LVwG-300036/7/Py/PP

Linz, 27.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die auf die Strafhöhe eingeschränkte Beschwerde
(vorm. Berufung) des Herrn X, vertreten durch X
X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom
11. November 2013, Ge96-139-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer münd­lichen Verhandlung am 22. August 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf je 750 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 150 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren von der belangten Behörde wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG auf
150 Euro herabgesetzt.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom
11. November 2013, Ge96-139-2013, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 5 Z1 iVm § 118
Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) BGBl. Nr. 450/1994 idgF iVm
§ 57 Abs. 1 1. Satz Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl. Nr. 340/1994 idgF (Faktum 1) und Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 5 Z1 iVm
§ 118 Abs. 3 ASchG iVm § 58 Abs. 3 1. Satz iVm § 7 Abs. 2 Z4 BauV idgF zwei Geldstrafen in Höhe von je 1000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 240 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorge­schrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegen folgende Tatvorwürfe zugrunde:

 

Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz strafrechtlich verantwortlicher handels­rechtlicher Geschäftsführer der X mit Sitz in X zu verantworten, dass bei einer am 30.08.2013 auf der Baustelle in X - Hinterhof/Fassade, vom Arbeitsinspektorat Wels durchgeführten Überprüfung Folgendes festgestellt wurde:

1. Ein Arbeitnehmer der X hat auf dem Gerüst hofseitig Arbeiten durchgeführt (Entfernung des auf der Mauer wachsenden Efeu), wobei keine geeigneten Absturzsicherungen vorhanden waren. Es wurden lediglich einige Metallstangen als Verstrebung an den Gerüststehern befestigt und als Gerüstbelag wurde lediglich in den einzelnen Etagen eine Gerüstplatte eingelegt und der Gerüstbelag nicht in seiner gesamten Gerüstbreite aus­geführt, obwohl Gerüstbelagsteile über die gesamte Gerüstbreite dicht neben­einander verlegt sein müssen.

2. Die Gerüstlagen in der zweiten, dritten und vierten Etage des hofseitig aufgestellten Metallgerüstes waren bei einer Absturzhöhe von ca. 4,0 m weder mit Fußwehren, noch mit Mittelwehren versehen, obwohl bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z. 4 BauV die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV ver­sehen sein müssen.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt bei einer am 30. August 2013 auf der Baustellte X, vom Arbeitsinspektorat Wels durchgeführten Überprüfung festge­stellt wurde. Trotz Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Oktober 2013 gab der Beschuldigte keine Rechtfertigung ab, weshalb die Übertretung als erwiesen anzusehen ist.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass auf die in der Schätzung vom
15. Oktober 2013 angeführten Einkommens-, Vermögens- und Familienver­hältnisse zurückgegriffen wurde und die Strafhöhe, die sich im unteren Bereich des Strafrahmens bis 16.659 Euro bewegt, auch bei ungünstigen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen als vertretbar anzusehen ist. Straferschwerend war zu werten, dass bereits – auch einschlägige – Verwaltungsvorstrafen auf­scheinen, Strafmilderungsgründe würden nicht vorliegen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung, in der der Bf zusammengefasst vorbringt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Behörde nicht aus­reichend ermittelt wurde und die verhängten Geldstrafen überhöht sind.

 

3. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 legte die belangte Behörde die Berufung dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Mit 1. Jänner 2014 trat das Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungs­gerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B–VG. Die Zuständigkeit der erkennenden Richterin ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.

 

4. Aufgrund des Beschwerdevorbringens führte das Landesverwaltungsgericht am 22. August 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bf mit seinem Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei teilnahmen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung schränkte der Bf seine Beschwerde auf die von der belangten Behörde verhängte Strafhöhe ein und führte aus, dass es sich beim gegenständlichen Arbeitnehmer um einen über lange Jahre im Unternehmen tätigen Mitarbeiter handelte, der besonders ein­geschult war und mit den Arbeitnehmerschutzbestimmung vertraut war. Durch den gegenständlichen Vorfall habe der Arbeitnehmer nur leichte Verletzungen erlitten und wird im Hinblick auf die fahrlässige Tatbegehung sowie das Geständnis des Bf eine Herabsetzung der verhängten Strafhöhen beantragt.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von
333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem
9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Nach § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994 (BauV), als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 1. Satz BauV müssen Gerüstbelagsteile über die gesamte Gerüstbreite dicht aneinander und so verlegt sein, dass sie nicht herabfallen, kippen oder sich verschieben können.

 

Gemäß § 58 Abs. 3 1. Satz BauV müssen bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Zi 2 oder 4 die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Zi 4 BauV liegt Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2 m Absturzhöhe vor.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.2. Die belangte Behörde hat über den Bf im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen in Höhe von je 1000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen 240 Stunden) verhängt. Zur Strafhöhe ist zunächst auszuführen,  dass aufgrund der nunmehr neuerlichen Übertretungen der Bestimmungen des Arbeitnehmer­Innenschutzgesetzes durch den Bf der erhöhte Strafsatz des § 130 ASchG zur Anwendung gelangt. Im Hinblick auf die weiteren Verwaltungsvorstrafen des Bf und den Umstand, dass aufgrund des gegenständlichen Vorfalles ein Arbeitnehmer verletzt wurde, erscheint es angemessen und gerechtfertigt, über den Bf eine deutlich über der Mindeststrafe liegende Geldstrafe zu verhängen. Als Milde­rungs­grund kommt dem Bf neben seinem Geständnis jedoch die lange Ver­fahrensdauer vor dem Landesverwaltungsgericht zugute. Dieser Umstand war als Milderungsgrund im Sinn des § 24 Abs. 2 StGB bei der Strafbemessung ent­sprechend zu werten. Ein beträchtlicher überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG kann jedoch nicht festgestellt werden. Ebenso liegen die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1
Zi 4 VStG nicht vor, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten nicht als gering zu werten sind. Von geringem Verschulden ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Seitens des Landesverwaltungsgerichts erscheint die nunmehr über den Bf verhängte Strafe daher angemessen und gerechtfertigt, um ihm die Unrecht­mäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetztes konformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Da der Beschwerde zumindest teilweise Folge gegeben wurde hat der Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde war § 64 Abs. 4 VStG auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe herabzusetzen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­trachten. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Dr.in Andrea Panny