LVwG-000007/24/MB/Spe

Linz, 09.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Statutarstadt Steyr vom 28. Oktober 2013, GZ: Pol-263/13, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Hundehaltegesetz nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafe mit EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) festgesetzt und der Beitrag zu den Kosten auf EUR 10,-- herabgesetzt wird.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Bf keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit dem Straferkenntnis des Bürgermeisters der Statutarstadt Steyr vom 28. Oktober 2013, GZ: Pol-263/13, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) für schuldig erkannt, dass er als verantwortlicher Hundehalter zu vertreten habe, dass sein Hund (Rottweiler) am 1. Juli 2013, gegen 20.30 Uhr, in X, in der X, und somit in einem Bereich in dem Leinenpflicht herrscht, nicht an der Leine geführt wurde. Er habe daher § 2 iVm § 4 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Steyr betreffend den Leinenzwang für verschiedene Stadtgebiete vom 16. Mai 2002 iVm §§ 6 Abs. 4, 15 Abs. 1 Z 7, 15 Abs. 2 und 16 Abs. 3 des Oö. Hundehaltegesetzes, LGBl. Nr. 147/2002, verletzt und sei gem. § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz mit einer Geldstrafe von 250 Euro (EFS: 48 Stunden) zu bestrafen.

 

Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde aus, dass straferschwerend die mehrfache einschlägige Vorbestrafung zu werten sei und der Bf ein Monatsnettoeinkommen von 1500 und keine Sorgepflichten aufweise.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die am 4. November 2013 bei der belangten Behörde eingegangene, rechtzeitige, vollumfängliche Berufung.

3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 12. November 2013 die als Beschwerde geltende Berufung dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

1. Das Oö. LVwG hat daraufhin Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2014.

 

1.1. Gem. § 2 VwGVG hat das Oö. LVwG in der verfahrensgegenständlichen Sache durch seinen Einzelrichter zu entscheiden. Gem. § 3 Abs. 1 VwGbk-ÜG gilt die Berufung vom 4. November 2013 als Beschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

 

2. Im Rahmen dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer letztlich aus:

„Abschließend gibt der Beschwerdeführer an, dass ihm die Situation am verfahrensgegenständlichen Tattag Leid tut. Es ist letztlich darauf zurückzuführen, dass er eine sehr lange Fahrt hinter sich gehabt hat und der Hund voller Freude herausgehüpft ist. An sich ist er ein sehr gewissenhafter Hundehalter, er hätte den Hund halt in der gegebenen Situation sofort beim Auto anleinen müssen. Das hätte er auch gemacht, wenn er die Zeugin X mit ihrer Familie gesehen hätte, dann hätte er natürlich den Hund angeleint. So hat er es leider nicht getan, es tut ihm leid. Diese Situation wird in dieser Art und Weise auch nicht mehr vorkommen, da er nunmehr rückwärts in seine Garage parken wird und die Ausstiegsöffnung nicht mehr auf die Straße zeigt.

 

Befragt auf die einschlägigen Vorstrafen gibt dieser an, dass sie auf Anzeigen seiner Exfreundin im Rahmen des Trennungsstreites zurückzuführen seien. Zudem sei möglicherweise eine weitere Anzeige beim Magistrat anhängig, da eine Nachbarin – welche nunmehr nicht mehr in der Siedlung wohne – ihn beim Magistrat angezeigt hätte.

 

Zusätzlich gibt der Beschwerdeführer an, dass er zum Nettoeinkommen von 1.500 Euro pro Monat und keine Sorgepflichten aber Schulden für sein Haus vorweisen könne. Diese sind etwa in der Höhe von 160.000 Euro.

 

Der Beschwerdeführer stellt abschließend den Antrag, dass er die Beschwerde nur mehr gegen die Strafhöhe aufrecht erhalte, dem Grunde nach wird das Straferkenntnis des Magistrats Steyr aber nicht bekämpft.“

 

3. Zusätzlich dazu gilt es für den relevanten Bereich der Strafbemessung gem. § 19 VStG festzustellen, dass der Zeitraum der Verletzung der Leinenpflicht sehr eng war. Unstrittig hat sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergeben, dass sich der Aufenthalt des Hundes auf öffentlichem Gut lediglich im Sekundenbereich bewegt hat. Zudem ist festzustellen, dass der Bf umgehend reagiert hat. Dies führt zuvorderst selbst die Anzeigende an. Weiters ist festzustellen, dass der Bf sich reuig gezeigt hat und er in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Handlungsalternativen aufgezeigt hat, um derartige Situationen in Zukunft verhindern zu können. Weiters ist festzustellen, dass die Anzeigende selbst dem Vernehmen des Gerichtes nach in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mit der Benachrichtigung des Magistrates im vorliegenden Fall lediglich informative Interessen verfolgte und selbst von der weiteren vorbildlichen Vorgehensweise des Bf überzeugt war.

 

 

III.

 

1.Gem. Art 131 Abs. 1 B-VG erkennen über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 – soweit in Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VB nichts anderes normiert ist – die Verwaltungsgerichte der Länder. Gem. § 3 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist zudem die örtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich gegeben.

 

1.1. Gem. § 15 Oö. Hundehaltegesetz, LGBl 147/2002 idF 90/2013 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer

1.   der Meldepflicht gemäß § 2 Abs. 1 oder 4 erster Satz nicht zeitgerecht oder überhaupt nicht nachkommt;

2.   einen Nachweis gemäß § 2 Abs. 2 nicht erbringt;

3.   einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 hält,

4.   seinen Verpflichtungen als Hundehalter oder Hundehalterin gemäß § 3 Abs. 3 nicht nachkommt,

5.   entgegen dem Verbot des § 3 Abs. 4 Hunde züchtet, ausbildet oder in Verkehr bringt,

6.   gegen die Leinenpflicht oder Maulkorbpflicht gemäß § 6 Abs. 1 oder 2 verstößt,

7.   seiner Verpflichtung gemäß § 6 Abs. 3 nicht nachkommt,

8.   gegen behördliche Anordnungen gemäß § 6 Abs. 4 oder § 8 verstößt,

9.   eine Leine oder einen Maulkorb verwendet, der nicht den Bestimmungen des § 6 Abs. 6 entspricht;

10.               einen Hund trotz Untersagung gemäß § 9 hält.

11.               seinen Verpflichtungen gemäß § 2a Abs. 1, 2 oder 5 nicht nachkommt.

 

1.2. Gem. § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz sind Verwaltungsübertretungen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

2. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

3. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl ua VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

 

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl § 34 StGB).

 

4. Straferschwerende ist in Einklang mit der belangten Behörde zu berücksichtigen, dass betreffenden den Bf bereits einschlägige Vorstrafen vorhanden sind (§ 33 Abs. 1 Z 1 StGB).

 

Strafmildernd hat zu den Erwägungen der belangten Behörde für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hinzuzutreten, dass die Intensität der Beeinträchtigung des durch das Oö. Hundehaltegesetz in diesem Bereich geschützten Rechtsgutes als gering anzusehen ist.

 

Der zeitliche Horizont der Verletzung der Leinenpflicht und der sohin davon für das geschützte Rechtsgut ausgehenden Gefahr, ist als sehr eng anzusehen (Sekunden!).

 

Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Bf unmittelbar reagiert hat und die weitere Gefährdung sofort abgewendet hat. Auch ist zu beachten, dass der Bf durch seine Aussagen wesentlich an der Wahrheitsermittlung beigetragen hat.

 

Abschließend ist negativ spezialpräventiv zu bewerten, dass der Bf schlüssig darlegt, wie er dazu beitragen kann, in derartigen Situationen weitere Rechtsgutsgefährdung hintanzuhalten.

 

Zu bemerken ist überdies, dass der Bf Verbindlichkeiten idHv. 160.000 Euro gegen sich gelten lassen muss.

 

5. Unter Berücksichtigung der Strafmilderungsgründe, der Angemessenheit der Strafe im Verhältnis zum Schuldgehalt und zum Unrechtsgehalt der Tat sowie im Besonderen auch hinsichtlich der vorhandenen Schulden und der zeitlich sehr beschränkten Intensität der Rechtsgüterbeeinträchtigung war die verhängte Strafe daher auf 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden, sowie der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf 10 Euro herabzusetzen.

 

 

IV.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 VwGVG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben. Ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht war nicht vorzuschreiben.

 

 

V.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter