LVwG-300261/12/GS/TK/JW

Linz, 26.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn x, geb. x, x, vom 24.2.2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 28.1.2014, GZ. SV96-57-2013/La, wegen Übertretung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)  wird der Beschwerde insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe gemäß § 71 Abs. 2 AlVG  auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 26 Stunden herabgesetzt wird.

 

 

II.       Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 50 Euro. Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen  Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. 1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 28.1.2014, GZ. SV96-57-2013/La, wurde über den Beschwerdeführer(Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 71 Abs. 2 AlVG eine Geldstrafe von 700 Euro- falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden- verhängt:

„Sie haben am 3.4. und 4.4., jeweils von 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr und am 5.4.2013 von 8.30 Uhr bis ca. 18.00 Uhr vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen, ohne dazu berechtigt zu sein. Sie wurden bei der Baustelle x in x bei Außenfassadenarbeiten am Kontrolltag, dem 5.4.2012 gegen 13.25 Uhr durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels betreten.“

Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, dass sich der Sachverhalt aus der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 8.5.2013 ergebe. Das Finanzamt habe in der Anzeige mitgeteilt, dass Herr x gemeinsam mit Herrn x auf der Baustelle des x in x bei Außenfassadenarbeiten betreten worden wäre. In der mit Herrn x aufgenommenen Niederschrift habe dieser angegeben, dass er seit Anfang Dezember arbeitslos sei. Er habe seine Tätigkeit hier auf der Baustelle nicht beim AMS gemeldet. Eine schriftliche Vereinbarung über die Arbeiten auf der Baustelle gebe es nicht. Vereinbart wäre gewesen, dass wir die gesamte Außenfassade machen. In einer persönlichen Vorsprache am 24.6.2013 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er davon ausgegangen sei, dass nur eine Beschäftigung mit Bezahlung zu melden sei. Mit Schreiben vom 31.7.2013 habe das Finanzamt Grieskirchen Wels u.a. dahingehend Stellung genommen, dass das Geld für die Arbeiten vom Bauherrn zwar an Herrn x ausbezahlt werde bzw. worden wäre, da die beiden jedoch zusammengearbeitet hätten, sei davon auszugehen, dass Herr x das Geld von Herrn x erhalten habe bzw. erhalte. Der Bauherr x habe niederschriftlich angegeben, dass er Herrn x und Herrn x bereits seit Dezember 2012 auf seiner Baustelle beschäftigt habe. Im Dezember 2012 wären die Platten für die Außenfassade geklebt worden. Für das Kleben der Platten wären bereits ca. 3.000 Euro bar an Herrn x ausbezahlt worden. Mündlich wäre mit Herrn x vereinbart worden, dass 16 bis 17 Euro pro für die weiteren Arbeiten von Herrn x bezahlt werden würden. Beweiswürdigend werde festgehalten, dass aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes, deren Organe den Bf am 5.4.2013 bei Außenfassadenarbeiten am Wohnhaus der Familie x betreten hätten, von einer Übertretung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ausgegangen werde, da die Beschäftigung des Bf weder im Dezember 2012 noch im April 2013 vor Beginn der Tätigkeit beim AMS gemeldet worden wäre.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde des Bf vom 24.2.2014 mit dem Einwand, dass der Bf die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Richtig sei, dass er auf der Baustelle x tätig gewesen wäre. Da er jedoch weder von Herrn x noch von Herrn x für seine Tätigkeit ein Entgelt für seine Leistungen erhalten habe, gehe der Vorwurf einer unberechtigten Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ins Leere. Ebenso wäre eine Meldung gemäß § 50 AlVG nicht erforderlich, da seinerseits keine entgeltliche Tätigkeit aufgenommen worden wäre. Zu dieser Erkenntnis wäre auch das Bezirksgericht Wels gelangt, weshalb auch im Strafverfahren ein Freispruch erfolgt sei. Da er für seine Arbeiten kein Entgelt erhalten habe und dies im Übrigen auch durch die Aussagen des Herrn x und x nicht anders dargestellt worden wäre, wäre bei entsprechender Beweiswürdigung das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen gewesen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in der Folge am 17.4.2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

I.4. Auf Grund dieser Verhandlung steht folgender Sachverhalt  fest:

 

Der Bf hat am 3.4.2013, am 4.4.2013 und am 5.4.2013 auf der Baustelle des Einfamilienhauses x in x, gearbeitet. Er hat Herrn x bei Außenfassadenarbeiten (netzen und reiben der Außenfassade) am x geholfen.

