LVwG-410276/10/HW/TK

Linz, 15.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde von x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 10.2.2014, AZ: S-27409/12-2,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die verhängte Strafe auf 550 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.       Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht zu leisten. Der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz beträgt 55 Euro.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 10.2.2014 der Landespolizeidirektion Oberösterreich (in der Folge kurz „belangte Behörde“) wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge kurz „Bf“) eine Geldstrafe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) wegen einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 Tatbild 3 GSpG in der Fassung BGBl. NR. 76/2011 mit der Begründung verhängt, dass der Bf wie am 25.4.2012, um 18:25 Uhr in x, im Lokal mit der Bezeichnung x von Organen des Finanzamtes Kirchdorf Berg Steyr anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden sei, als Einzelunternehmer und Lokalbetreiber verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht habe, in dem er das Glücksspielgerät mit der Gerätebezeichnung Musikbox, Seriennummer: 5134, FA-Versiegelungsplaketten Nr. 044963-044968, zumindest seit dem 5.1.2012 eingeschaltet und betriebsbereit gehalten habe, bei welchem wiederholt Glücksspiele in Form eines elektronischen Glücksrades durchgeführt worden seien und aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, weil die dafür erforderliche Konzession nicht vorgelegen sei.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des geführten Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe beantragt wird. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass vom Aufsteller versichert worden sei, dass es sich bei den Geräten um legale Spielgeräte handle. Dementsprechend seien auch Gebühren abgeführt worden. Vor diesem Hintergrund treffe den Bf, der nach wie vor der Meinung sei, dass die aufgestellten Geräte nicht der genannten Gesetzesbestimmung unterliegen würden, kein Verschulden und berufe sich dieser hilfsweise auf der Anwendbarkeit des § 21 VStG. Weiters wird in der Beschwerde darauf verwiesen, dass auch ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet und zwischenzeitlich eingestellt worden sei. Aus dem Beschluss des Landesgerichtes Linz seien die Gründe für die Einstellung ersichtlich. Danach widerspreche das Glücksspielgesetz unionsrechtlichen Bestimmungen. Aufgrund der unionsrechtswidrigen nationalen Bestimmungen könnten Glücksspielanbieter nicht bestraft werden.

 

3. Am 23.4.2014 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht statt. Im Zuge dieser Verhandlung erklärte der Vertreter des Beschwerdeführers (ergänzend bzw. konkretisierd), dass im Tatsachenbereich das vorgeworfene Verhalten nicht bestritten werde, jedoch die Strafbarkeit entfalle, weil Unionsrechtswidrigkeit vorliege und kein Vorsatz vorhanden sei. Im Übrigen verwies der Vertreter des Beschwerdeführers darauf, dass ein Tatsachengeständnis vorliege.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist österreichischer Staatsbürger und betrieb zumindest von 5.1.2012 bis 25.4.2012 das Lokal mit der Bezeichnung x in x. Bei einer von der Abgabenbehörde am 25.4.2012 im vom Bf betriebenen Lokal durchgeführten Kontrolle wurde ein Gerät mit der Gehäusebezeichnung Musikbox und der Seriennummer 5134 in einem öffentlich zugänglichen Bereich dieses Lokals betriebsbereit vorgefunden. Dieses Gerät befand sich seit zumindest 5.1.2012 im genannten Lokal und es wurden damit wiederholt Spiele in Form eines elektronischen Glücksrades durchgeführt. Für die mittels des Gerätes erfolgenden Ausspielungen lag weder eine Konzession des Bundesministers für Finanzen oder landesrechtliche Bewilligung vor, noch waren diese vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Die Aufstellung des Geräts wurde von x geduldet, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Das Gerät stand im Eigentum der x. Dem Bf wurde vom Aufsteller des Gerätes versichert, dass es sich um ein legales Gerät handelt. Der Bf war auch davon überzeugt, dass er das Gerät in seinem Lokal zugänglich machen durfte. Die konkrete Funktionsweise des Geräts, das über einen Banknoteneinzug verfügte, war wie folgt:

Nach der Eingabe von Geld in den Automaten verblieb je nach ausgewählter Vervielfachung ein bestimmter Geldbetrag im Gerät, der darüber hinausgehende Rest wurde sofort in Euro-Münzen ausgeworfen. Ein Betätigen der grünen Gerätetaste bewirkte eine Ausfolgung des zurückbehaltenen Restbetrages. Ein Drücken der roten Gerätetaste startete hingegen das Abspielen eines Musiktitels, wobei im Anschluss daran automatisch ein Beleuchtungsumlauf erfolgte, welcher mit einem zufälligen Stillstand auf einem der zahlreichen Felder am sich auf dem Gerät befindlichen glücksradähnlichen Lichtkranz endete, welches dann beleuchtet blieb. Blieb nach dem Beleuchtungsumlauf ein Betragsfeld markiert, konnte der am Betragsfeld angegebene Wert durch neuerliche Geldeingabe realisiert und die Auszahlung des angezeigten Wertes multipliziert mit dem gewählten Vervielfachungsfaktor bewirkt werden. Es bestand die Möglichkeit, einen Vervielfachungsfaktor von 1, 2 und 4 auszuwählen. Der in Aussicht gestellte Höchstgewinn errechnete sich aus dem höchsten Betrag der Zahlenfelder multipliziert mit dem gewählten Vervielfachungsfaktor. Den Spielern wurde keinerlei Möglichkeit geboten, bewusst Einfluss auf den Ausgang des Beleuchtungsumlaufs zu nehmen, sodass die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Das Glücksrad konnte nur durch Einsatz von zumindest 1 Euro in Betrieb genommen werden, es war nicht möglich als 8 Euro bei einem Einzelspiel einzusetzen.

 

Der Bf ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, besitzt kein relevantes Vermögen, hat keine Sorgepflichten und verfügt über ein Einkommen von ca. 1.100 netto monatlich.

 

5. Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei samt Beilagen. Aus der Anzeige ergeben sich insbesondere die Feststellungen zur durchgeführten Kontrolle samt Vorfinden des betriebsbereiten Geräts und zur der Funktionsweise des Geräts, die in der Anzeige beschreiben wird und die mit dem Lichtbild vom Automaten in Einklang gebracht werden kann. Weiters wird in der Anzeige angeführt, dass keine Konzession des Bundesministers für Finanzen oder landesrechtliche Bewilligung vorlag. Dass die Aufstellung des Geräts geduldet wurde, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen, ergibt sich bereits aus der Niederschrift über die Angaben des Bf („habe ich ... 50:50 ausgemacht“), wobei bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass auch tatsächlich das Gerät bespielt wurde (dies insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben des Bf, wonach für die Automaten Gebühren bezahlt wurden). Dass das Gerät der Firma x gehört, wird in der Anzeige so angegeben, und sprechen hierfür auch die Angaben des Bf in der Niederschrift und das vom Bf vorgelegte Schreiben des Steuerbüros x, in dem festgehalten wird, dass Automaten der genannten Firma gehören. Angesichts der vorgelegten Urkunden und der umfassenden Auskunft des Bf im Rahmen seiner Einvernahme durch die Finanzpolizei erscheint für das Landesverwaltungsgericht auch glaubhaft, dass – wie vom Bf vorgebracht – diesem vom Aufsteller versichert wurde, dass es sich um ein legales Gerät handelt.

 

Im Übrigen ist der festgestellte Sachverhalt im Wesentlichen bereits im angefochtenen Straferkenntnis enthalten und der Rechtsvertreter des Bf erklärte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass im Tatsachenbereich die Anzeige bzw. das vorgeworfene Verhalten nicht bestritten wird, wobei sich der Prüfungsumfang des Landesverwaltungsgerichts nach § 27 VwGVG richtet.

 

Dass der Bf verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem angefochtenen Straferkenntnis, die Feststellungen zu Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen bzw. Sorgepflichten wurden dem angefochtenen Straferkenntnis entnommen, wobei der Vertreter des Bf in der mündlichen Verhandlung angab, dass dies nicht bestritten werde.

 

6.1. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Der Prüfungsumfang des Landesverwaltungsgerichts richtet sich nach § 27 VwGVG.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in der gegenständlich anwendbaren Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer daran beteiligt. Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind. Ausspielungen sind nach § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glückspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn). Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

6.2. Unter Berücksichtigung der ständigen Judikatur des VwGH (vgl. etwa VwGH 28.6.2011, 2011/17/0068; 14.01.2014, 2013/17/0549 uva.) ist aufgrund des geschilderten Spielverlaufs davon auszugehen, dass das verfahrensgegenständliche Gerät verbotene Ausspielungen im Sinne des GSpG bot: Nach Eingabe von Geld kam es durch Drücken einer Taste zum Abspielen von Musik und zum Start des Lichtkranzlaufes, welcher dem Spieler die Chance eröffnete, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl einen Gewinn in weiterer Folge zu realisieren. Da der Spieler für den Start des Lichtglanzlaufes einen Einsatz zu leisten hatte, kam es bei den Geräten daher ausgehend vom festgestellten Sachverhalt zu verbotenen Ausspielungen, zumal den Gerätenutzern (Spielern) für einen Einsatz eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wurde und das Ergebnis vom Zufall anhing. Diese Ausspielungen wurden unternehmerisch zugänglich gemacht, in dem das Gerät im vom Bf betriebenen Lokal betriebsbereit aufgestellt war, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Da keine Konzession oder Bewilligung vorlag und die Ausspielung auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen war, handelt es sich – entgegen der Rechtfertigung des Bf – um eine gegen das GSpG verstoßende Ausspielung.

 

6.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG auch im vorliegenden Fall zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog "Ungehorsamsdelikt"). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. etwa VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN). Die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt also ein Ungehorsamsdelikt dar, es genügt fahrlässige Tatbegehung und es ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzulegen, was für die Entlastung spricht (vgl. etwa VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Der Bf rechtfertigte sich dahingehend, dass vom Aufsteller des Geräts versichert worden wäre, dass es sich um ein legales Spielgerat handeln würde und dementsprechend Gebühren abgeführt worden wären. Dieser Einwand, welcher offensichtlich darauf abzielt, dass sich der Bf in einem Verbotsirrtum gemäß § 5 Abs. 2 VStG befunden habe, greift nicht: Ein Verbotsirrtum nach § 5 Abs 2 VStG liegt nur dann vor, wenn dem Betroffenen die übertretene Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. VwGH 24.04.2006, 2005/09/0021). Sofern den Betroffenen auch nur ein geringes Verschulden (Fahrlässigkeit) an dem Rechtsirrtum trifft, scheidet dieser als Schuldausschließungsgrund aus (vgl. auch VwGH 10.02.1999, 98/09/0298).  Vom Bf wäre aber zu erwarten gewesen, dass er sich über die Sach- und Rechtslage bezüglich des Glücksspielgeräts ausreichend informiert, etwa bei den zuständigen Behörden Auskünfte einholt, und sich nicht allein auf die Auskunft des Aufstellers verlässt. Anzumerken ist auch, dass etwa bereits aufgrund der Entscheidung des VwGH vom 16.11.2011, 2011/17/0238, welche bereits vor dem gegenständlichen Tatzeitraum im Internet (RIS) veröffentlicht wurde (nämlich am 21.12.2011), eine VwGH Judikatur vorlag, nach der durch das Gerät eine verbotene Ausspielung ermöglicht werden. Ein die Strafbarkeit ausschließender Irrtum liegt daher nicht vor.  

 

6.4. Zum Vorbringen des Bf, wonach das das Glücksspielgesetz unionsrechtlichen Bestimmungen widerspreche, ist folgendes auszuführen: Der Bf verweist diesbezüglich auf eine Entscheidung des Landesgerichtes Linz (33 BL 63/13x), in welcher im Ergebnis argumentiert wird, dass § 168 StGB nicht anzuwenden sei, wenn eine Konzession oder Bewilligung aufgrund unionsrechtswidriger Bestimmungen des GSpG nicht erlangt werden konnte, und, dass aus der EuGH Entscheidung Engelmann folge, dass § 21 GSpG mit dem Unionsrecht unvereinbar sei, sodass für die Zeit bis zur Neuvergabe der Konzessionen § 168 StGB gegenüber jenen Anbietern, die bislang aufgrund unionsrechtswidriger Umstände von vornherein keine Konzession erlangen hätten können, unangewendet bleiben müsse. Der Bf führte ausdrücklich an, dass die Überlegungen des Landesgerichtes auch im verwaltungsbehördlichen Verfahren Anwendung finden würden und verwies ausdrücklich auf die Rechtssache Engelmann.

 

Hierzu ist auszuführen, dass sich der VwGH bereits in seinem Erkenntnis vom 28.6.2011, 2011/17/0068, ausführlich mit der Judikatur des EuGH, insbesondere mit dem Urteil vom 9.9.2010, Rs C64/08, in der Rechtssache Engelmann beschäftigte. In diesem Erkenntnis führt der VwGH aus: „Zutreffend ist, dass der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache Engelmann vom 9. September 2010, Rs C-64/08, Bestimmungen eines Mitgliedstaats, die dem Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken ausschließlich Wirtschaftsteilnehmern mit Sitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates vorbehalten, als unionsrechtswidrig erkannt hat. Weiters hat der EuGH in dem genannten Urteil klargestellt, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Art. 43 EG und 49 EG (nunmehr Art. 49 AEUV bzw. Art. 56 AEUV) sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergebe, einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates entgegenstehe, die ohne Ausschreibung erfolge. Der EuGH hat weiters in der jüngsten Rechtsprechung zur Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit auf dem Gebiet des Glücksspiels und der Wetten deutlich gemacht, dass die ordnungspolitischen Ziele, die die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung der Beschränkung der Grundfreiheiten verfolgen, in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden müssten. Es ist weiters zutreffend, dass sich aus den genannten Urteilen des EuGH für die österreichische Rechtslage insofern eine in der Vergangenheit gegebene Nichtübereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht ergibt, soweit die Vergabe der Konzessionen nach dem Glücksspielgesetz nicht auf Grund einer vom EuGH geforderten öffentlichen Ausschreibung erfolgt ist (vgl. Randnr. 16 des Urteiles vom 8. September 2010, Rs C-64/08, Engelmann). Aus der jüngeren Rechtsprechung des EuGH ist jedoch nicht abzuleiten, dass die Mitgliedstaaten bei Verfolgung der vom EuGH für die Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit anerkannten Zielsetzungen nicht Vorschriften wie etwa das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform und Kapitalausstattung vorsehen könnten. [...] Eine Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften besteht nach der Rechtsprechung des EuGH (nur) für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. Der Umstand, dass bestimmte Konzessionsvoraussetzungen nicht von der vom EuGH konstatierten Unionsrechtswidrigkeit betroffen sind, führt [...] nicht etwa dazu, dass sich jedermann erfolgreich auf die Nichtanwendung der unionsrechtswidrigen Bestimmungen berufen könnte. Die belangte Behörde hat vielmehr zutreffend ihre Rechtsauffassung, dass auch aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht folge, dass die angewendeten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes den beschwerdeführenden Parteien gegenüber unangewendet zu bleiben hätten, darauf gestützt, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch die Zweitbeschwerdeführerin nicht in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisiert sind. Die von den beschwerdeführenden Parteien behauptete unionsrechtswidrige Nichtzulassung im Verfahren zur Vergabe der Konzessionen beruhte jedenfalls nicht allein auf den als gemeinschaftsrechtswidrig erkannten Bestimmungen der österreichischen Rechtslage bzw. der Vorgangsweise der Behörden bei der Konzessionsvergabe. Die vom EuGH in dem von den beschwerdeführenden Parteien genannten Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C- 410/07, x u.a., Rn 115, genannte Rechtsfolge, dass ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen dürfe, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt habe, greift im vorliegenden Fall somit nicht. Im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung liegt die Voraussetzung, dass die juristische Person ‚unter Verstoß gegen das Unionsrecht‘ davon abgehalten worden wäre, eine Konzession zu erlangen, nicht vor.“

 

Ähnlich sind auch die Ausführungen des VwGH in der Entscheidung vom 7.10.2013, 2013/17/0274. In diesem Verfahren wurde die dort Beschuldigte „als zur Vertretung nach außen befugtes Organ einer englischen Private Limited Company by Shares (Ltd.) wegen Übertretung des GSpG bestraft.“ Begründend führte das Höchstgericht dazu aus: „Auch wenn es sich bei dieser Gesellschaft um eine juristische Person mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsform der englischen Limited mit der österreichischen GmbH vergleichbar ist. Da im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet wurde, dass die englische Gesellschaft über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat verfüge, kann in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die englische Gesellschaft könne schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen, weil sie nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-64/08, Engelmann, grundsätzlich zulässige Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfülle und deswegen eine Unionsrechtswidrigkeit nicht gegeben sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkannt werden“.

 

Der OGH (4 Ob 222/13w) führte jüngst im Hinblick auf eine mögliche Unionsrechtswidrigkeit aus: „Sollte das Sitzerfordernis [...] tatsächlich unionsrechtswidrig sein [...], wäre es im Verfahren zur Erteilung der Konzession nicht anzuwenden. Damit wären Unternehmen aus einem anderen Unionsstaat inländischen gleichgestellt. [...] Andere Gründe für die Unionsrechtswidrigkeit des nun geltenden Konzessionssystems macht der Revisionsrekurs nicht konkret geltend; auch der Verwaltungsgerichtshof hat keine solchen erkannt [...]. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen ebenfalls nicht [...].“

 

Bei Anwendung der Grundsätze aus der wiedergebenden Rechtsprechung des VwGH ergeben sich daher schon angesichts des Umstandes, dass der Bf eine natürliche Person ist (zulässige Rechtsform- und Kapitalerfordernisse werden daher nicht erfüllt), aus dem Beschwerdevorbringen (vgl. § 27 VwGVG) bzw. dem darin enthaltenen Verweis auf die Rechtssache Engelmann und den Beschluss des Landesgerichtes Linz keine hinreichenden Bedenken im Hinblick auf eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit, die zur Einstellung des Strafverfahrens führen müsste. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich nach der Judikatur des VwGH der Bf auch auf keinen Sachverhalt beruft, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046).

 

Zum in der Beschwerde des Bf gemachten Vorbringen, wonach die in der Entscheidung des Landesgerichtes Linz angestellten Überlegungen auch im gegenständlichen Verfahren Anwendung finden müssten, ist zudem auszuführen, dass  – wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 16.11.2011, 2011/17/0238 ausführt –, aus dem Umstand, dass das Recht in verschiedenen Fällen von Verwaltungsbehörden oder Gerichten unterschiedlich angewendet wird, niemand ein Recht ableiten kann.

 

6.5. In der Schuldfrage war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

 

6.6. Zur Strafbemessung: Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, Zl. 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Der Vertreter des Bf gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die im angefochtenen Bescheid angenommenen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse  nicht bestritten werden, sodass diese auch vom Landesverwaltungsgericht der Bemessung der Strafe zu Grunde gelegt werden. Mit Recht wertete die belangte Behörde die Unbescholtenheit als mildernd. Wie bereits unter Punkt 6.3. näher ausgeführt, führt gegenständlich der Einwand des Rechtsirrtums zwar zu keiner Straffreiheit, jedoch kommt als Milderungsgrund in Betracht, wenn der Täter die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungsgrund oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen (vgl. UVS Oö. VwSen-360119/11/WEI/Ba mwN). Mildernd zu berücksichtigten ist vor allem, dass der Bf durch seine Aussage (vor der Finanzpolizei) wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (vgl. § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB), wobei der Bf – wie sich auch aus der Klarstellung seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung ergibt – diesen Sachverhalt (auch nachträglich) nicht bestritt. Aufgrund der Aussage des Bf konnte insbesondere der Tatzeitraum ermittelt werden (aufgrund der Kontrolle allein wäre lediglich ein allfälliger Verstoß im Kotrollzeitpunkt feststellbar). Zudem gab der Bf auch Auskunft über weitere Beteiligte und die Abrechnungsmodalitäten. In Ergänzung zu den Strafzumessungserwägungen der belangten Behörde ist daher – wie § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB zeigt – die Aussage des Bf, die wesentlich zur Wahrheitsfindung betrug, mildernd zu berücksichtigen. Gerade im Bereich des Glücksspiels ist – wie nicht zuletzt auch die Regelung des § 50 Abs. 4 GSpG zeigt – die Mitwirkung von Beteiligten an der Sachverhaltsfeststellung von entscheidender Bedeutung, um Straftaten aufklären zu können und sind daher Aussagen von Beteiligten, die (wesentlich) zur Wahrheitsfindung beitragen, von besonderer Bedeutung. Hinzu kommt, dass die erstinstanzliche Entscheidung erst mehr als eineinhalb Jahre nach Beendigung des strafbaren Verhaltens (und erfolgter Anzeige) erging und es ist diese (lange) Verfahrensdauer strafmildernd zu berücksichtigen. Unter Beachtung der dargelegten Grundsätze erscheint bei Abwägung der konkreten Umstände des vorliegenden Falls, insbesondere der Tat und der Bedeutung des bereits im Straferkenntnis der belangten Behörde angeführten strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, dem erkennenden Verwaltungsgericht eine Geldstrafe von € 550 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden) als angemessen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war. Das Erkenntnis weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder wäre die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen. Die Strafbemessung war im Übrigen anhand der konkreten Umstände des vorliegenden Sachverhalts vorzunehmen, sodass dieser keine Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinaus zukommt. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger