LVwG-300241/11/BMa/TK

Linz, 25.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 21.1.2014, SV96-61-2013/La,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten; die erstinstanzlich angefallenen Kosten sind von der Behörde zu tragen.

 

 

III.     Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

„Sie haben am 5.2.2013, 12.2.2013, 15.2.2013, 20.2.2013, 27.2.2013 und am 28.2.2013 vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen, ohne dazu berechtigt zu sein.

 

Sie haben am 5.2.2013, 12.2.2013, 15.2.2013, 20.2.2013, 27.2.2013 und am 28.2.2013 bei der Firma x gearbeitet und diese Beschäftigung nicht dem Arbeitsmarktservice angezeigt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 71 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz iVm §§ 12 Abs. 3 lit a, 25 Abs. 2 und § 50 Abs. 1 AIVG, BGBl. Nr. 609/1977 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von          falls diese uneinbringlich ist, Ersatz-    gemäß

freiheitsstrafe von

     § 71 Abs. 2 AIVG

200,00                   10 Stunden

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 20,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 220,00 Euro.“

 

Gegen den dem Bf zu Handen seines Vertreters am 24.1.2014 zugestellten Strafbescheid wurde rechtzeitig am 21. Februar 2014 Beschwerde bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebracht, die dem Landesverwaltungsgericht am 28.2.2014 vorgelegt wurde.

 

 

I.2. x hat für die Firma x, bis 30. November 2012 gearbeitet. Ab 1.2.2013 bis 28.2.2013 war er geringfügig beschäftigter Arbeiter dieser Firma und ab 1.3.2013 wurde er wieder in vollem Umfang von der x beschäftigt. Vom 1. Februar 2013 bis 28. Februar 2013 hat er ein Entgelt in der Höhe von 368 Euro bezogen für die Arbeitsleistung von 23 Stunden, die im Monat Februar 2013 mit 16 Euro pro Stunde bezahlt wurden.

 

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. November 2012 war x von Arbeitslosengeld. Er hat die Arbeitsaufnahme als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei der x nicht vor dem 1. Februar 2013 der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS angezeigt. Die Beschäftigung des x im Februar 2013 war für mindestens einen Monat vereinbart.

 

II.            Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, den Aussagen des Zeugen x und den Angaben des Vertreters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 7. April 2013 ergibt. Für die Annahme der anzeigenden Organe, die Beschäftigung des x sei für einen kürzeren Zeitraum als für einen Monat vereinbart gewesen, hat das Beweisverfahren keine nachvollziehbaren Ergebnisse hervorgebracht.

 

 

III. In rechtlicher Hinsicht hat das OÖ. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

III.1. Gemäß § 12 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGB. I Nr. 3/2014 - AlVG ist arbeitslos, wer

 

1.   eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

...

 

Gemäß Abs. 3 leg.cit. gilt als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 insbesondere nicht:

 

a)   wer in einem Dienstverhältnis steht;

b)   wer selbständig erwerbstätig ist;

...

d)   wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten, der Lebensgefährtin, eines Elternteils oder eines Kindes tätig ist;

...

h) wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 1. Februar 2013 gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es

 

1.   für eine kürze Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 29,70 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 386,80 Euro gebührt oder

2.   für mindestens einen Kalendermonat oder auch unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 386,80 Euro gebührt.

....

 

Nach § 50 Abs. 1 AlVG ist verpflichtet die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht.

...

 

Gemäß § 25 Abs. 2 AlVG gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass die Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist, wenn ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d durch öffentliche Organe, insbesondere Organe von Behörden oder Sozialversicherungsträgern oder Exekutivorgane, betreten wird, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50).

 

Gemäß § 71 Abs. 2 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

III. 2. Nun stellt die Tätigkeit des Bf im Monat Februar 2013 zwar mit Blick auf die Höhe des Betrages, welchen der Bf für seine Tätigkeit im Februar 2013 vereinbarungsgemäß erhielt (368 Euro), und die Dauer des vereinbarten Dienstverhältnisses eine Beschäftigung im Sinne des ersten Halbsatzes des § 12 Abs. 3 lit. h) AlVG dar. Dass der Bf erst am 5. Februar 2013 zu arbeiten begonnen hat, vermag daran nichts zu ändern. Allerdings liegen auch die Voraussetzungen für die im zweiten Halbsatz normierte Ausnahme vor. Denn zwischen der Beendigung des Dienstverhältnisses Ende November 2012 und der Aufnahme der Tätigkeit des Bf im Februar 2013 lag ein Zeitraum von mehr als einem Monat.

Wenn die belangte Behörde vermeint, es würde sich hierbei nicht um eine Beschäftigung i.S.d. § 12 Abs.3 lit h) AlVG handeln, weil diese Tätigkeit nicht regelmäßig erbracht wurde und nicht zu im Vorhinein festgelegten Zeiten erfolgt ist, so erübrigt sich im Hinblick darauf, dass diese Norm lediglich auf die Höhe des Entgelts abstellt, eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen.

 

 

Die unwiderlegliche Vermutung gemäß § 25 Abs. 2 AlVG kommt nicht zum Tragen, war die Tätigkeit des X doch als eine solche gemäß § 12 Abs. 3 lit. h) und nicht als eine solche gemäß § 12 Abs. 3 lit. a), b) oder d) zu qualifizieren.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich überdies, dass x nicht bei der Tätigkeit von Organen betreten wurde, sondern die Anzeige auf den getätigten Meldungen des Arbeitgebers des Bf basiert. Auch aus diesem Grund kommt die Rechtsvermutung des § 25 Abs. 2 AlVG, der Entlohnung über den im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträgen, nicht zum Tragen.

Damit aber hat X auch nicht vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen ohne berechtigt zu sein.

 

Die Strafbarkeit nach § 71 Abs. 2 AlVG hat auch zur Voraussetzung, dass vorsätzlich eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen wurde, ohne entsprechende Berechtigung.

 

Die Entlohnung des Bf übersteigt nicht die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge und es ist ein Zeitraum zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen Beschäftigung von mehr als einem Monat vorhanden.

An der Beachtung dieser Vorschriften durch X ergibt sich sein Bemühen, sich rechtskonform zu verhalten. Es kann daher aus subjektiver Sicht auch nicht von einem vorsätzlichen Verhalten der Nichtmeldung gem. § 50 AlVG ausgegangen werden.

§ 71 Abs. 2 AlVG pönalisiert überdies nur die vorsätzliche Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und nicht bereits eine fehlende Meldung einer Arbeitsaufnahme, sodass der zweite Tatvorwurf des angefochtenen Strafbescheids lediglich als ein in Zusammenhang mit dem pönalisierten Tatvorwurf stehendes Verhalten gesehen werden kann.

 

Weil somit weder die objektive noch die subjektive Tatseite der inkriminierten Rechtsnorm erfüllt sind, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren war einzustellen.

 

IV. Da das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen war, hat der Beschwerdeführer keine Verfahrenskosten zu leisten.

 

V.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann