LVwG-000028/2/Gf/Eg

Linz, 21.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des X, X, vertreten durch RA Dr. X X gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24. März 2014, Zl. SanRB96-31-2013-Ber, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24. März 2014, Zl. SanRB96-31-2013-Ber, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 30 Euro; Untersuchungskosten: 1.274,25 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 1.604,25 Euro) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH zu vertreten habe, dass vom 2. Oktober 2012 bis zum 15. November 2012 „mehrere Produkte mit der Bezeichnung ‚Gekochtes Formfleisch, Vorderschinken gerissen‘ in Verkehr gebracht waren“, wobei im Wege entsprechender Kontrollen durch Lebensmittelaufsichtsorgane und Begutachtungen durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (im Folgenden: AGES) jeweils festgestellt worden sei, dass die Ware nicht aus einer entsprechenden Menge und Größe von ganzen Fleischstücken, sondern vielmehr zu einem hohen Anteil aus brätartiger Masse bestanden und es sich daher eher um Krakauer als um Schinken i.S.d. Österreichischen Lebensmittelbuches gehandelt habe. Da zudem auch der Hinweis „nicht nach Codex hergestellt“ die Verwendung der Bezeichnung als „Schinken“ nicht habe rechtfertigten können, liege sohin eine zur Täuschung bzw. zur Irreführung geeignete Angabe und damit eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 125/2011, im Folgenden: LMSVG), vor, weshalb der Rechtsmittelwerber nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten sei auf Grund entsprechender in diversen Betrieben erfolgter Kontrollen von Lebensmittelaufsichtsorganen sowie durch Gutachten der AGES (nämlich: vom 16. Jänner 2013, Zl. 12104684; vom 30. Jänner 2013, Zl. 12112399; vom 1. Februar 2012, Zl. 12108819; und vom 3. April 2013, Zl. 12120177) als erwiesen anzusehen. Denn bei einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher werde bei flüchtiger Betrachtung der Bezeichnung „Gekochtes Formfleisch, Vorderschinken gerissen“ der Eindruck erweckt, dass es sich bei einem derartigen Produkt um Schinken handle, der jedoch nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch ausschließlich aus Teilen des Schlögels hergestellt werden müsse; bei den vorliegenden Proben habe es sich hingegen jeweils um eine aus Schulterfleisch hergestellte Kochpökelware gehandelt, deren Beschaffenheit als brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch-, Fett- und Bindegewebsteilen einerseits und deren erhöhtes Wasser-Eiweiß-Verhältnis andererseits nicht den an „Schinken“ zu stellenden Anforderungen entsprochen habe. Da „nicht sichergestellt“ worden sei, „dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbrauchern gelangt“, habe er sohin die angelastete irreführende bzw. falsche Bezeichnung auch verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei der Umstand, dass sämtliche Proben genusstauglich gewesen seien, als mildernd zu werten gewesen; die mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerberin seien entsprechend berücksichtigt worden (monatliches Nettoeinkommen: 3.000 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

2. Gegen dieses ihm am 27. März 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. April 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin wird vorgebracht, dass das Österreichische Lebensmittelbuch zwar als ein objektiviertes Sachverständigengutachten anzusehen sei, diesem jedoch keine Verbindlichkeit hinsichtlich der Bezeichnung von Lebensmitteln zukomme. Nach dem Deutschen Lebensmittelbuch sei etwa zur Vermeidung von Verwechslungen der Begriff „Formfleisch“ dann zu verwenden, wenn es sich nicht um Erzeugnisse aus gewachsenem Fleisch handle; dieser Anforderung sei im gegenständlichen Fall auch entsprochen worden. Vor diesem Hintergrund liege im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 16. Jänner 2003, C-12/00 (ECLI:EU:C:2003:21), – wegen aus bloßen Bezeichnungen offenkundig nicht resultierenden Gefährdungen der Gesundheit der Verbraucher – im Ergebnis eine unzulässige Inländerdiskriminierung vor, wenn deutsche Importeure ihre Produkte in Österreich als „Formfleisch – Vorderschinken“ bezeichnen dürften, wie dies in aller Regel auch tatsächlich geschehe, österreichische Erzeuger hingegen nicht; denn die Verwendung von Schulterfleisch anstelle von Teilen des Schlögels ändere die Eigenschaft des Fleischproduktes als solches nicht wesentlich. Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass auf der beanstandeten Ware ohnehin explizit die Hinweise: „Nicht nach Codex hergestellt“ und „Für die Weiterverarbeitung bestimmt“ angebracht gewesen seien und es zudem in keiner Weise im Ingerenzbereich der GmbH des Rechtsmittelwerbers liege, unter welcher konkreten Bezeichnung die von ihr belieferten Unternehmen das Produkt dann letztlich an die Verbraucher abgeben.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zl. SanRB96-31-2013.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Weil im LMSVG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG beging u.a. derjenige, der Lebensmittel, die mit irreführenden Angaben versehen waren, in Verkehr brachte, eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen.

