LVwG-400042/2/MK

Linz, 07.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Einzelrichter Mag. Kitzberger über die Beschwerde des X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 28.10.2013, VerkR96-3885-2013, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.              Gemäß § 50 VwGVG iVm § 28 Abs.5 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

II.            Der Beschwerdeführer hat weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs.1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs.9 VwGVG) zu leisten.

 

III.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 Z2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Legalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 28. 10. 2013, VerkR96-3885-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe von 300,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 30,- Euro) verhängt, weil er am 15.06.2013 um 16:40 Uhr auf der Autobahn A 8 im Gemeindegebiet von x ein mehrspuriges KFZ mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da am Fahrzeug eine Vignette angebracht gewesen sei, die zum Tatzeitpunkt „nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale […] (Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette)“ aufgewiesen habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 11 Abs.1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl.Nr. I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 99/2013 (im der Folge: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs.1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem Bf angelastete Tatverhalten auf Grund der Anzeige der ASFINAG als erwiesen anzusehen sei.

Der verhängte Strafsatz sei dem Verschulden entsprechend bemessen und stelle ohnehin die vom Gesetzgeber festgelegte Mindeststrafe dar. Demzufolge würden auch die persönlichen Verhältnisse des Bf – wie Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse – in den Hintergrund treten.

 

I.2. Gegen dieses ihm am 17.12.2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27.12.2013 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung [nunmehr: Beschwerde].

 

Darin bringt der Bf vor, dass die zum Tatzeitpunkt auf seinem Kfz aufgeklebte Vignette gültig gewesen sei und erst durch Abziehen des Mautaufsichtsorgans ungültig geworden sei. 

Sohin würde – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Weiters führt der Bf an, dass er darauf gekommen sei, die Vignette nach Ablösen der Schutzfolie nicht sofort aufzukleben, sondern zunächst auf die Haut zu drücken und erst dann auf die Windschutzscheibe zu kleben, dabei aber eine Ecke umzuknicken, um sie nach Verfall leichter ablösen zu können. Die Vignette wurde im oberen getönten Bereich der Windschutzscheibe angebracht, da man dort zum Ablösen besser herankomme.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu VerkR96-3885-2013.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 44 Abs.3 Z3 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

II.2. Weil im BStMG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs.1 B‑VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III. In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

III.1. Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von 300,- Euro bis zu 3.000,- Euro zu bestrafen, der als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke – hierzu zählen nach § 1 Abs.1 und Abs.4 BStMG sämtliche als solche gekennzeichneten Bundesstraßen – benützte, ohne die nach § 10 BStMG geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

Davon ausgehend, dass die Maut gemäß § 2 BStMG entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten ist, unterlag die Benützung einer Mautstrecke mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t betrug, nach § 10 BStMG einer zeitabhängigen Maut. Diese war gemäß § 11 Abs.1 BStMG durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

III.2.1. Im gegenständlichen Fall wurde der Bf beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t auf der Autobahn A 8 betreten. Dies wird von ihm selbst auch gar nicht in Abrede gestellt.

 

Es kann daher als erwiesen angesehen werden, dass der Bf zum Tatzeitpunkt mit einem KFZ, das – ebenfalls allseits unbestritten – ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von weniger als 3,5 t aufwies, die Autobahn A 8 benutzt hat.

 

III.2.2. Die Autobahn A 8 zählte nach Teil A, Pkt. 2.1 (Seite 9), der auf § 14 BStMG basierenden „Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs“ in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Version 39[1] (im Folgenden kurz: MautO V 39) zum Tatzeitpunkt zu den mautpflichtigen Bundesstraßen.

 

Der Beschwerdeführer war daher nach § 10 erster Satz BStMG dazu verpflichtet, für die Benützung der A 8 mit seinem ein nicht über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufweisenden KFZ eine zeitabhängige Maut zu entrichten.

 

III.2.3. Zur Frage, ob diese Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde, ist in erster Linie auf die MautO V 39 hinzuweisen.

 

III.2.3.1. Nach Teil A I, Pkt. 7.1 (S. 15 f) MautO V 39 war die Vignette u.a. vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes ordnungsgemäß – insbesondere unter Verwendung des originären Vignettenklebers – anzubringen; jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) war nicht gestattet und verwirkte den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge war – nach dem vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar war (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen); jede Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (z.B. nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) führte ebenso zum Verlust des Nachweises der ordnungsgemäßen Mautentrichtung wie das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in der MautO zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder auch die chemische oder die technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird.

 

III.2.3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber angelastet, dass die an dessen KFZ aufgeklebte Vignette zum Tatzeitpunkt „nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale .... aufwies (Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette)“ (vgl. die entsprechende Formulierung der Anzeige der ASFINAG vom 15. Juni 2013, Zl. 110561261552+1, S. 2, die von der belangten Behörde sowohl in deren Strafverfügung vom 9. Juli 2013, VerkR96-25878-2013, als auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vom 28.10.2013, Zl. VerkR96-2885-2013, wortgleich übernommen wurde).

 

III.2.3.3. Wie sich aus dem zuvor Ausgeführten ergibt, war in Teil A I, Pkt. 7.1 (S. 15 f) der MautO V 39 zwar näher geregelt, welche Manipulationen an der Vignette unzulässig sind und in der Folge einen strafbaren Tatbestand verwirklichen bzw. zum Verlust der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Mautentrichtung führte (wie die Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften, ein Umkleben, eine Mehrfachverwendung, etc.).

 

Weder im BStMG selbst noch in der auf den §§ 14 bis 16 BStMG basierenden MautO V 39 fand sich jedoch eine normative Anordnung dahin, worin die „erforderlichen Sicherheitsmerkmale“ einer Vignette, die derartige Manipulationen erweisen (sollen), bestehen sollten.

 

Infolge dieses Fehlens von entsprechenden rechtsverbindlichen Festlegungen vermögen sohin aber weder ein Schriftzug „UNGÜLTIG“ noch beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung oder Ähnliches schon per se einen verwaltungsrechtlich strafbaren Tatbestand zu bilden.

 

Solange also entsprechende Ordnungsvorschriften über die Sicherheitsmerkmale der Vignette (im BStMG selbst oder) in der MautO fehlen, könnte eine strafbare Handlung in einer Sachverhaltskonstellation wie der hier gegebenen allenfalls darin liegen, dass der Zulassungsbesitzer insoweit eine nicht ordnungsgemäß angebrachte Vignette (Bsp.: Vignette wurde im Tönungsstreifen; Vignette wurde nicht direkt nach Ablösen von der Trägerfolie an Scheibe angebracht usw.) verwendet hat, als diese nicht direkt von der Trägerfolie auf die Windschutzscheibe geklebt wurde bzw. im Tönungsstreifen angebracht war; dem entsprechend wäre sohin auch der Spruch des Straferkenntnisses zu formulieren. Dass die Vignette hingegen nicht mehr die „erforderlichen Sicherheitsmerkmale“ aufwies, bildete jedoch auf dem Boden der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage kein Tatbestandsmerkmal, sondern vielmehr bloß ein Begründungs- bzw. Beweiselement (dies ganz abgesehen davon, dass sich den der Mitteilung der ASFINAG vom 13.08.2013 beigelegten „Beweisbildern“ ohnehin keineswegs entnehmen lässt, dass die auf dem KFZ des Beschwerdeführers aufgeklebte Vignette zum Tatzeitpunkt tatsächlich „nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale ..... [Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette]“ aufgewiesen hätte, da die Fotos erst nach Abziehen der Vignette von den Mautaufsichtsbeamten gemacht wurden).

 

Der gegenständlichen Beschwerde war sohin schon deshalb gemäß § 50 VwGVG jedenfalls insoweit stattzugeben, als das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Ungeachtet dessen wird es nicht gelingen dem Bf nachzuweisen, dass die Vignette bereits vor dem Abziehen durch die Mautaufsichtsorgane Hr. X und Hr. X ungültig gewesen sei und nicht erst durch das Abziehen ungültig geworden ist. Allein die Tatsache, dass Beamtenaussagen im Zweifel mehr Gewicht zukommt kann hier keine Anwendung finden, da augenscheinlich die Mautaufsichtsorgane die „Beweisfotos“ erst nach Abziehen der Vignette durch Hr. X gemacht haben und somit eine bereits bestehende Ungültigkeit der Vignette nicht nachgewiesen werden kann.

 

III.2.4. Aus diesen Gründen genügt daher der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG.

 

III.3. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (vgl. § 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (vgl. § 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

 

IV. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Kitzberger

 

 

 



[1] Abrufbar unter http://www.asfinag.at/maut/mautordnung/archiv