LVwG-600073/9/Zo/CG/BD LVwG-600074/9/Zo/CG/BD

Linz, 26.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerden des Herrn A G, geb. 1998,  vertreten durch Rechtsanwälte W O N G, X vom 27.12.2013 gegen

1.   das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion OÖ., Polizeikommissariat Steyr, vom 9.12.2013, S5615/ST/13 (hs. Zl. LVwG-600073) sowie

2.   gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion OÖ., Polizeikommissariat Steyr, vom 9.12.2013, S6219/ST/13 (hs. Zl. LVwG-600074)

nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.05.2014 und sofortiger Verkündung der Entscheidungen

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Die Beschwerde zu Zl. LVwG-600073 (Vorfall vom 25.07.2013) wird abgewiesen und das Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.       Der Beschwerdeführer hat für dieses Verfahren einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 16,00 Euro zu bezahlen.

 

III.     Die Beschwerde zu Zl. LVwG-600074 (Vorfall vom 10.08.2013) wird im Schuldspruch abgewiesen, von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

IV.       Gegen diese Erkenntnisse ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof  zulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I. und III.:

1.           Die Landespolizeidirektion OÖ., Polizeikommissariat Steyr, hat dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis zu Zl. S5615/ST/13 vorgeworfen, dass er am 25.07.2013 um 13.46 Uhr in Steyr, Haager Straße, unbenannte Verbindungsstraße zur Schuhmannstraße, als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen X nicht dafür gesorgt habe, dass dieses KFZ den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil die Kennzeichentafel nicht senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges, annähernd lotrecht am Fahrzeug so angebracht gewesen sei, dass das Kennzeichen vollständig sichtbar und gut lesbar war. Die Kennzeichentafel sei annähernd waagrecht, auf einer nicht für diese Type entsprechenden Halterung angebracht gewesen.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.1 iVm § 49 Abs.6 KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Im Straferkenntnis zu Zl. S6219/ST/13 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er die gleiche Verwaltungsübertretung am 10.08.2013 um 16.25 Uhr in Steyr, Hstraße 63a nochmals begangen habe. Für diese Übertretung wurde eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG verhängt und der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2.           In den dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerden führte der Beschwerdeführer zusammengefasst folgendes aus:

Aus seiner Sicht liege überhaupt keine Übertretung vor, weil er den Straftatbestand nicht erfüllt habe. § 49 KFG ordne an, dass die Kennzeichentafel senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges und „annähernd“ lotrecht anzubringen sei, sodass das Kennzeichen vollständig sichtbar und gut lesbar sei. In welchem Winkel die Kennzeichentafel angebracht sein müsse, sei nicht näher bestimmt, es sei ausreichend, wenn das Kennzeichen vollständig sichtbar und gut lesbar sei. Das sei bei ihm der Fall gewesen.

 

Er habe eine Kennzeichenhalterung verwendet, die bei seinem Ankauf bereits montiert gewesen sei. Es habe sich um ein handelsübliches Produkt gehandelt, weshalb er davon ausgehen durfte, dass er diese Kennzeichenhalterung auch verwenden darf.

 

Das Fahrzeug sei technisch in Ordnung gewesen, weshalb mit einer Ermahnung gemäß § 21 VStG hätte vorgegangen werden müssen. Weiters sei § 20 VStG zu berücksichtigen, weil er ein Jugendlicher sei und lediglich über eine Lehrlingsentschädigung von 478 Euro verfüge.

 

3. Die Landespolizeidirektion OÖ., Polizeikommissariat Steyr, hat die Beschwerden ohne Beschwerdevorentscheidungen dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte, Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen für Kfz-Technik sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.05.2014. An dieser haben der Beschwerdeführer in Begleitung seiner Mutter und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Behörde war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer lenkte sowohl am 25.07.2013 um 13.46 Uhr als auch am 10.08.2013 um 16.25 Uhr jeweils das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen X. Er ist auch Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges. An beiden Tagen war am Motorfahrrad eine Kennzeichentafel angebracht, welche mit einer Neigung gegenüber der Senkrechten von ca. 75° mit der Seite des Kennzeichens nach oben montiert war. Die Sichtbarkeit der Kennzeichentafel für in einem PKW nachfahrende Verkehrsteilnehmer bzw. für Anlagen zur Messung der Geschwindigkeit (Radar-Boxen) war nur sehr eingeschränkt möglich. Aufgrund der Anbringung des Kennzeichens erfolgte auch keine vollständige Ausleuchtung durch die Kennzeichenbeleuchtung.

 

Der Beschwerdeführer räumte in der mündlichen Verhandlung ein, dass er die gegenständliche Kennzeichenhalterung selbst gekauft und am Motorfahrrad montiert hatte, und auch von Freunden gewusst hatte, dass diese wegen einer gleichartigen Kennzeichenhalterung jeweils 40 Euro Strafe hatten bezahlen müssen. Er führte weiters glaubwürdig aus, dass ihm die Polizisten bei der ersten Kontrolle 1 Monat Zeit gegeben hätten, um das Fahrzeug wieder umzubauen. Bei der zweiten Kontrolle habe er die Kennzeichenhalterung noch nicht verändert gehabt, das Monat sei aber auch noch nicht abgelaufen gewesen.

