LVwG-600264/8/KLE/SA

Linz, 19.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des C R, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12.3.2014, VerkR96-5031-2013-STU, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Beiträge zu den Kosten des Verfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12.3.2014, VerkR96-5031-2013-STU, wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 11 Abs. 1 iVm 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 80 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 37 Stunden verhängt, sowie einen Verfahrenskostenbeitrag von gesamt 10 Euro auferlegt, weil er am 16.10.2013 um 18:25 Uhr in der Gemeinde Puchenau, Landesstraße Freiland, Nr. B127 bei km 6.400 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X, PKW, Peugeot X, den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch den Beschwerdeführer, mit Schriftsatz vom 27.3.2014, eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Platz zum ordnungsgemäßen Einordnen sicher ausreichend gewesen sei. Er sei ständig rechts blinkend auf dem linken Fahrstreifen über eine Strecke von ca. 150 m schräg vor besagtem Fahrzeug gefahren. Die Geschwindigkeit habe nicht 40-50 km/h betragen, da stop-and-go Verkehr geherrscht habe. Er sei mit seinem Fahrzeug mindestens 5 mal schräg vor dem besagtem Fahrzeug gefahren. Es sei zu keiner Gefährdung bzw. Berührung der Fahrzeuge gekommen. Zum „Schlangeln“ führe er aus, dass, wenn er ca. 10 sek. gehupt, mit der Lichthupe auf und abgeblendet sowie mit dem Armen im Auto gewinkt hätte, sicher auch sein Fahrzeug zu „Schlangeln“ begonnen hätte. Er verstehe nicht, warum seine Aussagen weniger glaubhaft wären. Am 13.11.2013 habe die Frau angegeben, dass sie ca. 40-50 km/h gefahren sei, am 20.1.2014 habe sie gesagt, dass sie sehr langsam gefahren sei. Dies sei ein großer Unterschied. Er besitze seit 22.8.1989 einen Führerschein und es sei gegen ihn noch nie eine Lenkererhebung oder eine gravierende Strafe verhängt worden.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Beschwerdeführer (Bf) und die Zeugin B E (EL) teilnahmen.

 

Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Am 16.10.2013, um 18:25 Uhr, fuhren der Bf (linker Fahrstreifen) und die EL (rechter Fahrstreifen) auf der B127 bei 6.400 km in der Gemeinde Puchenau mit ihren Fahrzeugen Richtung Ottensheim. Nach den Angaben des Bf herrschte stop-and-go-Verkehr bzw. eine Fahrtgeschwindigkeit von maximal 10 km/h. Er sei bis zum Einordnen (Bereich bei dem sich die beiden Fahrstreifen zu einem verengen) 4 bis 5 Mal zum Stehen gekommen. Vor ihm habe sich kein Fahrzeug befunden. Er habe über eine Länge von 150 m rechts geblinkt, um anzuzeigen, dass er sich einordnen wolle. Er habe sich beim Einordnen davon überzeugt, ob er sich ohne einen Verkehrsteilnehmer zu gefährden oder zu behindern, einordnen könne.

Demgegenüber steht die Aussage der Zeugin EL, es habe zähflüssiger Verkehr mit einer Geschwindigkeit von ca. 50-55 km/h geherrscht. Sie habe ein schräg vor ihr fahrendes Auto nach dem Reißverschlusssystem einordnen lassen und sei diesem mit dem nötigen Abstand gefolgt. Plötzlich sei ein Fahrzeug neben ihr gewesen (ca. eine halbe Autolänge hinter ihr), dies habe sie aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Als der Fahrstreifen des Bf sich verengte, habe dieser plötzlich Gas gegeben und sie überholt, und „weggedrängt“. Sie habe sich geschreckt, sehr stark gebremst, ihr Fahrzeug nach rechts verrissen, sodass es „schlangelte“ und sei an den Randstein gefahren. Sie konnte nicht angeben, ob der Bf geblinkt hatte bzw. ob er nach dem Einordnen gebremst hatte. Danach habe sie gehupt.

 

Die EL gab in der Privatanzeige, die erst am 13.11.2013 bei der PI Ottensheim, knapp einen Monat nach der Tat, erstattet wurde an, dass sie mit einer Geschwindigkeit von ca. 40-50 km/h gefahren sei. In ihrer Niederschrift vor der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung am 20.1.2014 gab sie an, dass sie sehr langsam fuhr, jedoch der Verkehr nicht stockte. Die Angabe, dass sie an den Randstein gefahren sei, wurde erstmalig in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht gemacht. Aufgrund der nicht einheitlichen Angaben und dem Umstand, dass die EL angab, dass sie zum vorausfahrenden Fahrzeug den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten hat, ist davon auszugehen, dass ausreichend Platz zum Einordnen des Bf gegeben war. Ob sich der Bf vor dem Wechseln des Fahrstreifens davon überzeugt hat, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war, ist nicht mehr mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellbar.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 11 Abs. 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Die Pflicht, sich von der Gefahrlosigkeit des beabsichtigten Fahrstreifenwechselns zu überzeugen, besteht unabhängig davon, ob sich die bei Bedachtnahme auf alle gegebenen Möglichkeiten in Betracht kommenden Verkehrsteilnehmer ihrerseits richtig verhalten oder nicht (OGH 9. 3. 1977, 8 Ob 7/77).

 

Das strafbare Verhalten besteht in der Unterlassung des Lenkers, sich davon zu überzeugen, dass die Änderung der Fahrtrichtung oder der Wechsel des Fahrstreifens ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, wobei zum Tatbild nicht gehört, dass eine Gefährdung anderer Straßenbenützer erfolgt ist (VwGH 25. 1. 2005, 2001/02/015).

 

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar, ob sich der Bf nicht davon überzeugt hat, ob er durch den Fahrstreifenwechsel andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert.

 

Das Verwaltungsverfahren war daher nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer