LVwG-350050/2/GS/TO/PP

Linz, 29.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn X, X, vom 16. April 2014, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 8. April 2014, GZ: SH-28/14, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß
Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass als Rechtsgrundlage zusätzlich der § 30 Oö. BMSG angeführt wird.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 8. April 2014,
GZ: SH-28/14, wurde dem Antrag des Herrn X, X, vom 3. Februar 2014 betreffend die Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. BMSG in Anwedung der Bestimmungen der §§ 4, 6, 8, 27 und 31 Oö. BMSG iVm § 1 Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV) keine Folge gegeben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass gemäß § 4 Oö. BMSG bei nicht öster­reichischen Staatsbürgern das Vorliegen eines unbefristeten Aufenthaltstitels bzw. eine gültige Anmeldebescheinigung Voraussetzung für eine Mindest­sicherungs­leistung sei. Eine solche liege im Fall des Beschwerdeführers nicht vor.

 

I.2. In der von Herrn X rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom
16. April 2014 hält der Beschwerdeführer fest, dass aus dem Versicherungs­datenauszug klar zu sehen sei, dass er im November und Dezember 2012 in Österreich gemeldet gewesen wäre und hier auch gearbeitet habe. Zudem verliere eine Anmeldebescheinigung erst dann ihre Gültigkeit, wenn man Österreich für länger als 6 Monate verlassen habe. Dies wäre bei ihm aber nicht der Fall. Seine Anmeldebescheinigung sei daher gültig.

 

I.3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 8. Mai 2014 dem Landesverwaltungsgericht (LVwG) vorgelegt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin.

 

I.4. Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und die mündliche  Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssachen nicht erwarten lässt. Außerdem wurde die Durch­führung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Herr X hat am 3. Februar 2014 beim Magistrat der Stadt Steyr einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungs­gesetz eingebracht.

Der Beschwerdeführer (Bf) ist tschechischer Staatsbürger (und somit EU-Bürger), alleinstehend und bewohnt seit 6. Dezember 2013 (laut Auskunft des zentralen Melderegisters) die Wohnung in X. Laut dem im Akt einliegenden Versicherungsdatenauszug bezieht der Beschwerde­führer seit 24. März 2014 Arbeitslosengeld.

Zudem ist aus diesem Versicherungsdatenauszug ersichtlich, dass der Beschwerde­führer mit 9. Mai 2012 zum ersten Mal in Österreich gearbeitet hat und seit damals bis auf Unterbrechungen (18. September 2012 bis 19. November 2012, sowie 3. Jänner 2013 bis 23. April 2013 und 5. November 2013 bis
5. November 2013) in Österreich gemeldet war (Haupt- bzw. Nebenwohnsitz):  

9. Mai 2012 bis 17. September 2012 Hauptwohnsitz in X,
20. November 2012 bis 5. Dezember 2012 Nebenwohnsitz in X,
5. Dezember 2012 bis 2. Jänner 2013 Nebenwohnsitz  in X,
24. April 2013 – 4. November 2013 Hauptwohnsitz in X, seit
6. Dezember 2013 Hauptwohnsitz in X.

Dem Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung war u.a. ein Duplikat einer „Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG)“, datiert mit
11. September 2012, angeschlossen. Als ausstellende Behörde scheint die Bezirkshauptmannschaft Amstetten auf. Auf dem Duplikat ist kein Rechtsgrund für die Ausstellung angekreuzt.

Mit Schreiben vom 20. März 2014 des Magistrates der Stadt Steyr wurde der Bf nachweislich aufgefordert, die Anmeldebescheinigung vom Fremdenrecht der Stadt Steyr umgehend überprüfen zu lassen, da anzunehmen ist, dass derzeit die Voraussetzung für eine Anmeldebescheinigung nicht erfüllt wird. Weiters wurde ausgeführt, dass beabsichtigt ist, den Antrag auf bedarfsorientierte Mindest­sicherung abzuweisen, da eine Überprüfung des Fremdenrechts der Stadt Steyr derzeit nicht vorliegt. Dem Bf wurde eine 2-wöchige Frist (gerechnet ab Zustellung der Verständigung) zur Abgabe einer Stellungnahme oder einer mündlichen Erörterung des Gegenstandes bei der Behörde (nach telefonischer Vereinbarung) eingeräumt. Folgende Unterlagen wurden vom Magistrat der Stadt Steyr angefordert:

- Anmeldebescheinigung Neu durch Überprüfung vom Fremdenrecht der Stadt Steyr

- Lohnzettel für Jänner 2014 und Februar 2014 von der Firma X

- Ams-Bezugsbestätigung ab 17. März 2014

- Nachweis über Hauptwohnsitz in der Zeit von 18. September 2012 bis
23. April 2013 und von 4. November 2013 bis 5. Dezember 2013.

Abschließend wurde angemerkt, dass der Bescheid auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme erlassen wird, soweit nicht die Stellungnahme des Bf anderes erfordert.

Diese Verständigung des Magistrates der Stadt Steyr wurde dem Bf nachweislich am 25. März 2014 ( Zustellung durch Hinterlegung) zugestellt.

Bis zur Bescheidausfertigung am 8. April 2014 sind keine weiteren Unterlagen und Schriftstücke beim Magistrat der Stadt Steyr nachweislich eingelangt.

Auch mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wurde keine überprüfte Anmeldebescheinigung vorgelegt.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Akt der belangten Behörde, Gz. SH-28/14.

Da bei der belangten Behörde massive Bedenken bestanden, ob beim Bf ein rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich besteht, forderte sie ihn mit Schreiben vom 20. März 2014 binnen einer 2-wöchigen Frist auf, die Anmeldebestätigung vom Fremdenrecht der Stadt Steyr überprüfen zu lassen. Diesem Ersuchen kam der Bf jedoch bis dato nachweislich nicht nach.

Laut Erkundigungen der belangten Behörde bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten hat der Bf angegeben, dass ihm das Original der Anmeldebe­scheinigung gestohlen worden wäre.

Laut einem im Akt einliegenden Aktenvermerk der belangten Behörde vom
8. April 2014 hat sich der Bf bis zu diesem Datum nicht beim Fremdenrecht gemeldet. Zum Termin am 4. April 2014, der persönlich mit Herrn X vereinbart war, ist er nicht gekommen und hat sich bis jedenfalls 8. April 2014 nicht mehr gemeldet.

Diese Verhaltensweise des Bf belegt auch, dass er tatsächlich Kenntnis vom Aufforderungsschreiben der belangten Behörde vom 20. März 2014 hatte,  jedoch seiner Mitwirkungspflicht (Vorlage der geforderten Unterlagen) nicht nach­gekommen ist. 

Im Rahmen dieser von der belangten Behörde aufgetragenen Überprüfung hätte der Bf die nunmehr in der Beschwerde hinsichtlich der Anmeldebescheinigung geltend gemachten Einwände vorbringen können.

 

 

III. Hierüber hat das Oö. LVwG rechtlich erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. BMSG ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung die Ermöglichung und Sicherung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

 

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzung des § 19 oder des § 19 a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.

a)   österreichische Staatsbürgerinnen oder –bürger oder deren Familienan­gehörige,

b)   Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c)   EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d)   Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufent­halt-Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e)   Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

§ 30 Oö. BMSG regelt die Mitwirkungspflicht und bestimmt in Abs. 1, dass die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet ist, an der Fest­stellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwir­kungs­pflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

 

1. erforderlichen Angaben zu machen,

2. erforderliche Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3. erforderliche Untersuchungen zu ermöglichen.

 

Abs. 2 leg.cit.: Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungs­grundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

Abs. 5 leg.cit.: Für die Mitwirkung ist eine angemessene Frist, die mindestens eine Woche betragen muss, zu setzen. Im Mitwirkungsersuchen sind jene Tatsachen, über die Auskunft verlangt wird, im Einzelnen zu bezeichnen.

 

In den Erläuternden Bemerkungen zu § 30 Oö. BMSG (AB 434/2011) wird ausgeführt: "... Stellt sich auf der Basis der der Behörde zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Unterlagen heraus, dass die erforderlichen Entscheidungsgrund­lagen gegeben sind, so hat sie eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen, wobei die unterlassene Mitwirkung im Rahmen der freien Beweiswürdigung (allenfalls auch zu Lasten der hilfesuchenden Person) zu berücksichtigen ist.

 

Wie bereits festgestellt, wurde der Bf mit Schreiben der belangten Behörde vom 20. März 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung abzuweisen, wenn eine Über­prüfung der Anmeldebescheinigung vom Fremdenrecht der Stadt Steyr nicht vorliegt.

Ausdrücklich und konkret wurde die Vorlage einer „Anmeldebescheinigung Neu durch Überprüfung vom Fremdenrecht der Stadt Steyr“ genannt.

Da der Bf eine solche bis dato nicht vorgelegt hat, hat die belangte Behörde – wie bereits mit vorheriger Stellungnahme angekündigt – den Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung abgewiesen.

 

Da das Oö. LVwG gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden hat, war der die zu Grunde gelegte Rechtsgrundlage um den § 30 Oö. BMSG spruchmäßig zu ergänzen.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger