LVwG-350016/3/GS/SH/JW

Linz, 22.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin, Maga. Gabriele Saxinger, über die Beschwerde von Frau x, vertreten durch Herrn x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Dezember 2013, GZ: 0022197/2012 ASJF/SH-Beh/Pfl, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs gemäß Mindestsicherungsgesetz ( BMSG, LGBl Nr. 74/2011 in der Fassung der Novelle LGBl Nr.18/2013)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Dezember 2013, GZ: 0022197/2012 ASJF/SH-Beh/Pfl, bestätigt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.12.2013, GZ: 0022197/2012 ASJF/SH-Beh/Pfl, wurde dem Antrag (gestellt nach § 16 Oö. ChG)  von Frau x, vertreten durch ihren x vom 31.1. 2013 auf subsidiäres Mindesteinkommen keine Folge gegeben. Ausgeführt wurde, dass das subsidiäre Mindesteinkommen (nunmehr Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs) durch die Novelle des ChG und des BMSG, LGBl. Nr. 18/2013 durch eine Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs) für Personen, die volljährig wären, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht Schüler im Sinne des § 11 Abs. 3 Z 5 BMSG wären, ersetzt (§ 13 Abs. 3a BMSG) worden wäre. Aufgrund der neuen Gesetzeslage, die rückwirkend mit 17. August 2012 in Kraft getreten wäre, wäre dem Antrag spruchgemäß keine Folge gegeben worden. Begründend wird weiter ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin (Bf) x volljährig sei und für sie ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Weiters beziehe sie bzw. könne sie Unterhalt beziehen. Sie wäre nicht Schülerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Z 5 BMSG. Sie lebe im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern und zwei minderjährigen Geschwistern. Das gesamte gemeinsame Haushaltseinkommen betrage 3.025,55 Euro monatlich. Dieser Betrag setze sich aus dem Gehalt ihres Vaters in Höhe von 2.593,33 Euro (14 x ausbezahlt) zusammen. Gemäß § 1 Abs. 1 BMSV wäre das über dem Mindeststandard von ihren Eltern und Geschwistern liegende Einkommen für die Berechnung ihres Einkommens herangezogen worden. Mit diesem Einkommen in Höhe von 1.404,50 Euro monatlich liege sie über dem für die Bf anzuwendenden Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 4b BMSV von monatlich 199,50 Euro. Da das Einkommen der Bf über diesem Mindeststandard liege, bestehe keine soziale Notlage und daher kein Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung.

 

 

I.2. In der von der Beschwerdeführerin (Bf), vertreten durch ihren Vater Herrn Dipl.-Ing. Dr. x, rechtzeitig eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) vom 3. Jänner 2014 wird dagegen vorgebracht, dass der Bescheid in seinem gesamten Umfang aus den Gründen der unrichtigen bzw. mangelhaften Tatsachenfeststellungen und der Gesetzwidrigkeit der Novelle zum BMSG bekämpft werde. Die Tatsachenfeststellungen wären unrichtig, denn sie würden nicht auf der tatsächlichen finanziellen Situation beruhen: Bedingt durch die Behinderung der Tochter x hätte die Familie einen Bankkredit aufnehmen  müssen, um ihr eine behindertengerechte Wohnmöglichkeit zu ermöglichen. Die Kreditrückzahlung wirke sich sehr negativ auf das Familien-budget aus. Dazu komme noch, dass die Mutter der Bf zum Großteil die erwachsene behinderte Tochter betreue und deshalb ihren Beruf nicht ausüben könne. Für den Unterhalt einer erwachsenen behinderten Tochter sollten nicht nur die Eltern sorgen. Dass die minderjährigen Geschwister eines Menschen mit Behinderung auch indirekt mitzahlen müssten, verstoße gegen das in der Bundesverfassung verankerte Gleichheitsprinzip. Gleichaltrige Kinder, die in einer Familie ohne Menschen mit Behinderung aufwachsen würden, hätten derartige finanzielle Probleme nämlich nicht. Durch den in Oberösterreich durch die Hintertür wieder eingeführten Regress würden solche Familien erst recht in die Armut getrieben werden. Die Bf sei autistisch und mit einem erhöhten Pflegebedarf (Pflegestufe 5), sie habe kein Einkommen und sei daher laut der Definition des
§ 7 SHG in einer sozialen Notlage und habe daher Anspruch auf bedarfs-orientierte Mindestsicherung.

Zum Berufungsgrund der Gesetzwidrigkeit der Novelle des BMSG wird vorgebracht, dass diese Novelle des BMSG, LGBl. Nr. 18/2013, der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15 a B-VG über die bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung widerspreche. Letztere lege ausdrücklich fest, dass Leistungen nach dem Familenlastenausgleichsgesetz und Kinderabsetzbeträge bei der Berechnung der Mindestsicherung nicht als Einkommen anzusehen wären. Alle Länder hätten dies akzeptiert und unterschrieben. Sich nicht an diese Vereinbarung zu halten sei ein Vertragsbruch und darüber hinaus eine Bestimmung entgegen dem Staatsvertrag.

 

I.3. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Beschwerdeführerin (Bf) x hat, vertreten durch ihren Vater x, am 31.1.2013 einen Antrag auf subsidiäres Mindesteinkommen gestellt. Sie ist am x geboren und lebt gemeinsam mit ihren Eltern und zwei minderjährigen Geschwistern unter der Adresse x. Das gesamte gemeinsame Haushaltseinkommen beträgt 3.025,55 Euro monatlich. Dieser Betrag setzt sich aus dem Gehalt des Vaters Dipl.-Ing. x in Höhe von 2.593,33 Euro (14 x ausbezahlt) zusammen. Für die Bf besteht ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe.

 

 

 

 

II.  Beweiswürdigung:

 

Diese Sachverhaltsdarstellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und sind in dieser Form unstrittig.

Betont wird, dass gegen die Höhe des festgestellten Gehaltes des Vaters keine Einwendungen erhoben wurden.

Ob die eingewendeten Kreditrückzahlungsraten Berücksichtigung nach dem Oö. BMSG finden, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung abzuhandeln.

 

 

III.  Rechtslage:

 

Gemäß § 5 BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

Gemäß § 6 BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

Gemäß § 7 BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtlos wäre. Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere der Einsatz der eigenen Mittel, der Einsatz der Arbeitskraft, die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, sowie die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

Gemäß § 8 Abs. 1 OÖ BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.           des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie

2.           tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

Gemäß § 13 Abs. 1 OÖ BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Gemäß § 13 Abs. 2 OÖ BMSG hat die Landesregierung durch Verordnung

  1. jährlich zum 1. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs. 1 und
  2. die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien gemäß Abs. 3 festzusetzen: sie hat dabei auf die Höhe der um die Beträge für die gesetzliche Krankenversicherung reduzierte Ausgleichszulage nach den pensionsversicherungsrechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen.

 

 

 

Gemäß § 13 Abs. 3 OÖ BMSG sind Mindeststandards nach Abs. 2 bezogen auf den Nettoausgleichzuglagen-Richtsatz für Alleinstehende festzusetzen.

 

Gemäß § 13 Abs. 3a OÖ BMSG sind gesonderte Mindeststandards für volljährige Personen festzusetzen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 fallen ( LGBl. Nr.18/2013).

 

Gemäß § 1 Abs. 1 OÖ Mindestsicherungsverordnung – BMSV in der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung LGBl. Nr. 127/2012, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, pro Person 611 Euro (Z 3a leg.cit) und für voll-jährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 OÖ BMSG fallen, pro Person, wenn diese mit zumindest einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt, 199,50 Euro (Z 4b leg.cit).

 

Gemäß Art. I Z 3 iVm Art. IV Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 des Landesgesetzes, mit dem das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen ( ChG) und das OÖ Mindestsicherungsgesetz ( BMSG) geändert werden, LGBl. Nr. 18/2013, entfällt im zweiten Teil, 1. Hauptstück der 2. Abschnitt einschließlich dem § 16 (subsidiäres Mindesteinkommen). Diese Bestimmung trat mit 1.3.2013 in Kraft.

Gemäß Art. IV Abs. 2 der Novelle des ChG und des OÖ BMSG, LGBl. Nr. 18/2013, gelten noch nicht rechtskräftig entschiedene Anträge auf eine Leistung nach § 16 Abs. 1 OÖ ChG als Anträge gemäß § 28 BMSG auf eine Leistung gemäß § 13 BMSG.

 

Für den neu eingefügten § 13 Abs. 3a OÖ BMSG regelt Art. IV Abs. 1 3. Satz des Landesgesetzes LGBl. Nr. 18/2013, dass diese Bestimmung mit 17.8.2012 in Kraft tritt.

 

IV. Rechtliche Erwägungen:

 

Mit LGBl.Nr. 18/2013 wurde infolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 29.Juni 2012,V 3,4/12, der Anspruch von Menschen mit Beeinträchtigungen auf Geldleistungen in das Regime des Oö.BMSG eingegliedert. Dies geschah u.a. durch Aufhebung von § 16 Oö. ChG betreffend das subsidiäre Mindesteinkommen und die Einfügung von § 13 Abs.3a in das Oö.BMSG.

Wie aus den Gesetzesmaterialien (Beilage 802/2013 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode) zu Art. I Z 4 (§ 16) zu entnehmen ist, ergibt die wesentlichste Änderung für das ChG sich nunmehr daraus, „dass das subsidiäre Mindesteinkommen als Geldleistung zur Ermöglichung einer angemessenen sozialen Teilhabe und eines selbstbestimmten Lebens durch einen ausreichenden Lebensunterhalt zu gewähren, vollständig aufgehoben wird. Die Intention dieser Neuregelung ist, dass aus dem ChG Geldleistungen herausgelöst werden und diese nunmehr für alle Menschen im Bereich des BMSG geregelt werden. Da sämtliche Regelungsinhalte das subsidiäre Mindesteinkommen betreffend aus dem ChG herausgelöst werden, ist dieser Paragraph zu streichen.“ Zu Art. II Z 3 (§ 13) wird ausgeführt, dass, weil einerseits der VfGH mit seiner Entscheidung vom 29.6.2012“ die Regelungen betreffend wiederkehrender Geldleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen im Rahmen des ChG für gesetzwidrig erklärt hat, andererseits Menschen mit Beeinträchtigungen ebenso auf die Auszahlung derselben angewiesen sind, im Einklang mit der Entscheidung des VfGH diese in den Bereich des BMSG verlegt wurden und nunmehr nicht mehr zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und solchen ohne Beeinträchtigungen unterschieden wird. Die nunmehr getroffene Regelung hält sich bei der Festlegung der Richtsätze an die Betrachtungsweise der Familienbeihilfe, welche durch den VfGH entwickelt wurde und besagt, dass keine Bedenken gegen die Heranziehung der Familienbeihilfe für Sozialhilfemaßnahmen bestehen (siehe z.B. VfSlg13052/1992, 14043/1996, 14563/1996). Auch bislang blieb der Familienbeihilfenbezug bei Bezieherinnen bzw. Beziehern der bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht gänzlich unberücksichtigt. Um eine Doppelanrechnung der Familienbeihilfe zu vermeiden, bleibt eine Anrechnung der Familienbeihilfe als Einkommen der Menschen mit Beeinträchtigungen – wie auch schon bisher im ChG – unzulässig. Es kam und kommt jedoch sehr wohl zum Einsatz von differenzierten Richtsätzen.“

 

Dem Einwand, dass die Bf kein Einkommen habe und minderjährige Geschwister eines Menschen mit Behinderung indirekt mitzahlen müssten, wird Folgendes entgegengehalten:

 

Nach der Regelung des § 140 AGBG haben nicht selbsterhaltungsfähige Kinder gegenüber ihren (ehelichen oder unehelichen) Eltern Anspruch auf angemessenen Unterhalt. Die Dauer der Unterhaltsleistungen sind an kein bestimmtes Alter des Kindes gebunden. Eltern müssen daher bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes Unterhalt leisten und ist die bisher nicht selbsterhaltungsfähige Bf daher unterhaltsberechtigt gegenüber ihren mit ihr im gleichen Haushalt lebenden Eltern, denen aufgrund des Umstandes, dass die Bf voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, auch die erhöhte Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 zuerkannt wurde(vgl. VwGH vom 27.März 2014, Zl.2013/10/0185).

 

Gemäß § 5 BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person von einer sozialen Notlage betroffen ist. Im Hinblick auf die nach wie vor bestehende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrer zwar inzwischen volljährigen, jedoch nicht selbst erhaltungsfähigen Tochter, wurde daher von der belangten Behörde zu Recht die soziale Notlage der Bf auf Ebene des gemeinsamen Haushaltes mit ihren Eltern und den zwei minderjährigen Geschwistern betrachtet und das zur Verfügung stehende Ein-kommen des Vaters der Bf gemäß § 1 Abs. 1 Z 3a (jeweils für Mutter und Vater) und Z 4b (für die Bf) und Z 5a (für die mj. Geschwister) BMSV für die Berechnung zur Erhebung einer allfälligen sozialen Notlage der Antragstellerin einbezogen.

 

Dem Einwand, dass die Kreditrückzahlung betreffend der Ermöglichung einer behindertengerechten Wohnmöglichkeit negative Auswirkungen auf das Familienbudget habe, wird Folgendes ausgeführt:

Den Erläuterungen zu den Bestimmungen des § 6 Oö. BMSG(vgl. AB 434/2011 BlGLT XXVIII.GP) ist zu entnehmen, dass Ausgangspunkt und primärerer Maßstab für die Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung die soziale Notlage – ein Begriff, der aus § 7 Oö. SozialhilfeG 1998 übernommen wurde- ist. Durch Absatz 1 wird deutlich gemacht, dass soziale Notlagen jeweils auf der Ebene eines Haushalts betrachtet werden.

Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs erfolgt nach § 13 Abs.1 Oö.BMSG durch laufende monatliche Geldleistungen.

Wie bereits im § 16 Oö. SozialhilfeG 1998 wird für die Bereiche Sicherung des Lebensunterhalts und Sicherung des Wohnbedarfs eine einzige Hilfeleistung vorgesehen, zumal diese beiden Bereiche schwer zu trennen sind. Anstelle von Richtsätzen spricht das Gesetz nunmehr von Mindeststandards( vgl. AB 434/2011 BlGLT XXVIII.GP)

Die Darlegung der Beschwerde geht offenbar dahin, dass im vorliegenden Fall im Hinblick auf monatlich zur Rückzahlung „alter Schulden“ zu leistende Kreditrückzahlungen das tatsächlich zur Verfügung stehende Familieneinkommen geschmälert wird.

Dabei übersieht die Beschwerde, dass Ratenzahlungen für „alte Schulden“ ganz allgemein nicht zum „Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens“, der in § 6 Abs.2 Oö.BMSG angesprochen wird, zählen.

Der VwGH hat bereits mehrfach die Auffassung vertreten(vgl. z.B. VwGH vom 22.4.2002, Zl.2002/10/0053), dass in der Vergangenheit eingegangene Schulden als solche kein von der Sozialhilfe (Anm.: nunmehr bedarfsorientierte Mindestsicherung) abzudeckender Bedarf sind. Schon aus der Aufzählung der maßgebenden Bestandteile des Lebensunterhalts im Gesetz ergibt sich, dass Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung lediglich existenzielle Grundbedürfnisse zu befriedigen haben. Um diesen Zweck zu gewährleisten, greifen u.a. jene Vorschriften ein, wonach Ansprüche auf Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung weder übertragen noch gepfändet oder verpfändet werden können(siehe § 2 Abs.7.Oö.BMSG).

Auch im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob eine soziale Notlage im Sinne sozialhilferechtlicher Vorschriften(jetzt § 6 Oö.BMSG) vorliegt, hat der VwGH wiederholt die Auffassung vertreten, dass der Hilfesuchende seine Hilfsbedürftigkeit nicht mit Schulden begründen kann, die er in der Vergangenheit – selbst zur Überwindung einer Notlage – eingegangen ist, es sei denn, dass die Schulden sich zur Zeit der Hilfegewährung noch im Sinne einer aktuellen oder unmittelbar drohenden Notlage auswirken. Als Beispiel für eine im soeben dargelegten Sinn durch Schulden bedingte Notlage wird in der Literatur etwa der drohende Verlust der Unterkunft (infolge Mietzinsrückstandes) genannt  (VwGH vom 22.4.2002,Zl.2002/10/0053).

Mit dem dargelegten Einwand, dass die besagte Kreditrückzahlung negative Auswirkungen auf das besagte Familienbudget habe( was grundsätzlich nicht zu bestreiten ist), kann die Beschwerde aber nicht aufzeigen, dass die eingegangenen Schulden Auswirkungen im Sinn einer aktuellen  oder unmittelbar drohenden Notlage der Bf. hätten.

Bemerkt wird, dass nach § 2 Z.2 Oö. BMSV auf Grund eines vorherigen(!) Antrages auch eine Beihilfe zur Adaptierung der Unterkunft beantragt werden kann.

Zusammengefasst wird demnach zur eingewendeten Kreditrückzahlung festgehalten, dass nach dem Oö. BMSG Kreditrückzahlungsraten das für die Berechnung zu Grunde zu legende Familieneinkommen nicht schmälern.

 

Zu den Einwänden hinsichtlich einer allfälligen Verfassungs- bzw. Gesetzwidrig-keit des OÖ BMSG bzw. der OÖ BMSV wird darauf verwiesen, dass diese Beurteilung in die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes fällt.

 

V. Ergebnis:

 

Da aufgrund der gesetzlichen Ausführungen auf das gesamte gemeinsame Haus-haltseinkommen abzustellen war, war das über dem Mindeststandard von den Eltern der Bf und den Geschwistern liegende Einkommen für die Berechnung des Einkommens der Bf heranzuziehen. Mit diesem Einkommen in der Höhe von 1.404,50 Euro monatlich liegt die Bf über dem für sie anzuwendenden Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 4b OÖ BMSV von monatlich 199,50 Euro. Somit war die Beschwerde abzuweisen.

 

VI.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gabriele Saxinger