 

Nach § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG stellten zur Irreführung geeignete Angaben insbesondere alle zur Täuschung geeigneten Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels – wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart – dar.

 

Unter Inverkehrbringen waren gemäß § 3 Z. 9 LMSVG – von im gegenständlichen Fall nicht maßgeblichen Sonderkonstellationen (in Bezug auf Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel, auf Wasser für den menschlichen Gebrauch und auf ursprünglich auf Grund des LMG 1975 erlassene Verordnungen) abgesehen – alle jene Vorgangsweisen zu verstehen, die nach der Legaldefinition des Art. 3 Z. 8 der Verordnung (EG) 178/2002 (im Folgenden: VO 178/2002) als Inverkehrbringen anzusehen waren, nämlich: das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Ein Inverkehrbringen lag jedoch nicht vor, wenn sichergestellt war, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangte.

 

2. Soweit es das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens betrifft, ist im gegenständlichen Fall festzustellen, dass die belangte Behörde hierzu lediglich angeführt hat, dass es der Beschwerdeführer „als ..... strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten“ habe, dass „mehrere Produkte ..... in Verkehr gebracht waren“ (hinsichtlich der seitens der Lebensmittelaufsichtsorgane und der AGES eine irreführende Bezeichnung festgestellt worden sei); eine nähere Konkretisierung jener Handlung, die speziell als Inverkehrbringen durch den Beschwerdeführer selbst zu qualifizieren ist, findet sich im Spruch des angelasteten Straferkenntnisses hingegen nicht.

 

Aber auch der Begründung lässt sich nicht entnehmen, worin hier das Inverkehrbringen des Rechtsmittelwerbers tatsächlich konkret bestanden haben soll. Vielmehr geht daraus in Verbindung mit dem von der Behörde vorgelegten Akt lediglich hervor, dass die Ware bei verschiedenen von den Lebensmittelaufsichtsorganen kontrollierten Betrieben – vornehmlich Pizzerias – (im Kühlschrank bzw. in der Kühlzelle) gelagert oder (im Küchenbereich zur Verarbeitung und damit) zur Abgabe an Konsumenten bereitgehalten wurde.

 

3. Der Sache nach dürfte es der belangten Behörde vornehmlich darum gehen, den Beschwerdeführer nicht (was wesentlich unkomplizierter wäre; aber auch die vergleichsweise einfachere Variante der verwaltungsstrafrechtlichen Inanspruchnahme der Lokalbetreiber wegen Inverkehrbringens durch Verkauf an die Konsumenten wird von der Behörde offensichtlich nicht ins Auge gefasst) wegen eines schlichten Inverkehrbringens durch Lieferung, sondern speziell dafür verwaltungsstrafrechtlich zu belangen, dass die von seiner GmbH an diverse Lokale gelieferte Ware von deren Betreibern – im Wege einer entsprechenden Angabe auf der Speisekarte – jeweils unter der Bezeichnung als „Schinken“(-Belag auf Pizzen) an die Verbraucher weitergegeben wird, obwohl diese vermeintlich nicht den vom Österreichischen Lebensmittelbuch an ein solches Fleischprodukt gestellten Anforderungen entspricht.

 

3.1. Von der inhaltlichen Frage, ob tatsächlich eine irreführende Bezeichnung i.S.d. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG vorliegt, wenn eine Ware nicht als Schinken i.S.d. Österreichischen Lebensmittelbuches zu qualifizieren ist, sowie auch vom systematischen Aspekt abgesehen, ob hierfür im Hinblick auf die in § 90 Abs. 1 LMSVG normierte Subsidiaritätsklausel nicht ohnehin andere Rechtsvorschriften (wie z.B. die Strafbestimmungen des UWG, BGBl.Nr. 448/1984 i.d.F. BGBl.Nr. I 79/2007) vorrangig heranzuziehen gewesen wären, stehen der Behörde für die von ihr bevorzugte Variante der Inanspruchnahme der Person des Erzeugers nach § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG theoretisch zwei grundsätzlich unterschiedliche Wege offen, nämlich, diesen entweder als unmittelbaren oder bloß als mittelbaren Täter i.S.d. § 7 VStG zu bestrafen.

 

Im ersteren Fall müsste ihm jedoch (und könnte ihm auch nur) konkret angelastet werden, die beanstandete Ware durch Lieferung (nämlich jeweils an jenen Betrieb, der diese schließlich an Konsumenten weitergegeben hat) in Verkehr gebracht zu haben. Denn eine unmittelbare Täterschaft in Bezug auf das Inverkehrbringen durch Verkauf an die Verbraucher selbst könnte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Tatbestand des § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG (zumindest auch) als ein Unterlassungsdelikt – nämlich dergestalt, als Lieferant keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, dass der Gastwirt diverse Pizzen, die mit Schinken belegt sind, obwohl es sich vermeintlich nicht um solchen handelt, an Konsumenten verkauft – konzipiert wäre, was jedoch nach der Textierung des § 3 Z. 9 LMSVG i.V.m. Art. 3 Z. 8 der VO 178/2002 offenkundig nicht zutrifft.

 

Soll hingegen ganz konkret die Beteiligung des Erzeugers an der vermutet irreführenden Deklarierung des Produktes gegenüber dem Verbraucher pönalisiert werden (zweite Alternative), so müsste ihm hingegen spezifisch angelastet werden, dem Lokalbetreiber durch die von ihm ausgehende, objektiv jedoch vermeintlich unzutreffende Bezeichnung des gelieferten Produktes als „Schinken“ vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung – nämlich, dass jener diese Ware im Wege einer entsprechend irreführenden Anpreisung an Letztverbraucher in Verkehr gebracht hat – erleichtert zu haben.

 

3.2. Welche dieser beiden Varianten letztlich gewählt wird, liegt fraglos im Ermessen der Verwaltungsbehörde; dessen ungeachtet muss aber der Spruch des Straferkenntnisses letztlich jeweils sämtliche dementsprechenden Konkretisierungselemente aufweisen.

 

Denn davon ausgehend, dass im einen Fall eine bloß fahrlässige Begehung hinreicht, während andernfalls die Beweislastumkehr des § 5 Abs. 1 VStG nicht zum Tragen kommen kann, sondern vielmehr der Nachweis vorsätzlichen Handelns erforderlich ist – was i.d.R. jeweils auch im Zuge der Strafbemessung entsprechende Konsequenzen nach sich zieht –, liegt es schon unter diesem Aspekten (und nicht nur im Hinblick auf die Verhinderung einer allfälligen unzulässigen Doppelbestrafung) auf der Hand, dass der Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals des „Inverkehrbringens“ bei einer Anlastung gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG essentielle Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Sinne auch schon VwSen-240964 vom 23. Oktober 2013, Pkt. 3.2.1.).

 

3.3. Weil im gegenständlichen Fall der Aspekt des Inverkehrbringens aber weder nach der einen noch nach der anderen Richtung spezifiziert wurde, erfüllt der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 44a Z. 1 VStG.

 

3.4. Unabhängig von den zuvor in Pkt. 3.1. angeführten materiellen und systematischen Bedenken war der gegenständlichen Beschwerde daher schon aus diesem Grund gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, der bekämpfte Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf die zwischenzeitlich bereits abgelaufene Verfolgungsverjährungsfrist nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Frage der Konkretisierungspflicht des Spruches eines Straferkenntnisses; zudem ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

Dr.  G r o f

 

 

 

 

LVwG-000028/2/Gf/Eg vom 21. Mai 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

VO (EG) 178/2002 Art3 Z8

LMSVG §3 Z9

LMSVG §5 Abs2 Z1

LMSVG §90 Abs1 Z1

VStG §5 Abs1

VStG §7

VStG §44a

UWG

ÖLMB

 

 

* Der Sache nach dürfte es der belangten Behörde vornehmlich darum gehen, den Beschwerdeführer nicht (was wesentlich unkomplizierter wäre; aber auch die vergleichsweise einfachere Variante der verwaltungsstrafrechtlichen Inanspruchnahme der Lokalbetreiber wegen Inverkehrbringens durch Verkauf an die Konsumenten wird von der Behörde offensichtlich nicht ins Auge gefasst) wegen eines schlichten Inverkehrbringens durch Lieferung, sondern speziell dafür verwaltungsstrafrechtlich zu belangen, dass die von seiner GmbH an diverse Lokale gelieferte Ware von deren Betreibern – im Wege einer entsprechenden Angabe auf der Speisekarte – jeweils unter der Bezeichnung als „Schinken“(-Belag auf Pizzen) an die Verbraucher weitergegeben wird, obwohl diese vermeintlich nicht den vom Österreichischen Lebensmittelbuch an ein solches Fleischprodukt gestellten Anforderungen entspricht. Von der inhaltlichen Frage, ob tatsächlich eine irreführende Bezeichnung i.S.d. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG vorliegt, wenn eine Ware nicht als Schinken i.S.d. Österreichischen Lebensmittelbuches zu qualifizieren ist, sowie auch vom systematischen Aspekt abgesehen, ob hierfür im Hinblick auf die in § 90 Abs. 1 LMSVG normierte Subsidiaritätsklausel nicht ohnehin andere Rechtsvorschriften (wie z.B. die Strafbestimmungen des UWG, BGBl.Nr. 448/1984 i.d.F. BGBl.Nr. I 79/2007) vorrangig heranzuziehen gewesen wären, stehen der Behörde für die von ihr bevorzugte Variante der Inanspruchnahme der Person des Erzeugers nach § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG theoretisch zwei grundsätzlich unterschiedliche Wege offen, nämlich, diesen entweder als unmittelbaren oder bloß als mittelbaren Täter i.S.d. § 7 VStG zu bestrafen. Im ersteren Fall müsste ihm jedoch (und könnte ihm auch nur) konkret angelastet werden, die beanstandete Ware durch Lieferung (nämlich jeweils an jenen Betrieb, der diese schließlich an Konsumenten weitergegeben hat) in Verkehr gebracht zu haben. Denn eine unmittelbare Täterschaft in Bezug auf das Inverkehrbringen durch Verkauf an die Verbraucher selbst könnte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Tatbestand des § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG (zumindest auch) als ein Unterlassungsdelikt – nämlich dergestalt, als Lieferant keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, dass der Gastwirt diverse Pizzen, die mit Schinken belegt sind, obwohl es sich vermeintlich nicht um solchen handelt, an Konsumenten verkauft – konzipiert wäre, was jedoch nach der Textierung des § 3 Z. 9 LMSVG i.V.m. Art. 3 Z. 8 der VO 178/2002 offenkundig nicht zutrifft. Soll hingegen ganz konkret die Beteiligung des Erzeugers an der vermutet irreführenden Deklarierung des Produktes gegenüber dem Verbraucher pönalisiert werden (zweite Alternative), so müsste ihm hingegen spezifisch angelastet werden, dem Lokalbetreiber durch die von ihm ausgehende, objektiv jedoch vermeintlich unzutreffende Bezeichnung des gelieferten Produktes als „Schinken“ vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung – nämlich, dass jener diese Ware im Wege einer entsprechend irreführenden Anpreisung an Letztverbraucher in Verkehr gebracht hat – erleichtert zu haben.

 

* Welche dieser beiden Varianten letztlich gewählt wird, liegt fraglos im Ermessen der Verwaltungsbehörde; dessen ungeachtet muss aber der Spruch des Straferkenntnisses letztlich jeweils sämtliche dementsprechenden Konkretisierungselemente aufweisen. Denn davon ausgehend, dass im einen Fall eine bloß fahrlässige Begehung hinreicht, während andernfalls die Beweislastumkehr des § 5 Abs. 1 VStG nicht zum Tragen kommen kann, sondern vielmehr der Nachweis vorsätzlichen Handelns erforderlich ist – was i.d.R. jeweils auch im Zuge der Strafbemessung entsprechende Konsequenzen nach sich zieht –, liegt es schon unter diesem Aspekten (und nicht nur im Hinblick auf die Verhinderung einer allfälligen unzulässigen Doppelbestrafung) auf der Hand, dass der Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals des „Inverkehrbringens“ bei einer Anlastung gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG essentielle Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Sinne auch schon VwSen-240964 vom 23. Oktober 2013, Pkt. 3.2.1.)

 

Beschlagwortung:

 

Inverkehrbringen – Anbieten durch Dritte auf Speisekarte; unmittelbare Täterschaft; Beteiligung; Konkretisierungsgebot; ÖLMB