LVwG-840027/3/KLi/Rd/BRe

Linz, 16.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über den Antrag der x AG, vertreten durch x Rechtsanwälte, x, x, vom 12. Mai 2014 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich betreffend das Vorhaben "Lieferung von Auftausalz B und L-Straßen im Bundesland x – Straßenbezirk x (BauE-000.105/389-2014-Ga)",

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Dem Antrag wird gemäß § 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, statt­gegeben und dem Auftraggeber Land Oberösterreich die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 12. Juli 2014, untersagt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Eingabe vom 12. Mai 2014 hat die x AG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, in eventu die Nichtigerklärung der Ausschreibungsunterlagen sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu unter­sagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschal­gebühren in Höhe von insgesamt 3.000 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass der Auftraggeber zwei offene Verfahren zum Abschluss jeweils eines Lieferauftrages im Oberschwellenbereich zur Beschaffung von Auftausalz zeitgerecht und nach Bedarf für Landesstraßen B und L in x im Straßenbezirk x und im Straßenbezirk x durchgeführt habe. Der gegenständliche Antrag beziehe sich auf das Verfahren Straßenbezirk West.

 

Mit 25. Februar 2014 sei die Bekanntmachung über die Einleitung der Verfahren im Supplement zum Amtsblatt der EU, Nr. 2014/S 039-064231, erfolgt. Das Ende der Angebotsfrist sei mit 17. April 2014 festgelegt worden und habe die Antragstellerin für beide Ausschreibungen Angebote gelegt.

Laut Niederschrift der Angebotsöffnung am 17. April 2014 seien nur zwei Angebote abgegeben worden.

 

Mit Schreiben vom 25. April 2014 – der Antragstellerin zugestellt am 30. April 2014 per EMail – wurde bekanntgegeben, dass beabsichtigt sei, der x GmbH den Zuschlag zu erteilen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Antragstellerin eine Gesamtpunktzahl von 93,475 Punkte erreicht habe. Der vorgesehene Zuschlagsempfänger habe einen Einheitspreis von 73,80 Euro/to, bzw einen Gesamtpreis (netto) von 738.000 Euro zzgl. 20% USt von 147.600 Euro, sohin einen Gesamtpreis (brutto) von 885.600 Euro, angeboten, wofür 78 Punkte (Antragstellerin: 71,955 Punkte) zu vergeben gewesen seien. Bei der Qualitätsbewertung habe das Angebot des präsumtiven Zuschlagsem­pfängers beim Feuchtigkeitsgehalt 3 Punkte (Antragstellerin: 4 Punkte), beim Gehalt an NaCl 1,6 Punkte (Antragstellerin: 3,68 Punkte), beim Sulfatgehalt 2 Punkte (Antragstellerin: 4 Punkte), beim Feinanteil 1,64 Punkte (Antragstellerin: 1,84 Punkte) und beim Grobkornanteil 8 Punkte (Antragstellerin: 8 Punkte) erhalten. Die Gesamtpunkteanzahl für das Angebot der präsumtiven Zuschlags­em­pfängerin betrage daher 94,24 Punkte. Der Nachteil des Angebots der Antragstellerin gegenüber jenem der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ergebe sich aus der niedrigeren Punktezahl. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 10. Mai 2014 festgelegt.

 

Von der Antragstellerin wurde ihr Interesse am Vertragsabschluss ausführlich geschildert und bekannt gegeben, dass Schäden aufgrund der bisher ange­laufenen frustrierten Kosten, des entgangenen Gewinns und des Verlustes eines Referenzprojekts drohen würden. Zudem erachte sich die Antragstellerin neben ihrem Recht auf Durch­führung eines rechtskonformen Verfahrens und auf Zuschlagserteilung, insbe­sondere auf Prüfung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien, insbesondere auf Prüfung, ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht sowie auf vergaberechtskonformes Vorgehen bei der Feststellung von Mängeln des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, aber auch auf Ausscheiden von Angeboten, die den Ausschreibungsbestim­mungen widersprechen sowie von fehlerhaften Angeboten, verletzt.

 

Zu den Rechtswidrigkeitsgründen wurde von der Antragstellerin vorgebracht, dass gemäß der Leistungsbeschreibung (AU Teil D, S.34) das angebotene Auftau­salz bestimmte Mindestkriterien erfüllen müsse, welche als Mindest- oder Höchstgrenzen angegeben seien.

Die vom Bieter im Angebotsformular anzugebende Qualität sei für alle Liefe­rungen verbindlich. Dies ergebe sich aus Punkt 2.1. der Vertragsbestimmungen (AU Teil B, S.22). Bekräftigt werde dies durch Punkt 9 der Vertragsbestim­mungen (AU Teil B, S.28), der die Nichteinhaltung der vom Bieter ange­botenen/zugesicherten Qualität pönalisiert, wobei für jedes der Qualitäts­parameter eine Toleranz und eine Berechnungsformel für einen prozentuellen Abzug vorgegeben sei, der vom Preis mangelhafter Lieferungen abzuziehen sei.

 

Ein Bieter habe daher ausschließlich Qualitätswerte im Angebotsformular ver­wenden dürfen, welche er auch einhalten könne. Produkte, die Abweichungen von den angebotenen Qualitätswerten aufweise, habe ein Bieter jedenfalls nur dann anbieten dürfen, wenn diese Abweichungen sich innerhalb der in Punkt 9 der Vertragsbestimmungen festgelegten Toleranzen bewege.

 

Gemäß Punkt 24 der AU (Teil A) – von der Antragstellerin zitiert - werden die Qualitätsangaben der Bieter nach Schema bewertet.

Die Antragstellerin habe die Qualitätsbewertung des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Auftausalzes gemäß den Bewertungsregeln in der AU zurückgerechnet. Demnach habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Auftausalz folgender Qualität angeboten:

 

 

Qualitätskriterium

Punkte lt. Zuschlagsentscheidung

Angebotene Qualität (rückgerechnet)

Feuchtigkeitsgehalt

3 Punkte

0,2%

Gehalt an NaCl

1,6 Punkte

98,5%

Sulfatgehalt

2 Punkte

3300mg/kg

Feinanteil

1,64 Punkte

0,9%

Grobkornanteil

8 Punkte

0%

       

Dies bedeute, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin gegenüber den Min­dest­anforderungen der AU ein „Mehr“ an Qualität angeboten habe und dies auch vom Auftraggeber bewertet worden sei. Diese zusätzlichen Qualitätspunkte seien ausschlaggebend für die höhere Gesamtpunkteanzahl der präsumtiven Zu­schlags­empfängerin gewesen.

 

Die Qualitätsangaben im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin seien offensichtlich und zwingend unrichtig, da diese Produkte mit derartigen Spezifikationen nach eigenen Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu Folge nicht zu liefern seien. Dieser Umstand hätte dem Auftraggeber bei der Angebotsprüfung jedenfalls auffallen müssen und hätte zum zwingenden Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin führen müssen. Bei rechtskonformer Durchführung des Vergabeverfahrens hätte die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin ausfallen müssen.

 

Aus den Qualitätsangaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei erkennbar, dass diese gegenständlich Steinsalz angeboten habe. Steinsalz sei ein Naturprodukt, welches in seiner chemischen Zusammensetzung stark schwanke. Dies sei von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im beim UVS OÖ anhängig gewesenen Verfahren (VwSen-550596) selbst vorgebracht worden.

 

„Zum schwankenden NaCl-Gehalt des Produkts Siedesalz wurde in der damaligen Entscheidung von der Antragstellerin ausgeführt, dass das Siedesalz typischer­weise aufgrund seiner industriellen Herstellung einen konstanten NaCl-Gehalt von 99,9% habe. Steinsalz habe als Naturprodukt keinen völlig einheitlichen NaCl-Gehalt, da dieser aus geologischen Gründen je nach Abbaugebiet schwanken könne. Die Einhaltung eines konstanten NaCl-Gehalts von 99,9% könne somit bei der Lieferung von Steinsalz nicht gewährleistet werden. Der NaCl-Gehalt des Steinsalzes der Antragstellerin bewege sich jedenfalls durchwegs zwischen 97,5 und 98,6%.

Zum schwankenden Sulfatgehalt ihres Produkts habe die präsumtive Zuschlags­empfängerin Ähnliches erklärt, und zwar dass der Sulfatanteil des Steinsalzes der Antragstellerin aufgrund der Eigenschaft von Steinsalz als Naturprodukt aus geologischen Gründen höheren Schwankungen ausgesetzt und sich zwischen 1.300 mg/kg und 10.000 mg/kg bewege.“

Dies sei auch vom damals bestellten Gutachter bestätigt worden.

 

Den Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu ihren eigenen Produkten folgend, ergebe sich, dass sie bestenfalls in der Lage sei, Auftausalz mit einem NaCl-(Mindest-)Gehalt von 97,5% und einem Sulfat-(höchst-)anteil von 10.000 mg/kg, anzubieten. Aufgrund der natürlichen Schwankungen ihres Produkts könne die präsumtive Zuschlagsempfängerin die angebotene Qualität nicht einhalten. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe laut dem Ergebnis der Angebotsbewertung jedoch einen NaCl-Gehalt von 98,5% und einen Sulfat-Anteil von 3.300 mg/kg angeboten. Dies, obwohl sie diese chemischen Eigenschaften nach ihren eigenen Angaben aufgrund der natürlichen Schwankungen gar nicht gewährleisten könne.

 

Mit diesem Vorgehen habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin gegen § 108 Abs.2 BVergG 2006 verstoßen. Auch hätten diese unrichtigen Angaben dem Auftraggeber im Hinblick auf das bereits abgeführte Vergabeverfahren auffallen müssen: Schließlich sei er Auftraggeber in jenem Nachprüfungsverfahren vor dem UVS OÖ gewesen, in welchem die jetzige präsumtive Zuschlagsempfängerin ausdrücklich erklärt habe, nur gewisse Qualitätsanforderungen – welche erheb­lich unter der angebotenen und bewerteten Qualität liegen – erfüllen könne. Der Auftraggeber hätte diesen Umstand im Rahmen dieses Angebotsprüfungsver­fahrens gemäß § 123 Abs.2 BVergG 2006 prüfen und das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als fehlerhaft ausscheiden müssen.

 

Für die beiden Qualitätskriterien NaCl-Gehalt und Sulfatgehalt wären daher statt der vergebenen 3,6 Punkte 0 Punkte zu vergeben gewesen. Laut Zuschlags­entscheidung sei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 94,24 Punkte und das Angebot der Antragstellerin mit 93,475 Punkte bewertet worden. Bei richtiger Bewertung (Abzug von 3,6 Punkten vom Bewertungsergebnis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) wäre daher dem Angebot der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen gewesen.

 

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei aber auch noch deshalb auszuscheiden gewesen, zumal die AU eine ausdrückliche Festlegung zu den Schwankungen bei Qualitätswerten, die die angebotenen Produkte aufweisen dürfen (sh Tabelle in Teil B, Punkt 9 der AU, s. 28). Aus den Angaben der prä­sum­tiven Zuschlagsempfängerin im genannten Verfahren vor dem UVS OÖ ergebe sich nun, dass die natürlichen Eigenschaften des Produkts dazu führen, dass diese Toleranzen weit überschritten werden. Die Schwankungen über­schreiten die zulässige Toleranz beim Gehalt an NaCl also um mehr als 500%, beim Sulfatgehalt um mehr als 4000%.

Das Angebot wäre daher vom Auftraggeber als den Ausschreibungsbestim­mungen widersprechend auszuscheiden gewesen.

 

Nach Zitierung des Punktes 11.4.3. der AU wurde weiters ausgeführt, dass aus derartigen – bei sonstigem Ausscheiden lt. AU – vorzulegenden Bescheinigungen der Auftraggeber klar entnehmen hätte können, dass das angebotene Produkt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht der angebotenen Qualität ent­sprechen könne. Demnach aber die präsumtive Zuschlagsempfängerin entweder gar keine Bescheinigungen vorgelegt oder aber Bescheinigungen vorgelegt habe, welche sich lediglich auf eine (einzelne) Probe des angebotenen Auftausalzes beziehen, nicht aber – wie ausdrücklich in der AU gefordert – Bescheinigungen ... zum Nachweis, dass das angebotene Auftausalz in qualitativer Hinsicht zumindest den im Angebotsformular angegebenen Qualitätskriterien entspricht. Im Lichte der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin selbst zugestandenen Schwankungen der Qualität ihres Produkts entspreche die Vorlage einer Bescheinigung über eine einzige Probe keinesfalls dieser Anforderung.

 

Schließlich hätte dem Auftraggeber bekannt sein müssen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit genau den hier thematisierten Qualitätskriterien bei laufenden Aufträgen große Probleme habe. So sei in der Branche bekannt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nach erfolgreicher Beteiligung ein einer gleichgelagerten Ausschreibung des Landes für die Lieferung von Auftausalz für den Straßenbezirk x die dort angebotenen Kriterien bei zahlreichen Lieferungen nicht einhalten habe können. Der Auftraggeber hätte bei seiner Prüfung berücksichtigen müssen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin im Verfahren (Straßenbezirk x) dem Vernehmen nach weder den von ihr angebotenen NaCl-Gehalt noch den Sulfatgehalt oder den Feinanteil einhalten habe können. Dennoch habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin im konkreten Verfahren noch schwerer zu erreichende Werte angeboten.

 

In diesem Zusammenhang hätte der Auftraggeber auch die Referenzen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zum Nachweis der technischen Leistungs­fähigkeit genau prüfen müssen. Dabei hätte der angesprochene Auftrag (Straßenbezirk x) keinesfalls als entsprechende Referenz gewertet werden dürfen, da eine Bestätigung, dass diese Leistung fachgerecht und ordnungs­gemäß ausgeführt wurde nach den uns vorliegenden Informationen vom Land keinesfalls zu Recht hätte erteilt werden dürfen.

 

In eventu sei die Ausschreibung aufgrund nicht geeigneter Zuschlagskriterien zu widerrufen, zumal die AU keinerlei Vorkehrungen treffe, um eine mit den Grundsätzen des Vergaberechts in Einklang stehende Bewertung von Auftausalz derart schwankender Qualität zu ermöglichen. Daher wäre die gesamte Aus­schreibung gemäß § 139 Abs.1 Z2 BVergG 2006 zwingend zu widerrufen. Könne der Bestbieter auf Grundlage der Ausschreibung nicht ermittelt werden, so sei die Ausschreibung nicht präkludiert. Zu beachten wäre auch, dass die Bewertungs­kriterien mit dem Zweck des Auftrages zusammenhängen und zur Erreichung des Zwecks geeignet sein müssen. Die Bewertung einer nicht näher definierten „durchschnittlichen Qualität“ sei zur Erreichung des Zwecks jedoch nicht geeig­net. Sie sei vielmehr nicht überprüfbar, unsachlich und damit vergaberechts­widrig.

 

Zum Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung verweist die Antrag­stellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag. Hinsichtlich der Interessenabwägung wurde ausgeführt, dass einer einstweiligen Aussetzung der angefochtenen Entscheidung kein besonderes Interesse des Auftraggebers oder Öffentlichkeit entgegenstehen würde. Nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden sowie auch der Höchstgerichte habe grundsätzlich jeder öffentliche Auftraggeber mit der Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens einschließlich der Verzögerung des Vergabeverfahrens durch eine einstweilige Verfügung zu rechnen. Wenn diese Möglichkeiten vom Auftraggeber bei seiner Beschaffungsplanung nicht beachtet worden seien, könne dies nicht zu Lasten eines Bieters gehen.

 

Demgegenüber stehen die Interessen der Antragstellerin, wonach bei Aufrecht­erhaltung der Auftraggeberentscheidung sie in ihrem Recht auf Beteiligung an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und damit die Chance auf Zuschlags­erteilung verletzt werde. Auch drohe Schaden durch den entgangenen Gewinn und des Verlustes eines Referenzprojekts.     

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat das Land Oberösterreich als Auftraggeber am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Von diesem wurde zum An­trag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung keine Stellungnahme abgegeben.

 

3.  Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch das Land. Das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Lieferauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung ent­standene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antrag­stellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Ver­fügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dring­lichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durch­geführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminier­ten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlos­sen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Landesverwal­tungs­gericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interes­sensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontroll­instanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsver­fahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu ver­weisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen  durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Karin Lidauer