LVwG-650187/7/KLE/CG

Linz, 08.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2.7.2014, VerkR21-235-2014/BR,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt IV. ersatzlos behoben wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 2.7.2014, VerkR21-235-2014/BR, folgenden Spruch erlassen:

„Der Mandatsbescheid vom 08.05.2014, VerkR21-235-2014/BR, wird hinsichtlich der Entziehungsdauer insofern abgeändert, als die Dauer der Entziehung Ihrer Lenkberechtigung von 8 Monate auf 4 Monate reduziert wird. Die Entziehung der Lenkberechtigung endet mit Ablauf des 13.09.2014.

I. Die Ihnen von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erteilte Lenkberechtigung, Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 20.05.1986 unter der Zahl VerkR-0301-49321, für die Klassen AM, A1, A2, A, B und F, wird Ihnen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen.

Für die Dauer der Entziehung Ihrer Lenkberechtigung wird Ihnen eine allfällige ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung sowie ein allfälliger ausländischer EWR-Führerschein ebenfalls entzogen.

II. Gleichzeitig wird ausgesprochen, dass Ihnen für die Dauer von 4 Monaten, gerechnet ab 13.05.2014, demnach bis einschließlich 13.09.2014, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

III. Sie haben sich auf Ihre Kosten innerhalb offener Entziehungsdauer bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle, einem Verkehrscoaching zu unterziehen. Die Dauer der Entziehung Ihrer Lenkberechtigung endet nicht vor Befolgung der Anordnung.

IV. Weiters werden Sie aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Die Dauer der Entziehung Ihrer Lenkberechtigung endet nicht vor Befolgung der Anordnung.

V. Die aufschiebende Wirkung einer allenfalls gegen die Spruchabschnitte I, II, III und IV dieses Bescheides einzubringenden Beschwerde wird im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge ausgeschlossen.“

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, der Beschwerde Folge zu geben, den Spruchpunkt IV. des Bescheides aufzuheben und Spruchpunkt II. dahingehend abzuändern, dass die Entziehungsdauer mangels Verschulden eines Verkehrsunfalles mit einem Monat bemessen werde.

 

Die Beschwerde wird wie folgt begründet.

„Das gegenständliche Rechtsmittel ist im Sinne des § 7 Abs. 4 VwGVG fristgerecht eingebracht, weil der Vorstellungsbescheid vom 02.07.2014 heute zugestellt wurde.

Wie auch in Spruchpunkt I. des behördlichen Straferkenntnisses vom selben Tag, VerkR96-3461-2014-Wid, legt mir die Bezirkshauptmannschaft Braunau gegenständliche eine Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO und somit eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG zur Last, weil ich damals meinen PKW mit zumindest 0,8 Promille BAK gelenkt habe.

Wie die Behörde auf S. 5 des in Beschwerde gezogenen Bescheides ausführt, ist nach § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG bei erstmaliger Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen; wurde dabei aber ein Verkehrsunfall verschuldet, hat die Entzugsdauer mindestens 3 Monate zu betragen. Dass bei der Behörde von der x ein Antrag auf Akteneinsicht betreffend den gegenständlichen Vorfall eingelangt ist, hängt damit zusammen, dass meine Haftpflichtversicherung die Verkehrsunfallsanzeige der Polizei einsehen will; dies hat mit der Frage, ob ich mit meinem PKW den PKW x touchiert habe, nur insoweit zu tun, als eben geklärt werden muss, ob diese Kontaktierung tatsächlich stattgefunden hat oder nicht.

Entgegen der Meinung der Bezirkshauptmannschaft Braunau macht dies die von mir beantragte Einholung des kfz-technischen Amtssachverständigen zum Beweis nicht unnötig, dass ich mit dem Schaden am PKW nichts zu tun habe.

Die Bezirkshauptmannschaft ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung erst nach Aufnahme des Beweises einsetzt und nicht vorher, weil dies einen unzulässigen Akt der antizipativen Beweiswürdigung darstellen würde.

Dass es am 11.06. in Braunau nicht zum Termin mit dem kfz-technischen Amtssachverständigen gekommen ist, liegt nicht in meiner Sphäre. Ich habe ja eine Bereitschaft erklärt, meinen PKW zur Besichtigung durch den SV nach x bringen zu lassen.

Der Beweisantrag auf Einholung des kfz-technischen Amtssachverständigengutachtens wird zum Beweis aufrecht erhalten, dass die Schleifspur am PKW x nicht von meinem PKW stammt.

Der dunkle PKW x weist keinerlei x Abriebspuren auf, ebenso wenig weist mein x PKW dunkle Abriebspuren auf. Laut Polizei erstreckt sich der Schaden an der linken Tür des PKW x auf eine Höhe von 51 bis 60 cm vom Boden, wobei mein PKW aber nur in der Höhe von 64 cm (vgl. Lichtbild 13) eine exponierte Stelle aufweist, was somit nicht in Einklang gebracht werden kann, die Schürfspuren am PKW x müssen von einem anderen Ereignis stammen.

Die begleitenden Maßnahmen, welche in Spruchpunkt IV. angeordnet werden, stützt die Behörde auf § 24 Abs. 3 1. Satz FSG.

In diesem Zusammenhang ist lediglich darauf hinzuweisen, dass eine Übertretung des § 99 Abs. 1b und nicht etwa eine solche nach Abs. 1a oder gar Abs. 1 StVO vorliegt und ich Ersttäter bin.

Unter derartigen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, von mir die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens betreffend meine gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ zu verlangen, im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens allenfalls auch noch die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder verkehrspsychologischen Stellungnahmen.“

 

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Ein kfz-technisches Amtssachverständigengutachten wurde eingeholt und den Parteien im Rahmen des Parteiengehörs zugestellt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, entfallen. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

 

Der kfz-technische Amtssachverständige führte nachstehend aus:

„Befund:

Die im Verwaltungsstrafakt angeführte Unfalls- bzw. Schadensbeschreibung dient als Teil des Befundes.

Es ist auf den Fotobeilagen, sowie den Niederschriften zu entnehmen, dass im Zuge eines Parkmanövers der Beschuldigte mit dem linken hinteren Stoßstangeneck des PKW der Marke Citroen x mit dem pol. Kennzeichen x den geparkten PKW der Marke Seat x mit dem pol. Kennzeichen x (Anm.: gemeint wohl x) gestoßen/gestreift hat. Der geparkte PKW wies auf der linken hinteren Türe Abriebspuren in einer Höhe von ca. 50 – 60 cm auf. Am stoßenden PKW konnten am vorderen rechten Stoßstangeneck Abriebspuren in der gleichen Höhe festgestellt werden.

Aufgrund des obigen Befundes und der sonstigen im Akt enthaltenen Angaben ergeht zur Frage der Höhenübereinstimmung der Sachschäden und Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfes, folgendes Gutachten:

Aufgrund der Schadensbilder ist es durchaus möglich, dass die Schäden vom beschriebenen Unfall resultieren. Das Schadensbild ist typisch für derartige Berührungen von Fahrzeugen. Es wird auch festgestellt, dass die möglichen Kontaktierungsstellen miteinander in ihrer Höhe korrespondieren. Ein Verkehrsunfall, wie er im gegenständlichen Fall vorliegt, kann grundsätzlich in Form der akustischen und visuellen Wahrnehmungsmöglichkeit, sowie als Reaktion eines Stoßes bemerkt werden. In akustischer Form konnte die Kollision nicht mit Sicherheit wahrgenommen werden, da diese von geringer Heftigkeit war und es sich bei der Seitentür des gestoßenen PKW um als "weich" zu bezeichnende Aufbauteile handelt, wodurch bei einer Kontaktierung geringerer Widerstand besteht.

Zur visuellen Wahrnehmungsmöglichkeit wird angeführt, dass die enge Verkehrssituation für den Beschuldigten ersichtlich gewesen war.

Im Zuge des Parkmanövers hat der Beschuldigte mit erhöhter Aufmerksamkeit auf parkende Fahrzeuge achten müssen. Dadurch konnte er auch erkennen, dass sich der Abstand zum gegnerischen Fahrzeug stark verminderte. Er konnte keinesfalls davon ausgehen, dass es keine Kontaktierung gegeben hat, die sehr große Nähe war für ihn ersichtlich. Die Kontaktierungsstelle konnte zwar nicht direkt eingesehen werden, jedoch konnte er die Überdeckung der beiden Fahrzeuge klar im Rückblickspiegel erkennen.

Zur Erkennbarkeit einer Kontaktierung als Reaktion eines Stoßes wird angeführt, dass das Fahrmanöver vermutlich mit sehr geringer Geschwindigkeit erfolgte. Weiters erfolgte die Kollision mit der Kunststoffstoßstange, die wiederum einen geringen Widerstand in Verbindung mit der Anstoßstelle der Seitentüre darstellte. Derartige Anstöße erzeugen keine ruckartige Bewegung und daher auch kaum merkbare Erschütterungen für den Lenker.

Abschließend wird festgestellt, dass der Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit visuell die Kontaktierung nicht ausschließen konnte. Ihm hätten zumindest Umstände zu Bewusstsein kommen müssen, dass es bei einer möglichen Kontaktierung zu einer Beschädigung gekommen ist.“

 

Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 20.8.2014 aus:

„Dass es durchaus möglich ist, dass die Schäden von der von Herrn x behaupteten Kontaktierung der Fahrzeuge x und x stammen, erklärt sich im Sinne der weiteren Ausführungen des Sachverständigen schon darauf, dass ein solches Schadensbild typisch für derartige Berührungen von Fahrzeugen ist.

Bei beiden Fahrzeugen handelt es sich um keine Mittelklasse- sondern um Kleinfahrzeuge, welche sich in ihren Ausmaßen nicht gravierend unterscheiden, weswegen die Höhe der Schäden vom Boden weg für sich gesehen nicht entscheidend aussagekräftig ist, wobei laut Polizeibericht sich der Schaden am PKW x über eine erhebliche Höhe von 9 cm, nämlich 51-60 ca vom Boden erstreckt, mein PKW aber im Sinne des polizeilichen Bildes Nr. 13 nur in einer Höhe von 64 cm eine exponierte Stelle aufweist, welcher aber nicht beschädigt ist, was aber zwingend wäre, weil dies auf dieser Höhe jenen Fahrzeugteil betrifft, welcher seitlich am weitesten vorsteht. Dies wiederum müsste am Fahrzeug x in dieser Höhe einen korrespondierenden Schaden bewirken, welcher ebenfalls nicht vorhanden ist.

Dazu kommt, dass der dunkle PKW x keinerlei x Abriebspuren (es spiegelt sich auf einem Foto nur die rote Hose des Fotografen) aufweist und mein x PKW keine dunklen Abriebspuren, welche bei einer derartigen Kontaktierung – wie bereits ausgeführt – unausweichlich sind; auch dazu hat der Sachverständige keine Ausführungen getroffen.

Bereits in meiner Stellungnahme vom 26. Mai habe ich darauf hingewiesen, dass es sich beim geringfügigen Kratzer an der linken hinteren Stoßstange an unserem PKW um einen Altschaden handelt. Vor mehreren Jahren ist unsere Tochter mit diesem PKW auf unserem Hof gegen das Auto der uns damals zur Verfügung gestandenen Betriebshilfe gestoßen.

Im erstinstanzlichen Verfahren war bereits die Besichtigung meines PKW geplant und habe ich eine Stellprobe mit beiden Fahrzeugen zum Beweis beantragt, dass die Schäden an beiden Fahrzeugen nicht in Einklang zu bringen sind und daher nicht von der von Herrn x behaupteten Kollision dieser beiden PKW stammen können, welche dieser schließlich auch nicht selbst gesehen hat.

Zu diesem Ortsaugenschein ist es dann leider aus Gründen, welche nicht in meiner Sphäre liegen, nicht gekommen, weil der Sachverständigentermin bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau entfallen ist. Durch meine Bereitschaft, das Fahrzeug zur Stellprobe und zur Besichtigung durch den Sachverständigen nach Braunau zu bringen, habe ich alles mögliche getan, zur Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen, dieser Beweisauftrag bleibt aufrecht und wird die Besichtigung meines PKW und die Stellprobe mit den Fahrzeugen belegen, dass die von Herrn x vermutete Kontaktierung unserer Fahrzeuge nicht stattgefunden hat. Die Rechtsmittelanträge bleiben aufrecht.“

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer lenkte am 23.4.2014 um 19.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x im Gemeindegebiet von x, auf einen öffentlichen Parkplatz nächst Objekt x. Auf der rechten Seite neben ihm war der PKW des x (Kz. x) in einem Abstand von ca. 1 m abgestellt. Beide PKW wiesen Schäden auf: der PKW des Beschwerdeführers im Bereich der linken hinteren Stoßstange und der PKW des x im Bereich der linken hinteren Tür. Die Abriebspuren bzw. Kontaktierungsstellen beider PKW befanden sich auf korrespondierender Höhe. Das Schadensbild war typisch für derartige Berührungen von Fahrzeugen. Der Beschwerdeführer hätte bei gehöriger Aufmerksamkeit visuell die Kontaktierung nicht ausschließen können. Der Anstoß selbst erzeugte keine ruckartige Bewegung bzw. eine kaum merkbare Erschütterung für den Lenker, auch akustisch konnte die Kollision nicht mit Sicherheit wahrgenommen werden. Die enge Verkehrssituation war für den Beschwerdeführer ersichtlich. x rief die Polizei und der Beschwerdeführer entfernte sich von der Unfallstelle ohne Daten auszutauschen.

 

Diese Feststellungen stützen sich auf das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten des kfz-technischen Amtssachverständigen und des vorgelegten Verfahrensaktes.

Dass es in diesem Zusammenhang zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, ist aufgrund des Verfahrensaktes und dem Gutachten des Amtssachverständigen unzweifelhaft. Das erkennende Gericht folgt den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des kfz-technischen Amtssachverständigen, wobei der Beschwerdeführer diesen Darstellungen und Schlussfolgerungen sachlich nicht entgegen zu treten vermochte. Eine Stellprobe war aufgrund der umfassenden Ausführungen des Amtssachverständigen nicht notwendig.

 

Im Übrigen entfaltet das (rechtskräftige) Straferkenntnis Zl.: VerkR96-3461-2014-Wid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 02.07.2014 (welches vom Beschwerdeführer unbestritten blieb) Bindungswirkung hinsichtlich des Vorliegens des gegenständlichen Verkehrsunfalls.

 

Hinsichtlich der Verschuldensfrage an diesem Verkehrsunfall wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit seinem PKW an einem auf einem öffentlichen Parkplatz geparkten Fahrzeug anfuhr. Somit hat der Beschwerdeführer den notwendigen (seitlichen) Sicherheitsabstand zu einem anderen Fahrzeug soweit unterschritten, sodass es zu einer Berührung kam.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

Zu Spruchpunkt II:

§ 26 Abs. 1 lautet:

„Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Wenn jedoch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 genannten Übertretungen vorliegt, so hat die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist in allen Fällen sinngemäß anzuwenden.“

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall verursacht hat. Weiters entfernte sich der Beschwerdeführer vom Unfallsort, ohne mit dem Unfallgegner zuvor einen Datenausgleich durchzuführen, obwohl er von der Verständigung der Polizei zur Unfallaufnahme wusste und beging Fahrerflucht.

Dem Beschwerdeführer fällt nicht nur die Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO zur Last, sondern er hat darüber hinaus noch nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden Fahrerflucht begangen.

Im Ergebnis war die Länge der Entziehungsdauer zu bestätigen, da der Umstand der Fahrerflucht zusätzlich zu einem unter Alkoholeinfluss verschuldeten Verkehrsunfall die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers in Frage stellt und daher nicht von der Mindestentziehungsdauer von 3 Monaten Gebrauch gemacht werden kann.

 

Ob es überhaupt zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, stellt eine Vorfrage nach § 38 AVG für das gegenständliche Entziehungsverfahren dar. Im rechtskräftigen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 02.07.2014, Zl.: VerkR96-3461-2014-Wid wurde bereits festgestellt, dass es zu einem Verkehrsunfall mit anschließender Fahrerflucht durch den Beschwerdeführer gekommen war. Eine Neuaufrollung der Frage ob es zu einem Verkehrsunfall gekommen ist kommt somit im Entziehungsverfahren nicht mehr in Betracht. Für die Führerscheinbehörde bleibt somit nur mehr Raum um die Verschuldensfrage am Verkehrsunfall zu beurteilen (vgl. VwGH vom 17.12.2007, 2007/03/0201; vom 11.07.2000, 2000/11/0126; vom 27.05.1999, 99/11/0072; vom 12.04.1999, 98/11/0255; vom 21.05.1996, 96/11/0102; vom 22.02.1996, 96/11/0003 uva., VfGH vom 14.03.2013, B1103/12).

 

Zu Spruchpunkt IV:

§ 24 Abs. 3 lautet:

„(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2. wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.“

 

Da beim Beschwerdeführer der Atemluftalkoholgehalt nicht 0,8 mg/l oder mehr sondern darunter („Blutalkoholkonzentration von zumindest 0,87 Promille“) betragen hat, war gemäß § 24 Abs. 3 FSG die Verpflichtung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens aufzuheben.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer