreich; im Folgenden nur belangte Behörde) den Berufungswerber bzw Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) wie folgt schuldig erkannt:

 

„Sie haben, wie am 31.08.2010, um 17.00 Uhr in X von Organen des Finanzamtes Freistadt-Rohrbach-Urfahr anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Fa. X und somit als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus, verbotene Ausspielungen veranstaltet, da Sie zwei Glücksspielautomaten mit der Gehäusebezeichnung www.racingdogs.eu, Seriennummern 50001 und 50000, betrieben haben, bei welchen seit Mai 2010 wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Hunderennen durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.“

 

Wegen der so umschriebenen Tat erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG als gegeben und verhängte deswegen über den Bf eine Geldstrafe von 4.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage).

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bf zu Händen seines Rechtsvertreters am 1. September 2011 zugestellt wurde, richtet sich die am 15. September 2011 noch rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom 14. September 2011, die am 16. September 2011 bei der Bundespolizeidirektion Linz einlangte. Die Berufung strebt in der Hauptsache die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise ein Absehen von Strafe oder die Herabsetzung der Strafe an.

 

Die belangte Behörde hatte am 23. September 2011 ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Vom Oö. Verwaltungssenat angestrebte Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens gemäß § 66 Abs 1 AVG iVm § 24 VStG verliefen ergebnislos.

 

 

II. Mit Schreiben vom 16. Juli 2012, zugestellt am 25. Juli 2012, erstattete der Oö. Verwaltungssenat unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur des OGH Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Linz wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung gemäß § 168 StGB und übermittelte die Akten der Erstbehörde und des Oö. Verwaltungssenats jeweils im Original.

 

Mit Schreiben vom 5. Februar 2013 urgierte der Oö. Verwaltungssenat eine Mitteilung zum Verfahrensstand und ersuchte um Retournierung der Verwaltungsakten. Daraufhin teilte die Staatsanwaltschaft Linz mit Schreiben vom 8. Februar 2013 mit, dass das Verfahren am 3. September 2012 der Staatsanwaltschaft Wels zu 2 St 122/10a abgetreten worden wäre. Weitere schriftliche Urgenzen vom 9. August 2013 und vom 2. Oktober 2013 und eine telefonische Anfrage vom 2. Dezember 2013 zur Rückstellung der Originalakten blieben vorerst erfolglos. Mit Schreiben vom 13. Jänner 2014 teilte die Staatsanwaltschaft Wels schließlich mit, dass die Verwaltungsakten noch benötigt werden, weil das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

 

Mit Schreiben vom 28. Jänner 2014, Zl. 2 St 122/10a-1, zugestellt am 4. Februar 2014, teilte die Staatsanwaltschaft Wels die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen § 168 StGB auf der Grundlage des § 190 Z 2 StPO mit der zusammengefassten Begründung mit, dass ein nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum iSd § 9 VStG mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht auszuschließen sei.

 

Zur Rücksendung der seinerzeit im Original übermittelten Verwaltungsakten musste mit weiterem Schreiben vom 13. März 2014 aufgefordert werden. Schließlich langten diese Akten am 3. April 2014 beim Oö. Landesverwaltungsgericht ein.

 

 

III. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG (BGBl I Nr. 51/2012) ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen, mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 anhängigen Verfahrens auf das Oö. Landesverwaltungsgericht übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz- VwGbk-ÜG (BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013) gelten zulässige Berufungen als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG. Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Einzelrichter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da dieser der vor dem 31. Dezember 2013 zuständigen Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich angehört hatte.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

Gemäß § 38 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teils und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die die Behörde in dem vorangegangenen Verfahren anzuwenden hatte, sinngemäß anzuwenden.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Mit Artikel 7 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl I Nr. 33/2013, wurde das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert, wobei eine Änderung des § 51 Abs 7 VStG betreffend die erweiterte Nichteinrechnung von bestimmten Zeiten in die 15-Monatsfrist für Berufungsverfahren mit Ablauf des Kundmachungsmonats und damit am 1. März 2013 in Kraft getreten ist (vgl dazu § 66b Abs 19 Z 2 VStG).

 

In der gegenständlich relevanten, im Berufungsverfahren vor den Oö. Verwaltungssenat maßgeblich gewesenen Fassung der seit dem 1. November 2009 geltenden Kundmachung BGBl I Nr. 142/2008 (Aufhebung einer Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof; vgl VfSlg 18.609/2008) lautete der § 51 Abs 7 VStG wie folgt:

 

„Sind in einem Verfahren seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen, so tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in diese Frist nicht einzurechnen.“

 

Im vorliegenden Fall sind seit dem Einlangen der Berufung bei der belangten Behörde am 16. September 2011 bis zur Aktenrückstellung durch die Staatsanwaltschaft am 3. April 2014 schon rund 2,5 Jahre vergangen. Die für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren maßgebliche Frist zur Entscheidung über die eingebrachte Berufung ist bereits am 16. Dezember 2012 nach dem Ablauf von 15 Monaten verstrichen, zumal keine nicht einzurechnenden Zeiten im Sinne des 2. Satzes des § 51 Abs 7 VStG in der damals anzuwendenden Fassung vorlagen. Mit Ablauf des 16. Dezember 2012 ist demnach das gegenständliche Straferkenntnis der belangten Behörde ex lege außer Kraft getreten. Das wegen der Tat gegen den Bf geführte Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften Linz und Wels war nicht zu berücksichtigen, weil die Nichteinrechnung von Zeiten der Anhängigkeit eines Strafverfahrens bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht erst am 1. März 2013 mit der Verfahrensnovelle BGBl I Nr. 33/2013 eingeführt wurde.

 

Da das angefochtene Straferkenntnis schon im Dezember 2012 von Gesetzes wegen außer Kraft trat, ist das anhängige Beschwerdeverfahren gegenstandslos und war nunmehr in Analogie zum § 43 Abs 1 letzter Satz VwGVG mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen. Die direkte Anwendung dieser Vorschrift auf eine in der Vergangenheit noch vor ihrer zeitlichen Geltung ab 1. Jänner 2014 eingetretene Rechtsfolge des Außerkrafttretens erscheint nach h. Ansicht vom Wortlaut her nicht möglich.

 

Da das Beschwerdeverfahren als gegenstandslos einzustellen war, hatte die Entscheidung gemäß dem § 31 Abs 1 iVm § 50 VwGVG durch einen Beschluss zu ergehen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,-- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß