LVwG-410200/24/HW/KR

Linz, 16.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung des Finanzamtes Braunau Ried Schärding gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 31.10.2013, GZ: Pol 96-54-2012, (mitbeteiligte Partei: x)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde  Folge gegeben und in der Sache wie folgt entschieden:

X hat es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und damit als das im Sinne des § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der x Handels KG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Gesellschaft, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen, in der Zeit vom 23.12.2011 bis zum 28.6.2012 im Lokal mit der Bezeichnung „X“ in x, ein betriebsbereit aufgestelltes Glücksspielgerät mit der Gehäusebezeichnung „FUN“ und den Versiegelungsplaketten Nr. A043992 bis A043997 auf ihre Rechnung und Gefahr, dh mit dem Gewinn- und Verlustrisiko, betrieben hat und damit wiederholt Glücksspiele durch verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG an diesen Geräten zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet hat, die nach Art eines elektronischen Glücksrades, bei dem den Spielern für einen geldwerten Einsatz Gewinne in Aussicht gestellt wurden, wobei das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing, durchgeführt wurden. Für diese Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor und es waren diese auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

Dadurch wurde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 1 1. Fall GSpG BGBl. Nr. 620/1989 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begangen, wofür über X eine Strafe von € 900,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 13 Stunden, verhängt wird.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.10.2013 wurde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das Verwaltungsstrafverfahren gegen X wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eingestellt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen die Möglichkeit bestanden hätte, einen € 10 pro Spiel übersteigenden Einsatz zu leisten und eine Anzeige gemäß § 78 StPO an die Staatsanwaltschaft übermittelt worden sei, sodass das Doppelverfolgungsverbot eine weitere Verfolgung hindere.

 

2. Gegen diesen Einstellungsbescheid brachte die „Finanzpolizei Team 42 des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding als Amtspartei gem. § 50 Abs 5 GSpG“ eine nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung ein. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde den bekämpften Bescheid nicht mit festgestellten Tatsachen, sondern bloß mit unbewiesenen Annahmen begründet habe. Beim gegenständlichen Gerät seien weder Serienspiele ermöglicht worden,  noch wären Einsätze von mehr als € 10 pro Spiel möglich gewesen. Es habe jedenfalls nicht mehr als € 4 pro Spiel eingesetzt werden können. Abschließend stellt „die Finanzpolizei, Team x, als Organ der Abgabenbehörde Finanzamt Braunau, Ried, Schärding“ den Antrag, den bekämpften Bescheid aufzuheben und in der Sache strafantragsgemäß zu entscheiden. Die Unterfertigung des Rechtsmittels erfolgte „Für den Vorstand“.

 

3. Die mitbeteiligte Partei äußerte sich zur Beschwerde dahingehend, dass bereits aufgrund des vorhandenen Einzugs für Geldscheine ersichtlich sei, dass Spieler die Möglichkeit hätten, deutlich höhere Beträge als € 10 einzusetzen, sodass keine verwaltungsstrafrechtliche Zuständigkeit vorliege und die Einstellung des Verfahrens zu Recht erfolgt sei. Zudem sei die vorliegende Berufung (Beschwerde) nicht vom zuständigen Finanzamt, sondern von der Finanzpolizei selbst erhoben worden. Diese sei gemäß § 12 AVOG Organ der Abgabenbehörde und nicht selbst Behörde. Die Finanzpolizei habe daher keine Parteistellung, sodass die Berufung (Beschwerde) zurückzuweisen sei. Die Finanzpolizei äußerte sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass bereits aufgrund des Gesetzes die Ermächtigung bzw. Berechtigung bestehe, für das Finanzamt Beschwerde einzubringen.

 

In der Rechtfertigung vom 12.3.2013 gab die mitbeteiligte Partei an, dass ein schuldausschließender Verbotsirrtum nach § 5 Abs. 2 VStG vorliege, zumal das gegenständliche Gerät in Entscheidungen des UVS nicht als Glücksspielapparat eingestuft worden sei.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht führte am 26.3.2014 eine mündliche Verhandlung durch. Danach steht – in Ergänzung zu Punkten 1. bis 3. – folgender Sachverhalt fest:

 

Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht am 28.6.2012 in X im Lokal mit der Bezeichnung „X“ durchgeführten Kontrolle wurde ein Gerät mit der Gehäusebezeichnung „FUN“ betriebsbereit vorgefunden und mit den Versiegelungsplaketten Nr. A043992 bis A043997 versehen. Mit diesem im Eigentum der X Handels KG stehenden Gerät, welches sich seit 23.12.2011 im genannten Lokal befand, wurden im Zeitraum von 23.12.2011 bis 28.6.2012 wiederholt glücksradähnliche Spiele auf Rechnung und auf wirtschaftliches Risiko der X Handels KG durchgeführt, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin der X Handels KG in diesem Zeitraum war die mitbeteiligte Partei.

 

Das verfahrensgegenständliche Gerät verfügte über einen Banknoteneinzug und einen Münzeinwurf. Das optische Bild der Frontseite des Gerätes glich einer Scheibe mit Segmenten, wobei am Ende der Segmente Zahlen zwischen 2 und 20 aufschienen. Beim Gerät wurden die Vervielfachungsfaktoren 1, 2 und 4 angeboten. Je nach ausgewähltem Vervielfachungsfaktor kam es durch Betätigen der am Gerät befindlichen roten Taste zum Abspielen von einem oder mehreren Musiktiteln, die kaum hörbar waren, und begannen sich die Lichter des sich auf dem Gerät befindlichen Symbolkranzes zu drehen. Der Beleuchtungsumlauf endete zufällig auf einem der Segmente, welches beleuchtet blieb. Blieb nach dem Beleuchtungsumlauf ein Zahlenfeld markiert, konnte durch neuerliche Geldeingabe die Auszahlung des angezeigten Zahlenbetrages multipliziert mit dem gewählten Vervielfachungsfaktor bewirkt werden. Durch Auswahl des jeweiligen Vervielfachungsfaktors wurden nicht nur die Einsatzleistung festgelegt, sondern auch die in Aussicht gestellten Gewinne. Im Lichtkranz befanden sich die Zahlen 2, 6, 8 und 20. Der Höchstgewinn ergab sich aus dem höchsten Betrag der Zahlenfelder multipliziert mit dem höchsten Vervielfachungsfaktor, sodass beim Vervielfachungsfaktor 4 ein Gewinn von bis zu € 80 möglich war. Der maximale Einsatz pro Einzelspiel betrug € 4, der Mindesteinsatz € 1. Durch den automatisch ausgelösten Lichtblinklauf wurde die Chance auf einen Geldgewinn durch Aufleuchten eines Betrages im Lichtglanz eröffnet. Dass über den Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Segments wurde vom Gerät selbstständig herbeigeführt und konnte der Spieler zu Beginn des Spiels den Ausgang nicht vorher sehen und auch nicht beeinflussen. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab. Für die mittels des Gerätes erfolgenden Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor, noch waren diese vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

 

5. Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem durchgeführten Beweisverfahren. Die Feststellungen zur Funktionsweise des Gerätes folgen vor allem aus der Beschreibung in der Anzeige und dem im Aktenvermerk vom 28.6.2012 festgehaltenen Spielablauf. Mag. x gab in der Verhandlung zudem an, dass nach Auskunft der das Testspiel durchführenden Person mit maximal € 4 gespielt werden konnte. Die Beschreibung der Funktionsweise deckt sich im Wesentlichen auch mit vergleichbaren Feststellungen zu Fun-Wechslern in veröffentlichen Entscheidungen (vgl. etwa VwGH 2011/17/0068), sodass aus Sicht des Verwaltungsgerichts keine Zweifel an den diesbezüglichen Angaben der Finanzpolizei bestehen. Dass die X Handels KG Eigentümer des Geräts ist und von dieser mit dem Gerät in der Zeit von 23.12.2011 bis 28.6.2012 wiederholt Spiele in Form eines Glücksrades auf eigene Rechnung durchführt wurden, folgt vor allem aus dem Aktenvermerk vom 28.6.2012 bzw. den Angaben des Lokalbetreibers. Daraus ergibt sich insbesondere, dass die Firma X Handels KG regelmäßig kam, um den Automaten zu entleeren, was aber dafür spricht, dass sich die Gewinne und Verluste aufgrund der Ausspielungen im Vermögen der X Handels KG ereigneten. Im Übrigen wurde der Vorwurf des „Veranstaltens“ auch mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.2.2013 gegenüber der mitbeteiligten Partei erhoben und brachte diese – rechtsanwaltlich vertreten – diesbezüglich keine konkreten Angaben bzw. Einwendungen vor. Das Verwaltungsgericht gelangt daher zur Überzeugung, dass die Ausspielungen auf Rechnung der X Handels KG erfolgten. Dafür, dass wiederholt Spiele durchgeführt wurden, spricht, dass sich der Automat über einen längeren Zeitraum im Lokal befand und bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass dieser nur dann längere Zeit dort belassen wird, wenn er auch zumindest teilweise in Verwendung stand. Im Übrigen ergibt sich aus dem Aktenvermerk vom 28.6.2012, dass für das Aufstellen des Geräts etwas bezahlt wurde und das Gerät regelmäßig entleert wurde, was ebenfalls dafür spricht, dass damit Spiele durchgeführt wurden, wobei bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass die Ausspielungen erfolgten, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen (Beweisergebnisse, die dafür sprechen würden, dass die Spiele ohne Einnahmenerzielungsabsicht veranstaltet worden wären, liegen auch nicht vor). Dass der Fun-Wechsler seit 23.12.2011 im Lokal stand, folgt aus der Angabe Lokalbetreibers, wonach das Gerät seit vor Weihnachten dort war. Die Gesellschafterstellung der mitbeteiligten Partei ergibt sich aus dem vorliegenden Firmenbuchauszug.

 

 

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

6.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer daran beteiligt. Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind. Ausspielungen sind nach § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glückspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn). Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

6.2. Unter Berücksichtigung der ständigen Judikatur des VwGH (vgl. etwa VwGH 28.6.2011, 2011/17/0068 oder jüngst zum Gerät „1-2-4 Fun“ auch VwGH vom 14.01.2014, 2013/17/0549) ist aufgrund des festgestellten Spielverlaufs davon auszugehen, dass das verfahrensgegenständlich Gerät verbotene Ausspielungen im Sinne des GSpG bot: Durch den Einwurf (bzw. das Belassen) von Geld kam es durch Drücken einer Taste zum Start des Lichtkranzlaufes, welcher dem Spieler die Chance eröffnete, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl den angezeigten Gewinn in weiterer Folge zu realisieren. Da der Spieler für den Start des Lichtglanzlaufes jedenfalls zumindest 1 Euro (Einsatz) zu leisten hatte, liegt ein Spiel vor, wobei der Lichtkranzlauf vom Spieler nicht beeinflusst werden konnte. Beim Gerät kam es daher ausgehend vom festgestellten Sachverhalt zu verbotenen Ausspielungen, zumal den Gerätenutzern (Spielern) für einen Einsatz eine vermögenswerte Leistung (bei Aufleuchten einer Zahl konnte in weiterer Folge eine Auszahlung erwirkt werden) in Aussicht gestellt wurde. Da die glücksradähnlichen Spiele auf Rechnung der X Handels KG durchgeführt wurden, ist diese als Veranstalter anzusehen. Die mitbeteiligte Partei ist gemäß § 9 Abs. 1 VStG als unbeschränkt haftender Gesellschafter verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

6.3. Gemäß § 168 Abs. 1 StGB ist zu bestrafen, wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird. Nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (zur Rechtslage vor der Novelle BGBl I Nr. 13/2014) zur Abgrenzung von verwaltungsbehördlicher Strafbarkeit und gerichtlicher Strafbarkeit nach § 168 StGB (grundlegend etwa VwGH vom 23.07.2013, 2012/17/0249) ist unter Berücksichtigung des Verbots der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK grundsätzlich darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Programm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, dabei Einsätze von höchstens EUR 10,-- oder mehr als EUR 10,-- ermöglicht bzw. ob Serienspiele verlasst wurden. Entscheidend für die Abgrenzung ist daher, ob die auf den Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über EUR 10,-- ermöglichen, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden kann, und, ob Serienspiele veranlasst werden können (vgl. VwGH vom 09.09.2013, 2013/17/0320 uva).

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt war ein Einsatz pro Spiel von maximal vier Euro möglich. Wenn in der Äußerung der mitbeteiligten Partei darauf hingewiesen wird, dass ein Banknoteneinzug vorhanden war, so ist dazu auszuführen, dass daraus nicht folgt, dass Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht wurden. Umstände, die eine Veranlassung bzw. Bewirkung von Serienspielen begründen würden, ergeben sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass – in Übereinstimmung mit der aktuellen Judikatur des VwGH zu vergleichbaren Geräten (VwGH vom 14.01.2014, 2013/17/0549) – auch unter Berücksichtigung der „Serienspieljudikatur“ keine gerichtliche Zuständigkeit (§ 168 StGB) vorliegt.

 

6.4. Aus der gegenständlichen Berufung (Beschwerde) ergibt sich, dass die Finanzpolizei für das Finanzamt Braunau Ried Schädigung das Rechtsmittel einbrachte. So wird unter anderem ausgeführt, dass die Finanzpolizei „als Organ der Abgabenbehörde Finanzamt“ den Antrag auf Aufhebung und strafantragsgemäße Entscheidung stellt. Bereits diese Formulierung spricht aber dafür, dass die Finanzpolizei (als Organ) für das Finanzamt (die Behörde) tätig wurde. Aus § 9 Abs. 3 AVOG ergibt sich, dass mit Verordnung besondere Organisationseinheiten mit bundesweitem und/oder regionalem Wirkungsbereich zur Besorgung der Geschäfte der Steuer- und Zollverwaltung eingerichtet werden können und diese Organisationseinheiten bei Erfüllung ihrer Aufgaben als Organe der Abgabenbehörden tätig werden. Die von Organen der besonderen Organisationseinheiten gesetzten Amtshandlungen sind, sofern keine unmittelbare Beauftragung für den Einzelfall durch eine Abgaben- oder Finanzstrafbehörde erfolgt ist, jener Abgabenbehörde zuzurechnen, in deren Amtsbereich die Dienststelle des Organes eingerichtet ist (§ 9 Abs. 4 AVOG). Gemäß § 10b AVOG 2010 - DV wird die Finanzpolizei als besondere Organisationseinheit gemäß § 9 Abs. 3 AVOG eingerichtet. Die Zurechnung des Handelns der Organe der Finanzpolizei richtet sich nach § 9 Abs. 4 AVOG 2010 (§ 10b Abs. 3 AVOG 2010). Das Rechtsmittel der Finanzpolizei Team 42 des  Finanzamtes Braunau Ried Schädigung ist daher dem Finanzamt Braunau Ried Schädigung zurechenbar, eine Zurückweisung – wie von der mitbeteiligten Partei beantragt – daher nicht geboten.

 

6.5. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG auch im vorliegenden Fall zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog "Ungehorsamsdelikt"). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. etwa VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN). Die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt also ein Ungehorsamsdelikt dar, es genügt fahrlässige Tatbegehung und es ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzulegen, was für die Entlastung spricht (vgl. etwa VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Die mitbeteiligte Partei rechtfertigte sich dahingehend, dass mit Entscheidungen des UVS Oö. vom 22.3.2011 und 24.2.2011 das gegenständlich Gerät nicht als Glücksspielapparat eingestuft worden sei. Der Beschuldigte habe daher davon ausgehen können, dass es sich bei diesem Gerät um kein verbotenes Gerät handle und es könne somit kein Vorwurf einer Fahrlässigkeit gemacht werden. Dieser Einwand, welcher offensichtlich darauf abzielt, dass sich der Beschuldigte in einem Verbotsirrtum gemäß § 5 Abs. 2 VStG befunden habe, greift nicht: Es ist zwar richtig, dass in (älteren) Entscheidungen des UVS Oö. bei vergleichbaren Sachverhalten keine strafbaren Glücksspielapparate angenommen wurden, ein Verbotsirrtum nach § 5 Abs 2 VStG liegt aber nur dann vor, wenn dem Betroffenen die übertretene Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. VwGH 24.04.2006, 2005/09/0021). Sofern den Betroffenen auch nur ein geringes Verschulden (Fahrlässigkeit) an dem Rechtsirrtum trifft, scheidet dieser als Schuldausschließungsgrund aus (vgl. auch VwGH 10.02.1999, 98/09/0298). Aus dem Umstand, dass das Recht in verschiedenen Fällen von Verwaltungsbehörden oder Gerichten unterschiedlich angewendet wird, kann niemand ein Recht ableiten (VwGH 16.11.2011, 2011/17/0238). Jedenfalls seit der Entscheidung des VwGH vom 16.11.2011, 2011/17/0238, welche bereits vor dem tatgegenständlichen Zeitraum im Internet (RIS) veröffentlicht wurde (nämlich am 21.12.2011) kann sich der Beschuldigte aber nicht mehr auf den Schuldausschließungsgrund berufen (vgl. zudem die in dieser Entscheidung des VwGH angesprochenen weiteren Entscheidungen). Wie der VwGH ausgesprochen hat, ist gerade in Fällen, in denen die Möglichkeiten der Rechtsordnung im Wirtschaftsleben bis aufs Äußerste ausgenützt werden sollen, eine besondere Sorgfalt bei der Einholung von Auskünften über die Zulässigkeit einer beabsichtigten Tätigkeit an den Tag zu legen (vgl. VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195). Das Vorbringen der mitbeteiligten Partei, dass sie einem Rechtsirrtum erlegen sei, stellt somit unter Zugrundelegung der verwaltungsgerichtlichen Judikatur jedenfalls keine entsprechende Entlastung dar. Somit ist auch von der Erfüllung der subjektiven Tatseite auszugehen.

 

6.6. Zur Strafbemessung: Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, Zl. 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren erfolgt. Darüber hinaus normiert Abs. 2 leg. cit. für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbesondere Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB. Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen u.a. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB). Da die rechtsanwaltlich vertretene mitbeteiligte Partei weder in ihrer Rechtfertigung, noch in ihren Äußerungen oder in der mündlichen Verhandlung (an dieser nahm sie nicht teil) Angaben zu Einkommen und/oder Vermögen machte, geht das Verwaltungsgericht von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von Euro 1.200 bei fehlenden Sorgepflichten und keinem wesentlichen Vermögen aus. Wie bereits unter Punkt 6.5. näher ausgeführt, führt gegenständlich der Einwand des Rechtsirrtums zwar zu keiner Straffreiheit, jedoch ist dieser Umstand bei der Strafbemessung mildernd zu werten. Zu beachten ist auch, dass (erst) mit dieser Entscheidung, also mehr als eineinhalb Jahre nach Beendigung des strafbaren Verhaltens eine Strafe verhängt wird und ist diese (lange) Verfahrensdauer strafmildernd zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze erscheint dem erkennenden Gericht eine Geldstrafe von € 900 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 13 Stunden) als angemessen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder wäre die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger