LVwG-750201/2/Gf/Rt

Linz, 26.08.2014

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-750201/2/Gf/Rt                                                                    Linz, 26. August 2014

 

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde der G (Kirgisistan), vertreten durch RA Dr. B, gegen den im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich erlassenen Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 15. Juli 2014, Zl. Sich40-15, wegen Abweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

I.          Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die belangte Behörde dazu verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine „Niederlassungsbewilligung – Angehörige“ gemäß § 47 Abs. 3 Z. 1 NAG zu erteilen. 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

 

 

I.

 

 

1. Mit dem auf Grund der Verordnung LGBl.Nr. 127/2005 im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich erlassenen Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 15. Juli 2014, Zl. Sich40-15, wurde der von der Beschwerdeführerin am 27. Februar 2014 bei der Österreichischen Botschaft in Astana eingebrachte Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Angehörige“ gemäß § 47 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Z. 3 und Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005 in der Fassung BGBl.Nr. I 14/2014 (im Folgenden: NAG), abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Rechtsmittelwerberin lediglich ein Angebot über eine Reiseversicherung vorgelegt und damit im Ergebnis keinen Nachweis über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz erbracht habe. Dazu komme weiters, dass ihre bereits seit 2003 in Österreich lebende Tochter und ihr Schwiegersohn, die jeweils über die hiesige Staatsbürgerschaft verfügen, dann, wenn der Beschwerdeführerin kein Aufenthaltsrecht gewährt wird, nicht dazu gezwungen wären, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, sodass insoweit auch kein Eingriff in den Kernbestand von deren Unionsbürgerrechten resultiere. Außerdem beziehe die Rechtsmittelwerberin eine monatliche Rente in Höhe von 4.638 Som, die sowohl über dem landesweiten Durchschnitt für Alterspensionen (4.532,60 Som) als auch über dem durchschnittlichen Sozialhilferichtsatz ihrer Heimatstadt Bischkek (4.176,31 Som) liege, sodass die von ihrem Schwiegersohn bezogenen Geldleistungen nicht als Sicherstellung eines Bedarfes i.S.d. FreizügigkeitsRL 2004/38/EG, sondern vielmehr bloß als freiwillige Zuwendungen zur Erhöhung ihres Lebensstandards zu qualifizieren seien. Darüber hinaus weise die Beschwerdeführerin auch keine solchen Erkrankungen auf, die eine persönliche Pflege unabdingbar machen würden. Zuletzt werde durch die Abweisung des Antrages auch nicht unverhältnismäßig in ihr Privat- und Familienleben eingegriffen, weil ein solches in Bezug auf ihre Tochter und ihren Schwiegersohn bislang faktisch nicht bestanden habe und es sohin auch nicht zu einer Trennung komme.

 

2. Gegen diesen ihr am 16. Juli 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 13. August 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin wendet die Rechtsmittelwerberin ein, dass sie als 64-jährige zucker- und herzkranke Witwe in einem baufälligen Haus in Bischkek lebe und keine Angehörigen mehr habe, die für sie sorgen könnten. Außerdem könne sie mit ihrer Pension nicht einmal ihre Grundbedürfnisse in Bezug auf Lebensmittel und Heizkosten abdecken, denn eine statistische Durchschnittsrente reiche in Kirgisistan gerade dazu hin, um de facto nicht verhungern zu müssen; davon abgesehen treffe sie ein erhöhter Aufwand für Medikamente (1.700 Som in eineinhalb Monaten), wofür sie die finanzielle Unterstützung ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes dringend benötige, wobei ihr im Übrigen auch ein entsprechender gesetzlicher Unterhaltsanspruch zukäme.

 

Aus diesen Gründen wird beantragt, ihr eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ zu erteilen, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache der belangten Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. 

 

 

II.

 

 

1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG i.V.m. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen über wegen Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (sofern nicht ein Fall des Art. 132 Abs. 6 B-VG – nämlich eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde – vorliegt, was jedoch gegenständlich nicht zutrifft) die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

Da hier die Bestimmungen des Art. 131 Abs. 2 bis 4 B-VG über von diesem Grundsatz abweichende Anordnungen nicht zum Tragen kommen, ist somit nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG die funktionelle und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich gegeben.  

 

2. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Sich40-15442; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche, oben unter I. dargestellte Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.

 

 

1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

 

 

1.1. Nach § 47 Abs. 3 Z. 1 NAG kann einem Verwandten eines österreichischen Staatsbürgers oder von dessen Ehegatten in gerader aufsteigender Linie von der Bezirksverwaltungsbehörde im Namen des Landeshauptmannes (vgl. § 3 Abs. 1 zweiter Satz NAG i.V.m. § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl.Nr. 127/2005) eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger” erteilt werden, wenn der Verwandte die Voraussetzungen des 1. Teiles des NAG erfüllt und ihm vom Zusammenführenden tatsächlich Unterhalt geleistet wird.

 

1.2. Gemäß § 47 Abs. 3 NAG kann einem sonstigen Angehörigen u.a. dann eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger” erteilt werden,  wenn er die Voraussetzungen des 1. Teiles des NAG erfüllt und entweder vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat einen Unterhalt bezogen hat (§ 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a NAG) oder wenn schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege des Angehörigen durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen (§ 47 Abs. 3 Z. 3 lit. c NAG).

 

1.3. Nach den im 1. Teil des NAG normierten allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung darf einem Fremden – mit Blick auf die verfahrensgegenständliche Fallkonstellation – gemäß § 11 Abs. 2 NAG ein Aufenthaltstitel u.a. nur dann erteilt werden, wenn dieser über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung auch in Österreich leistungspflichtig ist (§ 11 Abs. 2 Z. 3 NAG).

 

Allerdings kann dann, wenn der Fremde eine der in § 11 Abs. 2 Z. 1 bis Z. 6 NAG normierten Voraussetzungen nicht erfüllt, diesem gemäß § 11 Abs. 3 NAG dennoch ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist; in diesem Zusammenhang sind – mit Blick auf den vorliegenden Fall – insbesondere das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (§ 11 Abs. 3 Z. 2 NAG), der Grad der Integration des Fremden (§ 11 Abs. 3 Z. 4) und dessen Bindungen zum Heimatstaat (§ 11 Abs. 3 Z. 5) sowie die strafgerichtliche Unbescholtenheit (§ 11 Abs. 3 Z. 6) und Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (§ 11 Abs. 3 Z. 7), zu berücksichtigen.

 

 

2. In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

 

2.1. Im gegenständlichen Fall geht aus dem von der Beschwerdeführerin am 27. Februar 2014 bei der bei der österreichischen Botschaft in Astana eingebrachten Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ zwar zweifelsfrei hervor, dass – obwohl beide Personen über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen – nicht ihre leibliche Tochter, sondern vielmehr deren Ehegatte und Schwiegersohn als Zusammenführender i.S.d. § 47 Abs. 3 NAG fungiert.

 

Aus dessen Sicht ist die Rechtsmittelwerberin sohin zwar nicht als „Familienangehörigei.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG, aber auch nicht bloß als „sonstige Angehörigei.S.d. § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG, sondern als „Verwandte“ – nämlich: seiner Ehegattin – „in gerader aufsteigender Liniei.S.d. § 47 Abs. 3 Z. 1 NAG anzusehen; solchen Verwandten kann eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ bereits erteilt werden, wenn ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird.

 

2.2. Aus den diesbezüglich im Akt der belangten Behörde enthaltenen Unterlagen ergibt sich, dass der Rechtsmittelwerberin von ihrem – die Zusammenführung initiierenden – Schwiegersohn im Vorfeld der Antragstellung folgende Geldleistungen zugewendet wurden:

 

11. Mai 2011:                                600,− Euro

4. Juli 2011:                                  400,− Euro

12. Dezember 2011:                       650,− Euro

1. Juni 2012:                                 500,− Euro

20. Dezember 2012:                       500,− Euro

5. April 2013:                                 500,− Euro

31. Mai 2013:                                500,− Euro

12. August 2013:               500,− Euro

5. November 2013:                        700,− Euro

Insgesamt 19 Monate        /     4.850,− Euro

 

2.3. In diesem Zusammenhang kann der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union entnommen werden, dass einerseits das Wesen der Unterhaltsgewährung darin liegt, dass der Leistungsempfänger eine solche finanzielle Unterstützung dazu benötigt, um in seinem Aufenthaltsstaat seine Grundbedürfnisse decken zu können (vgl. z.B. EuGH v. 9. Jänner 2007, C-1/05, RN 37); andererseits wird das Bestehen eines formalrechtlichen Unterhaltsanspruches nicht vorausgesetzt (vgl. EuGH v. 18. Juni 1987, C-316/85, RN 21 f).

 

Um sich zu vergewissern, dass tatsächlich eine materielle Unterhaltsleistung besteht und diese von Dauer sowie nicht bloß mit dem Ziel herbeigeführt worden ist, in das Gebiet der Europäischen Union einreisen zu dürfen, können die Mitgliedstaaten besondere Anforderungen hinsichtlich der Art und Dauer des Unterhaltsbedarfes vorsehen, sofern sich diese mit der gewöhnlichen Bedeutung des Begriffes „Unterhalt“ vereinbaren lassen und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht aushöhlen (vgl. EuGH v. 5. September 2012, C‑83/11, RN 36 bis 40); derartige Rechtsvorschriften wurden jedoch in Österreich bislang nicht erlassen.

 

2.4. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die Beschwerdeführerin eine monatliche Rente in Höhe von 4.638,00 Som (≈ 67 Euro bzw. 89 USD) bezieht, die sowohl über dem landesweiten Durchschnitt für Alterspensionen (4.532,60 Som ≈ 65 Euro bzw. 87 USD) als auch über dem durchschnittlichen Sozialhilferichtsatz ihrer Heimatstadt Bischkek (4.176,31 Som ≈ 60 Euro bzw. 80 USD) liege, so lässt sich in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass beispielsweise ein Betrag von etwa 140 Som (≈ 2 Euro) einer Kaufkraft von 75g Nescafé entspricht – dem im Übrigen von der belangten Behörde nicht entgegengetreten wurde –, insgesamt aber unschwer nachvollziehen, dass die von ihr bezogene monatliche Pension nach unionsrechtlichen Standards bemessen tatsächlich nur „dazu hinreicht, um gerade nicht verhungern zu müssen“. Wenn sie vor einem derartigen Hintergrund monatlich durchschnittlich ca. 255 Euro (≈ 17.700 Som) an Unterstützungsleistung erhalten hat, so entspricht dies zwar einerseits nahezu dem Vierfachen ihrer Monatspension, andererseits aber nicht einmal 5% des durchschnittlichen Monatsgehaltes ihres Schwiegersohnes.

 

Da zudem auch – und von der belangten Behörde ebenfalls unbeeinsprucht – der Medikamentenbedarf in Höhe von ca. 13.600 Som pro Jahr, jährliche Energiekosten zwischen 23.000 Som und 27.500 Som sowie der desolate Zustand der Unterkunft der Rechtsmittelwerberin evident sind und die Geldzuwendungen schließlich in (relativ) regelmäßigen zeitlichen Abständen erfolgten, kann sohin objektiv besehen nicht mit guten Gründen in Abrede gestellt werden, dass es sich um solche Unterstützungsleistungen handelte, die i.S.d. EuGH-Urteils vom 9. Jänner 2007, C-1/05, zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse unabdingbar waren.

 

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Zusammenführende hier seiner Verwandten tatsächlich Unterhalt i.S.d. § 47 Abs. 3 Z. 1 NAG geleistet hat.

 

2.5. Davon ausgehend war im Weiteren zu untersuchen, ob der Beschwerdeführerin – die derzeit über einen alle Risiken abdeckenden, in Österreich auch leistungspflichtigen Krankenversicherungsschutz gemäß § 11 Abs. 2 Z. 3 NAG allseits unbestritten (noch) nicht verfügt – der beantragte Aufenthaltstitel im Grunde des § 11 Abs. 3 NAG deshalb zu erteilen ist, weil dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK geboten ist.

 

2.5.1. Mit Blick auf den vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang zunächst festzustellen, dass zwischen dem Zusammenführenden und dessen Kernfamilie (Ehegattin und 11-jährige Tochter) einerseits und der Rechtsmittelwerberin andererseits ein tatsächliches Familienleben i.S.d. § 11 Abs. 3 Z. 2 NAG nicht besteht, weil letztere nach ihrem eigenen Vorbringen erst zwei Mal in Österreich war und auch ihre Tochter und ihr Schwiegersohn bloß „in größeren Abständen nach Kirgisistan auf Besuch ..... fahren“.

 

2.5.2. Von da her besehen kann auch von einer Integration der Beschwerdeführerin i.S.d. § 11 Abs. 3 Z. 4 NAG keine Rede sein; vielmehr besteht insoweit eine ausschließliche Bindung zu ihrem Heimatstaat gemäß § 11 Abs. 3 Z. 5 NAG.

 

Allerdings resultieren diese beiden Konsequenzen als unmittelbare Folgewirkungen daraus, dass die Rechtsmittelwerberin bislang tatsächlich nicht in Österreich aufhältig war.

 

2.5.3. Dem gegenüber war die bisherige strafgerichtliche Unbescholtenheit i.S.d. § 11 Abs. 3 Z. 6 NAG sowie die Nichtbegehung von Verstößen gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (§ 11 Abs. 3 Z. 7 NAG), zu Gunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigen.

 

2.5.6. Gleiches gilt aber vor allem auch für die von ihrem Schwiegersohn am 17. Jänner 2014 zu ihren Gunsten abgegebene, notariell beglaubigte Haftungserklärung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 15 NAG, derzufolge davon auszugehen ist, dass ein Aufenthalt der Rechtsmittelwerberin in Österreich zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft i.S.d. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG i.V.m. § 11 Abs. 5 NAG führen wird.

 

2.5.7. Stellt man die straf- und ordnungsrechtliche Unbescholtenheit sowie das Nichtbestehen der Gefahr einer finanziellen Belastung für eine Gebietskörperschaft dem gegenüber, dass bislang in kein tatsächliches Familienleben bestanden hat, so ergibt sich, dass letzterer Aspekt – worauf bereits zuvor hingewiesen wurde – v.a. deshalb von untergeordneter Bedeutung ist, weil er vornehmlich daraus resultiert, dass sich die Beschwerdeführerin bislang faktisch nicht in Österreich aufhalten konnte.

 

Insgesamt ergibt daher die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Interessenabwägung, dass die subjektiven Interessen der Rechtsmittelwerberin und ihres Schwiegersohnes an einer Familienzusammenführung allenfalls entgegenstehende öffentliche Interessen überwiegen (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund sowie Art. 4 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung, wonach eine solche „eine notwendige Voraussetzung dafür ist, dass ein Familienleben möglich ist, und diese zur Schaffung soziokultureller Stabilität beiträgt, die die Integration Drittstaatsangehöriger in dem Mitgliedstaat erleichtert“, wenngleich es letztlich „Sache der Mitgliedstaaten bleibt, zu entscheiden, ob sie u.a. auch die Familienzusammenführung von Verwandten in gerader aufsteigender Linie zulassen möchten“).

 

 


 

3. Entscheidung

 

 

Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und die belangte Behörde dazu zu verpflichten, der Beschwerdeführerin gemäß § 47 Abs. 3 Z. 1 NAG eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ zu erteilen.

 

 

IV.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtspre-chung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wurde.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

 

LVwG-750201/2/Gf/Rt vom 26. August 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

RL 2003/86/EG Art4 Abs2 lita

NAG §47 Abs3 Z1

 

Da die Rechtsmittelwerberin bloß eine dem Landesdurchschnitt entsprechende Mindestpension bezieht, die nach unionsrechtlichen Standards bemessen ihrem Vorbringen entsprechend tatsächlich nur „dazu hinreicht, um gerade nicht verhungern zu müssen“, zusätzlich aber ein Medikamentenbedarf, jährliche Energiekosten sowie der desolate Zustand der Unterkunft der evident sind und die Geldzuwendungen des Zusammenführenden in (relativ) regelmäßigen zeitlichen Abständen erfolgten, kann objektiv besehen nicht mit guten Gründen in Abrede gestellt werden, dass es sich hierbei um solche Unterstützungsleistungen handelte, die Deckung ihrer Grundbedürfnisse unabdingbar waren.

 

 

Beschlagwortung:

 

Unterhalt; Lebensstandard; regelmäßige Zuwendung; Zusammenführung, fremdenrechtliche