LVwG-410337/4/MZ/PP

Linz, 22.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des x,
geb. x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1.4.2014, GZ Pol96-597-2011, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparate- und Wettgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

     I.        Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos behoben wird.

 

   II.        Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten.

 

 III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             a) Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1.4.2014, GZ Pol96-597-2011, wurde der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt belangt:

 

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x, mit Sitz in x, verwaltungsrechtlich zu verant­worten, dass von der genannten Gesellschaft

1. am 17.11.2011 um 13:00 Uhr im Wettbüro x in x, ein BET2DAY-Wettterminal,

2. am 23.11.2011 um 14:10 Uhr im Gastlokal x in x, zwei BET2DAY-Wettterminals,

3. am 23.11.2011 um 14:20 Uhr im Wettbüro x in x, ein BET2DAY Wettterminal,

4. am 23.11.2011 um 14:30 Uhr im Wettbüro x in x, ein BET2DAY Wettterminal,

5. am 23.11.2011 um 14:45 Uhr im Wettbüro x in x, ein BET2DAY Wettterminal,

6. am 23.11.2011 um 14:50 Uhr im Wettbüro x in x, ein BET2DAY Wettterminal und

7. am 23.11.2011 um 16:30 Uhr im Wettbüro x in x, ein BET2DAY Wettterminal,

ohne schriftlicher Anzeige bei der Behörde betriebsbereit aufgestellt wurde(n), obwohl die Einrichtung und der Betrieb einer Wettannahmestelle der Behörde schriftlich unter Bekanntgabe des vorgesehenen Standorts anzuzeigen ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 9 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Ziffer 7 Oö. Spielapparate- und Wettgesetz, LGBl.Nr. 106/2007“.

 

Wegen jeder der sieben Übertretungen wurde in Folge über den Bf eine Geldstrafe in der Höhe von 200,- Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden, verhängt.

 

b) Gegen das am 3.4.2014 der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf zugestellte Straferkenntnis erhob dieser mit am 23.4.2014 bei der Behörde eingelangtem Schreiben rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

II.            a) Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entschei­dungs­findung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung trotz entsprechenden Antrages des Bf angesichts der Tatsache, dass bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, unterbleiben.

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

a) Die einschlägigen Bestimmungen des Oö. Spielapparate- und Wettgesetzes lauteten in der zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung:

 

§ 9

Wettbüros und Wettannahmestellen

 

(1) Wettbüros und Wettannahmestellen mit oder ohne Wettterminals dürfen nur von Inhaberinnen oder Inhabern einer Bewilligung nach § 7 errichtet und betrieben werden. Die Einrichtung und der Betrieb einer Wettannahmestelle ist der Behörde schriftlich unter Bekanntgabe des vorgesehenen Standorts anzuzeigen.

 

§ 13

Behörden

 

(1) Behörde im Sinn dieses Landesgesetzes ist

1. die Gemeinde für das Anzeigeverfahren gemäß § 3,

2. die Landesregierung für die Bewilligungen nach § 7,

3. die Bezirksverwaltungsbehörde, in Städten mit eigenem Statut die Bundes­polizeidirektion für den Vollzug der §§ 6 und 14.

 

§ 15

Strafbestimmungen

 

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht:

7. wer den Betrieb einer Wettannahmestelle (§ 9 Abs. 1) nicht anzeigt;

 

 

 

 

 

§ 3

Anzeigepflicht

 

(1) Das Aufstellen von Spielapparaten an öffentlichen Orten ist von der Betreiberin oder vom Betreiber bei der Gemeinde anzuzeigen; ausgenommen sind das unentgeltliche Anbieten und Vorführen von Spielprogrammen mittels Spielkonsolen in Geschäften und sonstigen Verkaufsstellen, wenn diese Tätigkeit für den rechtmäßig ausgeübten Handelszweig typisch ist.

 

§ 7

Bewilligungspflicht; Verfahren

 

(1) Ein Wettunternehmen darf nur mit Bewilligung der Behörde betrieben werden.

 

b) Dem Bf wurde von der belangten Behörde auf das Wesentliche verkürzt angelastet, dass Wettterminals an verschiedenen Orten „ohne schriftlicher Anzeige bei der Behörde betriebsbereit aufgestellt wurde(n)“.

 

Es ist zuvorderst daher die Frage zu klären, ob bzw wenn ja an wen eine derartige schriftliche Anzeige zu ergehen hat.

 

§ 9 Abs. 1 Satz 2 Oö. Spielapparate- und Wettgesetz zufolge ist „[d]ie Ein­richtung und der Betrieb einer Wettannahmestelle … der Behörde schriftlich unter Bekanntgabe des vorgesehenen Standorts anzuzeigen.“ Grundsätzlich besteht daher – wie von der Behörde vermeint – eine schriftliche Anzeigeverpflichtung.

 

In weiterer Folge ist somit zu klären, an wen die schriftliche Anzeige zu erstatten ist. Es liegt nahe, zur Klärung dieser Frage den unter der Überschrift „Behörden“ stehenden § 13 Oö. Spielapparate- und Wettgesetz zu Rate zu ziehen. Demnach sind [bzw im Hinblick auf die Bundespolizeidirektion: waren] Behörden im Sinn dieses Landesgesetzes die Gemeinde für das Anzeigeverfahren gemäß § 3, die Landesregierung für die Bewilligungen nach § 7 und die Bezirksver­waltungsbehörde, in Städten mit eigenem Statut die Bundespolizeidirektion für den Vollzug der §§ 6 und 14. Überraschenderweise findet sich jedoch keine Bestimmung der behördlichen Zuständigkeit für die Entgegennahme von schriftlichen Anzeigen gem § 9 Abs. 1 zweiter Satz Oö. Spielapparate- und Wettgesetz. Auch im restlichen Gesetzeswerk findet sich – soweit ersichtlich – keine entsprechende Zuständigkeitsnorm, auch nicht etwa in Form einer Generalsklausel für nicht in § 13 leg cit aufgezählte Tatbestände.

 

Bei der dem Bf vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt. Die Verwirklichung eines solchen setzt freilich voraus, dass die Handlung, welche einem Täter unterlassen zu haben vorgeworfen wird, tatsächlich und ohne spezielle Kenntnisse zu haben vorgenommen werden kann. Im ggst Fall lässt sich nur aufgrund des Gesamtsystems im Oö. Spielapparate- und Wettgesetz (siehe insb das Zusammenspiel der §§ 7 und 9) vermuten, dass die schriftliche Anzeige an die Oö. Landesregierung zu erstatten gewesen wäre; davon geht auch die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis, allerdings ohne zu begründen, wie sie zu diesem Ergebnis gelangt, aus. Vor diesem Hintergrund ist in concreto fraglich, ob die strafbewährte Verpflichtung, eine Anzeige bei „der Behörde“ zu tätigen, in Anbetracht der hohen Anforderungen in einem Strafverfahren ausreichend klar und unmissverständlich ist.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht zumindest vorerst davon aus, dass die in § 9 Abs. 1 Satz 2 Oö. Spielapparate- und Wettgesetz normierte Anzeigeverpflichtung ausreichend determiniert ist. Dies auch aufgrund der Überlegung, dass es einem Rechtsunterworfenen durchaus zuzumuten ist, bei diesbezüglichen Unklarheiten bei (irgend)einer der im Gesetz genannten Behörden nachzufragen, wo die Meldung den nun zu erstatten ist. Darüber hinaus bestünde auch die Möglichkeit, eine schriftliche Anzeige bei der als zuständig erachteten Behörde zu erstatten, die diese, falls sie sich zur Entgegennahme als unzuständig erachtet, weiterzuleiten oder den Einschreiter an die zuständige Stelle zu verweisen hätte. Schließlich hat der Bf auch in seinem Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht, dass er nicht wusste, welcher Behörde gegenüber die Meldepflicht bestanden hat.

 

d) Mit der belangten Behörde von der Verpflichtung des Bf ausgehend, dass die schriftliche Anzeige gem § 9 Abs. 1 Satz 2 Oö. Spielapparate- und Wettgesetz bei der Oö. Landesregierung zu erstatten gewesen wäre, führt jedoch zum Ergebnis, dass die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen hat, ohne eine entsprechende Zuständigkeit hierfür zu haben.

 

Bei Verstößen gegen Auskunfts-, Anzeige- oder Meldepflichten ist der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diversen Rechtsmaterien zufolge nämlich Tatort der Sitz jener Behörde, an die die Auskunft, Anzeige oder Meldung zu erstatten ist (vgl VwSlg 14.398 A/1996 und VwGH 25.4.1997, 95/02/0547, zu § 103 Abs 2 KFG: Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Lenkerauskunft ist der Sitz der anfragenden Behörde; in diesem Sinne auch VwGH 10.11.1995, 95/17/0136, zu § 1 a Wr ParkometerG aF; VwGH 17.10.2012, 2010/08/0012, zur Meldepflicht des Dienstgebers gem.
§ 111 ASVG; VwGH 18. 12. 2012, 2011/07/0171, zur Meldepflicht gem § 79
Abs. 2 Z 14 AWG 2002; vgl auch N. Raschauer in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz [2010] § 27 Rz 3). Dies ermöglicht etwa auch die Strafverfolgung einer Person (mit Aufenthalt oder Sitz) im Ausland.

 

Der Sitz der Oö. Landesregierung, an welche die schriftliche Anzeige nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Oö. Spielapparate- und Wettgesetz mutmaßlich zu richten sein könnte, befindet sich in 4021 Linz. Im Sinne des § 27 Abs. 1 VStG wäre daher für ein allfälliges Strafverfahren gegen den Bf die Landespolizeidirektion Ober­österreich zuständig. Wenn vom Bf auch die Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung nicht ins Treffen geführt wird, ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dennoch aufgrund von § 27 VwGVG verpflichtet, eine solche von Amts wegen aufzugreifen.

 

e) Bei diesem Ergebnis ist das angefochtene Straferkenntnis vom Landesver­waltungsgericht Oberösterreich ersatzlos zu beheben. Eine Einstellung des Verfahrens kommt vor dem Hintergrund, das Strafbarkeitsverjährung noch nicht eingetreten ist, nicht in Betracht.

 

IV.          Aufgrund der Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen – oben zitierten – Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes abweicht noch es an einer Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes fehlt. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich



Dr. Markus Zeinhofer