Herr x hat den Bf am 2.4.2014 telefonisch gefragt, ob er ihm auf der Baustelle x bei Außenfassadenarbeiten helfen kann.

Schriftliche Vereinbarungen bzgl. dieser Tätigkeit liegen nicht vor. Entgeltvereinbarungen zwischen dem Bf und Herrn x wurden nicht getroffen. An den genannten drei Tagen im April 2013 ist der Bf von Herrn x mit dessen Auto auf die Baustelle mitgenommen worden.

Der Bf hat seine Tätigkeit auf der Baustelle „x“ in der genannten Zeit nicht dem AMS angezeigt, obwohl er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog. Der Bf war seit Dezember 2012 beim AMS als arbeitslos gemeldet. Der Versicherungsdatenauszug des Bfvom 5.4.2013 weist einen Arbeitslosengeldbezug vom 7.12.2012 bis laufend aus.

 

II. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen im Sachverhalt gründen sich auf die Aussagen des Bf und des Zeugen x in der mündlichen Verhandlung am 17.4.2014. Der Bf  bestritt die genannte Tätigkeit an den festgestellten Tagen auf der Baustelle nicht. Unbestritten blieb weiters, dass der Bf von Herrn x angesprochen wurde, ob er ihm auf der Baustelle des x helfen kann. Ebenfalls unstrittig ist, dass der Bf von Herrn x mit dessen Privatauto auf die Baustelle mitgenommen wurde.

Der Bf verantwortet sich dahingehend, dass er seine Tätigkeit nicht beim AMS gemeldet hat dahingehend, dass es ein Freundschaftssdienst an seinem Kollegen Herrn x gewesen wäre und er dafür kein Entgelt erhalten habe. Dieser Einwand ist jedoch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung abzuhandeln.

 

Der Zeuge x schilderte in der mündlichen Verhandlung am 17.4.2014 glaubhaft und nachvollziehbar, dass ihn Herr x Anfang Dezember 2012 kontaktiert hat, dass die Außenfassade noch im Dezember 2012 geklebt werden muss. Da das Haus eine gewisse Größe aufweist, war es Herrn x unmöglich rechtzeitig mit den Klebearbeiten fertig zu werden. Aus diesem Grund hat Herr x Herrn x kontaktiert und ihn gefragt, ob er ihm dabei helfen kann. Bezüglich einer allfälligen Entlohnungsvereinbarung gab der Zeuge wortwörtlich zu Protokoll: „Wir haben nichts vereinbart bzgl. einer Entlohnung, ich hätte ihn aber sicher etwas- einen Betrag- gegeben, wenn die Arbeiten fertiggestellt worden wären.“ Über nochmaliges Nachfragen des Bf zu dieser Antwort, bekräftigte der Zeuge abermals: „Ich hätte ihm sicher ein Geld gegeben, auch wenn er es nicht genommen hätte. Wir haben schon vorher mehrere Jahre zusammengearbeitet. Dies jedoch immer im Rahmen einer Firma.“

Aus diesen Aussagen des Zeugen ist belegt, dass der Bf tatsächlich kein Entgelt erhalten hat. Obwohl keine Vereinbarung über das Entgelt zwischen dem Bf und Herrn x getroffen wurde, war für Herrn x jedoch klar, dass der Bf nach Abschluss der Arbeiten ein entsprechendes Entgelt erhalten sollte.

 

Hinsichtlich der Dienstgeberschaft des Herrn x ist darauf hinzuweisen, dass der Zeuge angegeben hat, mit dem Bauherrn x einen Preis pro für die Fassadenarbeiten ausgehandelt hat. Der Ansprechpartner von Herrn x war laut der zeugenschaftlichen Aussage immer nur Herr x. Wortwörtlich gab der Zeuge weiters glaubhaft und nachvollziehbar an: „Es war in dem Sinn Schwarzarbeit, was ich gemacht habe.“

 

Aufgrund der niederschriftlichen Aussagen des Bf und des Zeugen x steht somit fest, dass der Bf vom 3.4.2013 bis 5.3.2013 mit Fassadenarbeiten auf der genannten Baustelle beschäftigt war, ohne diese Tätigkeit beim AMS zu melden. Ob die Einwände des Freundschaftsdienstes und der nicht erfolgten Entlohnung verwaltungsstrafrechtlich von Bedeutung sind, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung abzuhandeln.

 

 

 

 

 

III. Rechtslage:

 

Gemäß § 50 Abs. 1 AIVG ist derjenige, der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs.3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

 

Gemäß § 71 Abs.2 AIVG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

Gemäß § 12 Abs.3 leg.cit. gelten insbesondere nicht als arbeitslos im Sinne des Abs.1 und 2:

a) wer in einem Dienstverhältnis steht;

b) wer selbständig erwerbstätig ist;

c) wer ein Urlaubsentgelt nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972, BGBl. Nr. 414, in der jeweils geltenden Fassung bezieht, in der Zeit, für die das Urlaubsentgelt gebührt;

d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten, der Lebensgefährtin, eines Elternteils oder eines Kindes tätig ist;

e) wer eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in anderer Weise angehalten wird;

f) wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne dass ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;

g) ein Lehrbeauftragter in den Semester- und Sommerferien;

h) wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs.2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens 1 Monat gelegen ist.

Gemäß § 25 Abs.2 leg.cit. gilt, wenn ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs.3 lit. a, b oder d durch öffentliche Organe, insbesondere Organe von Behörden oder Sozialversicherungsträgern oder Exekutivorgane, betreten wird, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50), die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist.

 

V. Rechtliche Erwägungen:

 

Der nach § 71 Abs. 2 sanktionierte Sachverhalt wird u.a. verwirklicht, wenn jemand, der zunächst arbeitslos und zum Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung berechtigt war, diesen Statuts verloren hat.

 

Wenn ein Empfänger von Arbeitslosengeld von einem öffentlichen Organ bei Tätigkeiten gemäß § 25 Abs. 2 AlVG angetroffen wird, kann dem Vorhalt der Nichtanzeige dieser Tätigkeit die Geringfügigkeit der Entlohnung nicht entgegengehalten werden. Die gesetzliche Vermutung des § 25 Abs. 2 1. Satz AlVG setzt aber voraus, dass der Empfänger von Arbeitslosengeld bei einer Tätigkeit als Dienstnehmer (oder als selbständig Erwerbstätiger oder als im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder Tätiger), angetroffen wird. Gesetzlich fingiert wird nur die Höhe der Entlohnung, nicht aber, dass es sich bei der beanstandeten Tätigkeit um eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 25 AlVG handelt.

§ 25 Abs. 2 AlVG verweist auf eine „Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d“. In Betracht kommt im vorliegenden Fall, dass der Bf im Zeitpunkt der Betretung in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. a AlVG stand. Ungeachtet dessen, dass § 12 Abs. 3 lit. a AlVG nicht auf das Bestehen der Vollversicherungspflicht, sondern auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses abstellt, ist zu Folge der Bestimmung des § 12 Abs. 6 lit. a AlVG der Begriff des nicht geringfügigen entlohnten Dienstverhältnisses, der sich aus den genannten Bestimmungen des § 12 AlVG in ihrem Zusammenhang ergibt, ident mit dem des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), an welches § 1 Abs. 1 lit. a iVm mit Abs. 4 AlVG für die Arbeitslosenversicherungspflicht anknöpft.

§ 25 Abs. 2 ASVG stellt daher mit seinem Verweis auf § 12 Abs. 3 lit. a AlVG auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ab, wenngleich im Fall der Betretung bei einer solchen Tätigkeit die Geringfügigkeit der Beschäftigung nicht eingewendet werden kann (vgl. VwGH vom 14.11.2012, Zl. 2010/08/0033).

 

Da kein Bescheid der Oö. Gebietskrankenkasse über die Versicherungspflicht des Bf in der verfahrensgegenständlichen Zeit hinsichtlich der gegenständlichen Tätigkeit vorliegt, wird die Vorfrage der Versicherungspflicht vom Oö. LVwG zu beurteilen sein.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)Verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistung Dritter anstelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs.l Z3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Bei einer Verwendung für einfache Tätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum erlaubten und typischerweise den Inhalt eines Dienstverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildeten, kann in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte vom Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses vorausgesetzt und von einer der Meldepflicht nach ASVG unterworfenen Beschäftigung ausgegangen werden.

 (vgl. auch VwGH Zl. 2010/08/0239).

 

Gemäß § 539 a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

Herr x erhielt vom Bauherrn mündlich den Auftrag für die gesamten Fassadenarbeiten am Einfamilienhaus x. Auch die finanzielle Abgeltung des Auftrages wurde zwischen Herrn x und dem Bauherrn vereinbart. Da Herr x den Auftrag jedoch aufgrund der Zeitvorgabe durch den Bauherren und der Größe des Bauvorhabens nicht alleine ausführen konnte, kontaktierte er den Bf, ihm bei der Ausführung des von ihm übernommenen Auftrages als Hilfsarbeiter zur Seite zu stehen. Herr x ist somit als Dienstgeber des Bf anzusehen.

Bei den gegenständlichen Fassadenarbeiten des Bf ist von einfachen, im unmittelbaren betrieblichen Arbeitsablauf zu besorgende Tätigkeiten auszugehen, die üblicherweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Der Bf gelangte  auch mit dem Herrn x in dessen Auto zur Baustelle. Der Bf verrichtete Fassadenarbeiten als Hilfsarbeiter des Herrn x. Herr x hatte den Bf als seinen Hilfsarbeiter aquiriert, da er auf Grund der Größe des Auftrages diesen allein nicht fristgerecht fertigstellen hätte können.

Es ist somit vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs.2 ASVG auszugehen.

Atypische Umstände, die einer solchen Beurteilung entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich.

Für den verfahrensgegenständlichen Fall ist es nämlich nicht relevant, ob der Bf die Fassadenhilfsarbeiten unentgeltlich ausgeübt hat, da sich der Anspruch des Dienstnehmers auf Entgelt aus § 44 iVm mit § 49 ASVG ableiten lässt und somit im gegenständlichen Fall von einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen ist.

Nach § 49 ASVG sind nämlich unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer Anspruch hat.... Nach dieser gesetzlichen Bestimmung genügt somit der bloße Anspruch auf Entgelt.

Ob ein Anspruch auf einen Geldbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen(arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Es ist somit grundsätzlich der nach dem Kollektivvertrag gebührende Lohn zu Grunde zulegen(vgl. z.B. VwGH vom 3.7.19990, Zl. 88/08/0138).

Aufgrund der Rechtsvermutung des § 25 Abs. 2 ALVG, die besagt, dass eine Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d AlVG bei deren Vorliegen als über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt gilt, erübrigen sich jedoch konkrete Ermittlungen zur genauen Höhe des gebührenden Arbeitsentgelts.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind für das Vorliegen eines Gefälligkeits- oder Freundschaftsdienstes, welche keine Anmeldung zur Sozialversicherung zur Folge hätte, ein persönliches Naheverhältnis, eine relative Kürze der Arbeitstätigkeit, Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit erforderlich (VwGH v. 29.11.2007, 2007/09/0230).

 

Ein persönliches Naheverhältnis konnte der Bf nicht glaubhaft machen. Es wurde nur davon gesprochen, dass man seit Jahren als Kollegen zusammengearbeitet hat.

Fehlt es an einer zwischen dem Dienstnehmer und dem Dienstgeber selbstbestehenden spezifischen Bindung, liegt jedenfalls kein Gefälligkeitsdienst vor (VwGH v. 21.1.2004, 2001/09/0100). Der Umstand der bloßen Kollegenschaft ist nicht als spezifische Bindung anzusehen, die die Tätigkeit von Bf als einen Gefälligkeitsdienst qualifizieren könnte.

Von einem ehemaligen Arbeitskollegen ist im Regelfall nicht zu erwarten, dass er für diesen anstrengende körperliche Arbeitsleistungen( Mithilfe bei Außenfassadentätigkeiten) unentgeltlich erbringt. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der Zeuge x vielmehr lebensnah und glaubwürdig  eingestanden hat, dass er dem Bf nach vollständiger Auftragsleistung( zu der es  auf Grund der Kontrolle nicht mehr gekommen ist) sicherlich ein Entgelt gegeben hätte.

 

Die Entscheidung des BG Wels stellt keine bindende Vorfrage für das verfahrensgegenständliche Verfahren dar und ist somit nicht zu berücksichtigen.

 

Somit ist vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses des Bf zum Dienstgeber x in der verfahrensgegenständlichen Zeit für die gegenständlichen Fassaden Hilfsarbeiten am x auszugehen.

Es steht aufgrund des Ermittlungsverfahrens fest, dass der Bf in der im Straferkenntnis angeführten Zeit als Fassadenhilfsarbeiter des x gearbeitet hat und diese Tätigkeit dem AMS nicht angezeigt hat, obwohl der Bf laut Versicherungsdatenauszug vom 5.4.2013 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zum Kontrollzeitpunkt bezog.

 

Fest steht somit, dass der Bf zur verfahrensgegenständlichen Zeit Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog und dass er keine Anzeige über die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 AlVG gegenüber dem AMS getätigt hat.

 

Dem Bf ist daher der ihm zur Last gelegte Sachverhalt jedenfalls als objektiv erwiesen vorzuhalten.

Aus der Rechtsvermutung des § 25 Abs. 2 AlVG ergibt sich, dass durch die von einem behördlichen Organ festgestellte Tätigkeit (des Bf) als Empfänger von Arbeitslosengeld ohne Anzeige bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS die unwiderlegliche Rechtsvermutung der Entlohnung der Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze besteht.

 

Der Zweck des § 50 Abs. 1 AlVG ist es, die Behörde in die Lage zu versetzten, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistungsanspruches führen könnte, daraufhin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist. Es kommt somit weder darauf an, ob ein Umstand unmittelbar Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsbeziehers hat, noch darauf, ob er sich in einem Rechtsirrtum über die Relevanz des zu meldenden Umstandes befindet. Das Risiko eines allfälligen Rechtsirrtums trifft nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich den Arbeitslosen (VwGH 21.11.2001, 97/08/0415).

 

Den Bf traf demnach bei Aufnahme der Fassadenhilfsarbeiten auf der Baustelle des Einfamilienhauses x für den Dienstgeber x die Verpflichtung, dies nach dem Gesetzeswortlaut der regionalen Geschäftsstelle des AMS zu melden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verletzung der Meldepflicht nach § 50 Abs. 1 AlVG überdies die Annahme einer Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG (VwGH 96/08/0117).

 

Dem Bf ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung insgesamt in objektiver Hinsicht jedenfalls vorzuwerfen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

 

Im Sinne der angewendeten Strafbestimmung des § 71 Abs. 2 AlVG ist nach der dem Bf zur Last gelegten Verwaltungsübertretung dann zu bestrafen, wenn vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen oder genossen werden, ohne dazu berechtigt zu sein. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend ist weiters davon auszugehen, dass durch die bewusste Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 AlVG vom Bf dabei – angesichts des jedem Arbeitslosen zu unterstellenden Alltagswissens – zumindest eine Verletzung der Meldepflicht billigend in Kauf genommen wurde, also Vorsatz zumindest in der Form dolus eventualis vorliegt (VwGH 21.12.2015, 2005/08/0100). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur insbesondere einen der antragstellenden Partei zuzurechnenden Vorsatz (§ 25 AlVG) in der Regel bei der Unterlassung der Meldung der Aufnahme einer Tätigkeit, bei unwahrer Beantwortung einer im Antragsformular gestellten Frage oder aber bei einer geringfügigen entlohnten Beschäftigung angenommen. Im verfahrensgegenständlichen Fall wird dieses vorauszusetzende Allgemeinwissen beim bedingten Vorsatz( sh. VwGH vom 16.11.2011, Zl. 2008/08/0241) durch folgende Aussagen des Zeugen x untermauert: „ Ich habe Herrn x (Anm.: der Bauherr)zu bedenken gegeben, dass ich derzeit beim AMS als arbeitslos gemeldet bin“ und „ Es war in dem Sinn Schwarzarbeit...“. Trotz dieser Bedenken, die zu unterstellendes Allgemeinwissen darstelllen, wurde der Auftrag angenommen und die Arbeitsleistung begonnen. Es ist daher vom Vorliegen (zumindest) bedingten Vorsatzes auszugehen. Der Bf hat die Verletzung der Meldepflicht zumindest billigend in Kauf genommen

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind.

 

Nach der oben bereits zitierten Strafbestimmung des § 71 Abs. 2 AlVG beträgt der Strafrahmen im gegenständlichen Falle 200 Euro bis 2.000 Euro. Innerhalb dieses im gegenständlichen Verfahren zweifelsfrei anzuwendenden Strafrahmens hat die belangte Behörde eine Geldstrafe von 700 Euro verhängt. Als Erschwernisgrund wertete die belangte Behörde die mehrmalige Beschäftigung ohne Meldung beim AMS.

 

Dem Oö. LVwG erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe im Rahmen des anzuwendenden Strafrahmen jedoch als zu hoch bemessen, da der Bf keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen im Zeitpunkt der Tatbegehung aufweist, was als Milderungsgrund zu werten ist. Das Oö. LVwG nahm daher eine Strafherabsetzung vor. Dem Oö. LVwG erscheint die nunmehr verhängte Geldstrafe von 500 Euro noch als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bf künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Eine Anwendung des § 20 VStG zur Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe war aufgrund des Fehlens beträchtlich überwiegender Milderungsgründe  sohin nicht möglich. Auch eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, sondern diesen jedenfalls und zweifelsfrei aufweist.

 

Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde war entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafhöhe neu festzusetzen. Da die Beschwerde hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 52 VwGVG nicht zu leisten.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger