LVwG-750025/3/Sr/JW

Linz, 12.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde der x, geboren am x, russische Staatsangehörige, vertreten durch x, gegen den Kostenbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Mai 2013, GZ: 1076087/FRB, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG iVm. § 113 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde stattgeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Mai 2013,
GZ 1076087/FRB, wurde die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) verpflichtet, die Kosten für den Ankauf von Flugtickets von Wien nach Amsterdam (für die Bf und deren Tochter nach Abzug der Gutschrift) in der Höhe von 88,34 € und die Kosten für den Ankauf von Flugtickets für drei Begleitbeamte von Wien nach Amsterdam und retour (nach Abzug der Gutschriften) in der Höhe von     1.341,51 € (Summe: 1.429,85 €) gemäß § 113 Abs. 1 und § 19 der Verordnung des Bundesministeriums für Inneres zur Durchführung des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. II-450/2005 zu ersetzen.

 

Begründend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ua. wie folgt aus:

Gem. § 113 Abs. 1 FPG sind die Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes, der Ausweisung oder der Zurückschiebung entstehen, sowie die Kosten der Vollziehung der Schubhaft, einschließlich der Aufwendung für den Einsatz gelinderer Mittel und der Dolmetscherkosten, von dem Fremden zu ersetzen.

 

Gem. § 19 Abs. 1 FPG-DV kommen als Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung oder Zurückschiebung oder bei der Vollziehung der Schubhaft entstehen (§ 113 Abs. 1 FPG), insbesondere in Betracht:

1.     Kosten für die Benützung von Verkehrsmitteln (zB Bahn-, Bus- oder Flugticket);

2.     Kosten für die Begleitung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes;

3.     Kosten für medizinische Versorgung während der Schubhaft und

4.     Kosten für Sachaufwendungen (zB Verpflegung).

 

Die für 25.04.2013 organisierte Dublin-Überstellung nach Amsterdam/Niederlande musste aufgrund Ihrer und der Ihrer Tochter am 22.04.2013 freiwilligen Ausreise storniert werden. Die Kosten von € 88,34 setzen sich aus dem Ticketpreis von
€ 385,72 für Sie und von € 480,72 für Ihre Tochter abzüglich der Gutschrift des Reisebüros von € 778,10 da der Flug nicht zustande kam, zusammen.

 

Die Kosten für die drei Begleiter von € 1.341,51 setzen sich aus den Ticketpreisen von dreimal 491,93 (hin und retour) abzüglich der Gutschriften des Reisebüros von dreimal
€ 44,76 zusammen, da der Flug storniert wurde.

 

Für die stornierten Flugtickets für Sie und Ihre Tochter, sowie für die stornierten Flugtickets für die Begleitbeamten haben Sie aufzukommen.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig die als Beschwerde zu wertende Berufung, welche – im Hinblick auf die §§ 9, 27 VwGVG – wie folgt begründet wird:

Der Bescheid wird in seinem gesamten Umfang bekämpft. Als Berufungsgründe werden unrichtige Sachverhaltsfeststellungen geltend gemacht.

1.) Die Berufungswerberin hat durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung, Rechtsanwalt x, bereits am 15.04.2013 bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich fernmündlich mitgeteilt, dass sie und Ihre Tochter freiwillig aus Österreich ausreisen werden. Die Behörde hat damals mitgeteilt, dass noch kein Flug gebucht wurde, keine Kosten entstanden sind und somit einer freiwilligen Ausreise auch nichts entgegen stehe. Es ist daher unerklärlich, warum die Behörde nunmehr einen Kostenersatz für eine Dublin-Überstellung fordert. Die Berufungswerberin hat rechtzeitig mitgeteilt, dass diese freiwillig ausreisen wird und hat dies auch zum besagten Zeitpunkt getan. Die Behörde wurde davon bereits am 15.04.2013 in Kenntnis gesetzt und hat dem auch zugestimmt. Die Berufungswerberin hat daher keine wie immer gearteten Kosten zu tragen.

Beweis: x, PV.

2.) Weiters wendet die Berufungswerberin ein, dass es die Behörde unterlassen hat, einen Nachweis über die entstandenen Kosten vorzulegen.   Die  Berufungswerberin bestreitet  überhaupt den Anfall  von Stornogebühren und die Bezahlung dieser durch die    Behörde. Der Behörde möge daher aufgetragen werden, nachvollziehbare Unterlagen wie Reisevertrag, Buchungsvertrag, Stornobestätigung etc. vorzulegen.

 

Abschließend wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

3. Am 4. August 2014 wurde mit der belangten Behörde und dem Rechtsvertreter Rücksprache gehalten. Dabei gab der Rechtsvertreter bekannt, dass das Telefonat mit der Behördenvertreterin wie im Rechtsmittel dargelegt vor der Buchung der Flüge erfolgt sei und ihm auf Grund seines Vorbringens zugesagt worden sei, dass mit der Buchung noch zugewartet werde. Nach Einsicht in seinen Handakt werde er ergänzend eine Stellungnahme erstatten.

 

Am 5. August 2014 lange folgende Stellungnahme ein:

 

Wie telefonisch besprochen, darf ich ihnen hiermit nochmals bestätigen, dass mein Konzipient x am 15.04.2013 telefonischen Kontakt mit x von der LPD gehalten hat. Dieser wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin ihren Asylantrag nicht aufrecht halten und daher freiwillig ausreisen wird. Die Beschwerdeführerin hat sich sodann unverzüglich an die Organisation Caritas gewendet, damit ihr diese bei der Rückkehr in ihre Heimat helfen kann. Die Berufungswerberin hat daher nie einen Anlass für die Buchung eines Rückfluges gesetzt. Vielmehr hat die Berufungswerberin stets mitgeteilt, dass Sie keine Dublin-Überstellung benötigt. Rein informativ darf noch mitgeteilt werden, dass die Beschwerdeführerin auch nie über ein bereits gebuchtes Flugticket informiert wurde.

 

II.

 

1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 15. Jänner 2014 zur Entscheidung vor.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und bloß eine Rechtsfrage zu erörtern war.

 

3.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I. 1. bis. 3. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt und nachfolgenden Ergänzungen aus.

 

Die Bf hält sich seit ihrer freiwilligen und unbegleiteten Ausreise außerhalb von Österreich auf. Einen Tag vor der Buchung der Flüge von Wien nach Amsterdam und (teilweise) retour informierte der Rechtsvertreter eine zuständige Sachbearbeiterin der belangten Behörde von der beabsichtigten Zurückziehung der Asylantrage und der freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat. Dabei wurde ihm ein Zuwarten zugesichert.

 

3.2. Das Vorbringen der Bf ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Dem Vorlageakt kann nicht entnommen werden, dass die Bf im vorgelagerten Verfahren ein Verhalten gesetzt hat, das auf eine Verschleppungsabsicht des Verfahrens und der Verhinderung fremdenpolizeilicher Maßnahmen deuten würde. Das dokumentierte Verfahren zeigt auf, dass sich die Bf entsprechend ihren Ankündigungen verhalten, den Asylantrag zurückgezogen und die freiwillige Heimreise in den Herkunftsstaat angetreten hat. Auf Grund eines Versehens scheint die glaubhafte Ankündigung der Bf im Akt keinen Niederschlag gefunden und ein weiteres Behördenorgan bereits einen Tag später die begleitete Abschiebung irrtümlich in die Wege geleitet zu haben.

 

III.

 

1. Gemäß §§ 5 Abs. 1 Z 5 iVm 113 FPG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 50/2012 (in der Folge: FPG) obliegt der Fremdenpolizeibehörde erster Instanz die Vorschreibung der Kosten.

 

Nach § 125 Abs. 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

 

Gemäß § 125 Abs. 23 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einer Landespolizeidirektion anhängigen Berufungsverfahren nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 113 Abs. 1 FPG sind folgende Kosten, die der Behörde oder dem Bund entstehen, von dem Fremden zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung der Zurückschiebung entstehen,

2. Kosten der Vollziehung der Schubhaft,

3. Kosten, die als Aufwendungen für den Einsatz gelinderer Mittel anfallen,

4. Dolmetschkosten.

 

2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten dass die Bf und ihre Tochter x zur Führung ihrer Asylverfahren in die Niederlande rechtskräftig ausgewiesen worden sind. Weiters ist unbestritten, dass die Bf entsprechend ihrer Ankündigung die Asylverfahren zeitnah zurückgezogen hat und nach Gewährung einer Rückkehrhilfe freiwillig und unbegleitet in ihren Herkunftsstaat ausgereist ist.

 

Eine Prüfung betreffend Abschiebung ist dem LVwG im Rahmen des § 113 FPG verwehrt (instruktiv VwGH vom 30. April 2009, Zl. 2007/21/0458). § 113 Abs. 1 FPG spricht klar davon, dass die Kosten, die bei der Durchsetzung der Zurückschiebung entstehen vom Fremden zu ersetzen sind.

 

In der Beschwerde spricht die Bf die Notwendigkeit der Kosten für die diversen Flugtickets an. Als Prüfungsmaßstab ist § 113 Abs. 1 Z 1 FPG heranzuziehen.

 

Auch im Rahmen der Notwendigkeitsprüfung im Kernbereich ist grundsätzlich auf den weiten Ermessensspielraum der Behörde hinzuweisen (vgl. VwGH vom
24. November 2009, Zl. 2008/21/0599). Wie bereits oben dargelegt, ist die Bf im Beurteilungszeitraum aber äußerst glaubhaft in Erscheinung getreten und hat keinerlei fremdenpolizeiliche Maßnahmen hintertrieben. Das von der rechtsfreundlichen Vertretung geführte Telefonat mit der belangten Behörde war daher als glaubhaft einzustufen und wurde auch rechtzeitig vor den Buchungen der Flugtickets erstattet. Die Ankündigungen wurden zeitnah umgesetzt und auch von der belangten Behörde für wahr befunden, da in der Folge weder eine zwangsbewehrte und begleitete Abschiebung vorgesehen worden ist.

 

Im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles sind die im Spruch der belangten Behörde vorgeschriebenen Kosten von der Bf nicht zu erstatten.

 

3. Der Beschwerde war somit stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.




 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider