LVwG-550306/9/Wg/EH/AK

Linz, 16.09.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Wasserwirtschaftliches Planungsorgan gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 3. Jänner 2012,
GZ: Wa10-85-2010-AK/Ru, betreffend wasserrechtliche Bewilligung den

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

 

I. Gemäß § 31 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Sachverhalt:

1. Mit Bescheid vom 3. Jänner 2012, GZ: Wa10-85-2010-AK/Ru, hat der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems Herrn Dipl.-Ing. (FH) T. G., R., die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnutzung der motorischen Kraft des Wassers der T. zum Betrieb einer Wasserkraftanlage am T. (Gst.Nr. x, KG P., und Gst.Nr. x, KG R., öffentliches Wassergut) sowie zur Errichtung und zum Betrieb der dafür erforderlichen Anlagen (Krafthaus, Wehranlage, Druckleitung, Rampe/Fischwanderhilfe, Vertical-Slot-Pass) - unter Nebenbestim­mungen - erteilt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserwirtschaftliches Planungsorgan im Sinne des § 55 Abs. 1 Wasser­rechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl. 215/1959 idF BGBl. I 14/2011, vertreten durch das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht, Wasserwirtschaftliches Planungsorgan, Kärntnerstraße 12,
4021 Linz, fristgerecht am 20. Jänner 2012 Berufung
(GZ: WPLO-2012-311427/23-Aig). In der Berufung wurde beantragt, dass die Berufungsbehörde oder die bescheiderlassende Behörde im Wege der Berufungs­vorentscheidung den angefochtenen Bescheid aufhebt und den Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung abweist oder in eventu den Bescheid behebt und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zurückverweist.

3. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2012, GZ: Wa-2012-204777/22-Gut, gab der Landeshauptmann von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesver­waltung in zweiter und letzter Instanz der von ihm als Wasserwirtschaftlichem Planungsorgan erhobenen Berufung statt und wies den Antrag des Herrn
Dipl.-Ing. (FH) T. G. ab.

4. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich erhob Herr Dipl.-Ing. (FH) T. G., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. B. M. und Dr. M. M., x, fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG (und einen Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG).

5. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß
Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. b B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung des
§ 55 Abs. 2, der Wortfolgen „im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen" und „in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie" in § 55 Abs. 5 und des § 102 Abs. 1 lit. h WRG 1959, ein. Mit Erkenntnis vom 16. Juni 2014, G 96/2016-7, stellte er fest, dass § 55 Abs. 2 lit. g, die Wortfolgen „im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen" und „in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie" in § 55 Abs. 5 und § 102 Abs. 1 lit. h WRG 1959 verfassungswidrig waren. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass „[d]ie in Prüfung gezogenen Vorschriften [dazu] führen - sie stimmen darin mit jenen, deren Verfassungswidrigkeit im Erkenntnis VfSlg 19.636/2012 festgestellt wurde, zur Gänze überein -, dass es dem Landeshauptmann gestattet wird, zunächst in seiner Funktion als Wasser­rechtsbehörde zu entscheiden, um sodann die eigene Entscheidung als Amts­partei ‘Wasserwirtschaftliches Planungsorgan‘ mit dem ordentlichen Rechts­mittel der Berufung zu bekämpfen. Dies erweist sich mit Blick auf VfSlg. 19.636/2012 als verfassungswidrig.“

6. Mit Erkenntnis vom selben Tag, GZ: B 79/2013-12, sprach der Verfas­sungsgerichtshof aus, dass der Beschwerdeführer, Herr Dipl.-Ing. (FH) T. G., durch den angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde und hob den Bescheid des Landeshauptmannes auf.

7. Das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan gab mit Schreiben vom
12. August 2014 bekannt, dass die Berufung, welche nunmehr als Beschwerde gelte, nach der geltenden Rechtslage zulässig sei.

 

II. Beweiswürdigung:

8. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

 

III. Rechtliche Beurteilung:

1. Mit 1. Jänner 2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS). Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter.

2. Die Berufung des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Wasserwirt­schaftliches Planungsorgan, vertreten durch das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht, Wasserwirtschaftliches Planungsorgan, Kärntnerstraße 12, 4021 Linz (WPLO-2012-311427/23-Aig), ist durch die Aufhebung des Verfassungsgerichtshofes unerledigt und gilt gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, über die das LVwG zu entscheiden hat.

3. Da die Beschwerde zurückzuweisen ist, konnte die Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) entfallen.

4. Die in der Sache maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden Bestimmungen des WRG 1959 und des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG):

4.1. § 55 Abs. 4 WRG 1959 idF BGBl I 87/2005 lautet wie folgt:

„Das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan ist in allen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie nach dem Mineralrohstoffgesetz, dem Eisenbahnrecht, dem Schifffahrtsrecht, dem Gewerberecht, dem Rohrleitungsrecht, dem Forstrecht und dem Abfallrecht des Bundes, durch die wasserwirtschaftliche Interessen berührt werden, zu hören, im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen. Die Parteistellung einschließlich der Beschwerdelegitimation vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechtes ist in Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen gemäß Abs. 1 lit. a bis g, insbeson­dere unter Bedachtnahme auf die in einem Nationalen Gewässerbewirtschaf­tungsplan (Maßnahmen- oder Regionalprogramm) festgelegten Vorgaben (Maßnah­men) in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie in allen behördlichen Verfahren, in denen wasserrechtliche Bestimmungen mit angewendet werden (AWG 2002, UVP-G 2000, GewO 1994), gegeben.“

4.2. § 55 Abs. 2 und 5 WRG 1959 idF BGBl I 14/2011 lauten wie folgt:

„(2) Dem Landeshauptmann als Wasserwirtschaftlichem Planungsorgan obliegt

 

a)   die Zusammenfassung und Koordinierung aller wasserwirtschaftlichen Planungs­fragen im Lande,

b) die Überwachung der wasserwirtschaftlichen Entwicklung,

c) die Sammlung der für die wasserwirtschaftliche Planung bedeutsamen Daten,

d) die vorausschauende wasserwirtschaftliche Planung,

e)   die Schaffung von Grundlagen für die Festlegung von Schutz- und Schon­gebieten (§§ 34, 35, 37), für Verordnungen gemäß § 33 Abs. 2, für Sanierungsprogramme gemäß § 33d, für Beobachtungs- und voraussichtliche Maßnahmengebiete gemäß § 33f, für wasserwirtschaftliche Rahmenverfü­gungen gemäß § 54 sowie für Regionalprogramme gemäß § 55g Abs. 1 Z 1,

f)    die Wahrnehmung wasserwirtschaftlicher Interessen gegenüber anderen Planungsträgern,

g)   die Wahrnehmung der Interessen an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung im Lande in allen behördlichen Verfahren als Partei.

 

(5) Das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan ist in allen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie nach dem Mineralrohstoffgesetz, dem Eisenbahnrecht, dem Schifffahrtsrecht, dem Gewerberecht, dem Rohrleitungsrecht, dem Forstrecht und dem Abfallrecht des Bundes, durch die wasserwirtschaftliche Interessen berührt werden, zu hören, im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen. Die Parteistellung einschließlich der Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof ist in Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen gemäß Abs. 2 lit. a bis g, insbesondere unter Bedachtnahme auf die in einem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan oder einem Hochwasserrisikomanagementplan festgelegten Vorgaben (Maßnahmen) in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie in allen behördlichen Verfahren, in denen wasserrechtliche Bestimmungen mit angewen­det werden gegeben.“

4.3. § 102 Abs. 1 lit. h WRG 1959 idF BGBl I 14/2011 lautet wie folgt:

„Parteien sind: das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben.“

4.4. Art. 140 Abs. 4 bis 7 B-VG lautet wie folgt:

„(4) Ist das Gesetz im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfas­sungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten und wurde das Verfahren von Amts wegen eingeleitet oder der Antrag von einem Gericht oder von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so hat der Verfassungsgerichtshof auszusprechen, ob das Gesetz verfassungswidrig war. Abs. 3 gilt sinngemäß.

