LVwG-600190/2/Sch/KR

Linz, 30.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des X, X, X, X, vom 23. Jänner 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20. Jänner 2014, VerkR96-3395-2013, betreffend Übertretung der StVO 1960,   

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4
B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat Herrn X im angefochtenen Straferkenntnis vom 20. Jänner 2014, VerkR96-3395-2013, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960  vorgeworfen und gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 100 Stunden, verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

Sie haben am 30.09.2013 gegen 05:45 Uhr den PKW der Marke Opel, Type X, polizeiliches Kennzeichen X, im Gemeindegebiet von X auf dem Firmenparkplatz der Firma X, X, gelenkt, wobei Ihr Verhalten am Unfallsort mit dem abgestellten PKW X mit einem Verkehrsunfall, bei dem fremder Sachschaden entstand, in einem ursächlichen Zusammenhang stand und Sie es unterließen, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten unterblieben ist.

 

Begründend stützte die belangte Behörde den Schuldspruch im Wesentlichen auf die Meldung des Verkehrsunfalles durch die Polizeiinspektion Bad Hall vom
6. Oktober 2013.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde. Die Beschwerde wurde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs.2 VwGVG entfallen.

Gemäß § 2 VwGVG hat die Entscheidung durch einen Einzelrichter zu erfolgen.

 

3. Nach dem Akteninhalt wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, dass sein Beifahrer beim Öffnen der rechten Fahrzeugtüre hiemit an ein abgestelltes Fahrzeug stieß und dieses dabei beschädigte. Weder der Beschwerdeführer noch diese Person haben den Vorgang ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle gemeldet.

Vom Beschwerdeführer wird eingewendet, dass der Beifahrer beim Aussteigen insofern vorsichtig vorgegangen sei, als er die von ihm geöffnete Tür mit einer Hand sicherte, um damit ein Anstoßen an das in seitlicher Nähe befindliche andere Fahrzeug zu verhindern. Gegenüber dem einschreitenden Polizeiorgan – die Besitzerin des zweiten Fahrzeuges hatte fünf Tage später die Polizei verständigt – hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er nichts wahrgenommen habe, was auf den Kontakt der beiden Fahrzeuge hätte schließen lassen können. Auch der Beifahrer gab an, es sei zu keiner Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen.

Die schon erwähnte Fahrzeugbesitzerin stellte, nachdem sie zu ihrem Fahrzeug zurückgekehrt war, den Beschwerdeführer, einen Arbeitskollegen, diesbezüglich zur Rede. Dieses Gespräch dürfte allerdings kein für diese Person befriedigendes Ergebnis gezeitigt haben, jedenfalls hat sie dann den Vorfall am 4.10.2013 (Vorfallstag 30.9.2013) bei der Polizei angezeigt. Am selben Tag erfolgte die Besichtigung der Fahrzeuge durch eine Polizeibeamtin, die hievon auch Lichtbilder anfertigte.

 

4. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH v. 20.9.1976, 5535/76) ist das Vorliegen mindestens eines Sachschadens Tatbestandsvoraussetzung für eine Verletzung der Pflichten nach § 4 StVO 1960.

Es muss also nach der Beweislage hinreichend erwiesen sein, dass an einer fremden Sache durch das ursächliche Verhalten eines Unfallbeteiligten ein Sachschaden entstanden ist.

Von der Zulassungsbesitzerin des abgestellten Fahrzeuges wurde vorgebracht, dass an ihrem PKW eine Delle hinter der Fahrertüre offenkundig durch den oben geschilderten Anstoß, den sie nicht selbst wahrgenommen hatte, entstanden sei. Die im Akt befindlichen Lichtbilder lassen auch bei genauester Betrachtung keine Beschädigungen erkennen, auf Grund der übrigen Aktenlage kann aber davon ausgegangen werden, dass ein solcher Schaden am Fahrzeug der Genannten vorlag. Allerdings stellt sich hier das Problem der Zuordnung dieses Schadens zu einer in Frage kommenden Stelle am Fahrzeug des Beschwerdeführers. Auf den von der einschreitenden Polizeibeamtin angefertigten Lichtbildern ist zu einem erkennbar, dass die Beschädigung am abgestellten PKW sich in einer Höhe von etwa 90 cm (Bild Nr. 4) befinden dürfte, aus Lichtbild Nr. 3 lässt sich ableiten, dass die mögliche Kontaktstelle am Fahrzeug des Beschwerdeführers sich etwa in einer Höhe von 60 cm oder geringfügig mehr befunden haben dürfte. Diese Höhendifferenz spricht gegen einen mit der möglichen Anstoßstelle des Fahrzeuges des Beschwerdeführers korrespondierenden Schaden am abgestellten Fahrzeug.

Während diese Fahrzeugbesitzerin angab, dass an ihrem Fahrzeug auch ein blauer Lackabrieb zurückgeblieben sei, stellte die Polizeibeamtin bei ihrer Besichtigung fest, dass solche nicht vorhanden waren. Dem Akt kann nicht entnommen werden, wie diese Lackspuren, sollten sie vorhanden gewesen sein, bis zur Besichtigung durch die Polizeibeamtin verschwinden konnten.

 

Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestehen somit erhebliche Zweifel daran, dass der von der Fahrzeugbesitzerin festgestellte Schaden mit einem Verhalten des Beschwerdeführers ursächlich in Zusammenhang gebracht werden kann. Auch wenn die Genannte – mit großer Wahrscheinlichkeit im guten Glauben – davon ausging, dass der Schaden vorher noch nicht vorhanden war, kann damit die Widersprüchlichkeit des Schadensbildes bzw. die offenkundig mangelnde Schadenskorrespondenz nicht ersetzt werden. Nicht ganz nachvollziehbar ist auch die Tatsache, dass der Schaden von ihr erst am 5. Tag nach dem Vorfall angezeigt wurde. Schließlich blieb auch die Frage offen, was es mit den verschwundenen blauen Lackspuren auf sich hatte.

 

Es wird nicht davon ausgegangen, dass diese im verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren – offenkundig auf Grund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer auf die Aufforderung zur Rechtfertigung nicht reagierte – unterbliebenen Beweisaufnahmen noch im Beschwerdeverfahren mit der Aussicht nachgeholt werden könnten, dass damit die Entscheidung der Behörde gestützt werden könnte. Somit war der Beschwerde Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren unter Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ zur Einstellung zu bringen.  

 

 

Zu II.:

Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 52 Abs.9 VwGVG die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Artikel 133 Abs.6 Z1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

S c h ö n