 

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht  erwogen:

5.1. Gemäß § 49 Abs.6 vierter Satz KFG müssen die Kennzeichentafeln senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges annähernd lotrecht und so am Fahrzeug angebracht sein, dass das Kennzeichen vollständig sichtbar und gut lesbar ist und durch die Kennzeichenleuchten ausreichend beleuchtet werden kann.

 

Gemäß § 103 Abs.1 Z.1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür so sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder Bewilligungen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

5.2. Richtig ist, dass der Gesetzgeber lediglich eine „annähernd“ lotrechte Anbringung des Kennzeichens fordert. Dazu führt die Richtlinie 2009/63/EG in Anhang I Pkt. 3 aus, dass die Neigung des hinteren Kennzeichens bei einem unbeladenen Fahrzeug maximal 30° gegenüber der Senkrechten betragen darf, wenn die Seite mit der Zulassungsnummer nach oben zeigt. Unabhängig von dieser genauen Definition in der angeführten Richtlinie ist offenkundig, dass eine Anbringung in einem Winkel von 75° zur lotrechten (also beinahe senkrecht) nicht mehr als annähernd lotrechte Anbringung bezeichnet werden kann.

 

Der Beschwerdeführer hat die Kennzeichenhalterung selbst erworben und am Fahrzeug angebracht, wobei ihm der Unterschied zu der typenmäßig angebrachten Kennzeichenhalterung auffallen musste. Es war ihm auch bekannt, dass seine Freunde wegen der gleichen Art der Anbringung der Kennzeichentafel bereits bestraft wurden, weshalb ihm auch die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bekannt sein musste. Er hat daher die ihm vorgeworfenen Übertretungen sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Zulassungsbesitzer darf ein Kraftfahrzeug nur dann auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwenden, wenn dieses den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht. Dabei bildet jede Neuverwendung eines nicht ordnungsgemäßen Kraftfahrzeuges eine neuerliche Verwaltungsübertretung, weshalb kein Dauerdelikt vorliegt (siehe z.B. VwGH vom 18.10.1989, 89/02/0073).

 

Der Umstand, dass die Polizeibeamten bei der Kontrolle am 25.07.2013 dem Beschwerdeführer eine Frist von 1 Monat eingeräumt haben, um das Fahrzeug in Ordnung zu bringen, ändert nichts daran, dass sich das Fahrzeug nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden hat und nicht weiter auf Straßen mit öffentlichem Verkehr hätte verwendet werden dürfen. Eine derartige Fristsetzung durch ein Exekutivorgan schließt auch das Verschulden bei einer weiteren Verwendung innerhalb dieser Frist nicht aus, weil jedermann bekannt sein muss, dass ein rechtswidriges Verhalten dadurch, dass es von einem bestimmten Exekutivbeamten für eine bestimmte Zeit geduldet wird, nicht rechtmäßig werden kann. Allerdings ist dieser Umstand bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung 5.000 Euro. Eine gesetzliche Mindeststrafe ist nicht normiert.

 

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der ersten Übertretung am 25.07.2013 aktenkundig unbescholten. Dies stellt einen erheblichen Strafmilderungsgrund dar. Sonstige Strafmilderungs- bzw. Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist nicht bloß ganz gering, weil es aufgrund der Anbringung des Kennzeichens für andere Verkehrsteilnehmer nur schwer möglich gewesen wäre, das Kennzeichen abzulesen. Dies gilt auch für allfällige Radarfotos. Aus diesen Gründen ist daher eine spürbare Geldstrafe erforderlich.

 

Im Hinblick auf die gesetzliche Höchststrafe von 5.000 Euro erscheint die von der Behörde verhängte Strafe in Höhe von 80 Euro nicht überhöht. Der Beschwerdeführer verfügt zwar nur über ein geringes Einkommen als Lehrling, dieses hat aber offenbar ausgereicht, um die Abänderungen am Fahrzeug zu finanzieren, weshalb davon auszugehen ist, dass er auch in der Lage ist, die Geldstrafe zu bezahlen.

 

5.4. Gemäß § 45 Abs. 1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Bei der zweiten Kontrolle am 10.08.2013 hat der Beschwerdeführer nach seinen glaubwürdigen Angaben darauf vertraut, das Fahrzeug noch verwenden zu dürfen, weil ihm die Polizisten bei der ersten Kontrolle eine Frist von 1 Monat eingeräumt haben, um das Fahrzeug wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu bringen. Wie bereits dargestellt, ändert dies nichts an der Tatbestandsmäßigkeit und am Verschulden des Beschwerdeführers, allerdings ist sein Verschulden in diesem Fall als sehr gering anzusehen. Aufgrund dieses geringeren Verschuldens ist es gerechtfertigt, für den zweiten Vorfall lediglich eine Ermahnung auszusprechen. Insgesamt erscheint die Ermahnung unter Berücksichtigung der bereits für den ersten Vorfall verhängten Geldstrafe ausreichend, um den Beschwerdeführer in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

 

Zu II.:

Die Vorschreibung der Kosten ist in § 52 VwGVG begründet.

 

 

Zu IV.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verfassungs-gerichtshofes zu den Lenk- und Ruhezeiten ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diese Erkenntnisse besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde bzw. Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l