LVwG-300165/16/KL/SH

Linz, 19.09.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Berufung (nunmehr Beschwerde) des Herrn C.S., x, vertreten durch D., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1. Oktober 2013, Ge96-64-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 28. Mai 2014

 

A) zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde zu Faktum 1 als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Verwaltungsstrafnorm iSd § 44a Z.3 VStG  „§ 130 Abs. 1 Einleitung ASchG“ zu lauten hat.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 60 Euro zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

B) beschlossen:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde zu Faktum 2 stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG  unzulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom
1. Oktober 2013, Ge96–64-2013, wurden über den Beschwerdeführer (kurz: BF) Geldstrafen von 1) 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden) und 2)
2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen) wegen einer Verwaltungs-übertretung nach 1) § 21 Abs. 1 3. Satz der Arbeitsmittelverordnung-AM-VO in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG und 2) § 43 Abs. 2 Z.5 in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z. 17 ASchG verhängt, weil er als bestellter verantwortlicher Beauftragter (Dienstort F.,) und somit als für die Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der H.C.A. zu verantworten hat, wie anlässlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat Linz am 5.8.2013 festgestellt wurde und wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 14.8.2013, Zl. 041-111/1-9/13, hervorgeht, dass am 5.8.2013 bei der Baustelle BL x, S x B., K.M. im Bereich AS G/S, S x, F.,

1. ein Arbeitnehmer der x E.S., x, H.C.A., in der Ladeschaufel eines x-Radladers hochgehoben wurde, und dieses Arbeitsmittel, das zum Heben von Lasten bestimmt ist, kein geeignetes Arbeitsmittel zum Heben von ArbeitnehmerInnen darstellt, obwohl für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden dürfen und

2. bei der Eingabe des Haufwerks in den Eingabetrichter des Brechers bzw. bei der Ausgabe des gebrochenen Materials beim Förderband die in Verwendung stehenden, freiwerdenden gefährlichen Arbeitsstoffe (Quarzstaub) nicht an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig erfasst und anschließend ohne Gefahr für Arbeitnehmer beseitigt wurden, obwohl gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen sind, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungs-strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das rechtliche Gehör des Beschuldigten verletzt und ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen worden sei. Insbesondere sei nicht ermittelt worden, ob eine vollständige Erfassung des Quarzstaubs im gegenständlichen Fall nach dem Stand der Technik überhaupt möglich gewesen sei. Es seien keine Tatsachenfeststellungen getroffen worden. Die Behörde hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine vollständige Erfassung des Quarzstaubs nicht möglich sei. Es liege daher dem Straferkenntnis eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu Grunde. Die Brecheranlage verfüge über eine Bewässerung, die eben diese Staubentwicklung möglichst begrenzen soll. Es sei unvermeidlich, dass es im laufenden Betrieb zu einer Verstopfung der Bewässerung kommt. In diesem Falle müsse die Brecheranlage ausgeschaltet werden, damit die Verstopfung der Bewässerung beseitigt werden könne. Das Ausschalten der Brecheranlage ist erst nach dem Leerfahren der Anlage möglich, da sie ansonsten überhaupt nicht mehr gestartet werden könne. In der Zeit vom Auftreten der Verstopfung bis zum Herunterfahren der Anlage komme es naturgemäß zu verstärkter Staubentwicklung. Das Gerät werde laufend ordnungsgemäß gewartet. Vorfälle wie die zweimalige Verstopfung am 5.8.2013 würden auch bei ordnungsgemäßer Wartung ca. alle ein bis zwei Monate vorkommen und nach dem Stand der Technik nicht verhindert werden können. Zum Verstoß gegen die AM-VO wurde ausgeführt, dass der Arbeitnehmer aus Bequemlichkeit und zur Abkürzung der Arbeitsvorgänge von der Nutzung vorschriftskonformer Hebeeinrichtungen abgesehen habe. Die Arbeitnehmer seien laufend auf der Baustelle durch den Beschuldigten aufgeklärt worden und auf die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert worden. Auch nach Kenntnis vom gegenständlichen Vorfall habe der Beschuldigte die gebotenen Maßnahmen ergriffen und alle am Vorfall beteiligten Arbeitnehmer im Büro der Bauleitung antreten lassen, habe diese über das Verbot derartiger Arbeitspraktiken belehrt und für den Fall eines nochmaligen Verstoßes als Sanktion die Auflösung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Auch danach sei die Einhaltung dieser Anordnung vom Beschuldigten - wie auch schon zuvor - laufend kontrolliert worden. Es liege daher kein Verschulden vor.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung (nunmehr Beschwerde) samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat, nunmehr Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Dipl.Ing. A.H., x, I.M. und G.O. geladen und einvernommen. Der weiters geladene Zeuge T.C. ist nicht erschienen und konnte die Ladung nicht zugestellt werden. Weiters wurden die Zeugen D.J. und P.K. vom Beschuldigten stellig gemacht und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der BF war zum Tatzeitpunkt am 05.08.2013 verantwortlicher Beauftragter der H.C.A. Die Bestellung endete mit Februar 2014. Zum Tatzeitpunkt war der Beschuldigte zwar grundsätzlich auf der Baustelle, im Büro, nicht aber vor Ort anwesend. Er ging vormittags und nachmittags durch die Baustelle, manchmal auch am Abend, und kannte daher die gegenständliche Brecheranlage. Die Brecheranlage, K.M. im Bereich der Baustelle BL x, ist eine firmeneigene Brecheranlage, welche neu für diese Baustelle von der Firma angeschafft wurde und zum Tatzeitpunkt etwa eineinhalb Jahre alt war. Die Maschine wird täglich gewartet, entweder durch den Maschinenmeister oder durch eine eigene Servicetruppe des Herstellers. Bei der Brecheranlage ist herstellerseitig eine Bewässerungsanlage vorgesehen, nämlich im Beschickungsbereich sowie
3 Düsen im Bereich des Förderbandes und weitere Bewässerungsdüsen in einem zweiten Förderbandsystem in der Anlage. Alle diese Düsen werden vom außen liegenden Wassertank beschickt.

Es handelt sich um eine mobile Brecheranlage, welche auch auf anderen Baustellen eingesetzt werden kann. Grundsätzlich ist sie zum Brechen von Granit geeignet. Bei der Staubentwicklung wie auch Verstopfung der Düsen kommt es stark auf das jeweilige Steinmaterial an. Bei Sandstein entsteht kein Staub und braucht nicht bewässert zu werden. Bei Granit oder wenn auf sehr kleine Teile gebrochen wird, entsteht viel Staub, wobei der meiste Staub im Brecher sowie beim Auswurf durch das Förderband entsteht. Hier ist auch viel zerkleinertes Material zum Kontrollzeitpunkt ersichtlich. Die Verstopfung der Düsen ist daher eine Erscheinung des sehr intensiven Betriebes (bis zu 10 Stunden täglich) dieser Anlage, nämlich dass durch die Zerkleinerung von Granit sehr feiner Staub entsteht. Die Brecheranlage wird manuell direkt im Brecher eingeschaltet bzw. ausgeschaltet. Die übrige Navigation und die übrigen Befehle werden mit Fernbedienung vom Bagger aus durchgeführt. Der Bagger führt die Beschickung der Anlage durch. Der Bagger ist eingehaust und ist dort die Luft gefiltert. Ungeschützt sind jene Bereiche neben der Brecheranlage.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle am 5.8.2013 bestand starke Staubentwicklung sowohl im Bereich der Beschickung der Brecheranlage durch den Bagger als auch im Bereich des Förderbandes beim Auswurf des gebrochenen Materials, wo der Radlader für das Wegbringen des Materials bestimmt ist. Eine Bewässerung war zu diesem Zeitpunkt nicht in Betrieb. Ein Arbeitnehmer wurde auf der Schaufel des Radladers zum Förderband hochgehoben, um dort Düsen der Bewässerungsanlage zu reinigen. Der Radlader war nur zum Heben von Lasten bestimmt. Eine Aufstiegshilfe war im unmittelbaren Arbeitsbereich nicht vorhanden. Eine Aufstiegshilfe hätte von einem Container an anderer Stelle (Nordseite) der Baustelle geholt werden müssen. Die im Brecherbereich der Anlage befindliche Leiter hingegen war zu kurz und nur für den Brecher selbst bestimmt. Es gab die Anweisung, dass bei Verstopfung der Düsen der Bewässerungsanlage die Brecheranlage zunächst leer gefahren werden muss und dann erst abgeschaltet werden und die Reparatur bzw. Reinigung stattfinden darf. Wird die Brecheranlage nicht leer gefahren, kommt es zu Störungen, nämlich dass sie dann nicht wieder in Betrieb gesetzt werden kann. Andere Maßnahmen wurden nicht angeordnet und bestanden nicht. Insbesondere gab es keine Anweisung für das Reinigen der Düsen. Auch bestanden keine Anordnungen oder Maßnahmen, um eine allfällige hohe Staubentwicklung beim Herunterfahren der Anlage sowie auch beim Anfahren nach der Reinigung, wobei einige Zeit durch die Düsen mit Staub vermengte Luft durchgeblasen wird, hintanzuhalten. Ebenso gab es keine Anordnungen und Maßnahmen für den Fall von besonders trockenen Witterungsverhältnissen.

Die Einweisung der Arbeitnehmer an der Anlage macht der Hersteller, manchmal auch das Werkstattpersonal. Eine konkrete schriftliche oder mündliche Anweisung, wie vorzugehen ist, wenn die Bewässerungsanlage ausfällt, gibt es nicht. Eine Einhausung und Staubabsaugung ist nur bei stationären Brecheranlagen bekannt, nicht bei mobilen Brecheranlagen. Eine vorweg Befeuchtung des zu zerkleinernden Materials bei sehr trockener Witterung könnte eine Minderung der Staubentwicklung bewirken. Hinsichtlich Hochheben und Aufstiegshilfen werden die Arbeitnehmer regelmäßig einerseits durch den zuständigen Polier und andererseits durch die Sicherheitsfachkraft unterwiesen. Die Unterweisung durch die Sicherheitsfachkraft findet alle ein bis zwei Monate auf der Baustelle statt. Auch gibt es verschiedene Aufstiegshilfen auf der Baustelle und müssten vom Container mit Werkzeugen geholt werden. Auch werden die Arbeitnehmer unterwiesen und angewiesen, geeignete Geräte wie Leiter, Hubsteiger oder dergleichen für den Aufstieg zu verwenden. Konkret für das Reinigen der Düsen wurden keine Anordnungen hinsichtlich einer Aufstiegshilfe getroffen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Verwaltungsakt aufliegenden Fotos sowie auf die Aussagen des einvernommenen Arbeitsinspektors und der vernommenen Arbeitnehmer. Es ergaben sich in wesentlichen Teilen keine Widersprüche bei den Aussagen der Zeugen und sind die Aussagen des Arbeitsinspektors auch durch die aufliegenden Fotos dokumentiert. Es bestehen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Die Aussagen können daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 21 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung - AM-VO dürfen für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden. Dazu gehören insbesondere Hubarbeitsbühnen, Mastkletterbühnen, Fassaden-befahrgeräte, Hängebühnen, Hebeeinrichtungen von Bühnen und vergleichbare Arbeitsmittel. Auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder-holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Im Grunde des erwiesenen festgestellten Sachverhaltes, welcher vom BF nicht bestritten wurde, ist eindeutig eine Verletzung dieser Bestimmungen gegeben, weil die Schaufel des Radladers zum Heben eines Arbeitnehmers benutzt wurde, obwohl dieses Arbeitsmittel nur zum Heben von Lasten bestimmt ist. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung zu Faktum 1 erfüllt. Als verantwortlicher Beauftragter hat der BF die Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG strafrechtlich zu verantworten.

 

5.2. Der BF bestreitet ein Verschulden.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorher-sehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der BF nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeit-geber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Der BF hat zu seinem Verschulden kein relevantes Vorbringen und keine Beweismittel zur Entlastung beigebracht. Regelmäßige Unterweisungen und Anweisungen können jedoch ein Verschulden nicht ausschließen und reichen für ein lückenloses Kontrollsystem nicht aus. Vielmehr hat im Rahmen des Kontrollsystems auch die Einhaltung der Anweisungen kontrolliert zu werden. Dass der BF an der konkreten Stelle die Einhaltung der Anweisungen zum Tatzeitpunkt kontrolliert hätte, wird vom BF nicht behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr hat das Beweisverfahren gezeigt, dass der Arbeitnehmer entgegen den allgemeinen Anweisungen gehandelt hat. Gerade für solche Fälle eines eigenmächtigen Handelns des Arbeitnehmers hat aber das einzurichtende Kontrollsystem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Platz zu greifen. Es ist daher von schuldhaftem, nämlich fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Strafmildernd wurde nichts gewertet.

Diesen Angaben ist der BF auch in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten und können diese Angaben auch der nunmehrigen Strafbemessung zugrunde gelegt werden. Auch sind im Beschwerdeverfahren keine strafmildernden Umstände hervorgetreten. Es kann daher vom Landesverwaltungsgericht nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Vielmehr ist der BF darauf hinzuweisen, dass die Verwendung von Arbeitsmitteln, die lediglich zum Heben von Lasten bestimmt sind, zum Heben von Personen sehr gefährlich sein kann und immer wieder zu Unfällen führt, die mit erheblichen nachteiligen Folgen verbunden sind. Durch die Zuwiderhandlung wurde daher das geschützte Rechtsgut, nämlich die Erhaltung der Gesundheit und Unversehrtheit der Arbeitnehmer gefährdet. Eben dieser Gefährdung soll aber die konkrete gesetzliche Bestimmung entgegenwirken. Dies ist beim Unrechtsgehalt der Tat besonders zu berücksichtigen. Darüber hinaus befindet sich die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Sie ist daher tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des BF angepasst. Es kann daher die verhängte Geldstrafe und Ersatz-freiheitsstrafe bestätigt werden.

Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Rechtsgutes der Gesundheit und Unversehrtheit des Arbeitnehmers und des Fehlens eines lückenlosen Kontroll-systems war auch nicht von einem geringfügigen Verschulden auszugehen. Es lag daher auch kein Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs. 1 Z.4 VStG vor. Es war daher auch nicht mit einer Ermahnung vorzugehen.

Da keine Milderungsgründe zu verzeichnen waren, liegen auch nicht die Voraus-setzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG vor.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

 

5.4. Hingegen kommt der Beschwerde gegen Faktum 2 Berechtigung zu.

 

Gemäß § 43 Abs. 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG haben Arbeitgeber, wenn gefährliche Arbeitsstoffe in Verwendung stehen, Maßnahmen zur Gefahrenverhütung in folgender Rangordnung zu treffen:

1. Die Menge der vorhandenen gefährlichen Arbeitsstoffe ist auf das nach der Art der Arbeit unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken.

2. Die Anzahl der Arbeitnehmer, die der Einwirkung von gefährlichen Arbeits-stoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, ist auf das unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken.

3. Die Dauer und die Intensität der möglichen Einwirkung von gefährlichen Arbeitsstoffen auf Arbeitnehmer sind auf das unbedingt erforderliche Ausmaß zu beschränken.

4. Die Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge sind, soweit dies technisch möglich ist, so zu gestalten, dass die Arbeitnehmer nicht mit den gefährlichen Arbeits-stoffen in Kontakt kommen können und gefährliche Gase, Dämpfe oder Schweb-stoffe nicht frei werden können.

5. Kann durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden, dass gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe frei werden, so sind diese an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahren für die Arbeitnehmer zu beseitigen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.

6. Ist eine solche vollständige Erfassung nicht möglich, sind zusätzlich zu den Maßnahmen gemäß Z.5 die dem Stand der Technik entsprechenden Lüftungs-maßnahmen zu treffen.

7. Kann trotz Vornahme der Maßnahmen gemäß Z.1 bis 6 kein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer erreicht werden, haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass erforderlichenfalls entsprechende persönliche Schutzausrüstungen ver-wendet werden.

Gemäß § 43 Abs. 3 ASchG müssen bei bestimmten Tätigkeiten wie zB Wartungs-oder Reinigungsarbeiten, bei denen die Möglichkeit einer beträchtlichen Erhöhung der Exposition der Arbeitnehmer oder eine Überschreitung eines Grenzwertes im Sinne des § 45 Abs. 1 oder 2 vorherzusehen ist, Arbeitgeber

1. jede Möglichkeit weiterer technischer Vorbeugungsmaßnahmen zur Be-grenzung der Exposition ausschöpfen,

2. Maßnahmen festlegen, die erforderlich sind, um die Dauer der Exposition der Arbeitnehmer auf das unbedingt notwendige Mindestmaß zu verkürzen,

3. dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer während dieser Tätigkeiten die ent-sprechenden persönlichen Schutzausrüstungen verwenden, und

4. dafür sorgen, dass mit diesen Arbeiten nur die dafür unbedingt notwendige Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt wird.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 17 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder-holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Ver-ordnungen die Verpflichtungen betreffend Arbeitsstoffe verletzt.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem BF vorgeworfen, dass bei der Eingabe des Haufwerks in den Eingabetrichter des Brechers und bei der Ausgabe des gebrochenen Materials beim Förderband die freiwerdenden gefährlichen Arbeitsstoffe (Quarzstaub) nicht an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig erfasst und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer beseitigt wurden.

Wie aus dem Verhandlungsergebnis unstrittig hervorging, ist eine Staub-erfassungs- und Absauganlage nur bei eingehausten Brecheranlagen und sohin bei stationären Brecheranlagen vorgesehen und Stand der Technik. Bei mobilen Brecheranlagen wie der gegenständlich verwendeten Brecheranlage sind Staub-absauganlagen nicht möglich. Es hat daher der BF die ihm vorgeworfene Tat, dass der Quarzstaub nicht an der Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig erfasst und beseitigt wurde, nicht zu verantworten und daher nicht begangen.

Wenn hingegen in der mündlichen Verhandlung hervorgekommen ist, dass keine Anordnungen und Maßnahmen hinsichtlich der Beschickung der Brecheranlage sowie auch des Auswurfes beim Förderband bei besonders trockenen Witterungsverhältnissen, insbesondere bei der Brechung von Granit, getroffen wurden, so stellt dies keine Verpflichtung gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 ASchG, sondern vielmehr eine Verpflichtung gemäß § 43 Abs. 2 Z. 4 bzw. allenfalls Z. 7 ASchG dar. Es wären daher die konkreten Arbeitsvorgänge bei der Brecheranlage so zu gestalten, dass die Arbeitnehmer möglichst mit diesen Arbeitsstoffen (Quarzstaub) nicht in Kontakt kommen und der Quarzstaub nicht frei werden kann, also wie in der mündlichen Verhandlung angesprochen wurde, dass bei besonders trockenen Verhältnissen zusätzlich das Eingabematerial bzw. Auswurfmaterial befeuchtet wird. Darüber hinaus ist auch noch auf die Maß-nahmen nach Z. 7 hinzuweisen, wonach erforderlichenfalls persönliche Schutz-ausrüstungen vorzusehen und zu verwenden sind. Solche Pflichtverletzungen wurden weder im gesamten Strafverfahren noch in der Anzeige durch das Arbeitsinspektorat geltend gemacht.

Darüber hinaus war aber schon zum Zeitpunkt der Kontrolle dem Arbeits-inspektorat bekannt, dass die Bewässerungsdüsen gereinigt werden sollten, daher Wartungs- oder Reinigungsarbeiten vorgenommen werden sollten und daher allenfalls Maßnahmen gemäß § 43 Abs. 3 ASchG zur Anwendung kommen könnten. Auch diesbezüglich wurde keine Anzeige erstattet und kein Straf-verfahren durchgeführt.

Es war daher der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 2 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Weil die Beschwerde hinsichtlich Faktum 1 keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 60 Euro, gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG festzulegen.

Hinsichtlich Faktum 2 kam der Beschwerde Erfolg zu und entfällt daher gemäß

§ 52 Abs. 8 VwGVG eine Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages.

 

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (zu Spruchpunkt A) und B) ):

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­urteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis/diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Klempt