LVwG-410035/5/MB/BZ

Linz, 20.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des x gegen den Einstellungsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 20. September 2013, AZ S-6058/12,  betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: x)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 20. September 2013, AZ S-6058/12, stellte die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde) das zur selben Zahl protokollierte Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau X, geb. x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 und 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Juli 2013 eingeleitet wurde, ein.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst dazu im Wesentlichen aus, dass die verfahrensgegenständlichen Geräte mit einer Starttaste ausgestattet gewesen seien und darüber hinaus eine zu Serienspielen verleitende günstige Einsatz-Gewinn-Relation bestanden habe. Es liege daher zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor. Im Hinblick auf die gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts liege keine strafbare Verwaltungsübertretung vor und es sei das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung des x vom 4. Oktober 2013, in welcher begründend im Wesentlichen angeführt wird, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 VStG nicht erfüllt seien, zumal die Behörde ein selbstständiges Ermittlungsverfahren nicht durchgeführt habe. Es würden keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Einsätze von mehr als 10 Euro möglich gewesen wären und würde dies auch die Behörde selbst ausführen. Der Hinweis auf vermeintliche durch die Existenz einer Starttaste ermöglichte Serienspiele gehe ins Leere, weil die Feststellung der Ermöglichung da die Behörde offenkundig sowohl die Bedeutung als auch die Funktion dieser Taste verkennen würde. Weiters begründet die Behörde die Behauptung des Vorliegens von äußerst günstigen Relationen zwischen Einsatz und den in Aussicht gestellten Gewinnen nicht. Zudem würde auch die abschließende Beurteilung, ob Serienspiele tatsächlich ermöglicht wurden, dem Gericht vorbehalten bleiben. Die Voraussetzungen für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens würden jedenfalls keinesfalls vorliegen. Abschließend wird beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben.

 

 

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013, gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gehört hat.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine (500 Euro übersteigende) Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

 

II.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem  S a c h v e r h a l t  aus:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 9.3.2012 im Lokal "x" in x, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden bis zur Beschlagnahme am 9. März 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele bzw (am Fun-Wechsler-Gerät) Glücksrad-ähnliche Spiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen bzw Zahlensymbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 erstattete die belangte Behörde gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft.

 

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 10. Oktober 2012, GZ S‑6058/12, wurde das bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich zur gleichen Zahl anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau X, geb. x, gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zum rechtskräftigen Abschluss des auf Grund einer Anzeige nach § 78 StPO angeregten gerichtlichen Strafverfahrens ausgesetzt.

 

II.4. Eine telefonische Rückfrage bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels am 22. April 2014 ergab, dass sich im Verfahrensakt der belangten Behörde keine Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft über den Stand des seit 10. Oktober 2012 anhängigen Verfahrens gegen die mitbeteiligte Partei X befindet.

 

 

III. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt".

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

Gemäß § 30 Abs 2 VStG ist, wenn eine Tat von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und es zweifelhaft ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Einleitend ist festzustellen, dass die Aussetzung des Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG nicht im Ermessen der Behörde liegt. Vielmehr hat diese, wenn die Voraussetzungen der zitierten Bestimmung vorliegen, zwingend die Aussetzung zu verfügen (VwGH 27.06.2002, 2002/07/0065). Ein Unterlassen der gebotenen Aussetzung belastet einen ergehenden Strafbescheid mit Rechtswidrigkeit (VwSlg 14.890 A/1998).

 

Sofern die Behörde entgegen der Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens einen Strafbescheid erlässt, so ist dieser schon aus formellen Gründen – nämlich wegen Verletzung des § 30 Abs 2 – mit einem Verfahrensfehler behaftet (vgl VwSlg 14.890 A/1998 sowie Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 30 Rz 7)

 

Eine telefonische Nachfrage bei der belangten Behörde ergab, dass das Verfahren gegen die mitbeteiligte Partei vom Gericht noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

 

Der Bescheid der belangten Behörde vom 10. Oktober 2012, mit welchem das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt wurde, ist demnach unverändert aufrecht.

 

Nach § 30 Abs 2 leg cit ist das Strafverfahren auszusetzen, bis über die "Zweifelsfrage" von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

 

Da bei Erlassung des Einstellungsbescheides vom 20. September 2013, AZ S-6058/12, keine rechtskräftige Entscheidung vorlag, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Im Ergebnis war daher der Beschwerde des Finanzamtes stattzugeben und der Einstellungsbescheid der belangten Behörde aufzuheben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Markus Brandstetter