LVwG-870000/2/Bm/BRe

Linz, 24.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Michaela Bismaier über den Devolutionsantrag (nunmehr Säumnisbeschwerde) des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, x, vom 14.10.2013 wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck

 

zu Recht e r k a n n t:

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 8 VwGVG wird der Säumnisbeschwerde stattgegeben.

 

II.       Die Anträge des Herrn x vom 15.2.2013 auf Durchführung eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens, bescheidmäßige Feststellung der Parteistellung und Einräumung des Rechtes auf Akteneinsicht  betreffend „Schiffsanlegestelle mit Segelhafen“ der Marktgemeinde x werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. und II.:

1. Mit Eingabe vom 15.2.2013 beantragte Herr x durch seinen anwaltlichen Vertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Durchführung eines förmlichen Verfahrens nach der GewO über das Projekt „Schiffsanlegestelle mit Segelhafen“ der Marktgemeinde x sowie die bescheidmäßige Feststellung der Parteistellung und Einräumung des Rechtes auf Akteneinsicht in der gegenständlichen Verwaltungssache.

Begründet wurde dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die x beabsichtige die Errichtung einer Schiffsanlegestelle mit Segelhafen im x. Neben der Bootsanlegestelle für die x solle ein Segelhafen gewerbsmäßig betrieben werden. Der Betrieb der Bootsanlegestelle und des Segelhafens sollen selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben werden, einen Ertrag und/oder einen sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Nach § 74 GewO ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie unter anderem wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. Sowohl die Schiffsanlegestelle als auch der Segelhafen seien geeignet, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Die Genehmigungspflicht bestehe auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewegt werden könnten, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen würden.

Herr x sei Eigentümer des Bootshauses an der Seepromenade in x.

Die gegenständliche Betriebsanlage „Schiffsanlegestelle mit Segelhafen“ werde unmittelbar anschließend an das Bootshaus an der Seepromenade in x errichtet und sei geeignet, Herrn x in seinen subjektiven Rechten zu beeinträchtigen und/oder werde durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb der Betriebsanlage „Schiffsanlegestelle mit Segelhafen“ gefährdet oder belästigt und in seinem Eigentum oder in sonstigen dinglichen Rechten gefährdet.

Gemäß § 75 GewO sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten insbesondere auch die Inhaber von Einrichtungen, in den sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen.

Herr x sei als Eigentümer des Bootshauses an der Seepromenade in x, in dem sich regelmäßig Personen aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen auch Nachbar im Sinne der Gewerbeordnung. Durch den Betrieb der Bootsanlegestelle und des Segelhafens sei eine Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung und nachteilige Einwirkung auf diese Personen auch gegeben, insbesondere könnten Verletzungen von Leib und Leben durch Segler und durch den Schiffsverkehr dieser Personen nicht ausgeschlossen werden.

 

2. Mit Schreiben vom 14.10.2013 hat Herr x durch seine anwaltliche Vertretung beim Landeshauptmann von Oberösterreich einen Devolutionsantrag betreffend den bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebrachten Antrag auf Durchführung eines Verfahrens nach der Gewerbeordnung und bescheidmäßige Feststellung der Parteistellung in der Angelegenheit „Schiffsanlegestelle mit Segelhafen“ in x eingebracht.

 

2.1. Begründet wurde dieser im Wesentlichen mit der Wiederholung des Antrages vom 15.2.2013 und dem Vorbringen, dass bereits mehr als 6 Monate seit Einlangen des Antrages vom 15.2.2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vergangen seien und bis heute kein die Sache erledigender Bescheid erlassen worden sei.

 

3. Der Landeshauptmann von OÖ. hat diesen Devolutionsantrag mit Schreiben vom 29.10.2013 zuständigkeitshalber dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einholung einer Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

Von dieser wurde mit Schreiben vom 10.12.2013 mitgeteilt, dass für die Errichtung des gegenständlichen Schiffsanlegesteges in x die erforderlichen Bewilligungen nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes, des Naturschutzgesetzes und nach den schifffahrtsrechtlichen Bestimmungen erteilt worden seien. Eine gewerberechtliche Genehmigung erscheine aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck für diese Anlage nicht erforderlich, weshalb über den Antrag vom 15.2.2013 auf Durchführung eines Verfahrens nach der Gewerbeordnung seitens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht entschieden worden sei.

 

4.1. Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch Einzelrichter.

Gemäß § 3 Abs. 7 Z 2 Verwaltungsgerichtsbarkeit-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) können mit Ablauf des 31.12.2013 bei den Unabhängigen Verwaltungsbehörden anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weiter geführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitgliedes der Unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit eines Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organverwalter handelt. Gegenständlich tritt als anzuwendendes Recht an die Stelle des § 73 AVG § 8 Abs. 1 VwGVG.

 

5. In der Sache hat das Landesverwaltungsgericht OÖ. erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Artikel 130 Abs. 1 Ziffer 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

6.2. Eine Entscheidungspflicht im Sinne des § 8 Abs. 1 VwGVG, deren Verletzung eine Partei zu einer Säumnisbeschwerde berechtigt, ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Behörde den Antrag bescheidmäßig zu erledigen hat.

Eine solche Entscheidungspflicht auszulösen war der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegende Antrag des Beschwerdeführers geeignet.

 

Der Antrag des Herrn x trägt das Datum 15.2.2013; von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wird nicht bestritten, weder innerhalb der gesetzlichen Frist noch bis zur Stellung des Devolutionsantrages (nunmehr Säumnisbeschwerde) über den in Rede stehenden Antrag entschieden zu haben.

Da keine besonderen Gründe, die die Verzögerung verursacht haben, hervorgekommen sind, war der Säumnisbeschwerde stattzugeben und hat das Landesverwaltungsgericht Oö. über den Antrag vom 15.2.2013 zu entscheiden.

 

 

 

 

Dieser ist allerdings aus folgenden Gründen unzulässig:

 

6.4. Bei der Erteilung der Genehmigung für eine Betriebsanlage nach der GewO 1994 handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Das bedeutet, dass eine Genehmigung nur aufgrund eines entsprechenden Ansuchens erfolgen darf. Daraus ableitend kann auch die Einleitung und Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach der GewO 1994 nur aufgrund eines darauf gerichteten Ansuchens erfolgen. Auch eine allfällige Versagung einer Betriebsanlagengenehmigung hat ein solches (auf Genehmigung der Betriebsanlage gerichtetes) Ansuchen zur Voraussetzung (siehe Grabler-Stolzlechner-Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, 2. Auflage, RZ 1 zu § 353). Legitimiert zur Stellung eines solchen Ansuchens ist lediglich der Inhaber der Betriebsanlage (vgl. VwGH 2.2.2000, 99/04/0214).

Im Lichte dieser VwGH-Judikatur kommt sohin einem Nachbarn einer Betriebsanlage die Legitimation zur Stellung eines Ansuchens nach der GewO nicht zu, weshalb auch der Antrag des Nachbarn x auf Durchführung eines förmlichen Verfahrens nach der GewO über das Projekt „Schiffsanlegestelle mit Segelhafen“ der Marktgemeinde x nicht zulässig ist.

Da die mit Eingabe vom 15.2.2013 gleichzeitig gestellten Anträge auf Feststellung der Parteistellung und Einräumung des Rechtes auf Akteneinsicht in Zusammenhang mit dem Antrag auf Durchführung eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens stehen, sind auch diese unzulässig.

 

Zu III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenso liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Michaela Bismaier