LVwG-000027/12/Bi/MSt

Linz, 15.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn J O, W, R, vertreten durch Herrn RA Mag. Dr. C J, H, K, vom 28. April 2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 28. März 2014, VerkR96-278-2014-Wf, wegen Übertretung des Tiertransportgesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 11. September 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß    § 45 Abs.1 Z3 VStG ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

 

1. Mit dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs.1 Z3 Tiertransportgesetz – TTG iVm Art.3 lit.b EU-Transportverordnung Nr.1/2005  eine Geldstrafe von 500 Euro (36 Stunden EFS) verhängt sowie ihm ein Verfahrens­kostenbeitrag von 50 Euro auferlegt. Im Schuldspruch wurde ihm zur Last gelegt, er habe am 4. Dezember 2013 in der Zeit von 4.30 Uhr bis ca 5.30 Uhr mit dem Lkw x eine Lebendtierbeförderung auf öffentlichen Straßen von H, zum Schlachthof der Fa M GmbH in S durchgeführt, wobei ein Schwein transportiert worden sei, welches schon zum Beförderungszeitpunkt (Beförderungsbeginn) nicht transportfähig gewesen sei. Das Tier habe eine Gelenksentzündung am linken Tarsalgelenk mit einem offenen 8x8 cm großem Geschwür an der Gelenks­außenseite aufgewiesen.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die seitens der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs-gericht vorgelegt wurde und über die gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden ist. Auf Antrag wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 11. September  2014 in Anwesenheit des Bf, seines Rechtsvertreters Dr. B sowie der Zeugen Dr. H A und Dr. F R. Der Vertreter der belangten Behörde war ebenso entschuldigt wie der Zeuge K H. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, sämtliche Mastschweine seien selbständig gehend auf den Transporter aufgeladen worden. Eine andere Verladeart wäre nicht denkbar, weil es sich beim Mastschwein um ein ca 90 kg schweres Tier gehandelt habe. Es habe auch ohne fremde Hilfe problemlos den Transporter verlassen. Wie die behaupteten Feststellungen getroffen werden hätten können, sei nicht festgestellt worden, zumal weder bei der Beladung noch beim Abladen die beteiligten Tierärzte anwesend gewesen seien. Das Tier sei erst zwei Tage später einer veterinärmedizinischen Begutachtung unterzogen und die Fotos angefertigt worden. Bei sofortiger Untersuchung wäre man zum Ergebnis gelangt, dass tatsächlich kein Zustand vorgelegen habe, der einen Transport ausgeschlossen hätte. Im Zeitraum bis zur Untersuchung habe sich der Gesundheitszustand des Mastschweines erheblich verschlechtern können und es sei nicht feststellbar, was in dieser Zeit tatsächlich mit ihm geschehen sei. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen getroffen über jenen relevanten Zeitraum, der mit der Anlieferung beginne und mit der Schlachttieruntersuchung ende, zumal die behaupteten Verletzungen des Tieres erst im Verantwortungs­bereich des Schlachthofes entstanden seien. Die Behörde habe den beantragten Zeugen nicht einvernommen. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde, insbesondere den Viehverkehrsschein betreffend die beiden Mastschweine des Herrn L H, H, das von Dr. A vorgelegte Foto und sein Schreiben vom 5.12.2013 an die BH Wels-Land, Mag. P, sowie die Übernahmebestätigung der TKV R betreffend das Schwein mit der Nr. X. Am 11. September 2014 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Bf und sein Rechtsvertreter gehört und der Zeuge Dipl-TA Dr. H A (Dr. A), B W, zeugenschaftlich einvernommen wurde. Auf die Zeugeneinvernahme von Dipl-TA Dr. F R, L, wurde verzichtet, ebenso auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses.  

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der im Akt befindliche Viehverkehrs­schein der beiden Mastschweine mit „3.12.2013“ und „i.V. H“ unter­zeichnet ist.

Dr. A legte den Viehverkehrsschein betreffend weitere 54 vom Bf gleichzeitig aus S angelieferte Mastschweine vor, der ebenfalls mit „3.12.2013“ unterschrieben ist. Auf Vorhalt beider Unterlagen und der auffällig überein­stimmenden Handschrift sowie der Paraphen bei den Unterschriften des „Landwirts“ und des „Käufers“ gestand der Bf zu, dass er beide Viehverkehrs­scheine selbst ausgefüllt hat, wobei beim von Dr. A vorgelegten auch die Paraphe des „Landwirts“ (L mit Schreibfehler beim „b“) von ihm stammt. Bei Herrn H habe, soweit erinnerlich, der Sohn unter­schrieben. Sämtliche Daten auf den Viehverkehrsscheinen sind von ihm, so auch die Uhrzeiten des Transportbeginns, der letzten Fütterung/Tränke und der Transportdauer; er habe auch nicht „4.00“ oder „4.30“ Uhr gemeint sondern „16.00“ und „16.30“ Uhr. Die auf den Viehverkehrsscheinen als Käufer vermerkte G GmbH hat mit dem Vorgang nichts zu tun, der Bf hat deren Formulare nur als Vorlage genommen.    

Er holt nach eigenen Angaben, wenn nur wenige Schweine bei einem Bauern abzuholen sind, die Tiere bereits am der Beschau im Schlachthof vorangehenden Nachmittag ab. Im Fall der beiden Mastschweine hat er die 54 Schweine aus S nach H/NÖ mitgenommen, die beiden Schweine dort abgeholt und alle zur Fa M gebracht, wobei er die Schweine den Bauern abkauft und der Fa M verkauft. Da er dorthin regelmäßig Schweine liefert, kennt er die dortigen Gepflogenheiten und treibt die Schweine getrennt nach Abteilungen in den Schlachthof. Der jeweilige Viehverkehrsschein wird für den Beschautierarzt hinterlegt und damit sind die Tiere einem Landwirt zuordenbar. 

 

Dr. A kam am 4.12.2013 um 5.30 Uhr in den Schlachthof und fand die Tiere getrennt nach Herkunft vor, wobei ihm das an der Außenseite befindliche faustgroße Geschwür am Tarsalgelenk des Schweines Nr. x  auffiel. Nach seinen schlüssigen und glaubwürdigen Ausführungen ist diese Gelenks­entzündung nicht im Schlachthof und nicht an diesem Tag entstanden, sondern bereits wenige Tage nach der Geburt des Schweines und bakteriell bedingt, dh es ist naheliegend, dass das erkrankte Schwein vom Bauer auf diese Weise „entsorgt“ werden sollte. Das Schwein war untergewichtig – mit den 66 kg des anderen Schweines ist das Schlachtgewicht, nicht das Lebendgewicht gemeint – und wurde der TKV übergeben.

Bestätigt wurde, dass im Schlachthof der Fa M in S keine zeitlichen Aufzeichnungen über die Anlieferung der Tiere existieren, wobei bei der Anlieferung auch niemand außer dem Transporteur anwesend sein muss. Es kann damit durchaus sein, dass die Anlieferung am Vorabend erfolgte und der Tierarzt die Tiere erst am nächsten Tag sieht.

 

Für die Glaubwürdigkeit des Bf spricht aber, dass beide Viehverkehrsscheine eine Anlieferung am 3.12.2013 bestätigen, wobei aber zu betonen ist, dass sie ohnehin nur eine Farce sind, wenn sie unleserlich und vom Bf mit selbst eingeräumten Fehlern bei Namen und Uhrzeiten ausgefüllt werden. Eine Prüfung auf die Übereinstimmung der Daten mit der Realität ist im Zusammenhang mit den Bestimmungen des Tiertransportgesetzes nicht möglich. Auch bezogen auf den Zustand des Schweines in Verbindung mit den Bestimmungen über die Transportfähigkeit ist lediglich ein Rückschluss auf den Zustand zur Transportzeit möglich. Lkw-Fahrzeitaufzeichnungen wurden nie verlangt.

 

Für die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Bf spricht – unter der Voraussetzung, dass die Anlieferung der beiden Mastschweine unter Mitnahme der 54 Schweine aus S nach H/NÖ erfolgte und die Uhrzeiten auf den Nachmittag des 3.12.2013 zu beziehen sind – dass der Beschautierarzt um 5.30 Uhr des 4.12.2014 in den Schlachthof kam und somit, wenn der Bf erst am 4.12.2013 die Tiere angeliefert hätte, nach den Uhrzeiten der Bf mit dem Zeugen zusammen­treffen hätte müssen. Die beiden haben sich aber am 4.12.2013 nicht gesehen.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 21 Abs.1 Z3 TTG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer entgegen Art.3 lit.b der VO (EG) Nr.1/2005 Tiere transportiert, die nicht transportfähig sind.

Gemäß Art. 3 lit.b der VO (EG) 1/2005 müssen die Tiere transportfähig sein, wobei die Transportfähigkeit im Anhang 1 Kapitel 1 Z2 dahingehend umschrieben ist, dass verletzte Tiere und Tiere mit physiologischen Schwächen oder pathologischen Zuständen als nicht transportfähig gelten. Dies gilt vor allem in folgenden Fällen:

a) Die Tiere können sich nicht schmerzfrei oder ohne Hilfe bewegen.

b) Sie haben große offene Wunden oder schwere Organvorfälle.

 

Die Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 31 Abs.1 VStG endete ausgehend vom 3. Dezember 2013 – vor ihrer Verlängerung von sechs Monaten auf ein Jahr mit 1.7.2013 im Rahmen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl.I Nr.33/2013 – am 3. Juni 2014. Die glaubhafte Aussage des Bf in Verbindung mit der Zeugenaussage von Dr. A lässt eine Tatbegehung am          3. Dezember 2013 wahrscheinlich erscheinen. Eine Spruchänderung nach Eintritt der Verfolgungsverjährung ist aber nicht mehr zulässig. Damit sind die Verfolgung ausschließende Umstände eingetreten, sodass im Sinne des § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger