LVwG-880001/2/Kl/BRe

Linz, 28.02.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des x, x, x, vertreten durch x, Rechtsanwälte GmbH, x, x, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 1. August 2013 durch ein Polizeiinspektionsorgan in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.            Gemäß § 31 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.          Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde Kostenersatz in der Höhe von insgesamt 426,20 Euro zu leisten.

 

III.        Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B – VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.  Mit Schriftsatz vom 12.9.2013, eingelangt am 13.9.2013, hat der Verein x, x, Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm. mit § 67a Z. 2 AVG wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt eingebracht. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer (kurz: BF) ein Verein sei, dessen Vereinsräumlichkeiten sich am Standort x, x, befinden. Am selben Standort betreibe die x (kurz: A.J.) eine Gaststätte mit der Bezeichnung „x“. Zum Betrieb dieser Gaststätte verfüge die x über eine entsprechende Gewerbeberechtigung und die Gaststätte stelle eine gewerbliche Betriebsanlage dar, die mit mehreren Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gewerberechtlich konsentiert wurde. Die Gaststätte befinde sich in Räumlichkeiten des Bf, der diese auch zum Zweck des Vereinsbetriebes nutze. Trotz der ähnlich klingenden Namen der Gaststätte und des Vereins handle es sich um zwei voneinander unabhängige Rechtspersonen, wobei der BF zum Zweck des Betriebs der Gaststätte mehrere Räumlichkeiten im Gebäude an x untervermietet habe. Der Umstand der gemeinsamen Nutzung von Räumen bzw. der teilweise ausschließlichen Nutzung von Bereichen durch den BF sei der Gewerbebehörde bekannt und auch im Spruch des Genehmigungsbescheides vom 30.6.2009, Ge20-3985-5-2008, berücksichtigt: „Die rechts vom Hauptgastraum liegenden Räume, in welchen sich unter anderem ein Billardtisch und Spielautomaten befinden, werden nicht der Betriebsanlage zugeordnet, da sich nach Angaben des Betreibers rein für Vereinszwecke für einen Fußballverein verwendet werden“. Den Vereinsmitgliedern des BF sei der Zutritt zu allen Räumlichkeiten gestattet, die Gäste des Gastgewerbebetriebes dürften nur die dem Gastgewerbe ausdrücklich zugeordneten Räumlichkeiten verwenden. Mit dem zitierten Bescheid vom 30.6.2009 sei auch die Nutzung des Gartens zu Zwecken der Ausübung des Gewerbes genehmigt, dieser Konsens werde von x jedoch nicht genutzt, weil hinsichtlich des Gartens keine Nutzungsvereinbarung zwischen dem BF und x bestehe. Vielmehr befinde sich auf jedem Tisch des Gartens ein Hinweis, wonach die Nutzung des Gartens ausschließlich Vereinsmitgliedern vorbehalten sei. Besucher der Gaststätte, die sich entgegen den Anweisungen im Garten aufhalten, würden umgehend zum Verlassen des Gartens aufgefordert, nicht bedient und dürften sich auch nach Bestellung der Getränke an der Bar nicht im Garten aufhalten. Eine solche bifunktionale Verwendung von Räumen sei gewerberechtlich zulässig, zumal der VwGH auch ausgesprochen habe, dass am selben Standort sogar mehrere parallele Betriebsanlagengenehmigungen zulässig seien.

Am 1.8.2013 um etwa 23.25 Uhr habe der Polizeibeamte Kontrollinspektor x von der Polizeiinspektion x den gegenständlichen Garten betreten. Zu diesem Zeitpunkt haben sich 5 Personen (Vereinsmitglieder bzw. deren Gäste) im gegenständlichen Garten befunden. Der Polizeibeamte habe die anwesenden Personen angewiesen, den Garten unverzüglich zu verlassen, weil der Gastgarten seit 22 Uhr geschlossen sein müsste und habe dessen Schließung angeordnet.

Beschwerdelegitimation komme jener Person zu, gegen die sich das in Beschwerde gezogene Handeln richtet, wobei auch juristische Personen Adressat einer Maßnahme sein können. Die Maßnahme sei gegenüber den Mitgliedern des BF ausgesprochen worden und seien diese an der Nutzung des Gartens gehindert worden. Es sei unmittelbar in die Rechtsphäre des Vereins eingegriffen worden, sodass Beschwerdelegitimation des Vereins vorliege.

Die Schließung des Gartens durch den einschreitenden Polizeibeamten sei eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Ein Eingriff in die Rechtsphäre des BF sei gegeben, weil in die Freiheit der Ausübung der Vereinstätigkeit eingegriffen worden sei. Es fehle an einer Rechtsgrundlage. Zwar sei mit dem obzitierten Bescheid der Gewerbebehörde vom 30.6.2009 eine Nutzung des Gartens zu Zwecken der Ausübung des Gewerbes genehmigt, dieser Konsens könne jedoch mangels zivilrechtlicher Befugnis nicht genutzt werden. Die Strafbestimmung des § 366 und die Bestimmung des § 360 GewO 1994 würden sich nur auf Tätigkeiten erstrecken, die der GewO unterliegen. Der BF sei nicht gewerblich tätig und bedürfe für den Betrieb seiner Vereinsräumlichkeiten keiner Betriebsanlagengenehmigung. Die Voraussetzungen für eine Maßnahme im Sinn des § 360 GewO seien daher schon im Hinblick auf das Fehlen einer gewerblichen Tätigkeit bzw. gewerblichen Betriebsanlage nicht gegeben und sei die Schließung des Gartens durch den Polizeibeamten mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen rechtswidrig. Weiters habe die Behörde den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufzufordern, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO bestehe. Werde der behördlichen Aufforderung nicht nachgekommen, so habe die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen zu verfügen. Als solche Maßnahme komme die Schließung eines Betriebes oder Teilbetriebes in Betracht. Nach § 360 Abs. 1 GewO dürfe daher eine Zwangsmaßnahme und Sicherungsmaßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung gesetzt werden. Das Fehlen dieser Voraussetzung bewirke, dass die Maßnahme unzulässig sei. Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als zuständige Gewerbebehörde sei jedoch eine Verfahrensanordnung gegenüber dem BF nicht gesetzt worden. Auch sei kein Bescheid erlassen worden.

Die Schließung des Gartens als Maßnahme nach § 360 Abs. 4 GewO erfordere schließlich das Vorliegen von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Eigentum, und sei nur zulässig, wenn sie wegen des erwarteten Eintritts eines Schadens unaufschiebbar erscheine. Eine bloß unzumutbare Belästigung von Nachbarn reiche für die Setzung von Maßnahmen nach § 360 Abs. 4 GewO nicht aus. Die Vereinsmitglieder im Garten hätten sich ruhig verhalten und sei weder Musik gespielt worden noch Lärm erzeugt worden, sodass weder Leben, Gesundheit oder Eigentum anderer Personen geschützt hätte werden müssen.

Schließlich wurde eingewendet, dass über eine konkret gesetzte Maßnahme binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen sei, ansonsten sei Rechtswidrigkeit der faktischen Amtshandlung gegeben. Auch sei eine Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Betriebsanlage durch die Gewerbebehörde nicht erfolgt.

Es wurde daher beantragt, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären und die Kosten des Verfahrens im gesetzlichen Ausmaß zuzuerkennen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und Gegenschrift erstattet. Es wurde die Abweisung der Beschwerde und Zuerkennung des Kostenersatzes beantragt. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass es seitens der belangten Behörde keinen Auftrag gegeben habe. Bei der Vorbeifahrt am Grundstück x, x, sei von den Beamten festgestellt worden, dass im Gastgarten noch Personen aufhältig gewesen seien. Den Polizeibeamten sei bekannt gewesen, dass der Gastgarten gewerbebehördlich bis 22 Uhr genehmigt sei. Über einen Zeitraum von zirka 5 Minuten seien mehrere Personen vom Gastgarten ins Gebäudeinnere und auch wieder zurück gewechselt. Es sei von den Polizeibeamten darauf hingewiesen worden, dass der Gastgarten nicht mehr betrieben werden dürfe und sei dies auf Nachfrage durch einen Gast auch den Gästen selbst erklärt worden. Ein Vertreter des beschwerdeführenden Vereins sei zum Zeitpunkt der Kontrolle anwesend gewesen und habe von den Beamten aufgrund seines Verhaltens abgemahnt werden müssen. Eine Identitätsfeststellung bei den im Gastgarten anwesenden Gästen sei nicht erfolgt. Eine Schließung des Gastgartens sei nicht durchgeführt und nicht ausgesprochen worden. Der Gewerbebehörde sei zwar bekannt, dass das Objekt auch von einem Verein genutzt werde, wem das Objekt gehöre und wer wem welche Teile vermiete oder untervermiete sei der Gewerbebehörde mangels Mitteilung unbekannt. Ebenso sei der Gewerbebehörde bislang unbekannt, dass x den Gastgarten nicht nutzen dürfe. Eine Schließung des Gastgartens sei nicht ausgesprochen und nicht umgesetzt worden, sodass auch kein Eingriff in die Rechtsphäre des Beschwerdeführers gesetzt worden sei. Die Beschwerde sei daher unbegründet abzuweisen.

Die x verfüge über die erforderliche Gewerbeberechtigung und betreibe das Lokal in der x in x. Auch der Gastgarten sei gewerbebehördlich genehmigt. Die Nutzung einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage durch einen Verein mache diese nicht automatisch zu einer nicht mehr gewerblich relevanten Betriebsanlage. Dies gelte auch dann, wenn nur ein Teil einer Betriebsanlage betroffen sei (wie im gegenständlichen Fall der Gastgarten). Auch sei unbestritten, dass das Erscheinungsbild des Lokales samt Gastgarten das Erscheinungsbild eines einschlägigen, also gastgewerblichen Betriebs habe, und es sich sogar um ein gewerbebehördlich genehmigtes Lokal und einen genehmigten Gastgarten handle. Gemäß der Bestimmung des § 1 Abs. 6 GewO könne die Gewerbsmäßigkeit vermutet werden, da die Tätigkeit jedenfalls öfter als einmal in der Woche ausgeübt werde. Der bloße Hinweis mittels Schilder auf den Tischen des Gastgartens, das dieser nur von Vereinsmitgliedern benutzt werden dürfe, ändere nichts an der Tatsache, dass die Benutzung des Gastgartens gewerblichen Charakter haben könne und habe. Dies gelte schon für den Fall, dass sich Vereinsmitglieder Getränke im Lokal holen und dann diese Getränke im Gastgarten trinken. Diese Personen seien dann in Wahrheit nicht als Vereinsmitglieder sondern als Gäste des Gastgewerbes anzusehen. Darüber hinaus sei es nicht richtig, dass der Gastgarten nur von Vereinsmitgliedern benutzt werden dürfe und Gäste des Lokales im Gastgarten nicht bedient würden, zumal bereits Anzeigen vorliegen würden, wonach am 29.7.2013 um 16.45 Uhr 3 Personen im Gastgarten sitzend vorgefunden worden seien, die selber ausgesagt hätten, dass sie keine Vereins- oder Clubmitglieder seien und von der im Lokal anwesenden Dame bedient worden seien. Auch am 15.8.2013 sei ein Gast im Gastgarten sitzend und ein Bier trinkend angetroffen worden, der angegeben habe, von der Kellnerin bedient worden zu sein, und kein Mitglied des Vereines, welcher im Cafe x seinen Sitz habe, zu sein.

 

2.2. Dem Antragsteller wurde dazu Parteiengehör gewährt und wurde in einer Stellungnahme vom 7.11.2013 ausgeführt, dass die Polizeibeamten, wenn auch nicht über Auftrag der belangten Behörde, funktional im Rahmen der Gewerbepolizei eingeschritten seien und das Einschreiten der belangten Behörde zuzurechnen sei. Es erscheine lebensfremd, wenn Polizisten eine vermeintliche Übertretung feststellen und diese Übertretung nicht durch Schließung des Gastgartens unterbinden.

 

3. Gemäß § 3 Abs. 7 Z. 1 und 2 VwGbk – ÜG können mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den Unabhängigen Verwaltungsbehörden anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weiter geführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines Senates der Unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Senates oder des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und alle Mitglieder dieses Senates bzw. der Einzelrichter dem Senat der Unabhängigen Verwaltungsbehörde angehört haben bzw. hat; zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitgliedes der Unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um den selben Organwalter handelt.

Sowohl nach der für den Oö. Verwaltungssenat in Geltung gestandenen Geschäftsverteilung als auch nach der nunmehr geltenden Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Oö. ist die eingangs genannte Einzelrichterin zur Entscheidung zuständig. Es war daher das Verfahren fortzuführen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen.

 

Im Grunde der schriftlichen Äußerungen der Verfahrensparteien sowie des vorgelegten Verwaltungsaktes steht als erwiesen fest, dass mit Feststellungsbescheid vom 30.6.2009, Ge20-3985-5-2008-Sir/Tn, die Änderung der genehmigten Gastgewerbe-Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb eines Gastgartens von 9 Uhr bis 22 Uhr sowie einer Musikanlage für Hintergrundmusik im Lokal und Vergrößerung eines Gastraumes im Standort x, x, x, KG x, genehmigt wurde. Der Anlagenbeschreibung ist zu entnehmen, „dass die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb eines Gastgartens und einer Musikanlage im Lokal sowie die Vergrößerung eines Gastraumes beantragt wurde. Das bestehende Gastlokal wird unter dem Namen „Cafe x“ geführt und besteht im Wesentlichen aus dem Hauptgastraum mit Bar und dem direkt dahinter liegenden Nebenraum mit Betischung und Bänken sowie daran anschließender Sanitärräume nach Geschlechtern getrennt. Die rechts vom Hauptgastraum liegenden Räume, in welchen sich unter anderem ein Billardtisch und Spielautomaten befinden, werden nicht der Betriebsanlage zugeordnet, da sie nach Angaben des Betreibers rein für Vereinszwecke für einen Fußballverein verwendet werden. Damit beschränkt sich die Erweiterung des Gastlokales auf die Sitzplätze des Nebenraumes, wo zirka 15 zusätzliche Verabreichungsplätze geschaffen wurden ... Antragsgemäß wird der Gastgarten im Zeitraum von 9 bis 22 Uhr betrieben, die im Rahmen der bestehenden Gastgartenverordnung der Stadtgemeinde Traun gegebene Möglichkeit, den Gastgarten bis 24.00 Uhr zu betreiben, wird nicht in Anspruch genommen! Die Öffnungszeit im bestehenden Gastbetrieb (innerhalb des Gebäudes) beträgt derzeit von 6.00 bis 2.00 Uhr und wird nicht verändert. Im Gastgarten soll keinerlei Musik dargeboten werden, innerhalb des Gebäudes ..... Der Gastgarten soll projektgemäß mit 16 Verabreichungsplätzen im Freien an der Südostseite des Gebäudes betrieben werden. Im Winter wird als Variante ein Punschstand im Eingangsbereich des Gastgartens betrieben .... Weiters werden im Gastgarten nur Getränke ausgeschenkt und wird keine eigene Musik dargeboten, weshalb es sich um einen Gastgarten gemäß § 112 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994 handelt.“

 

Anlässlich einer Patrouille der Zivilstreife der Polizeiinspektion Traun wurde am 1. August 2013 um 23.25 Uhr festgestellt, dass während der Beobachtungszeit von zirka 5 Minuten die Eingangstüre zum Lokal von der Straße aus im geöffneten Zustand verblieb und sich 5 männliche Personen im Gastgarten an einem Tisch aufhielten und alle Personen am Tisch Getränke stehen hatten. Die bis 22 Uhr genehmigte Betriebszeit des Gastgartens war zum Kontrollzeitpunkt erheblich überschritten. Hievon wurde Herr x, der sich im Gastlokal befand, in Kenntnis gesetzt und wurde die Anzeigenerstattung an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land angekündigt. Hinsichtlich der Gäste erfolgte keinerlei Identitätsfeststellung durch die Polizeibeamten. Alle 5 Gäste verblieben nach Verlassen der Örtlichkeit durch die Beamten weiterhin im Gastgarten.

An der Anschrift x, x hat der Verein x seinen Vereinssitz. x ist Obmann des Vereins.r

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 129 a Abs.1 Z. 2 B – VG iVm. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG (vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeit – Novelle 2012; vor 1.1.2014) erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Mit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits – Novelle 2012 mit 1.1.2014 erkennen die Verwaltungsgerichte gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B – VG über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit und kann Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Art. 132 Abs. 2 B – VG).

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, welche zweifels- ohne auch nach der neuen Rechtslage Anwendung findet, liegt eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar – das heißt ohne vorangegangenen Bescheid – in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als „Zwangsgewalt“, zumindest aber als – spezifisch verstandene – Ausübung von „Befehlsgewalt“ gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit einer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist. Die Regelungen über die sogenannte Maßnahmenbeschwerde dienen nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein (VwGH vom 27.2.2013, 2012/17/0430 und 0435, mit weiteren Judikaturnachweisen).

 

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung war aber weder aus der das Verfahren einleitenden Beschwerde noch aus der Stellungnahme der belangten Behörde zu entnehmen, dass vom Polizeiorgan Zwangsgewalt ausgeübt wurde oder die Androhung einer Zwangsgewalt ausgesprochen wurde. Wie nämlich die Judikatur ausdrücklich festlegt, ist ein unverzichtbares Merkmal der Befehlsgewalt, dass „dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird.“ Es ist daher ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch erforderlich. Die Androhung einer unverzüglich einsetzenden physischen Sanktion wurde selbst in der Beschwerde nicht behauptet. Dem ist gegenüber zu stellen, dass nach der Gegenäußerung der belangten Behörde die Polizeibeamten nach der Amtshandlung den Garten verlassen haben und die Gäste weiter im Gastgarten verblieben sind. Es wurden daher weder Sanktionen bzw. Zwang angedroht noch dann tatsächlich ausgeübt. Es war daher schon aus der Beschwerde ersichtlich, dass bei Nichtbefolgung nicht mit einer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen war (vgl. obzit. VwGH – Erkenntnis mit Judikaturnachweisen). Es fehlt daher schon aus diesem Grund an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand.

 

Der Beschwerdeführer ist aber auch mit seinem weiteren Vorbringen nicht im Recht:

Wie als erwiesen feststeht und auch vom Beschwerdeführer ausgeführt wird, besteht für den Gastgarten am Standort x in x eine aufrechte gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung. Alleine der Umstand, dass für den Gastgarten keine zivilrechtliche Benutzungsgenehmigung besteht oder der Gastgarten tatsächlich nicht zu gewerblichen Zwecken genutzt wird, hebt die gültige und rechtswirksame Betriebsanlagengenehmigung nicht auf. Gemäß dem in §§ 74 ff GewO 1994 festgeschriebenen Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage ist der Gastgarten dem Gastgewerbebetrieb am genannten Standort zuzurechnen. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass der Gastgarten auch dem Verein am gleichen Standort dient.

Nach dem Genehmigungsbescheid ist der Betrieb des Gastgartens von 9 bis 22 Uhr genehmigt. Ein Betrieb über 22 Uhr hinaus bis zB. 23.25 Uhr stellt eine Überschreitung des gewerbebehördlichen Konsenses und somit eine Änderung der Betriebsanlagengenehmigung dar.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern .... Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

Verfahrensanordnungen stellen nach herrschender Ansicht keine Bescheide dar. Sie bedürfen auch keiner Begründung. Gegen sie ist eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Eine Verfahrensanordnung ist ihrem Wesen nach als nicht weiter sanktionierte Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes einem Vollzug nicht zugänglich. Das Wesen dieser Verfahrensanordnung erschöpft sich vielmehr in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der Gewerbebehörde über die Gesetzwidrigkeit der Gewerbeausübung bzw. des Betriebes der Betriebsanlage, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Erst wenn die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, hat die Behörde durch Bescheid die im Gesetz vorgesehenen und allenfalls auch durch Vollstreckungsmaßnahmen durchsetzbaren Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes anzuordnen. Die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes bedeutet die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den hier in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt; also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage oder die Einstellung des unbefugten Änderns einer Betriebsanlage bzw. Betreibens einer Betriebsanlage im geänderten Umfang, sofern es sich um eine genehmigungspflichtige Änderung handelt ..... Daraus, dass sich der Gesetzgeber in der Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO dieses von ihm in der Rechtsordnung bereits vorgefundenen Begriffes der Verfahrensanordnung bediente, ist sein Wille abzuleiten, dass gegen solche nach § 360 Abs. 1 1. Satz GewO ergehende Aufforderungen weder eine abgesonderte Berufung noch die Anrufung des VwGH stattzufinden hat. Aus der Bezugnahme der Aufträge auf § 360 Abs. 1 erster Satz GewO folgt unmissverständlich, dass der Beschwerdeführer zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes im Sinne der Bestimmungen aufgefordert wurde. Im Falle der Nichtbefolgung dieser Aufforderung hatte der Beschwerdeführer daher zu gewärtigen, dass die Gewerbebehörde im Sinne des § 360 Abs. 1 zweiter Satz GewO die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen mit Bescheid verfügt. Schon aus diesem Grund ist ein Eingriff in die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers durch die in Rede stehenden Anordnungen ausgeschlossen; die belangte Behörde hat diese daher zu Recht nicht als unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert. (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO, 7. Auflage, § 360, Anmerkung 5 mit Judikaturnachweisen).

Im Grunde des klar vorliegenden Sachverhaltes, welcher auch in der Beschwerde aufgezeigt wird, ist nicht die Gewerbebehörde eingeschritten und ergibt sich aus dem Sachverhalt auch nicht, dass die Polizeibeamten names der Behörde bzw. im Auftrag der Behörde tätig geworden sind. Weiters geht aus der Beschwerde hervor, dass die Kontaktnahme der Polizeibeamten mit den Gästen im Gastgarten bzw. mit dem Obmann des Vereins stattgefunden habe, nicht jedoch mit dem Gewerbeausübenden bzw. Anlageninhaber. Nur letztgenannte Personen wären aber Adressaten eines Vorgehens gemäß § 360 GewO. Dass aber gegen den Gewerbeberechtigten bzw. Betreiber des Gastgewerbes, nämlich gegen x., vorgegangen bzw. eine Anordnung getroffen worden sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Selbst unter der behaupteten Annahme des Einschreitens nach § 360 GewO wäre der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber Ansprechperson und Adressat eines behördlichen Vorgehens und daher nur dieser allenfalls in subjektiven Rechten verletzt. Eine Beschwerde des Gewerbetreibenden wurde jedoch nicht eingebracht. In dieser Hinsicht fehlt daher dem Beschwerdeführer auch die Beschwerdelegitimation, weil eine solcher Art behauptete Vorgehensweise sich gegen den Gewerbeinhaber richtet. Es kann daher der Beschwerdeführer, der weder Gewerbeberechtigter noch Anlageninhaber ist, nicht in seinen Rechten verletzt sein.

 

Es war daher die eingebrachte Beschwerde zurückzuweisen.

 

6. Gemäß § 35 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B – VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten die durch Vorordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Abs. 4 Z. 3).

Gemäß § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, beträgt der Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro und der Ersatz des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro. Es waren daher der Behörde antragsgemäß insgesamt 426,20 Euro zuzusprechen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

8. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Ilse Klempt