LVwG-000020/11/Bi/SA

Linz, 18.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der x, vertreten durch x, vom 9. April 2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 5. März 2014, Pol96-87-2013, wegen Übertretung des OÖ. Hundehaltegesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 13. August 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung  zu Recht   e r k a n n t: 

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß    § 45 Abs.1 Z3 VStG ohne Kostenvorschreibung eingestellt.

 

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG fallen keine Kosten für das Beschwerdeverfahren an.

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

 

1. Mit dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs.1 Z7 und § 8 OÖ. Hundehaltegesetz iVm dem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 26. Juli 2013, Zl.133/101-2013-S, Auflagenpunkt 3b), eine Geldstrafe von 200 Euro (13 Stunden EFS) verhängt sowie ihr ein Verfahrens­kostenbeitrag von 20 Euro auferlegt. Zugrunde gelegt wurde laut Schuldspruch, sie habe es als Halterin des Schäfer-Mischlings mit dem Rufnamen „x“ unterlassen dafür zu sorgen, dass der Hund entsprechend der behördlichen Anordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 26. Juli 2013, Zl.133/101-2013-S, Auflagenpunkt 3b), beaufsichtigt und verwahrt werde, da der Hund am 13. August 2013 im Bereich außerhalb der Liegenschaft ihres Sohnes in x, ohne Aufsicht und Maulkorb frei herum­gelaufen sei, obwohl mit obgenanntem Bescheid, Spruchpunkt 3), folgende Verpflichtungen hinsichtlich ihrer Liegenschaft  in x, auferlegt und Maßnahmen zur Abwehr einer weiteren Belästigung und Gefährdung durch den Hund angeordnet worden seien:

„a) Binnen 14 Tagen ist ein Zwinger, der den Anforderungen an die Zwingerhaltung gemäß Anlage 1 der 2. TierhaltungsVO entspricht, zu errichten.

b) Aufgrund der angeführten Vorfälle wird bis zur Fertigstellung des Zwingers eine generelle Leinenpflicht für das gesamte Gemeindegebiet außerhalb der Haustür oder einer sonst ins Freie führenden Tür Ihrer Liegenschaft angeordnet. Im Hinblick auf die artgerechte Tierhaltung darf der Hund an nichtöffentlichen Orten mit Maulkorb geführt werden.

c) An öffentlichen Orten im Ortsgebiet von x muss der Hund an der Leine und mit Maulkorb geführt werden.“

 

2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die seitens der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs-gericht vorgelegt wurde und über die gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden ist. Auf ausdrücklichen Antrag wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 13. August 2014 in Anwesenheit der Bf, ihres Rechtsvertreters x sowie der Zeugin x durchgeführt. Der Vertreter der belangten Behörde war entschuldigt. Das Erkenntnis wurde mündlich verkündet.

 

3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, sie bestreite, die Halterin des Hundes „x“ zu sein; die belangte Behörde übersehe, dass die Person, die einen Hund halte, diesen bei der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz habe, zu melden habe und die Meldung den Namen und Hauptwohnsitz des Hundehalters zu enthalten habe. Diese Person sei Herr Ing x. Die Anschuldigung gegen sie sei dahingehend bereits falsch und sei auch nie ermittelt worden, ob sie überhaupt an diesem „Vorfallenheitstag“ die tatsächliche Herrschaft ausgeübt oder ob dies nicht der Hundehalter selbst getan habe. Zivilrechtliche Haftungsbestimmungen würden die belangte Behörde nicht entbinden, die Bestimmungen des OÖ. Hundehaltegesetzes zu beachten, um allenfalls Feststellungen darüber anzustellen, ob der Hundehalter allenfalls im Sinne des   § 3 Abs.3 OÖ. Hundehaltegesetz den Hund durch andere Personen beaufsichtigen lassen habe.  Darüber seien keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden.

Punkt 3b) des Bescheides vom 26.7.2013 widerspreche dem Tierschutzgesetz und die belangte Behörde habe die gesetzesgemäße Ausführung des Bescheides nicht geprüft. Sie gehe davon aus, dass die vorgelegten Fotos kein Beleg für pflichtgemäßes Handeln wären, setze sich aber nicht damit auseinander, warum sie kein taugliches Beweismittel seien. Sie folge aber einer Zeugenaussage, deren Wahrheitsgehalt bereits im VH-Protokoll zu 2U 48/13y bezweifelt werden habe können. Gerade aufgrund der vorliegenden Beweisfotos bestehe Anlass zu Zweifeln, noch dazu aufgrund des angespannten Verhältnisses zwischen der „Meldungslegerin“ und der Familie x. Im Übrigen sei das Strafverfahren gegen sie eingestellt worden.

Betrachte man die Angaben der Zeugin, sie habe 2 Tage später einen „weißen“ Maulkorb gesehen, widerspreche dies dem Foto vom 13. August 2013, sodass keine uneingeschränkte Glaubwürdigkeit bestehe. Die Behörde hätte nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ feststellen müssen, dass kein Sachverhalt festgestellt werden könne, der überhaupt eine strafbare Handlung beinhalte – und insbesondere nicht gegen sie, zumal jedes Ergebnis dahingehend fehle, dass sie am 13. August 2013 die Beaufsichtigung von ihrem Sohn x übernommen habe. Sie sei weder Hundehalterin noch habe sie den Hund an diesem Tag tatsächlich beaufsichtigt, sodass ihr kein Vorwurf zu machen sei. Noch dazu sei der Bescheid gesetzwidrig und davon auszugehen, dass der Hund am besagten Tag auf jeden Fall einen Maulkorb gehabt habe unabhängig davon, wer zur Beaufsichtigung zuständig gewesen sei. Beantragt wird Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung, in eventu Zurückverweisung an die Erstbehörde.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde, insbesondere die darin befindlichen Fotos, den von der Marktgemeinde x vorgelegten Auszug aus dem OÖ. Hunderegister – laut diesem ist seit 2.3.2010 die Bf als Hundehalterin angemeldet – sowie die Unterlagen betreffend den Vorfall vom 29. Juni 2013 (Zeugenprotokoll x, PI x; tier­ärztliche Zeugnisse vom 2.7. und 16.7.2013  x über Untersuchungen auf Wutkrankheit; Beschuldigtenvernehmungsprotokoll vom 16. Juli 2013, PI x; Abschlussbericht PI x vom 20. Juli 2013 an die STA Wels zu B6/5655/2013; Aktenvermerk Marktgemeinde x vom 23. Juli 2013 zu Zl.133/101-2013-S, samt Rückschein; Parteiengehör Bf vom 26.7.2013), den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 26. Juli 2013, Zl.133/101-2013-S, samt Rückschein (Zustellung an BF am 29. Juli 2013); Niederschrift vom 1. August 2013 Bf und x; Meldung eines Verstoßes gegen einen rechtkräftigen Bescheid an die BH Grieskirchen vom 19. August 2013; Erläuterung zu Spruchabschnitt 3. vom 15. Jänner 2014,  außerdem Durchführung eines Ortsaugenscheins durch die Einzelrichterin zur Örtlichkeit der Liegenschaften x und x zum Vorliegen eines Ortsgebietes und Durchführung einer öffentlichen mündliche Verhandlung, bei der die Bf und ihr Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die Zeugin x (S) unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des   § 288 StGB einvernommen wurde.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z7 OÖ. Hundehaltegesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer gegen behördliche Anordnungen gemäß § 6 Abs.4 oder § 8 verstößt.

Gemäß § 8 Abs.1 leg.cit. hat der Bürgermeister mit Bescheid bestimmte Anordnungen für das Halten eines Hundes zu treffen, wenn ihm oder ihr bekannt wird, dass durch die Hundehaltung Personen über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden. Die Anordnungen dürfen nur soweit getroffen werden, als dies zur Beseitigung der unzumutbaren Belästigung nötig ist. Gemäß Abs.2 hat der Bürgermeister, wenn nicht auszuschließen ist, dass durch die Hundehaltung Menschen gefährdet werden können, im Einzelfall mit Bescheid Maßnahmen anzuordnen, wenn und soweit dies zur Vermeidung von Gefährdungen von Menschen oder Tieren durch einen Hund erforderlich ist.

 

Der Bürgermeister der Marktgemeinde x hat mit – in Rechtskraft erwachsenem – an die Bf als Hundehalterin des Schäfer-Mischlings „x“, Wurfdatum 28. Oktober 2009, gerichtetem Bescheid vom 26. Juli 2013 (zugestellt laut Rückschein am 29. Juli 2013) zum einen gemäß § 7 Abs.1 OÖ. Hundehaltegesetz die Auffälligkeit des genannten Hundes festgestellt und einen Sachkundenachweis binnen 6 Monaten verlangt und zum anderen gemäß § 8 Abs.2 OÖ. Hundehaltegesetz unter Zugrundelegung des Fehlens einer Einfrie­dung bei der Liegenschaft x, folgende Maßnahmen angeordnet:

a) Binnen 14 Tagen ist ein Zwinger nach en Anforderungen gemäß Anlage 1 der 2. Tierhaltungsverordnung zu errichten.

b) Bis zur Fertigstellung des Zwingers wird eine generelle Leinenpflicht für das gesamte Gemeindegebiet außerhalb der Haustür oder einer sonst ins Freie führenden Tür der Liegenschaft der Bf angeordnet. An nichtöffentlichen Orten darf der Hund mit Maulkorb geführt werden.

c) An öffentlichen Orten im Ortsgebiet von x muss der Hund an der Leine und mit Maulkorb geführt werden.

 

Im Rahmen des Beweisverfahrens hat die Zeugin S unter der Wahrheitspflicht des § 288 StGB ausgesagt, sie habe den genannten Hund am 13. August 2013 zwischen 16.00 Uhr und 20.00 Uhr, als sie vom gegenüber ihrem Wohnhaus x auf der anderen Straßenseite gelegenen Hühnerstall die Eier holte, auf der Straße bei der Einfahrt zur Liegenschaft x – laut DORIS in  einer Entfernung von ca 25 m – am Boden schnüffelnd beobachtete, wobei dieser weder Maulkorb noch Leine getragen habe und unbeaufsichtigt gewesen sei. Bei ihrer Rückkehr ins Haus nach ca 10 Minuten habe der Hund immer noch ohne Maulkorb und Leine dort geschnüffelt. Die Zeugin S hat telefonisch Anzeige beim Bürgermeister erstattet. Im diese Anzeige dokumentierenden Aktenvermerk vom 19. August 2013 und in ihrer Zeugenaussage vom 20. November 2013 vor der belangten Behörde ist kein Anhaltspunkt über den damaligen genauen Standort des Hundes sowie über die Uhrzeit der Beobachtung zu finden. Die Zeugin S hat in der Verhandlung – völlig glaubhaft – ausgesagt, sie könne sich erinnern, dass sie die Eier geholt habe – das tue sie in der Regel zwischen 16.00 Uhr und 20.00 Uhr, aber sie könne nicht mehr sagen, wann genau sie das am 13. August 2013 getan habe.

 

Die im oben angeführten Bescheid, Spruchpunkt 3b, angeordnete Leinenpflicht bis zur Errichtung des Zwingers – diese Verpflichtung begann mit Rechtskraft des Bescheides, also am 30. Juli 2013 – galt im Gemeindegebiet x – der Bereich der Einfahrt zur Liegenschaft x liegt nicht im Ortsgebiet, zumal dieses erst bei der südöstlichen Ecke des Hauses x beginnt – und damit auf der Straße vor der Einfahrt zum Haus x.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – die auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nach wie vor Anwendung findet – hat die Rechtsmittelinstanz nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl E 25.3.1994, 93/02/0228; 19.5.1993, 92/09/0360; 28.2.1997, 95/02/0601). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs.4 AVG bzw § 50 VwGVG (vgl E 25.9.1992, 92/09/0178; 8.2.1995, 94/03/0072; 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Rechtsmittelverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl ua E 24.3.1994, 92/18/0356; 23.10.1995, 94/04/0080; 29.10.1996, 96/07/0103; 19.3.1997, 93/11/0107).

 

Die Verfolgungsverjährungsfrist iSd § 31 Abs.1 VStG endete – nach ihrer Verlängerung von sechs Monaten auf ein Jahr mit 1.7.2013 im Rahmen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl.I Nr.33/2013 – am 13. August 2014. Die Aussage der Zeugin S an diesem Tag erbrachte im Hinblick auf den der Bf zur Last gelegten Tatbestand keine dem § 44a Z1 VStG entsprechende Konkretisierung im Sinne einer erforderlichen zeitlichen Einschränkung des vorgeworfenen Verhaltens.

Damit sind die Verfolgung ausschließende Umstände eingetreten, sodass im Sinne des § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Zu II.:

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger