LVwG-450025/2/Gf/Rt

Linz, 18.04.2014

B E S C H L U S S

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof aus Anlass der Beschwerde des x, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 11. Februar 2014, Zl. DI-StV-107-2003, wegen einer subsidiären Heranziehung (zur Kommunalsteuerentrichtung) nach der Bundesabgabenordnung

 

 

 

b e s c h l o s s e n:

 

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 278 Abs. 1 BAO insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache der belangten Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen wird.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG zulässig.


 

B e g r ü n d u n g

 

 

 

I.

 

1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 24. Februar 2012, Zl. FD-StV-107-2003, wurde der Beschwerdeführer „als selbständiger vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. Liquidator“ seiner in Liquidation befindlichen GmbHwegen schuldhafter Nichtbezahlung für die noch offene Kommunalsteuerschuld für die Kalenderjahre 1998 bis 2002 (einschließlich Nebengebühren) in Gesamthöhe von € 14.973,05 haftbar gemacht und zur Zahlung herangezogen“ und zusätzlich dazu verpflichtet, diesen Betrag binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheides zur Einzahlung zu bringen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die GmbH des Rechtmittelwerbers im fraglichen Zeitraum wohl Löhne und Gehälter ausbezahlt, die fällige Kommunalsteuer allerdings nicht entrichtet habe. Da nach Aufhebung des über diese GmbH eröffneten Konkursverfahrens beim Landesgericht Wels am 2. November 2010 nunmehr feststehe, dass diese Abgabenschuld seitens der GmbH uneinbringlich sei, sei sohin die subsidiäre Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 9 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung, BGBl.Nr. 194/1961 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 13/2014 (im Folgenden: BAO), i.V.m. § 80 Abs. 1 BAO geltend zu machen und dieser zur Steuerleistung zu verpflichten gewesen; dies deshalb, weil ihm jedenfalls insoweit eine schuldhafte Verletzung der ihn treffenden gesetzlichen Obsorgepflicht anzulasten sei, als er dadurch, dass er in dem hier in Rede stehenden Zeitraum zwar die Löhne und Gehälter noch in vollem Umfang ausbezahlt, die hierfür fällige Kommunalsteuer jedoch nicht entrichtet habe, für die Tilgung der Abgaben nicht bzw. zumindest nicht entsprechend dem Grundsatz der gleichmäßigen Aufteilung der vorhandenen Mittel auf sämtliche Verbindlichkeiten entsprechend Sorge getragen habe.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben und einen Antrag auf Aussetzung der Abgabeneinhebung gestellt.

 

Darin brachte er vor, dass im fraglichen Zeitraum bei der Gemeindeaufsichtsbehörde ein Parallelverfahren hinsichtlich der Kommunalsteuer für die Jahre 1994 bis 1997 anhängig gewesen sei und die Oö. Landesregierung dort die Aussetzung der Abgabeneinhebung bescheidmäßig bewilligt habe. Da die fällige Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes bis zur Konkurseröffnung am 3. Februar 2003 jedoch noch nicht vorgelegen habe, habe der Beschwerdeführer daher davon ausgehen dürfen, dass überhaupt keine Kommunalsteuer – und sohin auch nicht jene für den hier maßgeblichen Zeitraum von 1998 bis 2002 – zu entrichten sei. Eine schuldhafte Pflichtverletzung liege sohin nicht vor, ganz abgesehen davon, dass die 5-jährige Frist zur Nachforderung der Abgabe im Zeitpunkt von deren Vorschreibung bereits verstrichen gewesen sei.

 

3. Mit Berufungsvorentscheidung des Magistrates der Stadt Wels vom 10. April 2012, Zl. FD-StV-107-2003, wurde diese Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Verjährung der ordnungsgemäß zum Konkursverfahren angemeldeten Abgabennachforderung gemäß § 9 Abs. 1 der Konkursordnung (nunmehr: Insolvenzordnung), RGBl.Nr. 337/1914 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 109/2013 (im Folgenden: IO), unterbrochen worden sei und nach rechtskräftiger Aufhebung dieses Verfahrens wiederum neu zu laufen begonnen habe; ganz abgesehen davon sei im gegenständlichen Verfahren auch die Verjährungsunterbrechung nach § 209 BAO zum Tragen gekommen. Schließlich könne auch die Aussetzung der Abgabeneinhebung in einem zeitlich vorgelagerten Parallelverfahren nicht als Begründung für eine die Folgejahre betreffende Nichterklärung der Kommunalsteuer herangezogen werden.

 

4. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig einen Vorlageantrag eingebracht und über sein Berufungsvorbringen hinaus noch darauf hingewiesen, dass er in der Richtigkeit seiner Auffassung, dass das Verfahren bis zur Entscheidung der Rechtsfrage, ob die Geschäftsführergehälter überhaupt der Kommunalsteuer unterlägen, als zur Gänze ausgesetzt anzusehen ist, entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben vornehmlich auch dadurch bestätigt worden sei, dass seitens der Behörde bis zur Konkurseröffnung keinerlei Abgabenvorschreibungen erfolgt seien. Hätte die belangte Behörde diese Ansicht nämlich nicht geteilt, dann hätte sie diese Vorschreibungen jedenfalls schon viel früher vorzunehmen gehabt. Da die Abgabennachforderung zudem aber erst nach der Eröffnung des Konkurses erfolgte, habe der Rechtsmittelwerber auch keine rechtliche Möglichkeit mehr gehabt, auf das Vermögen der GmbH zuzugreifen.

 

5. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 15. Oktober 2012, Zl. DI-StV-107-2003, wurde die Berufung neuerlich als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt; mit weiterem Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 30. Oktober 2012, Zl. DI-StV-107-2003, wurde zudem der Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung der Abgabeneinhebung als unbegründet abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu jeweils ausgeführt, dass der GmbH des Rechtsmittelwerbers gegenüber – allseits unbestritten – am 10. März 2003 ein Kommunalsteuerbescheid erlassen worden und dieser unbekämpft geblieben, also in Rechtskraft erwachsen sei; dadurch sei die Verjährung der Forderung gegenüber der ursprünglichen Schuldnerin gemäß § 238 Abs. 2 BAO unterbrochen worden. Da der Masseverwalter jedoch nur einen Teil der Vorschreibung beglichen habe, sei der Beschwerdeführer hinsichtlich des Restbetrages heranzuziehen gewesen, wobei hier der Umstand der Aussetzung der Einhebung in einem anderen Abgabenverfahren unbeachtlich gewesen sei: Dies vornehmlich schon deshalb, weil der Magistrat Wels in seinem Bescheid vom 10. März 2003 ohnehin bereits explizit seine gegenteilige Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht habe.

 

6. Gegen diesen ihr am 19. Oktober 2012 zugestellten Bescheid hat die Beschwerdeführerin am 2. November 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eine Vorstellung an die Oö. Landesregierung erhoben und diese mit den von ihr bereits in ihrer Berufung vorgebrachten Einwendungen begründet.

 

7. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 28. Mai 2013, Zl. IKD(Gem)-524704/2-2013-Sto/Gan, wurde dieser Vorstellung mit der Begründung stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache der Stadt Wels zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen, weil dem Spruch des angefochtenen Bescheides jene durch die anteilsmäßige Überweisung der Konkursquote bedingte Minderung des Haftungsbetrages für den Beschwerdeführer nicht entnommen werden könne.

 

8. Mit (Ersatz-)Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 11. Februar 2014, Zl. DI-StV-107-2003, wurde die Berufung des Rechtsmittelwerbers neuerlich als unbegründet abgewiesen, der Haftungsbetrag jedoch entsprechend konkretisiert.

 

9. Gegen diesen ihm am 18. Februar 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 18. März 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene, mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgabe verbundene Beschwerde.

 

Darin wird neben den bereits im Berufungs- und Vorstellungsverfahren vorgebrachten Einwendungen der Einhebungsverjährung, des Nichtvorliegens einer Pflichtenverletzung bzw. mangelnden Verschuldens und der Nichtberücksichtigung der Konkursquote insbesondere darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid an erheblichen Begründungsmängeln leide.

 

 

II.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vom Magistrat der Stadt Wels vorgelegten Akt zu Zl. DI-StV-107-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche, oben unter I. dargestellte und zwischen den Verfahrensparteien ohnehin nicht strittige Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen, zumal mit der gegenständlichen Beschwerde lediglich eine unzutreffende rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, gemäß § 274 Abs. 1 Z. 2 BAO von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.

 

Auf Basis dieser Faktenlage hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

1.1. Gemäß § 1 KommStG, unterliegen jene Arbeitslöhne, die jeweils an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind, der Kommunalsteuer.

 

Die Bemessungsgrundlage für diese Abgabe bildet nach § 5 Abs. 1 erster Satz KommStG die Summe jener Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, und zwar ungeachtet dessen, ob diese Löhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen.

 

Gemäß § 11 Abs. 3 i.V.m. § 12 KommStG verkörpert die Einhebung der Kommunalsteuer eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde.

 

1.2. Nach § 80 Abs. 1 BAO haben u.a. die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle jene Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen; insbesondere haben die Vertreter dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften diese Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die jene treffenden Abgabeverpflichtungen insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

 

1.3. Nach § 9 Abs. 1 IO wird durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen; sie beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist, neu zu laufen.

 

1.4. Nach Art. 119a Abs. 5 B-VG konnte derjenige, der durch einen in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches erlassenen Bescheid eines Gemeindeorganes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, dagegen nach Erschöpfung des Instanzenzuges eine Vorstellung an die Aufsichtsbehörde erheben; die Aufsichtsbehörde hatte den Bescheid, wenn durch diesen Rechte des Einschreiters verletzt wurden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall hat die Oö. Landesregierung mit ihrem Bescheid vom 28. Mai 2013, Zl. IKD(Gem)-524704/2-2013-Sto/Gan, entsprechend der Anordnung des Art. 119a Abs. 5 B-VG der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 15. Oktober 2012, Zl. DI-StV-107-2003, erhobenen Vorstellung stattgegeben, den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Rechtssache der belangten Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

 

Durch diese Aufhebung wurde der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 15. Oktober 2012 in vollem Umfang, also nicht nur hinsichtlich seines Spruches, sondern insbesondere auch in Bezug auf seine Begründung, aus dem Rechtsbestand eliminiert.

 

2.2. Davon ausgehend wird aber die Begründung des nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheides des Stadtsenates der Stadt Wels vom 11. Februar 2014, Zl. DI-StV-107-2003, den Anforderungen des § 93 Abs. 3 lit. a BAO nicht gerecht, wenn in dieser lediglich – in Bindung an die im Bescheid der Oö. Landesregierung vom 28. Mai 2013, Zl. IKD(Gem)-524704/2-2013-Sto/Gan, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht – auf jene durch die anteilsmäßige Überweisung der Konkursquote bedingte Minderung des Haftungsbetrages für den Beschwerdeführer eingegangen und Letzterer näher konkretisiert, im Übrigen aber (und auch insofern bloß implizit) auf das bisherige Verfahren verwiesen wird bzw. die Ergebnisse und Begründungen der bisher erlassenen – nunmehr jedoch rechtlich nicht mehr existenten – Bescheide inhaltlich vorausgesetzt werden.

 

3. Schon auf Grund dieses Beschwerdepunktes (vgl. § 250 Abs. 1 lit. b BAO i.V.m. Seite 3 des Beschwerdeschriftsatzes) war der gegenständlichen Beschwerde insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufzuheben und die Rechtssache der belangten Behörde zurückzuverweisen war.

 

4. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz zur Sachentscheidung gemäß Art. 130 Abs. 4 zweiter Satz B‑VG – wenngleich allenfalls regelmäßig, so doch – nicht in jedem Fall auch zwingend bedeutet, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes stets auch die Erledigung jeder Detailfrage mitumfassen muss: Wenn und soweit dies nämlich unter Zugrundelegung der in dieser Bestimmung genannten Parameter (Raschheit, Kostenersparnis) zweckmäßiger erscheint, soll bzw. hat die politische Dispositionsbefugnis bei der Behörde zu verbleiben. Diesem Aspekt kommt vor allem bei Ermessens-, bei Verhältnismäßigkeits-, bei Planungsentscheidungen, etc., aber auch in jenen Fällen entscheidende Bedeutung zu, in denen sich die für die Klärung von Detailfragen maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen, darunter auch sensible Daten, im Verfügungsbereich der Behörde befinden und sich somit schon prinzipiell nicht für kontradiktorische Ermittlungen im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung eignen.

 

Schließlich ist generell zu beachten, dass gerade in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die rechtspolitische Dispositionsbefugnis insbesondere dann weitestmöglich dem Selbstverwaltungsträger verbleiben soll, wenn und soweit es sich um von Amts wegen eingeleitete Verwaltungsverfahren handelt.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision ist zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren u.a. auch eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG insoweit grundsätzliche Bedeutung zukommt, als hierzu eine Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes bislang fehlt.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Es besteht die Möglichkeit, gegen diesen Beschluss innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof hingegen beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision muss jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

 

 

 

LVwG-450025/2/Gf/Rt vom 18. April 2014

 

Beschluss

 

Rechtssatz

 

Art. 130 Abs. 4 B-VG;

§ 12 KommStG;

§ 9 BAO;

§ 80 BAO;

§ 93 BAO;

§ 250 BAO;

§ 278 BAO

 

* Infolge der Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde wurde der angefochtene Bescheid des Stadtsenates in vollem Umfang, also nicht nur hinsichtlich seines Spruches, sondern insbesondere auch in Bezug auf seine Begründung, aus dem Rechtsbestand eliminiert. Davon ausgehend wird aber die Begründung des nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheides des Stadtsenates den Anforderungen des § 93 Abs. 3 lit. a BAO nicht gerecht, wenn in dieser lediglich – in Bindung an die im Bescheid der Aufsichtsbehörde zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht – auf jene durch die anteilsmäßige Überweisung der Konkursquote bedingte Minderung des Haftungsbetrages für den Beschwerdeführer eingegangen und Letzterer näher konkretisiert, im Übrigen aber (und auch insofern bloß implizit) auf das bisherige Verfahren verwiesen wird bzw. die Ergebnisse und Begründungen der bisher erlassenen – nunmehr jedoch rechtlich nicht mehr existenten – Bescheide inhaltlich vorausgesetzt werden.

 

* Schon auf Grund des explizit darauf abzielenden Beschwerdepunktes i.S.d. § 250 Abs. 1 lit. b BAO war der gegenständlichen Beschwerde insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufzuheben und die Rechtssache der belangten Behörde zurückzuverweisen war.

 

* Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz zur Sachentscheidung gemäß Art. 130 Abs. 4 zweiter Satz B VG – wenngleich allenfalls regelmäßig, so doch – nicht in jedem Fall auch zwingend bedeutet, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes stets auch die Erledigung jeder Detailfrage mitumfassen muss: Wenn und soweit dies nämlich unter Zugrundelegung der in dieser Bestimmung genannten Parameter (Raschheit, Kostenersparnis) zweckmäßiger erscheint, soll bzw. hat die politische Dispositionsbefugnis bei der Behörde zu verbleiben. Diesem Aspekt kommt vor allem bei Ermessens-, bei Verhältnismäßigkeits-, bei Planungsentscheidungen, etc., aber auch in jenen Fällen entscheidende Bedeutung zu, in denen sich die für die Klärung von Detailfragen maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen, darunter auch sensible Daten, im Verfügungsbereich der Behörde befinden und sich somit schon prinzipiell nicht für kontradiktorische Ermittlungen im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung eignen. Schließlich ist generell zu beachten, dass gerade in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die rechtspolitische Dispositionsbefugnis insbesondere dann weitestmöglich dem Selbstverwaltungsträger verbleiben soll, wenn und soweit es sich um von Amts wegen eingeleitete Verwaltungsverfahren handelt.

 

Beschlagwortung:

Ersatzbescheid; Haftungsbescheid; Begründungserfordernis; Konkursquote; Sachentscheidung; Ermessen; Verhältnismäßigkeit; Planungsentscheidung