(5) Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, verpflichtet den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruches gemäß Abs. 4. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt. Diese Frist darf 18 Monate nicht überschreiten.

(6) Wird durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben, so treten mit dem Tag des Inkrafttretens der Aufhebung, falls das Erkenntnis nicht anderes ausspricht, die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren. In der Kundmachung über die Aufhebung des Gesetzes ist auch zu verlautbaren, ob und welche gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft treten.

(7) Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfas­sungs­widrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirk­lichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.“

5. Mit Erkenntnis vom 16. März 2012, GZ: G 126/11-12, sprach der Verfas­sungsgerichtshof aus, dass „§ 55 Abs. 1 lit. g und die Wortfolgen ,im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen‘ sowie ,in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie‘ in § 55 Abs. 4 sowie § 102 Abs. 1 lit. h des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG), BGBl. 215 idF BGBl. I 87/2005, [...] verfassungswidrig [waren].“ Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes „[erweisen sich] [d]ie in Prüfung gezogenen Bestimmungen [...] vor dem Hintergrund der im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken deshalb als verfassungswidrig, weil der Landeshauptmann als Organ der Wasserwirtschafts­planung in Genehmigungsverfahren, wie dem im Anlassverfahren, zugleich als Amtspartei und als zur Entscheidung zuständige Behörde berufen wird. Die Verfassungswidrigkeit war daher den in Prüfung gezogenen Bestimmungen über die Mitwirkung des Landeshauptmannes als Wasserwirtschaftliches Planungs­organ in Verwaltungsverfahren anzulasten. Alle in Prüfung gezogenen Bestim­mun­gen sind von der Novelle zum Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. I 14/2011, dahin betroffen, dass sie teils in andere Teile der jeweiligen Norm verschoben, teils an diese Änderungen angepasst wurden. Es war daher auszusprechen, dass die Bestimmung des § 55 Abs. 1 lit. g und die Wortfolgen ,im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen‘ sowie ,in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie‘ in § 55 Abs. 4 sowie § 102 Abs. 1 lit. h des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG), BGBl. 215 idF BGBl. I 87/2005, verfassungswidrig waren.“

6. Mit BGBl I 24/2012 wurde - mit Geltung ab 13. April 2012 - Folgendes kundgemacht: 㤠55 Abs. 1 lit. g und die Wortfolgen ,im Fall der Parteistellung
(§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen‘ sowie ‚in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie‘ in § 55 Abs. 4 sowie § 102 Abs. 1 lit. h des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG), BGBl. 215 idF BGBl. I 87/2005 waren verfassungswidrig.“

7. Mit dem „Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Umwelt, Abfall, Wasser“ (BGBl I 97/2013) wurde § 55 Abs. 5 WRG 1959 idF BGBl I 14/2011 dahingehend abgeändert, dass § 55 Abs. 5 zweiter und dritter Satz - mit Wirkung ab 19. Juni 2013 - wie folgt lauten: „Es hat Parteistellung sowie Beschwerde­legitimation an das Verwaltungsgericht in Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen gemäß Abs. 2 lit. a bis g, insbesondere unter Bedachtnahme auf die in einem Nationalen Gewässer­bewirtschaftungsplan oder einem Hochwasserrisikomanagementplan festgelegten Vorgaben (Maßnahmen) in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundes­gesetz sowie in allen behördlichen Verfahren, in denen wasserrechtliche Bestim­mungen mit angewendet werden; dies gilt nicht für Verfahren, in denen der Landeshauptmann als Behörde zur Entscheidung berufen ist. Im Rahmen seiner Parteistellung besteht für das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan auch die Möglichkeit, gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.“ In den Materialien (ErlRV 2290 XXIV.
GP 8 f) wird dazu ausgeführt, dass „[e]ntsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 2012, G 126/11-12, [...] die Partei­stellung des Landeshaupt­mannes als Wasserwirtschaftliches Planungsorgan in Verfahren, in denen der Landeshauptmann als Behörde entscheidet, mit der Behördenfunktion unvereinbar [ist]. Dies gilt auch für Verfahren, in denen der Landeshauptmann in zweiter Instanz angerufen werden kann. Diese Problematik wird mit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, welche u.a. den administrativen Instanzenzug abschafft, entschärft. Parteistellung des Landes­hauptmannes als Wasserwirtschaftliches Planungsorgan ist in allen Verfahren möglich, die der Landeshauptmann nicht selbst führt bzw. in denen er nicht zur Entscheidung berufen ist. Parteistellung besteht z.B. in Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, weiters in Verfahren vor der Bezirks­verwaltungsbehörde, bei denen Berufungsbehörde (derzeit) der Unabhängige Verwaltungssenat ist aber auch in allen Verfahren, in denen ab 2014 Beschwerde an ein Verwaltungsgericht erhoben werden kann. Die Neuformulierung trägt dem Rechnung und wird durch Konkretisierung der Amtsbeschwerde des Bundes­ministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
(§ 116) für jene Verfahren ergänzt, in denen dem Landeshauptmann als wasserwirtschaftliches Planungsorgan keine Parteistellung zukommt.“

8. Mit dem „Umweltrechtsänderungsgesetz 2013“ (BGBl I 98/2013) wurden - mit Geltung ab 19. Juni 2013 - sowohl § 55 Abs. 2 lit. g als auch § 55 Abs. 5 und
§ 102 Abs. 1 lit. h WRG 1959 novelliert: § 55 Abs. 2 lit. g lautet fortan: „die Beurteilung von Vorhaben auf Vereinbarkeit mit wasserwirtschaftlichen Planungen und Zielen, insbesondere zur Wahrung der Interessen an der Trink- und Nutzwasserversorgung im Lande.“ In § 55 Abs. 5 erster Satz wird nach dem Wort „hören“ der Beistrich durch einen Punkt ersetzt und entfällt die Wortfolge „im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen.“ Und in § 102 Abs. 1 lit. h wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und die Wortfolge „nach Maßgabe des § 55 Abs. 5“ angefügt.

9. Mit BGBl I 61/2014 wurde - mit Wirkung ab 5. August 2014 - Folgendes kundgemacht: 㤠55 Abs. 2 lit. g, die Wortfolgen ,im Fall der Parteistellung
(§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen‘ und ‘in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie‘ in § 55 Abs. 5 sowie § 102 Abs. 1 lit. h des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215/1959 in der Fassung des BGBl. I Nr. 14/2011, waren verfassungswidrig.“

10. Erkennt der Verfassungsgerichtshof eine Regelung für verfassungswidrig, so hat er sie aufzuheben oder auszusprechen, dass sie verfassungswidrig war und im fortgesetzten Ausgangsverfahren anhand der bereinigten Rechtslage vorzu­gehen (vgl. Schäffer/Kneihs, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg], Rill-Schäffer-Kom­men­tar Bundesverfassungsrecht (12. Lfg [2013]) Art. 140 B-VG Rz 54).

11. Mit Erkenntnis vom 16. März 2012, GZ: G 126/11-12, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass „§ 55 Abs. 1 lit. g und die Wortfolgen ,im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs. 1 lit. h) beizuziehen‘ sowie ,in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie‘ in § 55 Abs. 4 sowie § 102 Abs. 1 lit. h des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG), BGBl. 215 idF BGBl. I 87/2005, [...] verfassungswidrig [waren].“ Sodann sprach er mit Erkenntnis vom selben Tag, GZ: B 79/2013-12, aus, dass der Beschwerdeführer, Herr
Dipl.-Ing. (FH) T. G., durch den angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde und hob den Bescheid des Landeshauptmannes auf.

12. Die Aufhebung eines Gesetzes tritt grundsätzlich mit Ablauf des Tages der Kundmachung mit „ex nunc“-Wirkung in Kraft (Art. 140 Abs. 5 B-VG). Auf den Anlassfall wirkt die Aufhebung jedoch stets zurück (Art. 140 Abs. 7 B-VG; „Ergreiferprämie“). Die Rückwirkung der Aufhebung auf den Anlassfall kann vom Verfassungsgerichtshof nicht ausgeschlossen werden. Der Anlassfall ist sodann aufgrund der „bereinigten Rechtslage“ zu entscheiden (vgl. etwa Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht10 [2014] 1031 f). Hinsichtlich des Anlass­falles ist so vorzugehen, als ob das als verfassungswidrig erkannte Gesetz bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Erkenntnis zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Die Anlassfall­wirkung kommt auch dann zum Tragen, wenn der Verfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit eines bereits außer Kraft getretenen Gesetzes feststellt (vgl. etwa Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts² [2013] Rz 860 mit Hinweis auf VfSlg 8726/1980, 10.834/1986 und 13.319/1992).

13. Auch die Aufhebung des Bescheides durch den Verfassungsgerichtshof wirkt auf den Zeitpunkt der Erlassung des aufgehobenen Bescheides zurück (ex tunc-Wirkung). Damit tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hat. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes enthalte das VfGG - im Gegensatz zu § 42 Abs. 3 VwGG - zwar keine diese Rechtsfolge ausdrücklich regelnde Bestimmung, aller­dings ergebe sich diese Rechtsfolge unmittelbar aus § 87 Abs. 2 VfGG (vgl. etwa VwGH 25.05.1998, 96/17/0053 mwN).

14. Grundsätzlich ist für das Landesverwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 1061).

15. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Berufung als unzulässig zurück­zuweisen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch ausgesprochen, dass jene Rechtslage maßgebend ist, die im Zeitpunkt des Ablaufes der Berufungsfrist bzw. - bei gleichzeitiger Einbringung mit einem erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrag (§ 71 Abs. 3 AVG) - der Wiedereinsetzungsfrist auf Berufungen anzuwenden war (VwGH 07.06.2000, 99/03/0422 bzw. 05.07.2000, 2000/03/0019)
(vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG² [2014] § 59 Rz 85).

16. Diese Rechtsansicht gilt wohl auch für Beschwerden nach dem LVwG; maßgeblich ist somit die Rechtslage im Zeitpunkt des Ablaufes der Beru­fungsfrist. Das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan hat durch die Aufhebung jener Bestimmungen, die seine Berufungslegitimation begründeten, seine Parteistellung bzw. Berufungslegitimation verloren.

17. Das LVwG hat den Anlassfall somit anhand der „bereinigten Rechtslage“ zu entscheiden und so vorzugehen, als ob das als verfassungswidrig erkannte Gesetz bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Erkenntnis zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

18. Nach den Materialien zum VwGVG sind Personen, die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ihre Stellung als Partei verloren haben, weder beschwerde­legitimiert noch Parteien im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP 6). Da das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan infolge Aufhebung jener Bestimmungen, die seine Berufungslegitimation begrün­deten, seine Parteistellung im Anlassverfahren verloren hat, ist seine Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 


 

IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung zu der Frage fehlt, welche Rechtslage als bereinigte Rechtslage gilt, wenn eine oder mehrere gesetz­liche Bestimmungen, bei welchen der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 4 B-VG aussprach, dass sie verfassungswidrig waren, nach Erlassung der bekämpften Entscheidung und vor Erlassung der landesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung novelliert wurden.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubrin­gen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

LVwG-550306/9/Wg/EH/AK vom 16. September 2014

 

Beschluss

 

Rechtssatz

 

Normen:

B-VG Art140 Abs5

B-VG Art140 Abs7

VwGVG §7

AVG §63

 

 

* Mit Erkenntnis vom 16.3.2012, G 126/11, hat der VfGH § 55 Abs. 1 lit. g WRG, einige Wortfolgen in § 55 Abs. 4 WRG und § 102 Abs. 1 lit. h WRG idF BGBl I 87/2005, als verfassungswidrig sowie mit Erkenntnis vom 16.3.2012, B 79/2013, darüber hinaus festgestellt, dass der Bf. des Anlassfalles durch den angefochtenen Bescheid des LH von OÖ wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde. Grundsätzlich tritt die Aufhebung eines Gesetzes mit Ablauf des Tages der Kundmachung mit „ex nunc“-Wirkung in Kraft (Art. 140 Abs. 5 B-VG); auf den Anlassfall wirkt die Aufhebung jedoch stets zurück (Art. 140 Abs. 7 B-VG; „Ergreiferprämie“). Die Rückwirkung der Aufhebung auf den Anlassfall kann vom VfGH nicht ausgeschlossen werden. Der Anlassfall ist sodann aufgrund der „bereinigten Rechtslage“ zu entscheiden (vgl. etwa Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht10 [2014] 1031 f). Diese Anlassfallwirkung kommt auch dann zum Tragen, wenn der VfGH die Verfassungswidrigkeit eines bereits außer Kraft getretenen Gesetzes feststellt (vgl. etwa Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts² [2013] Rz 860 mit Hinweis auf VfSlg 8726/1980, 10.834/1986 und 13.319/1992).

 

* Grundsätzlich ist für das VwG die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 1061). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Berufung als unzulässig zurückzuweisen ist, hat der VwGH jedoch ausgesprochen, dass jene Rechtslage maßgebend ist, die im Zeitpunkt des Ablaufes der Berufungsfrist bzw. - bei gleichzeitiger Einbringung mit einem erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrag (§ 71 Abs. 3 AVG) - der Wiederein­setzungsfrist auf Berufungen anzuwenden war (vgl. VwGH v.7.6.2000, Zl. 99/03/0422 bzw. v. 5.7.2000, Zl. 2000/03/0019; s.a. Hengstschläger/Leeb, AVG² [2014] § 59 Rz 85). Diese Rechtsansicht gilt wohl auch für Beschwerden vor dem LVwG; maßgeblich ist somit die Rechtslage im Zeitpunkt des Ablaufes der Berufungs­frist. Das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan hat durch die Aufhebung jener Bestimmungen, die seine Berufungslegitimation begründeten, seine Parteistel­lung bzw. Berufungslegitimation verloren. Das LVwG hat den Anlassfall somit anhand der „bereinigten Rechtslage“ zu entscheiden und so vorzugehen, als ob das als verfassungswidrig erkannte Gesetz bereits zum Zeitpunkt der Verwirk­lichung des dem Erkenntnis zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Nach den Materialien zum VwGVG sind Personen, die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ihre Stellung als Partei verloren haben, weder beschwerdelegitimiert noch Parteien im Verfahren vor dem Verwal­tungs­gericht (vgl. E zur RV, 2009 BlgNR 24. GP, 6). Da das Wasserwirt­schaftliche Planungsorgan infolge Aufhebung jener Bestimmungen, die seine Berufungsle­gitimation begründeten, seine Parteistellung im Anlassverfahren verloren hat, ist dessen Beschwerde mangels Legitimation als unzulässig zurückzu­weisen.

 

 

Beschlagwortung:

 

Gesetzesaufhebung; Anlassfall; bereinigte Rechtslage; Parteistellung; nachträglicher Verlust; Zurückweisung mangels Legitimation