LVwG-300294/17/Kl/Rd/PP

Linz, 09.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Beschwerde des
x, vertreten durch x Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Februar 2014, Ge96-4176-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz (ASchG) iVm der Bauarbeiterschutz-verordnung (BauV), nach Durch­führung einer mündlichen Verhandlung am 15. Mai 2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben und die ver­hängte Geldstrafe auf 700 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden herabgesetzt.

Der Antrag auf Erstattung der Kosten des Rechtsmittelverfahrens wird gemäß § 74 AVG iVm § 17 VwGVG abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren. Der Kosten-beitrag zum behörd­lichen Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß
§ 64 Abs. 2 VStG mit 70 Euro (10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe) bestimmt.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
24. Februar 2014, Ge96-4176-2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz-freiheitsstrafe von 96 Stunden, gemäß § 130 Abs. 5 Z1 iVm § 118 Abs. 3 ASchG und § 87 Abs. 2 iVm §§ 9 Abs. 4 und 30 Abs. 1 BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x mit dem Sitz in x, x, diese ist Inhaberin von Gewerbeberechtigungen für „Zimmermeister (§ 149 GewO 1994)“, „Baumeister (§ 99 GewO 1994)“, „Handelsgewerbe“ und „Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau (§ 94 Z69 GewO 1994) eingeschränkt auf Stahlbau“ an den Standorten x, x, bzw. x, x (Handelsgewerbe), nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des ASchG iVm der BauV eingehalten werden.

Der Arbeitsinspektor x hat bei einer Kontrolle am 3.10.2013 festgestellt, dass am 3.10.2013 auf der Baustelle x, x, der überlassene Arbeitnehmer x (geb. x, Überlasser: x) bei einer Absturzhöhe von ca. 12 m auf dem Flachdach zwischen Abgrenzung und Absturzkante für Montagearbeiten für den Unterbau der Attika beschäftigt wurde, wobei er nicht entsprechend sicher angeseilt war, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein müssen. Der Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante darf nur betreten werden, wenn dies aus arbeitstechnischen Gründen erforderlich ist. In diesem Fall müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 BauV sicher angeseilt sein.  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Zurückverweisung an die Behörde I. Instanz, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe sowie den Bund schuldig zu erkennen, dem Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittelverfahrens im gesetzlichen Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der ausgewiesenen Vertreter zu bezahlen,  bean­tragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Montage­arbeiten unter der Leitung des Baumeisters x auf dem Flachdach durchgeführt worden seien. Der Arbeitnehmer x sei mit dem Zurechtschneiden der Holz­bretter eingeteilt gewesen. Der Arbeitsbereich auf dem Flachdach sei mit einem Geländer als Absturzsicherung gesichert gewesen und seien alle dort be­findlichen Personen, auch der Arbeitnehmer x, sicher angeseilt gewesen. Ein Betreten des Bereiches außerhalb des Geländers sei den Arbeitnehmern nach den Anweisungen des Baumeisters nicht erlaubt gewesen. Nachdem der Arbeitnehmer x die ersten zwei Holzbretter zurechtgeschnitten hatte, habe er offenbar prüfen wollen, ob diese die passende Länge hätten. Dazu habe er aus Eigenem ohne Erlaubnis sein Sicherheitsseil abgelegt, zwei Bretter des Geländers abmontiert und so die Absperrung überwunden. Er habe sich einen kurzen Moment im Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante bewegt. Der Baumeister habe ihm noch nachgerufen, dass er wieder zurückkommen solle. In diesem Moment habe der Arbeitsinspektor festgestellt, dass der Arbeitnehmer x im Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante gestand sei, ohne entsprechend sicher angeseilt gewesen zu sein.

Der Beschwerdeführer sei selbst nicht vor Ort gewesen, sondern habe die Leitung auf der Baustelle dem Baumeister übertragen. Dieser sei auch für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlich gewesen. Dabei handle es sich um einen gewissenhaften Mitarbeiter der über einschlägige Kenntnisse der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verfügt. Dem Beschwerdeführer sei daher kein Verstoß gegen die Vorschriften des ASchG und der BauV anzulasten. Es seien tatsächlich alle in der BauV angeführten Sicherheitsmaßnahmen einge­halten worden, in dem der Arbeitsbereich auf dem Flachdach in Form eines Geländers abgesichert gewesen sei. Des Weiteren seien alle Arbeitnehmer, für den Fall, dass ein Betreten des Bereiches zwischen Abgrenzung und Absturzkante aus arbeitstechnischen Gründen erforderlich werde, mit Sicherheitsseilen ange­seilt. Der Arbeitnehmer x sei angewiesen worden, innerhalb des durch das Geländer eingezäunten Arbeitsbereichs Holzbretter zurechtzuschneiden, ohne dabei den Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante zu betreten. Weder der Beschwerdeführer noch der vor Ort verantwortliche Baumeister konnten und mussten damit rechnen, dass der Arbeitnehmer unter Außerachtlassung jedweder Anweisungen und grob sorgfaltswidrig die Schutzeinrichtungen teilweise demontiert habe, das Sicherheitsseil ablegt und ohne Erlaubnis in den Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante eindringt. Bei einem derart fahrlässigen und eigenmächtigen Verhalten sei weder dem Beschwerdeführer noch dem Baumeister irgendein Verschulden anzulasten. Die Ausführungen der belangten Behörde, dass von einer grob fahrlässigen, wenn nicht sogar vorsätz­lichen Tatbegehung ausgegangen werden müsse, würden unter diesen Gesichtspunkten jeder Grundlage entbehren.

Zur Strafhöhe wurde vorgebracht, dass, selbst wenn man zur Ansicht gelange, dass der Beschwerdeführer seinen Kontrollpflichten nicht nachgekommen sei und überdies auch damit rechnen musste, dass ein Arbeitnehmer allen Anweisungen und Sorgfaltsmaßstäben zuwider, die vorhandenen Schutzeinrichtungen abmon­tiert, so das Geländer überwindet und sich dadurch vorschriftswidrig im Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante bewegt, so sei die verhängte Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro jedenfalls zu hoch bemessen. Ausgehend von einem Strafrahmen von 166 Euro bis 8.324 Euro müsse angesichts eines zu vernach­lässigenden Verschuldensgrades des Beschwerdeführers und unter Berück­sichtigung des Umstandes, dass sich der Arbeitnehmer grob fahrlässig verhalten habe, mit einem Geldbetrag am ganz unteren Ende des Strafrahmens das Auslangen gefunden werden.        

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­waltungsgericht vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde am Ver­fahren beteiligt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15. Mai 2014, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde durch x vertreten. Des Weiteren wurde x sowie Baumeister x als Zeugen geladen und einvernommen. Der ebenfalls geladene Zeuge x ist trotz ausgewiesener Ladung nicht zur Verhandlung erschienen. Im Zuge der Verhandlung wurde die Beschwerde auf das Strafausmaß eingeschränkt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt wurde festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x.

 

Herr x war der vor Ort zuständige Vorarbeiter und Bauleiter war der Zimmermeister x. Zuständig für die Einhaltung des Arbeitnehmer­schutzes war Herr x. Die Einweisung der Arbeitnehmer erfolgte durch den Vorarbeiter Herrn x. Der Beschwerdeführer habe keine Unterweisungen der Arbeitnehmer vorgenommen. Weder der Vorarbeiter x noch der Zimmer­meister x werden vom Beschwerdeführer auf der Baustelle kontrolliert. Der Beschwerdeführer kümmerte sich gar nicht um die konkrete Baustelle, da er für kaufmännische Angelegenheiten zuständig ist.

 

Die Hierarchie im Unternehmen stellt sich so dar, dass es einen handels­rechtlichen Geschäftsführer (den Bf) gibt. Darunter gibt es für jeden Bereich einen Prokuristen und darunter die jeweiligen Bau- und Zimmermeister. Die Bau- und Zimmermeister sind geschult für die jeweiligen Arbeitnehmerschutzbestim­mungen und verantwortlich für deren Einhaltung auf den jeweiligen Baustellen. Das Unternehmen ist SCC zertifiziert und gibt es einen eigenen Ausschuss für Arbeitssicherheit im Unternehmen, welcher eine Evaluierung der Arbeitnehmer­schutzbestimmungen vornimmt und die jeweiligen Anweisungen an die Verant­wortlichen weitergibt. Es gab weder mit Herrn x noch mit Herrn x Probleme und ist das Unternehmen darauf bedacht, dass diese beiden ihre Aufgaben im Bereich des Arbeitnehmerschutzes entsprechend wahrnehmen.

Eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Baustelle lag nicht vor. 

Zum Kontrollzeitpunkt waren Sekuranten auf dem Flachdach montiert und war bei der Absturzkante ein Geländer angebracht. Sicherheitsseile und -geschirr waren auf der Baustelle ebenfalls vorhanden und zum Teil schon am Flachdach gespannt bzw. lag auch das Sicherheitsgeschirr am Flachdach bereit. Die Absturzhöhe betrug ca. 12 m. Während der Kontrolle durch den Arbeitsinspektor wurden vom Arbeitnehmer x die Geländerpfosten abmontiert und verrichtete er außerhalb der Absperrung Arbeiten ohne dabei angeseilt gewesen zu sein. Der Arbeitnehmer wurde in Gegenwart des Arbeitsinspektors sofort von Herrn x und einem weiteren Arbeitnehmer zurückgerufen und kam dieser der Aufforderung nach. Der Arbeitnehmer x war mit Zuschnittarbeiten auf dem Flachdach betraut. Eine Anweisung durch den Vorarbeiter, wonach die zugeschnittenen Stücke auf deren Passgenauigkeit nachkontrolliert werden müssen, erfolgte nicht. Diese Vorgehensweise und das dazu notwendige Überschreiten der Absperrung ohne sich anzuseilen, erfolgte in Eigenengagement des Arbeitnehmers und somit ohne ausdrückliche Anordnung durch den Vorarbeiter und war dieses Verhalten für den Vorarbeiter nicht vorhersehbar.

Im Anschluss an die Kontrolle teilte der gerügte Arbeitnehmer x dem Vorarbeiter x mit, dass er schon einige Male bei Kontrollen beanstandet worden sei; weiters sei dem Vorarbeiter bekannt gewesen, dass Herr x bereits zweimal abgestürzt sei. Herr x wurde aufgrund des Vorfalles nicht mehr weiter auf der Baustelle beschäftigt, sondern wieder der Überlasserfirma rückgestellt.

Aufgrund der besonderen Situation vor Ort haben sowohl der Beschwerde­führer als auch das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck im Zuge der Verhandlung einver-nehmlich die Ansicht vertreten, dass mit einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf 700 Euro, das Auslangen gefunden werden kann.      

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Zumal das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 9 VwGVG an die vom Beschwerdeführer angegebenen Beschwerdepunkte gebunden ist und gegenständlich anlässlich der Verhandlung die Beschwerde auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde, war auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht einzu­gehen.

 

5.2.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwort­liche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des straf­rechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

5.2.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, welche durch genau jene Gefähr-dungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegen-wirken sollen. Durch die Absturzhöhe von 12 m ist dieses Rechtsgut intensiv beeinträchtigt.

 

5.2.4. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 2.000 Euro verhängt. Der Straf­rahmen für die zur Last gelegte Übertretung reicht, da von einem Wiederho­lungs­fall auszugehen ist, von 333 Euro bis 16.659 Euro. Strafer­schwerend wurden einschlägige rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertre­tungen des ASchG bzw der BauV, strafmildernd kein Umstand gewertet. Die von der be­langten Behörde verhängte Geldstrafe sei deshalb höher ausgefallen als jene vom Arbeitsinspektorat geforderte, da die bisher verhängten Geldstrafen nicht geeignet waren, den Beschwerdeführer von gleichartigen Verwaltungsübertre­tungen abzuhalten. Aufgrund der aufscheinenden Verwaltungsvormerkungen ist die belangte Behörde von einer zumindest grob fahrlässigen, wenn nicht sogar vorsätzlichen Tatbegehung ausgegangen. Mangels Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca.
3.500 Euro, keinem Vermögen und der Sorgepflicht für ein Kind ausgegangen und wurde diese der Strafbemessung zugrunde gelegt. Dieser Schätzung wurde in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten, sodass diese auch vom Landes-ver­waltungsgericht Ober­österreich bei seiner Strafbemessung herangezogen werden konnte.

 

5.2.5. Zum Unrechtsgehalt der Tat ist zu bemerken, dass sich der Arbeitnehmer auf einem Flachdach mit einer Absturzhöhe von 12 m befunden hat und dabei Montagearbeiten außerhalb der Abgrenzung, und zwar im Bereich der Absturz­kante durchgeführt hat, ohne sich dabei sicher anzuseilen. Grundsätzlich erscheint dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Verhängung von höheren Geldstrafen bei einer solchen massiven Gefährdung durchaus gerecht­fertigt, noch dazu, wenn bereits rechtskräftige einschlägige Verwaltungsstrafvor­merkungen gegeben sind. Im gegenständlichen Fall war jedoch auf die besondere Konstellation des Einzelfalles, nämlich dass im unmittelbaren Beisein des Arbeitsinspektors und des Vorarbeiters durch jedwede Außerachtlassung der Sicherheitsvorkehrungen durch den Arbeitnehmer, indem dieser die bestehende Absturzsicherung demontierte und trotz entsprechender Belehrung durch den Vorarbeiter und Bauleiter, das bereitliegende Sicherheitsgeschirr nicht verwendet hat, um eine Arbeit durchzuführen, die weder angeordnet noch zu dem Zeitpunkt erforderlich gewesen ist, hinzuweisen. Dabei kann wohl nur von einem „Blackout“ im Sinne eines kaum vorhersehbaren, völlig unbesonnenen Handelns des Arbeitnehmers gesprochen werden.

 

Der Beschwerdeführer wird in diesem Zusammenhang auf die zahlreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich Kontrollsystem, insbesondere des eigenmächtigen Handelns von Arbeitnehmern (vgl. VwGH vom 23.7.2004, 2004/02/0002, 19.10.2001, 2000/02/0228, 5.9.2008, 2008/02/0129 uvm) sowie auf die Kontrollkette eines hierarchisch aufgebauten Kontrollsystems (vgl. VwGH vom 9.9.2005, 2005/2005/02/0018, eindringlich hingewiesen.

 

Aufgrund der Tatsache, dass vom Beschwerdeführer alle notwendigen Sicher-heitseinrichtungen auf der Baustelle vorhanden und auch einsatzbereit an der konkreten Arbeitsstelle am Flachdach für die Arbeitnehmer bereit lagen, und der Arbeitnehmer noch vor dem Kontrollorgan vom Vorarbeiter sofort zurückgerufen und ermahnt wurde, und des Umstandes, dass sich nur ein Arbeitnehmer nicht gesetzeskonform verhalten hat und ansonsten keine Beanstandungen hervor-traten, konnte die Annahme einer grobfahrlässigen und vorsätzlichen Tatbe-gehung bei weitem nicht belegt werden. Aus diesen Erwägungen heraus konnte mit einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß – das auch dem Arbeitsinspektorat angemessen erscheint – gerade noch das Auslangen gefunden werden. Bei einer neuerlichen Begehung habe der Beschwerdeführer mit einer weit empfindlicheren Geldstrafe zu rechnen.    

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen nicht vorlagen.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.

 

5.3. Hinsichtlich Punkt 4. des Antrages (Kostenersatz im Rechtsmittelverfahren) ist zu bemerken, dass § 74 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG den Grundsatz vorsieht, dass jeder Verfahrensbeteiligte, also auch der Beschuldigte in einem Verwal­tungsstrafverfahren, die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat, und zwar auch dann, wenn er mit seiner Eingabe erfolgreich war. Mangels einer gesetz­lichen Grundlage war daher der Antrag auf Kostenersatz im Rechtsmittelver­fahren abzuweisen.             

  

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kosten­beitrag zum behördlichen Verwaltungsverfahren war entsprechend herab­zusetzen (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).  

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht-sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht-sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt