LVwG-600302/7/Zo/CG

Linz, 19.08.2014

 

 

 


Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn x, geb. x, x, vom 11.04.2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 27.03.2014, Zl. VerkR96-5371-2013 wegen zwei  Übertretungen der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2014,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.       Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Beschwerdeführer im  angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 24.08.2013 zwischen 20:03 Uhr und 20:25 Uhr in Schärding, auf der Verbindungsstraße der x Straße zur x, seinen PKW mit dem Kennzeichen x

1)   im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder, nämlich 2 Meter vor der Einmündung in die x Straße; sowie

2)   auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr, auf der nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben sind,

geparkt habe.

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 24 Abs.1 lit.d StVO 1960 zu 1) sowie nach § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960 zu 2) begangen. Für jede dieser Übertretungen wurden Geldstrafen in Höhe von jeweils 25 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 12 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt. Weiters wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

2.           In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass er zwar an der angeführten Stelle geparkt habe, jedoch der Strafzettel von einem Polizeibeamten zurückgenommen worden sei und er mit einer Verwarnung aufgefordert worden sei, den Parkplatz sofort zu verlassen. Dieser Vorfall könne auch von einem Bekannten bezeugt werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Dieses hat durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.07.2014. An dieser hat der Beschwerdeführer teilgenommen, die Verwaltungsbehörde war entschuldigt. Der Meldungsleger, KI. x wurde als Zeuge befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer hatte den angeführten PKW am 24.08.2013 in der Zeit von 20:03 Uhr bis 20:25 Uhr in Schärding auf der Verbindungsstraße zwischen der x Straße und der x, 2 Meter vor der Einmündung in die x Straße geparkt. Bei dieser Verbindungsstraße handelt es sich um eine Fahrbahn mit Gegenverkehr, wobei durch das abgestellte Fahrzeug nicht mindestens 2 Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben sind.

 

Nach den glaubwürdigen Angaben des KI. x gibt es wegen dort abgestellter Fahrzeuge immer wieder Beschwerden, weshalb dieser Bereich regelmäßig sowohl von Beamten der Stadtpolizei Schärding als auch der PI. Schärding überwacht wird. Zur Vorfallszeit habe er den angeführten PKW dort abgestellt vorgefunden, er habe sich dann einige Zeit im Nahebereich aufgehalten, wobei er das Fahrzeug nicht aus den Augen gelassen habe. In weiterer Folge habe er auch ein Foto von dieser Situation angefertigt. Zwei weitere Fahrzeuge seien in den nächsten Minuten weggefahren, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei jedoch auch ca. 10 Minuten später noch dort abgestellt gewesen. Er habe deshalb an diesem Fahrzeug ein bargeldloses Organmandat angebracht und sei dann weggegangen. Er habe zu keinem Zeitpunkt Kontakt mit dem Beschwerdeführer gehabt und habe daher auch sicher keine Ermahnung ausgesprochen.

 

Der Beschwerdeführer schildert die Situation dahingehend, dass er zu jenem Zeitpunkt, als er zu seinem Fahrzeug zurückgekommen sei, in der in unmittelbarer Nähe befindlichen Bushaltestelle einen Polizeibeamten gesehen habe, welcher gerade 2 Motorräder kontrolliert habe. Er habe diese Amtshandlung abgewartet und im Anschluss daran den Polizisten bezüglich des Strafzettels angesprochen. Der Polizeibeamte habe das Organmandat zurückgenommen und ihm gesagt, dass er wegfahren könne und die Sache erledigt sei. Er sei daher davon ausgegangen, dass er vom Polizisten abgemahnt worden sei, weshalb er die Angelegenheit als erledigt betrachtet habe. Auf Befragen, ob es sich bei diesem Polizisten um den bei der Verhandlung anwesenden KI. x gehandelt habe, gab der Zeuge an, dass er sich diesbezüglich nicht sicher sei. Der Polizist habe eben Uniform getragen und eine Kappe aufgehabt, es könne sich auch um einen anderen Polizisten gehandelt haben. Dazu gab der Zeuge x an, dass jener Bereich auch von Beamten der PI. Schärding überwacht wird und dass im Bereich der Bushaltestelle auch gelegentlich Geschwindigkeitsüberwachungen bzw. Kontrollen von Motorfahrrädern (wegen der Lärmentwicklung) durchgeführt werden. Seiner Erfahrung nach seien die Beamten der PI. Schärding zu dieser Tageszeit aber immer zu zweit unterwegs, weshalb eine Verkehrskontrolle durch einen einzelnen Polizisten sehr unwahrscheinlich sei. Es komme in der Praxis auch nicht vor, dass ein Beamter der PI. Schärding ein von einem Polizisten der Stadtwache Schärding ausgestelltes Organmandat „abmahne“ oder umgekehrt, eine Ermahnung werde in der Praxis immer nur von jenem Polizeibeamten erteilt, welcher auch die Beanstandung durchgeführt hatte. Der Beschwerdeführer habe auch nicht mit einem anderen Beamten der Stadtwache Schärding sprechen können, weil er an diesem Abend alleine Dienst versehen habe.

 

Zu diesen Angaben ist in freier Beweiswürdigung folgendes festzuhalten:

 

Sowohl der Zeuge KI. x als auch der Beschwerdeführer machten in der Verhandlung einen ausgesprochen glaubwürdigen Eindruck. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Ermahnung tatsächlich vom Zeugen KI. x ausgesprochen wurde. Es erscheint zwar nicht sehr wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer mit einem Beamten der PI. Schärding Kontakt hatte, andererseits ist dies aber auch nicht unmöglich. Es ist durchaus denkbar, dass sich der zweite während des Streifendienstes grundsätzlich anwesende Polizeibeamte zum Zeitpunkt des Gespräches des Beschwerdeführers mit dem ersten Polizeibeamten gerade bei dem möglicherweise in einer Nebenstraße abgestellten Polizeifahrzeug befunden hat und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Beamter der PI. Schärding dem Beschwerdeführer wegen des Parkdeliktes eine Abmahnung erteilt und in weiterer Folge (möglicherweise wegen eines dringenden Einsatzes oder aus anderen Gründen) vergessen hat, seinen Kollegen der Stadtwache Schärding diesbezüglich zu informieren. Derartige Fälle kommen zwar nur selten vor, sind aber auch nicht völlig ausgeschlossen. Für diese Version spricht das ausgesprochen glaubwürdige Verhalten des Beschwerdeführers, welcher wegen der eher geringfügigen Geldstrafe den Aufwand des Beschwerdeverfahrens und auch die relativ weite Anreise zur mündlichen Verhandlung auf sich genommen hat.

 

Insgesamt kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer nicht tatsächlich von einem anderen Polizeibeamten wegen des abgestellten Fahrzeuges eine Ermahnung erteilt worden ist.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

                     

5.1. Gemäß § 50 Abs. 5a VStG kann das Organ von der Einhebung einer Geldstrafe mit Organstrafverfügung absehen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beanstandeten gering sind; eine Anzeige an die Behörde ist in diesem Fall nicht zu erstatten. Das Organ kann jedoch den Beanstandeten in einem solchen Fall in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit  seines Verhaltens aufmerksam machen.

 

Wie oben dargestellt, kann nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein anderer Polizeibeamter als der Meldungsleger wegen der relativen Geringfügigkeit der Verwaltungsübertretung und dem geringen Verschulden des Beschwerdeführers von der Einhebung einer Geldstrafe bzw. der Erstattung einer Anzeige abgesehen hat. Dem zuständigen Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes sind derartige Fälle aus der Praxis – wenn auch nur sehr vereinzelt – bekannt. Aus § 50 Abs.5a VStG, wonach in diesem Fall keine Anzeige zu erstatten ist, ist abzuleiten, dass eine derartige Ermahnung dazu führt, dass kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden darf. Es war daher der Beschwerde stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren – zumindest im Zweifel zugunsten des Beschuldigten – einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten für das Beschwerdeverfahren ist in § 52 VwGVG begründet.

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhalten der Fußgänger ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für den Beschwerdeführer ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l