LVwG-600168/15/KLE/BD

Linz, 07.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des Herrn X , geb. X , X , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X , X , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16.1.2014, VerkR96-9438-2012 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde in den Punkten 2), 4) und 5) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ohne Kostenvorschreibung eingestellt.

In den Punkten 1), 3), 6) und 7) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fallen in den Punkten 2), 4) und 5) keine Kosten für das Beschwerdeverfahren an.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer in den Punkten 1), 3), 6) und 7) einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von je 18 Euro, gesamt 72 Euro, zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Straferkenntnis vom 16.1.2014, VerkR96-9438-2012 über den Beschwerdeführer wegen Übertretungen von 1) § 18 Abs. 1 StVO, 2) § 16 Abs. 2 lit. b StVO, 3) § 16 Abs. 2 lit. b StVO, 4) § 16 Abs. 1 lit. a StVO, 5) § 16 Abs. 1 lit. c StVO, 6) § 16 Abs. 1 lit. a StVO und 7) § 16 Abs. 1 lit. c StVO Geldstrafen in der Höhe von jeweils 90 Euro (16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, einen Kostenbeitrag von 70 Euro vorgeschrieben und folgende Tatvorwürfe erhoben:

„1) Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde, da vom Lenker des vorausfahrenden Fahrzeuges im Rückblickspiegel die Scheinwerfer Ihres PKWs nicht mehr gesehen werden konnten.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.854 bis ca. 78.787. FR Spital/Py.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.

2) Sie haben vor einer unübersichtlichen Stelle (Kurve) ein Fahrzeug überholt.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.747. FR Spital/Py.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.

3) Sie haben vor einer unübersichtlichen Stelle (Kurve) ein Fahrzeug überholt.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.262. FR Spital/Py.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.

4) Sie haben ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenutzer behindert und gefährdet wurden.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.747.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.

5) Sie haben ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht einwandfrei erkennbar war, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden kann, ohne andere Straßenbenutzer zu gefährden oder zu behindern.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.747.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.

6) Sie haben ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenutzer behindert und gefährdet wurden.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.262.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.

7) Sie haben ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht einwandfrei erkennbar war, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden kann, ohne andere Straßenbenutzer zu gefährden oder zu behindern.

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Landesstraße Freiland, Nr. X bei ca. km 78.262.

Tatzeit: 08.06.2012 – zwischen 17.55 und 18.00 Uhr.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers – mit Schriftsatz vom 14.2.2014 – eingebrachte Beschwerde, mit beantragt wurde, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und nach allfälliger Beweisergänzung das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und unter Anwendung des § 21 VStG (alt) das Verfahren einzustellen.


Begründend wurde folgendes ausgeführt:

„Ich fechte das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit an, weil dieses mangelhaft, in der Begründung widersprüchlich und unvollständig und hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen unzureichend geblieben ist.

Die Mangelhaftigkeit des Erkenntnisverfahrens ist darin zu erblicken, dass trotz meines Antrages kein Ortsaugenschein mit dem Amtssachverständigen sowie mit mir und allenfalls mit den Zeugen durchgeführt worden ist. Gemäß § 24 VStG iVm §§ 40 und 54 AVG sind mündliche Verhandlungen unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und kann die Behörde zur Aufklärung der Sache auf Antrag auch einen Augenschein vornehmen, zu dem der Sachverständige zuzuziehen wäre. Die Relevanz dieses Beweismittels wird noch untenstehend näher ausgeführt. Die belangte Behörde ist meinen Beweisanträgen nicht nachgekommen.

Gerügt wird weiters, dass die einschreitende Polizei der Polizeiinspektion Windischgarsten die Distanz- und Kilometrierungsangaben des Zeugen X  anhand einer orthografischen Landkarte aufgenommen hat, ohne mit dem Anzeigeleger an die behaupteten Tatorte auf der Pyhrnpassbundesstraße zu fahren. Ebenso hat es die belangte Behörde unterlassen, entgegen meinem Antrag und entgegen der Bestimmung des § 40 AVG die Zeugen an Ort und Stelle einzuvernehmen.

 

In Ansehung des Faktums 1 erachte ich mich darin beschwert, dass mir die Übertretung des § 18 Abs. 1 StVO auf der Pyhrnpassbundesstraße 138 im Abschnitt Straßenkilometer 78.854 bis 78.787 vorgeworfen wird, obwohl die Anzeige der Polizeiinspektion Windischgarsten vom Straßenabschnitt zwischen StrKm 78.854 bis 78.747 spricht. Damit wird neuerlich deutlich, dass die Durchführung des von mit beantragten Ortsaugenscheines entscheidungswesentlich wäre.

Das vom Amtssachverständigen erstellte Gutachten über die Überholphasen baut nur auf den Angaben des Zeugen X  auf, sowie den Einzeichnungen des erhebenden Polizisten auf einem Ausdruck der orthografischen DORIS-Mappe. Es fehlen Berechnungen nach meinen Angaben, nach Durchführung eines Ortsaugenscheines mit dem Amtssachverständigen und es fehlen Sichtweiten- und Distanzmessungen an Ort und Stelle. Dazu kommt auch noch eine Widersprüchlichkeit dergestalt, dass im Gutachten des Amtssachverständigen vom 2.10.2013 auf Seite 6 oben Bezug genommen wird auf Daten eines Herrn „X “, welcher Name im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren keine Begründung findet. Aus meiner Sicht kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Sachverständige Daten aus nicht vorfallsbezogenen und nicht aktenbezogenen Unterlagen verarbeitet hat.

 

Das angefochtene Straferkenntnis betrifft im Wesentlichen drei Fakten:

1. Verletzung des Gebotes eines ausreichenden Tiefenabstands, Faktum 1 des Straferkenntnisses.

2. Verletzung des Überholverbots hinsichtlich des PKW des Zeugen X , Fakten 2, 4, 5 des Straferkenntnisses (Überholphase 1).

3. Verletzung des Überholverbots betreffend den rumänischen PKW, Fakten 3, 6, 7 des Straferkenntnisses (Überholphase 2).

 

Ad 1 Unzureichender Tiefenabstand

Zunächst wird nochmals auf den Widerspruch verwiesen, wonach gemäß der polizeilichen Anzeige, die wiederum auf die Aussage des Zeugen X  aufbaut, der zu geringe Tiefenabstand im Straßenabschnitt von StrKm 78.854 bis 78.747 gewesen sein soll, während als Tatort der Straßenabschnitt von StrKm 78.854 bis 78.878 festgestellt ist.

In der Zeugenaussage am 6.9.2012 hat X  zwar zu Protokoll gegeben, dass ich bis zum StrKm 78.747 hinter ihm mit zu knappem Abstand nachgefahren sei, aber auch, dass ich ihm auf einem geraden Straßenstück kurz vor StrKm 78.684 nachgekommen sei und dort auf sein Fahrzeug aufgeschlossen hätte. Diese Kilometrierung befindet sich nach den Erhebungen der Polizeibeamten keinesfalls im Bereich des geraden Straßenstücks zwischen Pyhrnpaß und der ersten Kehre, sondern im Bereich bzw. Verlauf dieser Kehre. Die belangte Behörde hätte diese widersprüchlichen Aussagen des Zeugen nicht verwerten dürfen.

Die pauschale Behauptung, dass ich einen zu geringen Tiefenabstand eingehalten hätte, ist mangels Abstandsmessung nicht geeignet, eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO als erwiesen anzunehmen.

Ebensowenig kann die Aussage der Zeugin X  einer Verurteilung wegen § 18 Abs. 1 StVO zugrunde gelegt werden, weil der Umstand, dass sie angeblich die Scheinwerfer meines Fahrzeuges nicht mehr sehen konnte, keinesfalls die tatsächliche Distanz der Fahrzeuge zueinander ausreichend objektiviert. Der Blickwinkel der Zeugin zu nachfahrenden Fahrzeugen hängt von der Sitzposition, insbesondere deren Sitzhöhe aber auch der Fahrzeuggeometrie und dem Umstand ab, ob die Sicht auch die Heckscheibe mit Transportgut, Kleidungsstücken etc. eingeschränkt oder verwehrt war. Die Behörde hat dazu keine Beweise aufgenommen.

Für die rechtlichen Ausführungen im Straferkenntnis, wonach „mehrere hintereinander fahrende“ Fahrzeuge nur unter bestimmten Voraussetzungen überholt werden dürfen, fehlt es an jeglichem Tatsachensubstrat, weil ich nicht mehrere Fahrzeuge in einem Vorgang überholt habe.

 

Ad 2 Überholphase 1

Der Amtssachverständige hat seinen Berechnungen lediglich die Unterlagen der Polizei und die Aussage des Zeugen X  zugrunde gelegt. Das Verfahren ist dadurch unvollständig geblieben, dass die Angaben meiner Rechtfertigung unberücksichtigt geblieben sind. Die Behörde darf aber nur dann mit einem Straferkenntnis vorgehen, wenn die zur Last gelegte Tat mit der für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit auch erwiesen ist. Es wären daher meine Angaben technischerseits zu überprüfen gewesen und das Ergebnis der Beurteilung und Begründung dem Straferkenntnis zugrunde zu legen gewesen.

Die Polizei hat keine Geschwindigkeitsverhältnisse und Distanzverhältnisse aus meiner Sicht erhoben, sodass zunächst jene meiner Rechtfertigung zugrunde zu legen sind: Demnach habe ich nach der Pyhrnpaßhöhe, bereits vor dem langen geraden Straßenstück, das vor der ersten Kehre liegt, auf den PKW des Zeugen X  aufgeschlossen, und sohin weit vor dem StrKm 78,8 und überdies, ohne einen zu geringen Tiefenabstand einzuhalten. Ausgehend von dieser Position beträgt aber die Sichtstrecke und mögliche Überholstrecke mindestens 270 m, welche Strecke ich bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 90 km/h (25 m/Sek) in 11 Sekunden durchfahre. Der Zeuge X  legt in derselben Zeit bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 70 km/h (20 m/Sek) 220 m zurück. Die räumliche Differenz von ca. 50 m erlaubt eine ausreichende relative Überholstrecke, in der vor und nach dem Überholen der Tiefenabstand zwischen meinem Fahrzeug und jedem des Zeugen X  20 m betragen konnte. Der Amtssachverständige hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass das Überholmanöver in der Phase 1 nach meinen Angaben zulässig war. Die von mir angegebenen Sicht- und möglichen Überholstrecken wären anlässlich eines Ortsaugenscheins zu überprüfen gewesen.

 

Ad3 Überholphase 2

Ebensowenig hat sich der Amtssachverständige mit meiner Verantwortung in der Stellungnahme vom 17.7.2012 auseinandergesetzt, wonach der PKW mit dem rumänischen Kennzeichen vor mir äußerst langsam, nämlich im Bereich von 20 bis maximal 30 km/h gefahren ist, weiters, dass ich am Beginn des Kurvenauslaufs mit dem Überholmanöver begonnen habe und schon auf dem Kurvenscheitelpunkt, d.h. vor Beginn des Kurvenauslaufs, sehr gute und ausreichende Sicht auf den weiteren Straßenverlauf Richtung Spital am Pyhrn hatte. Wie auch die Zeugin X  in ihrer Einvernahme am 30.8.2012 bestätigte, herrschte kein Gegenverkehr.

Wenn der PKW mit dem rumänischen Kennzeichen mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 25 km/h (7 m/Sek) gefahren ist, erscheint es lebensnahe und nachvollziehbar, dass ich mit einer Geschwindigkeit von 35 bis 40 km/h (10 bis 11 m/Sek) gefahren bin, welche Geschwindigkeit die Rechtskurve auch zulässt. Der Amtssachverständige hat sich mit diesen Angaben und einer möglichen Kurvengrenzgeschwindigkeit nicht auseinandergesetzt.

Bei derart geringen Geschwindigkeiten und einem Sekundenweg von 7 m sowie Fahrzeuglängen von 5 m errechnet sich der relative Überholweg mit 24 m.

An Ort und Stelle hätte ich zeigen können, dass mir eine Strecke von 100 bis 110 m für den Überholweg zur Verfügung stand und dass aus dem Kurvenscheitelpunkt heraus die Sichtstrecke darüber hinaus gegangen ist.

Bei einer Geschwindigkeit von 35 bis 40 km/h (10 bis 11 m/Sek) habe ich für eine Strecke von 100 m 9 bis 10 Sekunden benötigt. In derselben Zeit musste der PKW mit dem rumänischen Kennzeichen nur einen Strecke von 76 m (absoluter Überholweg 100 m abzüglich relativer Überholweg 24 m) zurücklegen. Bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h (7 m/Sek) benötigte er dafür 11 Sekunden. Auch daraus ist erkennbar, dass ich gefahrlos den PKW überholen konnte. Aufgrund der Differenzgeschwindigkeit konnte ich bei Beendigung des Überholmanövers einen größeren Tiefenabstand, als gesetzlich erforderlich, aufbauen. Der Amtssachverständige hat sich mit meinen Angaben nicht auseinandergesetzt, womit das Erkenntnisverfahren und der angefochtene Bescheid auch in diesem Punkt unvollständig geblieben sind.

Es ist daher zusammen zu fassen, dass sich der Amtssachverständige mit meinem Vorbingen nicht auseinandergesetzt hat. Deswegen ist auch eine (technische Überprüfung) meiner Angaben unterblieben. Dies hatte zur Folge, dass die unterlassene Beweisaufnahme von der Behörde 1. Instanz auch nicht gewürdigt werden konnte. Im angefochtenen Bescheid wurden sohin nur einseitig Rechtsfolgen aus einem einseitig festgestellten Sachverhalt gezogen.

Gemäß § 24 VStG findet § 37 1. Satz AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung: die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts bildet einen Gegenstand des Parteiengehörs. Dies kann aber nur so verstanden werden, dass die Partei auch in der Sache selbst in dem Sinn gehört werden muss, dass ihre Darstellung und Aussagen des bzw. zum vorgeworfenen Tatbestand entsprechend gewürdigt und daraus umfassend, nämlich aus allen Beweisergebnissen, Rechtsfolgen abgeleitet werden können. Ein weiterer Ausfluss des Grundsatzes des Parteiengehörs ist dann, dass die Partei ihre Auffassung über die von der Behörde abgeleiteten Rechtsfolgen äußern kann. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde mir diese Gelegenheit nicht gegeben, weil meine Angaben nicht verwertet und meinen Beweisanträgen nicht bzw. nicht zur Gänze, Folge gegeben wurden.

 


 

Zum Strafausmaß

Zum Zeitpunkt der mir vorgeworfenen Tat, nämlich am 8.6.2012, war § 21 VStG noch in Kraft. Demnach kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Überdies kann sie den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die Behörde 1. Instanz hat sich mit dieser Möglichkeit der Verfahrenserledigung nicht auseinandergesetzt, sondern nur pauschal zur Frage des Verschuldens angeführt, dass durch vorschriftswidrige Überholmanöver immer wieder gefährliche Situationen entstehen. Ein konkreter Bezug auf das mir vorgeworfene Verhalten ist darin nicht vorgenommen. Meine Überholmanöver haben überhaupt keine Folgen nach sich gezogen. Dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer zum plötzlichen und unvermittelten Abbremsen gezwungen worden wäre. Die Durchführung von Betriebsbremsungen ist jedem Verkehrsteilnehmer zumutbar. Ein Verschulden kann letztlich nur nach einer umfassenden Beurteilung des noch zu ergänzenden Sachverhalts festgestellt und gewichtet werden. Ohne technische Überprüfung meiner Angaben und deren Gegenüberstellung zu den Zeugenaussagen bleibt das Verfahren auch in Ansehung der subjektiven Vorwerfbarkeit unvollständig. Vorliegendenfalls hätte es genügt, nach § 21 VStG vorzugehen und von einer Verhängung der Strafe abzusehen.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Durchführung eines Ortsaugenscheins. An der Verhandlung nahmen der Beschwerdeführer (Bf) mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter, der verkehrstechnische Amtssachverständige X  und die Zeugen X  (X) und X  (X) teil.

 

Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Tiefenabstand (Zu Pkt. 1 des Straferkenntnisses):

Der Bf gab an, im Bereich Strkm 79.0 auf den PKW des Zeugen aufgeschlossen zu haben. Sein Abstand betrug danach, nach eigenen Angaben, ca. eine Fahrzeuglänge, um „sich leichter beim Ausscheren zu tun“ und zügiger überholen zu können. Die Geschwindigkeit betrug nach seinen Angaben ca. 70 km/h.

 


 

Erster Überholvorgang (Zu Pkt. 2, 4, 5 des Straferkenntnisses)

Am Beginn des Überholmanövers im Bereich von StrKm 78.747 fuhr der Bf ca. 70 km/h. Während des Überholvorgangs hatte der PKW des X laut Angaben des Bf beschleunigt. Der Zeuge SM bestritt dies. Nach Abschluss des Überholmanövers musste sich der PKW des Bf vor der Linkskehre „hineinzwicken“ und stark bremsen. Der Überholvorgang nach Aussagen des Bf und der beiden Zeugen schnell durchgeführt. Es gab keinen Gegenverkehr.

 

Zweiter Überholvorgang (Zu Pkt. 3, 6, 7 des Straferkenntnisses):

Der zu überholende rote PKW war mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h unterwegs. Nach der Rechtskehre wurde der rote PKW vom Bf überholt. Die Zeugen X und X konnten den Beginn des Überholmanövers beobachten. Zu dieser Zeit gab es keinen Gegenverkehr.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige stellte nach Durchführung eines Ortsaugenscheins im Zuge der Verhandlung folgendes gutachtlich fest:

Tiefenabstand:

Der Bf hielt nach seinen Angaben nach dem Aufschließen auf den PKW des Zeugen einen Tiefenabstand von ca. 5 m ein. Die Fahrzeuge fuhren dabei laut Angaben des Bf ca. 70 km/h. Legt man die 5 m und die 70 km/h zu Grunde, so ist festzustellen, dass der Sekundenabstand unter 0,3 Sekunden besteht. Auch im Hinblick auf eine optimale Reaktionszeit ist festzuhalten, dass ein Tiefenabstand von 0,3 Sekunden oder weniger vom Fahrer insofern nicht beherrscht werden kann, da seine Reaktionszeit, auch bei aufmerksamer Fahrweise, deutlich darüber liegt.

 

Erster Überholvorgang:

Das Ende des Überholmanövers liegt am Beginn einer Linkskehre. Der Gegenverkehr kann diese 180°-Kurve nur mit etwa 20-30 km/h durchfahren und daher beträgt die erforderliche Sichtweite rund 250-260 m. Diese Sichtweite ist unter Zugrundelegung der Angaben des Bf hinsichtlich Überholbeginn und Ende des Überholmanövers nicht ausreichend, um gefahrlos zu überholen, selbst wenn man für den Gegenverkehr im Bereich der Haarnadelkurve Geschwindigkeiten von 20-30 km/h annimmt. Geht man unabhängig von den Angaben Bf davon aus, wie lange dieses Überholmanöver im Bezug auf diese Wegstrecke dauert, so ist festzuhalten, dass es aus Sicht des Bf bergab geht und unterstellt man eine Überholbeschleunigung in einer Größenordnung von 2 m/s² mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von rund 70 km/h, so benötigt er als eigenen Überholweg eine Strecke von ca. 100 bis maximal 120 m. Legt man diese Ausgangsposition zu Grunde und berücksichtigt man die niedrigere Geschwindigkeit des Gegenverkehrs, der bergauf und eine Haarnadelkurve durchfährt und bergauf beschleunigt, ist die gesamte vorhandene Sichtweite in der Größenordnung von rund 200 - 210 m noch als ausreichend einzustufen. Im Hinblick auf diese Differenz zwischen den Angaben des Bf und den Berechnungen des Sachverständigen wird vom Bf ausgeführt, dass er das Gefühl gehabt habe, dass, während er den PKW überholt habe, dieser beschleunigt habe. Diese Beschleunigung wäre ein Indiz dafür, dass es zu einer Diskrepanz zwischen der theoretischen Berechnung des Überholweges und des Überholweges, den der Beschwerdeführer angibt, gekommen ist. Eine 2. Möglichkeit diese Diskrepanz zu erklären, ist, dass der Bf nicht so zügig überholt hat, wie es aus technischer Sicht möglich gewesen wäre.

 

Zweiter Überholvorgang:

Beim zweiten Überholmanöver handelt es sich um eine Wegstrecke von rund 47 m. Vom angegebenen Überholbeginn beträgt die Sicht ungefähr 120 m. Die Fahrgeschwindigkeit des zu überholenden Fahrzeuges wird mit ca. 20 km/h als langsam eingestuft. Der angegebene Überholweg mit 47 m ist plausibel. Unter Berücksichtigung der Sichtweite von 120 m und einem Gegenverkehr mit einer Geschwindigkeit von rund 100 km/h, ergibt sich eine erforderliche Gesamtsichtweite von 140-150 m. Im Hinblick auf eine vorhandene Sichtweite bei Überholbeginn von 120 m ist diese Sicht für das gegenständliche Überholmanöver nicht ausreichend.

Hinsichtlich der Frage, wie weit der Gegenverkehr vor der Kurve bremsen muss (Betriebsbremsung), wenn man mit 100 km/h auf die Kurve zu fährt, dann im Kurvenbereich ca. 40 km/h fährt, wurde folgendes ausgeführt: wenn man von einer Betriebsbremsung (3 m/s²) ausgeht, beträgt die Verzögerungsstrecke um von 100 auf rund 40 km/h herunter zu bremsen, rechnerisch 107 m. Im Hinblick auf den Sichtbeginn des Gegenverkehrs, das ist das Sichtende aus Sicht des Bf, würde dies bedeuten, dass er noch ungefähr 13 m mit der ursprünglichen Geschwindigkeit 100 km/h fahren könnte und dann bereits die Betriebsbremsung eingeleitet hätte, um vor der Kurve 40 km/h zu erreichen. Dann erreicht er auf den 60 m, die aus Sicht des Gegenverkehrs zum Ende des Überholmanövers des Bf gehören, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 87 km/h. Berücksichtigt man diese reduzierte Durchschnittsgeschwindigkeit von 87 km/h, die aus Sicht des Gegenverkehrs dann bei der Kurve zu einer Fahrgeschwindigkeit von 40 km/h führen würde, ist festzuhalten, dass auch unter diesen Rahmenbedingungen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 87 km/h im Hinblick auf die Überholzeit des Beschwerdeführers und die Gesamtsichtweite von 120 m auch nicht ausreichend ist.

Die begünstigende Variante, wie der Beschwerdeführer argumentiert, würde bedeuten, dass der Gegenverkehr auf ca. 13 m mit der vollen Geschwindigkeit (100 km/h) fährt, er dann, um sein Ziel zu erreichen, die 40 km/h auf den nächsten 60 m dann auf rund 87 km/h herunterkommt, d.h. die Durchschnittsgeschwindigkeit, die er dann auf diesen 60 m fährt, wäre dann immer noch im Hinblick auf die Ausgangsposition des Beschwerdeführers zu gering, wenn man die Gesamtsichtweite von 120 m, die der Beschwerdeführer angibt, zugrunde legt. Auch unter diesen begünstigenden Verhältnissen, dass man annimmt, dass der Gegenverkehr sich auf die ihn zu erwartende Kurve einstellt und seine Geschwindigkeit zurücknimmt, reicht nicht aus, um die Sichtstrecke von 120 m abdecken zu können.

 

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich des Tiefenabstandes decken sich die Angaben des Bf und der glaubhaften Angaben der Zeugen. Der verkehrstechnische ASV stellte diesbezüglich eine Unterschreitung des zulässigen Sicherheitsabstandes fest.

 

Beim ersten Überholvorgang gaben der Bf und die beiden Zeugen glaubhaft und übereinstimmend an, dass der Überholvorgang rasch durchgeführt wurde. Strittig ist, ob der Zeuge X während er überholt wurde, beschleunigt hat. Der verkehrstechnische ASV stellte dazu fest, dass zwar aufgrund der Angaben des Bf beim Ortsaugenschein die Sichtweite zum Überholen nicht ausreichen würde, jedoch die theoretische Berechnung des Überholweges eine ausreichende Sichtweite ergibt. Der ASV führte dies darauf zurück, dass entweder der Überholvorgang nicht so schnell wie möglich durchgeführt wurde, was sich jedoch mit dem Angaben des Bf und der Zeugen nicht in Einklang bringen lässt oder der Zeuge X beschleunigte. Dieser Umstand wurde vom Zeugen glaubhaft verneint.

 

Beim zweiten Überholvorgang wurde vom verkehrstechnischen ASV detailliert ausgeführt, dass die vorhandene Sichtweite keinesfalls für ein Überholmanöver ausreicht.

 

Aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses ist hinsichtlich des ersten Überholvorgangs damit jedenfalls nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellbar, ob der Überholvorgang nicht den Bestimmungen der StVO gemäß durchgeführt wurde.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Zu 1)

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges hat stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Der Bf hat bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h einen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug von nur ca. einer Fahrzeuglänge (ca. 5m) eingehalten.

 

Als Sicherheitsabstand ist mindestens der Reaktionsweg einzuhalten, der in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt (VwGH vgl. 18. 12. 1997, 96/11/0035).

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Bf keinen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug abgebremst hat, da lediglich ein Abstand von unter 0,3 Sekunden eingehalten wurde.

 

 

Zu 2), 4) und 5)

Gemäß § 16 Abs. 2 lit. b StVO darf, außer in den im Abs. 1 angeführten Fällen, der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen:

bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z. B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen: wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen: wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar, ob nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorgelegen hat. Das Verwaltungsverfahren betreffen die Punkte 2), 4) und 5) war daher nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Zu 3), 6) und 7)

Gemäß § 16 Abs. 2 lit. b StVO darf, außer in den im Abs. 1 angeführten Fällen, der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen:

bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z. B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen: wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. c StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen: wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Die Zulässigkeit des Überholens ist am Beginn und nicht am Ende des Überholens zu beurteilen (VwGH 20.11.1967, 1232/66). Das Überholen ist schon dann zu unterlassen, wenn die Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung eines anderen Verkehrsteilnehmers gegeben ist (OGH 5.2.1970, 11 Os 133/69).

 

Der Lenker eines Fahrzeuges darf grundsätzlich nur dann überholen, wenn er in der Lage ist, die Überholstrecke zu überblicken und sich von der Möglichkeit eines gefahrlosen Überholens zu überzeugen. Er hat den Versuch eines Überholmanövers abzubrechen und sich wieder hinter das vor ihm fahrende Fahrzeug einzuordnen, sobald er auf der Überholstrecke ein Hindernis oder sonst die Möglichkeit einer Gefährdung erkennt (VwGH 22.11.1976, 645/76).

 

Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 lit. c StVO ist schon dann vollendet, wenn der Lenker eines Fahrzeuges den Überholvorgang begonnen hat, ohne geprüft und einwandfrei erkannt zu haben, dass er andere Straßenbenützer, insbesondere Entgegenkommende, weder gefährden noch behindern kann (vgl. VwGH 23.6.1969, 1751/68; 21. 10. 2005, 2005/02/0038).

 

Für die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 lit. b StVO ist es bedeutungslos, ob tatsächlich im Zeitpunkt des Überholvorganges Gegenverkehr herrschte oder nicht. Das Überholen ist ohne Berücksichtigung der Geschwindigkeit der Fahrzeuge verboten (VwGH 27. 2. 1979, 2971/78).

 

Bei der Prüfung, ob eine unübersichtliche Straßenstelle iSd des § 16 Abs. 2 lit. b StVO gegeben ist, kommt es auf die Geschwindigkeit des Gegenverkehrs nicht an, sondern allenfalls auf die Geschwindigkeit des Überholenden und des überholten Fahrzeuges. Gleichgültig ist es in diesem Zusammenhang auch, ob dem Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges irgendein Fehlverhalten vorzuwerfen ist (VwGH 18. 6. 1997, 97/03/0029).

 

Es kommt vielmehr darauf an, dass der überholende Kfz-Lenker in der Lage sein muss, das Straßenstück vor Beginn des Überholvorganges zur Gänze zu überblicken, das er für diese Maßnahmen einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnens seines Kfz auf den rechten Fahrstreifen benötigt (VwGH 7. 6. 2000, 97/03/0120).

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Überholsichtweite für den zweiten Überholvorgang nicht ausgereicht hat, um ihn sicher durchzuführen. Dadurch hätten andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden können bzw. war nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden. Der Beschwerdeführer konnte auch nicht einwandfrei erkennen, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang wieder in den Verkehr einordnen kann.

 

Strafbemessung:

Gemäß § 99 Abs. 3 lit a. StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,

 

In der Beschwerde wurde hinsichtlich der Strafhöhe keine Herabsetzung beantragt. Eine Ermahnung konnte im gegenständlichen Fall nicht ausgesprochen werden, da durch das gefährliche Überholmanöver bzw. die Einhaltung eines extrem geringen Abstands zum vor ihm fahrenden Fahrzeug aus spezialpräventiven Gründen jedenfalls geboten erscheint, eine Geldstrafe zu verhängen. Diese ist erforderlich um den Beschwerdeführer wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten.

 

Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

II.            Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer