LVwG-550291/7/KLE/AK

Linz, 08.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Beschwerde des F H aus L gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Juni 2014, GZ: Agrar01-29-2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Zwangsabschuss eines Habichts und eines Mäusebussards im Umkreis von bis zu 500 m um das landwirtschaftliche Anwesen G in L im Zeitraum ab Zustellung dieses Erkenntnisses bis 15. März 2015 angeord­net. Ein getätigter Abschuss ist unverzüglich der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu melden.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Juni 2014, Agrar01-29-2014, wurde das Ansuchen um Anordnung eines Zwangsabschusses für Hühnerhabichte und Bussarde im Bereich der Liegenschaft H in L im genossenschaftlichen Jagdgebiet abgewiesen.

 

Als Rechtsgrundlage wurde § 49 Abs. 2 und 3 Oö. Jagdgesetz angeführt.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, die wie folgt begründet wird:

„Ich, F H, wohnhaft in L, erhebe Einspruch gegen den Bescheid, der mir von der Jagdbehörde der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zugesandt wurde. Es betrifft die Ablehnung des von mir geforderten Zwangsabschusses von Raubvögeln im Nahbereich meines landwirtschaftlichen Betriebes, die meinen Geflügelbestand in den Jahren 2013/2014 um beinahe 100 % reduzierten.

Als Tierhalter sehe ich nicht ein, dass ich für meinen entstandenen Schaden, der durch die Raubvögel verursacht wurde, nur 30 Euro im Jahr vom Landesjagdverband als Entschädigung bekomme, wo doch ein erwachsenes Legehuhn 9 Euro kostet. Weiter möchte ich Stellung nehmen zu den Äußerungen des Sachverständigen Mag. B vom Oö. Landesjagdverband. Seiner Meinung müsste ich Netze um den Hof spannen, damit sich Raubvögel nicht an meinem Geflügel als Nahrungsquelle bedienen. Das würde mit Sicherheit die Bewirtschaftung der betroffenen Fläche erheblich erschweren. Das Anbringen von „Rosenkugeln“ als Abwehr sehe ich nicht als zielführend, weil sich die Raubvögel an deren Anwesenheit allmählich gewöhnen. Man kann feststellen, dass die Anzahl der geschlagenen Hühner von Jahr zu Jahr steigt. Es lässt sich daraus schließen und man kann es auch als aufmerksamer Naturbeobachter merken, dass die Raubvögelanzahl auch höher geworden ist. Die hohe Raubvögeldichte trägt meiner Meinung mit Schuld, warum Tiere wie Fasan, Rebhuhn, Feldlärche oder Wachteln im Gemeindegebiet so gut wie ausgestorben sind. Ich ersuche Sie daher, die vorangegangene Entscheidung neu zu überdenken.“

 

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Ein jagdfachliches Amtssachverständigengutachten wurde eingeholt und den Par­teien im Rahmen des Parteiengehörs zugestellt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, entfallen. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Hühner­freilandhaltung. Im Jahr 2013 wurden von Bussarden und Habichten ca.
25 Hühner getötet. Im Jahr 2014 wurden mindestens 20 Hühner geschlagen. Dem Beschwerdeführer sei, seinen Angaben nach, ein erheblicher Schaden entstanden. Der Bezirksjagdbeirat und die Jagdgesellschaft L bestä­tigten die Belastung des Hühnerbestandes durch Habichte und Mäuse­bussarde.

Habichte und Mäusebussarde zählen zur Familie der Habichtartigen und sind heimische Brutvögel. Bevorzugte Lebensräume stellen Wälder, die an offene Kulturlandschaft, wie Hecken, Wiesen und Felder grenzen, dar. Diese Habitat­bedingungen sind im weiteren Umkreis des Anwesens G bestens erfüllt. Die Waldausstattung in der Gemeinde L beträgt 40 %. Die Siedlungsdichte bei Habichten beträgt in Österreich rund 0,5 Brutpaare pro 1000 ha. Der Gesamt­bestand an Habichten wird in Österreich auf etwa 2.300 Habichtpaare geschätzt. Mäusebussarde haben eine deutlich höhere Siedlungsdichte. Es liegt ein Gesamt­bestand von 8.000-12.000 Brutpaaren vor.  

 

Der jagdfachliche Amtssachverständige führt in seinem Gutachten unter anderem aus, dass ein Freilandhühnerbetrieb eine unnatürliche Konzentration von möglichen Beutetieren darstelle, die die Verteilung der Greifvögel beeinflusse. Obwohl eine Entnahme von Greifvögeln, vor allem beim Habicht, nicht dauerhaft Erfolg versprechend sei, würde ein Zwangsabschuss einen positiven und zumin­dest kurzfristigen Effekt erzielen. Seitens des Oö. Landesjagdverbandes werde eine Entschädigung für Schäden am Hausgeflügelbestand, die von Habichten verursacht werden, geleistet. Diese sei jedoch mit max. 6 Stück a 5 Euro pro Betrieb und Jahr limitiert. Schäden am Hausgeflügelbestand von unter 6 Stück, für die auch eine Entschädigung gewährt werde, seien daher jedenfalls nicht als erheblich einzustufen. Im gegenständlichen Fall sei der Geflügelbestand um beinahe zu 100 % reduziert worden, sodass aus fachlicher Sicht jedenfalls von einer Erheblichkeit des Schadens auszugehen sei. Zusätzliche Maßnahmen der Ursachenbeseitigung, wie z.B. das Spannen von Tarnnetzen, seien teilweise extrem aufwendig und betriebswirtschaftlich nur schwer vertretbar. Es gebe keine anderweitige zufriedenstellende Lösung als den Abschuss und aufgrund der Siedlungsdichte von Habichten und Mäusebussarden wird der günstige Erhal­tungs­­zustand aufrechterhalten.

 

Diese Feststellungen stützen sich auf die im Behördenverfahren eingeholten fachlichen Stellungnahmen und die im Verfahren vor dem Landesverwal­tungsgericht eingeholten Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen. Diese sind schlüssig und nachvollziehbar.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

§ 49 Abs. 2 und 3 Oö. Jagdgesetz lauten:

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann nach Anhören des Bezirksjagdbeirates und des Jagdausschusses anordnen, dass der Jagdausübungsberechtigte, notfalls unabhängig von den Schonzeiten, innerhalb einer bestimmten Frist den Wild­stand überhaupt oder den Bestand einer bestimmten Wildart im bestimmten Umfange vermindert, wenn einer der im § 48 Abs. 3 lit. a bis c genannten Gründe vorliegt (Zwangsabschuss).

(3) Der Zwangsabschuss gemäß Abs. 2 darf für Wild, welches der Vogelschutz-Richtlinie unterliegt oder in Anhang IV der FFH-Richtlinie angeführt ist, überdies nur angeordnet werden, sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und der günstige Erhaltungszustand der betroffenen Tierarten aufrecht­erhalten wird.

 

Die Anordnung eines Zwangsabschusses ist bei Vorliegen folgender Gründe zulässig:

a)   im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit,

b)   zur Abwendung erheblicher Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischwässern und Gewässern,

c)   zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt (siehe § 48 Abs. 3 lit. a bis c).

 

Das gerichtliche Verfahren hat ergeben, dass erhebliche Schäden am Viehbestand (Hausgeflügel) vorliegen. Durch den Zwangsabschuss von einem Habicht und einem Mäusebussard bleibt der günstige Erhaltungszustand dieser Tierarten aufrecht bzw. besteht keine anderweitige zufriedenstellende Lösung.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­ge­richts­hofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer