LVwG-650120/4/KLi/BD

Linz, 27.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer  über die Beschwerde vom 22.04.2014 der Frau x, geb. x, x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 21.03.2014, GZ: FE-1502/2013 wegen Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs. 4 3. Satz FSG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der belangten Behörde aufgehoben.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.03.2014, GZ: FE-1502/2013 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführerin gemäß

§ 24 Abs. 4 3. Satz FSG die mit Führerschein der LPD vom 28.05.2013 unter der Zahl 11/325176 für die Klassen AM, B erteilte Lenkberechtigung ab Zustellung des Bescheides bis zur Befolgung der Anordnung, die mit Verständigung vom 14.02.2014 vorgeschriebenen Befunde (FA Psychiatrie und Haaranalyse) beizubringen, entzogen werde. Gemäß § 29 Abs. 3 FSG sei der Führerschein unverzüglich bei der Behörde abzuliefern. Gleichzeitig werde eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung ab Zustellung des Bescheides bis zur Befolgung der Anordnung, die o.a. vorgeschriebenen Befunde beizubringen, entzogen. Einer Beschwerde werde gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung versagt.

 

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, dass dann, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, gemäß § 24 Abs. 4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen sei. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung sei ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtlich untersuchen zu lassen, bis zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, sei ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Der Beschwerdeführerin sei mit rechtskräftigem Bescheid der LPD , vom 28.11.2013 vorgeschrieben worden, dass sie sich binnen 2 Monaten ab Zustellung des Bescheides (durch Hinterlegung am 4.12.2013) amtsärztlich untersuchen lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen habe. Mit Verständigung der LPD , vom 14.02.2014, zugestellt am 20.02.2014 (durch Hinterlegung) sei angeordnet worden, dass sie binnen 3 Wochen ab Zustellung die geforderten Befunde (FA Psychiatrie und Haaranalyse) bei der Behörde vorzulegen habe. Diese Befunde seien nicht erbracht worden.

 

I.2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde richtet sich die Beschwerde vom 22.04.2014. Zusammengefasst bringt die Beschwerdeführerin vor, mit Mandatsbescheid der LPD Oberösterreich vom 28.11.2013 aufgefordert worden zu sein, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, dies binnen 2 Monaten nach Zustellung des Mandatsbescheides vom 28.11.2013. Im Spruch des rechtskräftig gewordenen Mandatsbescheides sei ihr gemäß § 24 Abs. 4 FSG iVm § 57 AVG aufgetragen worden, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (gegebenenfalls auch eine Haaranalyse) zu erbringen. Am 13.02.2014 habe sie sich innerhalb der im Mandatsbescheid auferlegten zweimonatigen Frist ab Zustellung zur amtsärztlichen Untersuchung begeben. Der Amtsarzt habe von ihr die Entnahme einer Haarprobe und die Durchführung einer Haaranalyse gefordert. Dies sei in Österreich unzulässig und gesetzlich nicht vorgesehen; ferner sei die Durchführung von Haaranalysen auch verfassungsrechtlich bedenklich bzw. von Gesetzeswegen nicht gedeckt. Für die Erlassung eines Bescheides nach § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG sei es erforderlich, dass der Besitzer einer Lenkberechtigung einer an ihn rechtskräftig ergangenen Aufforderung bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides erster Instanz keine Folge geleistet habe. Es handle sich hiebei um eine Entziehung sui generis. Vor der Entziehung der Lenkberechtigung nach dieser Gesetzesstelle sei daher lediglich zu prüfen, ob ein Aufforderungsbescheid in Rechtskraft erwachsen sei und – nach Ablauf der in diesem Bescheid festgesetzten Frist – bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides die Aufforderung befolgt worden sei oder nicht. Die Rechtmäßigkeit des rechtskräftigen Aufforderungsbescheides könne jedoch im Entziehungsverfahren nicht mehr überprüft werden. Die Beschwerdeführerin habe ihrer Verpflichtung, binnen der gesetzten zweimonatigen Frist ab Zustellung des Aufforderungsbescheides sich einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu unterziehen, Folge geleistet. Dieser Verpflichtung sei sie nachgekommen und sei sie auch bereit, alle erforderlichen Befunde beizubringen. Im rechtskräftigen Mandatsbescheid sei die Haaranalyse nicht zwingend vorgesehen. Eine Haaranalyse könne verfassungskonformer Weise von der Beschwerdeführerin nicht gefordert werden, insbesondere würde die Frage der Notwendigkeit einer Haaranalyse einem Sachverständigen überlassen werden. Ferner würde die Anordnung, die Haare mindestens 6 Zentimeter wachsen lassen zu müssen, einen Eingriff in die private Lebensführung bedeuten. Auch mit Harnanalysen könnte ein entsprechender Nachweis erbracht werden und seien Haaranalysen wesentlich eingriffsintensiver als Harnanalysen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 28.11.2013, GZ: FE1502/2013 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 4 FSG iVm § 57 AVG aufgefordert, binnen 2 Monaten ab Zustellung des Bescheides zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM, B gemäß § 8 FSG sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (gegebenenfalls auch eine Haaranalyse) zu erbringen.

 

Begründet wurde dieser Mandatsbescheid damit, dass laut Abschluss-Bericht des SPK Linz vom 25.11.2013 die Beschwerdeführerin niederschriftlich angegeben habe, im Zeitraum von etwa 2-3 Jahren – bis zuletzt am 1.11.2013 – Marihuana erworben, besessen und konsumiert zu haben. Ein auf freiwilliger Basis durchgeführter Drogenschnelltest sei auf den Wirkstoff THC positiv verlaufen. Aufgrund dieses angeführten Sachverhaltes musste die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Zweifel gezogen werden, weshalb Gefahr in Verzug anzunehmen ist und es war daher ein Mandatsbescheid zu erlassen.

 

II.2. In weiterer Folge begab sich die Beschwerdeführerin am 13.02.2014 zur amtsärztlichen Untersuchung. Im Rahmen dieser amtsärztlichen Untersuchung erachtet der Amtsarzt eine Haaranalyse für erforderlich. Diese Haaranalyse wurde von der Beschwerdeführerin verweigert.

 

II.3. Mit der „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ am 14.02.2014 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde aufgefordert, binnen einer Frist von 3 Wochen ab Zustellung folgende Befunde der Behörde vorzulegen: Haaranalyse, FA-Psychiatrie. Ferner wurde angekündigt, dass widrigenfalls die Lenkberechtigung bis zur Beibringung der belangten Befunde zu entziehen ist.

 

In Erwiderung dieser Aufforderung vom 14.02.2014 erstattet die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme vom 11.03.2014; im Wesentlichen mit dem Inhalt der nunmehrigen Beschwerde.

 

II.4. In der Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom 21.03.2014, GZ: FE-1502/2013 mit dem zu Punkt I.1. dargestellten Inhalt.

 

 

III. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde, GZ: FE-1502/2013. Aus dem Akt sind sowohl die von der belangten Behörde erlassenen Bescheide - Mandatsbescheid vom 28.11.2013 und Entziehungsbescheid vom 21.03.2014 - sowie die Aufforderung zur Beibringung einer Haaranalyse und eines FA-Befundes für Psychiatrie vom 14.02.2014 ersichtlich. Die diesbezügliche Sach- und Rechtslage wurde ferner in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2014 erörtert. Nachdem bereits anhand des vorliegenden Akteninhaltes der gesamte Sachverhalt festgestellt werden konnte, wurde auf die Vernehmung der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2014 allseits verzichtet. Weitere Beweise waren insofern nicht aufzunehmen.

 

 


 

IV. Rechtslage:

Gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist dann, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

V.1. Gemäß § 24 Abs. 4 Satz 3 FSG sind im vorliegenden Fall von der Beschwerdeführerin die „erforderlichen Befunde beizubringen“. Im Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 28.11.2013 wurde ausgeführt: „sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung eines ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (gegebenenfalls auch eine Haaranalyse) zu erbringen.“.

 

Nachdem die Beschwerdeführerin die vom Amtsarzt „aufgetragene“ Haaranalyse verweigerte, erging von der belangten Behörde eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14.02.2014. In dieser Verständigung wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, binnen einer Frist von 3 Wochen ab Zustellung eine Haaranalyse und einen FA-Befund für Psychiatrie vorzulegen. Ferner wurde ihr angekündigt, dass widrigenfalls die Lenkberechtigung bis zur Beibringung der genannten Befunde zu entziehen wäre.

 

Bei dieser Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme handelt es sich um ein Aufforderungsschreiben und nicht um einen Bescheid.

 

V.1.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde nach § 24 Abs. 4 FSG bei Bedenken, ob die Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung noch gegeben ist, nur ermächtigt, eine bescheidmäßige Aufforderung zu erlassen, der Betreffende möge sich ärztlich untersuchen lassen oder die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (diese wären im Aufforderungsbescheid im Einzelnen anzuführen) zu erbringen. Nur ein derartiger Bescheid wäre eine taugliche Grundlage für eine sogenannte „Formalentziehung“ nach § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG (VwGH 13.08.2004, 2004/11/0063, VwGH 22.06.2010, 2010/11/0067).

 

Einen derartigen Aufforderungsbescheid hat die belangte Behörde allerdings nicht erlassen. Im rechtskräftigen Mandatsbescheid vom 28.11.2013 wurde lediglich ausgeführt, dass gegebenenfalls eine Haaranalyse zu erbringen sei. Ein Bescheid, welcher konkret bezeichnet, welche erforderlichen Befunde im Einzelnen von der Beschwerdeführerin beizubringen sind, wurde nicht erlassen; insbesondere kann das Aufforderungsschreiben vom 14.02.2014 nicht als ein solcher Bescheid gewertet werden. In weiterer Folge erging sogleich der nunmehr angefochtene Bescheid vom 21.03.2014, mit welchem die Lenkberechtigung entzogen wurde, zumal die Beschwerdeführerin die vorgeschriebenen Befunde (FA Psychiatrie und Haaranalyse) nicht beigebracht habe.

 

Im Hinblick auf die obige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde der Beschwerdeführerin aber nicht ausreichend konkret vorgeschrieben, welche „erforderlichen Befunde“ sie beizubringen habe. Weder der Mandatsbescheid vom 28.11.2013 noch die Aufforderung vom 14.02.2014 werden der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gerecht.

 

V.1.2. Ferner ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung – im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides (nunmehr: Beschwerde/Erkenntnis) – bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Grundsätzlich müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, sehrwohl müssen jedoch genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, welche die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 13. August 2004, 2004/11/0063; VwGH 25.05.2005, 2004/11/0016; VwGH 28.06.2011, 2009/11/0095).

 

Im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.03.2014 werden derartige Bedenken nicht dargelegt. Weshalb begründete Bedenken bestehen, dass die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen der Beschwerdeführerin nicht bestehen würden, lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen.

 

V.1.3. Insgesamt war daher der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtenen Bescheid vom 21.03.2014 aufzuheben. Es ist nunmehr Sache der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin die vom Amtsarzt für die Erstattung des Gutachtens nach § 8 FSG geforderte Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie bzw. die Beibringung allfälliger sonstiger Befunde, insbesondere einer Haaranalyse, gemäß § 24 Abs. 4 FSG konkret unter Setzung einer entsprechenden Frist vorzuschreiben, wobei die Notwendigkeit der jeweiligen Befunde entsprechend zu begründen sein wird.

 

V.2. Gemäß § 27 VwGVG wird der Prüfungsumfang des angefochtenen Bescheides mittels der Beschwerde geregelt. Nach dem Wortlaut der Bestimmung könnte man die Ansicht vertreten, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht von Amts wegen als Beschwerdegrund aufzugreifen sei. Dagegen spricht jedoch, dass das Landesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der in seinen Verfahren maßgeblichen Garantien des Art. 6 EMRK und des Art. 47 GRC ein im Rahmen des Beschwerdevorbringens mängelfreies und rechtsstaatliches Verfahren durchzuführen hat, sodass gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das Landesverwaltungsgericht allfällige Verletzungen von Verfahrensvorschriften im Rahmen eines geltend gemachten (materiellen) Beschwerdegrundes aufzugreifen bzw. zu sanieren hat, zumal solche als akzessorisch zum geltend gemachten materiellen Beschwerdegrund anzusehen sind. Auch ein Vergleich zu § 41 VwGG legt nahe, dass Verletzungen von Verfahrensvorschriften (nicht nur vom VwGH, sondern auch vom Landesverwaltungsgericht) von Amts wegen aufgegriffen werden können (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 27 VwGVG, K2).

Zur Frage, ob eine Bindung des Landesverwaltungsgerichtes an die Beschwerdegründe insofern besteht, als vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Beschwerdegründe vom Landesverwaltungsgericht von Amts wegen nicht aufgegriffen werden dürfen, somit diesbezüglich ein Überprüfungsverbot besteht, ist ferner darauf hinzuweisen, dass in jedem Verfahren – so auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht – die Notwendigkeit besteht, den Gegenstand des Verfahrens abzustecken. Da der Gegenstand des Verfahrens gerade nicht durch die Erklärung des Beschwerdeführers, in welchem subjektiven Recht er sich verletzt betrachtet, erfolgen soll, weil eine solche Erklärung nach § 9 Abs. 1 VwGVG nicht verlangt wird, bedarf es anderer Kriterien, nach denen sich der Gegenstand des Verfahrens bestimmen lässt. Dass sich dafür sowohl die Begründung der Beschwerde als auch das darin enthaltene Begehren in besonderem Maß eignen, liegt auf der Hand. Daraus wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber in § 27 VwGG nicht darum ging, das Landesverwaltungsgericht, soweit es den Inhalt seiner Entscheidung betrifft, an die Beschwerdegründe zu binden, sondern mit § 27 VwGVG lediglich eine Grundlage schaffen wollte, den Gegenstand des Verfahrens abzustecken. Eine strikte Bindung an die in der Beschwerde enthaltenen Gründe hätte zur Folge, dass – auch außerhalb des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens – eine „reformatio in peus“ regelmäßig nicht stattfinden dürfte. Insgesamt sprechen die besseren Gründe dafür, dass das Landesverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Rechtssache nicht an die in der Beschwerde enthaltenen Gründe gebunden ist (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 27 VwGVG, K7).

 

Insofern war das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dazu verpflichtet, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.03.2014, GZ: FE-1502/2013 auch dahingehend zu überprüfen, ob die zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden; insbesondere ob also die erforderlichen Befunde in Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes konkret in einem Aufforderungsbescheid vorgeschrieben wurden und ob auch eine entsprechende Begründung hinsichtlich der Bedenken im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung der Beschwerdeführerin vorlag.

 

Entsprechend der obigen Ausführungen war somit im Ergebnis der angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 


 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Karin Lidauer