LVwG-650119/4/Bi/CG

Linz, 19.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn M D, X, vertreten durch Frau RAin Dr. R G, X, vom 17. April 2014 gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von , PK Wels, Dragonerstraße 29, 4600 Wels, vom 19.März 2014, GZ:2-VA-12130377, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung ua, zu Recht e r k a n n t:

 

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Rechtsgrundlage die Anführung des § 8 FSG zu entfallen hat.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde gemäß §§ 3 Abs.1 Z2, 7 und 8 FSG der Antrag des Beschwerdeführers vom 8. März 2014 auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B abgewiesen. Weiters wurde ihm gemäß § 30 Abs.1 FSG das Recht, von einer allenfalls erworbenen ausländischen Lenkberechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt und gemäß § 64 Abs.2 AVG einer allenfalls dagegen eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. März 2014.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Eine (nicht beantragte) mündliche Verhandlung konnte entfallen (§ 24 Abs.3 VwGVG).

3. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, er sei schriftlich zum Erscheinen bei der belangten Behörde am 10. März 2014, 8.00 Uhr, aufgefordert worden, wo ihm mitgeteilt worden sei, der zuständige Sachbearbeiter sei im Krankenstand. Ohne weiteren Kontakt sei ihm der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid zugestellt worden. Dadurch sei sein Recht auf Parteiengehör insofern verletzt, als er sich nicht zu den nun gegen ihn erhobenen Vorwürfen des Nichtvorliegens der Verkehrszuverlässigkeit bzw der gesundheitlichen Eignung äußern habe können; er habe auch keine Möglichkeit zur Vorlage ärztlicher Befunde oder eines ärztlichen SV-Gutachtens zur gesundheitlichen Eignung gehabt. Das sei ein wesentlicher Verfahrensfehler, für den die Behörde das Verschulden treffe. Er sei vielmehr trotz der Verurteilung wegen § 28a Abs.1 5.Fall SMG verkehrszuverlässig. Die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B habe er erbracht. Beantragt wird die Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B, in eventu Bescheidaufhebung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die vom Landesgericht Linz übermittelte gekürzte Ausfertigung des Urteils vom 20. Jänner 2014, 22 Hv 148/13z, und in rechtlicher Hinsicht erwogen:      

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG ua  zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28a oder § 31a Abs. 2 bis 4 Suchtmittelgesetz begangen hat.

Gemäß § 28a Abs.1 ist zu bestrafen, wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei der Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlich­­keit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Der am 5. September 1993 geborene Beschwerdeführer wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des LG Linz vom 20. Jänner 2014, 22 Hv 148/13z, schuldig erkannt, insofern vorschrifts­widrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) mehrfach übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen zu haben, als er

1) am 2. Dezember 2013 gemeinsam mit einem UT „X“ 10 Gramm Kokain zum Gesamtpreis von 700 Euro an einen verdeckten Ermittler des BMI überließ, wobei er einen Gewinn von 100 Euro einbehielt und 600 Euro an I.B. weiter­leitete, und

2) am 9. Dezember 2013 100 Gramm Kokain zum Grammpreis von 65 Euro an einen verdeckten Ermittler des BMI überließ, wobei er eine Provision von 500 Euro erhalten sollte.

Außerdem hat er am 17. September 2011 1 Gramm Marihuana von Unbekannten erworben und bis zu seiner Anhaltung durch Polizeibeamte am 18. September 2011 besessen und ca Mitte November 2010 eine insgesamt unbekannte Menge Marihuana erworben und besessen.

Wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z1 1., 2. und 8. Fall und Abs.2 SMG wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zehn  Monaten verurteilt, von denen gemäß § 43a Abs.3 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der unbedingte Teil der verhängten Strafe beträgt daher 2 Monate. Laut Urteilsbegründung waren mildernd die bisherige Unbescholtenheit, das Alter unter 21 Jahren und das umfassende Geständnis, erschwerend das Gewinnstreben beim Suchtgiftverkauf und die zweifache Überschreitung der Grenzmenge.

 

Unter dem Begriff Verkehrsunzuverlässigkeit ist ein charakterlicher Mangel zu verstehen. Von Kraft­fahr­­zeuglenkern muss wegen der im Straßen­verkehr häufig auf­treten­den Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Geistes­­­­­­haltung erwartet werden. Das wiederum setzt voraus, dass der Lenker eines Kraftfahr­zeuges Respekt und Achtung vor dem selbstbestimmten Leben und der Gesundheit anderer Straßen­­verkehrsteilnehmer besitzt, was beim Beschwerde­führer aufgrund seines wenig wert­schätzenden Verhaltens dem Käufer des Kokains gegenüber fraglich ist.

Verbrechen nach § 28a Suchtmittelgesetz sind wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen verwerflich und gefährlich. Auch der Umstand, dass nicht von einer eigenen Abhängigkeit ausgegangen wurde, vermag nicht darüber hinweg­zutäuschen, dass ihm selbst die schädliche Wirkung des von ihm verkauften Kokain sowie die Nachteile einer körper­lichen und psychischen Abhängigkeit davon bekannt und bewusst war und er dieses trotzdem ohne Rücksicht auf die Folgen für andere und noch dazu im Streben nach Gewinn an 2 Tagen innerhalb einer Woche im Dezember 2013 in einer Größenordnung von insgesamt 110 Gramm verkaufte.   

Hinsichtlich der im rechtskräftigen Urteil angeführten Tathandlungen betreffend die Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall SMG ist ohne Zweifel vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG auszugehen; dabei ist die belangte Behörde ebenso wie das Landesverwaltungsgericht an den Schuldspruch des strafge­richtlichen Urteils gebunden.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nach­­teile, die mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 14.11.1995, 95/11/0300; 24.8.1999, 99/11/0166; 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; uva).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva). 

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des  § 7 Abs.4 FSG sind strafbare Handlungen, nicht aber die Verurteilung wegen dieser Straf­taten, sodass es nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt nach der Tat das Urteil erging oder dieses rechtskräftig wurde, sondern wann die als bestimmte Tatsache zu wertende Straftat begangen wurde. Mit dieser beginnt nämlich die Verkehrsunzuverlässigkeit und ab dem Zeitpunkt ihrer Begehung ist deren Dauer im Sinne einer Prognose zu berechnen, ab wann die Behörde das Wiederbestehen der Verkehrszuverlässigkeit beim Straftäter annimmt. Da der Beschwerdeführer die bestimmte Tatsache gemäß § 28a Abs.1 5. Fall SMG erst am 9. Dezember 2013 (Datum der letzten relevanten Tat) ver­wirklicht hat, war bei Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides am 26. März 2014 erst eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von nicht einmal noch vier Monaten gegeben, weshalb auch bei eingerechneter Haftzeit die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 Abs.1 FSG nicht nur gerechtfertigt sondern sogar geboten war.

 

Nach der Judikatur des VwGH führt die bedingte Strafnachsicht zwar noch nicht zwingend dazu, dass der Betreffende bereits als verkehrszuverlässig anzusehen ist. Die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte decken sich nicht zur Gänze mit jenen, die für das Gericht bei der Entscheidung betreffend die bedingte teilweise Strafnachsicht gemäß § 43a Abs.3 StGB von Bedeutung sind, gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass nach dieser Gesetzesstelle die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen sind und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln könnte, die für die in § 7 Abs. 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können. Das Strafgericht hat beim Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 1 StGB angenommen, dass die bloße Androhung der Vollziehung der achtmonatigen Reststrafe allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, wobei insbe­sondere die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad der Schuld, das Vorleben und das Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen waren (vgl VwGH 19.12.2007, 2007/11/0194).

 

Der Beschwerdeführer hat die bestimmte Tatsache im Hinblick auf die Überlassung von 110 Gramm Kokain an einen ihm offensichtlich unbekannten Abnehmer (der sich als verdeckter Ermittler des BMI erwies) am 2. und 9. Dezember 2013 verwirklicht; am 20. Jänner 2014 erging das Urteil des LG Linz, wobei er den mit zwei Monaten bestimmten unbedingten Teil der Freiheitsstrafe bereits mit der Haftentlassung am selben Tag verbüßt hat. Die seither verstrichene Zeit erscheint noch zu kurz, als dass der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wiedererlangt hätte. Suchtgiftdelikte werden durch die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene erhöhte Mobilität wesentlich erleichtert. Abgesehen davon lässt die im Urteil angeführte Gewinnerzielung durch Behalten einer Provision auf seine Absicht, sich mit den Provisionen eine Existenz auf Kosten der Gesundheit anderer zu begründen, schließen, sodass bei Wegfall dieser Einnahmequelle die Begehung weiterer schwerer strafbarer Handlungen zu erwarten wäre, sofern ihm dies durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges ermöglicht würde. Seine Verlässlichkeit im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten von Kraftfahrzeugen ist derzeit noch nicht gewährleistet.

 

Nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Beschwerdeführer von einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 8 Monaten, gerechnet ab 9. Dezember 2013, auszugehen. Damit war dem Beschwerdeführer bis zum Ende dieses Prognosezeitraumes die Erteilung einer Lenkberechtigung zu versagen, aber auch die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 Abs.1 FSG geboten. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bezieht sich auf das Recht gemäß      § 30 Abs.1 FSG, wobei nach der Rechtsprechung des VwGH der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gemäß § 64 Abs.2 AVG bei mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten ist (vgl ua E 20.2.1990, 89/11/0252).

 

Die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahr­zeugen ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob der Beschwerdeführer selbst Konsument von Kokain ist/war. Als Rechtsgrund­lage für die Nichterteilung einer Lenkberechtigung oder Aberkennung des Rechts gemäß § 30 Abs.1 FSG scheidet § 8 FSG hier daher aus.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist für den Beschwerdeführer und für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

altungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger