LVwG-100015/2/MK

Linz, 01.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde Frau K B-A, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.7.2013, GZ: 0026448/2012,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs.1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Strafe, das sind  80,- Euro, zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (in der Folge: belangte Behörde) vom 15.07.2013, GZ. 0026449/2012, wurde über K B-A (in der Folge: Bf), wegen einer Übertretung der §§ 57 Abs.1 Z4 und 27 Abs.2 Z1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) in zwei Fällen eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils 200,- Euro (gesamt: 400,- Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von jeweils 2 Stunden (gesamt: 4 Stunden) verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„I. Tatbeschreibung:

Die Beschuldigte, Frau K D B-A, geboren am x , wohnhaft: x  hat folgende Verwaltungsübertretungen als verwaltungsstrafrechtlich ver­antwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin der U GmbH mit dem Sitz in L, zu vertreten:

Die U GmbH hat in der Zeit von 01.04. bis 12.04.2012 am Gebäude  in L folgende anzeigepflichtige Werbeanlagen errichtet, ohne die beabsichtigte Errichtung der Baubehörde vor Ausführung des Vorhabens angezeigt zu haben:

1. Frontalanlage ‚Goldankauf‘

Die Frontalanlage weist eine Länge von ca. 5 m und eine Höhe von ca. 0,50 m auf. Die Rahmenkon­struktion ist aus Metall hergestellt. Die Sichtflächen sind aus Kunststoff gefertigt und weisen den Schrift­zug ‚Goldankauf‘ auf. Die Werbeanlage ist leuchtend ausgeführt.

2. Steckschild ‚goldbörse‘

Die Rahmenkonstruktion ist aus Metall hergestellt, die Sichtflächen sind aus Kunststoff gefertigt und wei­sen den Schriftzug ‚goldbörse‘ auf. Die Abmessungen des Steckschildes betragen ca. 1,10m/0,40 m. Die Werbeanlage ist leuchtend ausgeführt.

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§§ 57 Abs.1 Z4, 27 Abs.2 Z1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994)“

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vorgeworfene Tatbestand am 12.04.2012 von einem Amtssachverständigen des Magistrates der Landeshauptstadt Linz festgestellt worden sei. Von der Bf wären die erforderlichen Bauanzeigen erst am 19.06.2012 erstattet worden. Der objektive Sachverhalt sei daher als erwiesen anzusehen.

 

Da es sich bei der zur Last gelegten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt handle und die Oö. BauO 1994 in diesem Zusammenhang keine spezielle Regelung treffe, komme die (widerlegliche) Verschuldensvermutung des § 5 VStG zur Anwendung, wonach Fahrlässigkeit angenommen werden könne, wenn es einem Beschuldigten nicht gelänge glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Dieser Nachweis sei nicht gelungen. (Im Einspruch gegen die zuvor erlassene Strafverfügung vom 09.07.2012 wurde angegeben, die Verhängung einer Strafe sei deshalb nicht zulässig, weil sich die Bauanzeigen mit der Strafverfügung zeitlich überschnitten hätten.)

 

Zur Strafhöhe sei vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 19 Abs.1 VStG und der darin angeordneten Abwägung des mit der Tat verbundenen Ausmaßes der Schädigung oder Gefährdung des verletzten Rechtsgutes bzw. der sonstigen nachteiligen Folgen festzuhalten, dass – nach erfolgter Gegenüberstellung der Milderungs- und Erschwerungsgründe und unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisses – die verhängte Strafe als tat- und schuldangemessen zu bezeichnen sei. Als strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit, als erschwerend kein Umstand gewertet worden.

 

I.2. In der gegen dieses Straferkenntnis letztlich rechtzeitig eingebrachten Berufung [nunmehr: Beschwerde], die auf die Reduzierung des Strafmaßes beschränkt war,  brachte die Bf begründend vor, dass sie von der Werbefirma keine Informationen erhalten hätte, dass derartige Werbeeinrichtungen anzeigepflichtig seien. Sie selbst habe davon ebenfalls keine Ahnung gehabt. Da schon vorher andere Werbetafeln an der Geschäftsfassade angebracht gewesen wären und es mit diesen Tafeln niemals Probleme gegeben habe (es sei auch die Luftsteuer regelmäßig und problemlos entrichtet worden), wäre die Bf der Überzeugung gewesen, dass ein Ansuchen nicht von Nöten sei.

 

Darüber hinaus sei die verhängte Strafe zu hoch, da die Bf mittlerweile wieder unselbständig beschäftigt, sei und lediglich über ein Einkommen von 500,- Euro verfügen würde.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig und steht somit fest.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

Gemäß § 27 Abs.2 Oö. BauO 1994 ist die beabsichtigte Errichtung, Anbringung oder wesentliche Änderung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen

1. mit elektrisch betriebener, leuchtender oder beleuchteter Werbe- oder Anzeigefläche […]

Der Baubehörde vor Ausführung des Vorhabens anzuzeigen.

 

III.2. Verwaltungsstrafrecht:

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

In Abs.2 dieser Bestimmung wird festgelegt, dass Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Gemäß § 19 Abs.1 leg.cit. sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren […] überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden  Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

III.3. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 28 Abs.1  Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Nach § 45 Abs.4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn […] die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs.1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art.47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Da der objektive Sachverhalt feststeht, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die Beurteilung der subjektiven Tatseite und die Überlegungen zur Strafbemessung.

 

IV.1. Zum Verschulden bringt die Bf im Wesentlichen vor, von der Anzeigepflicht der von der Werbeagentur angebrachten Tafeln nicht gewusst zu haben und von ihr darüber auch nicht informiert worden zu sein.

 

Unter Berücksichtigung der Anordnung des § 5 Abs.2 VStG geht dieses Vorbringen aber insbesondere deshalb ins Leere, die Verpflichtung, sich über Umfang und Inhalt der im Zusammenhang mit einem Betrieb zu beachtenden Vorschriften grundsätzlich bzw. in Ermangelung der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten (vgl. § 9 VStG) den handelsrechtlichen Geschäftsführer trifft. Diese Funktion übte die Bf in der U GmbH zweifelsfrei aus.

 

Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich diese Verpflichtung nicht nur auf den Gegenstand des Geschäftsbetriebes einschließlich der Beschäftigung von Mitarbeitern beschränkt, sondern gerade auch die Rahmenbedingungen und allgemeinen Begleiterfordernisse eines Betriebes, zu denen nicht zuletzt die baurechtlichen Bestimmungen gehören, mit einschließt. Um dem gerecht zu werden, ist es zudem keinesfalls erforderlich, selbst umfassend über die erforderlichen Kenntnisse zu verfügen, es ist aber erforderlich, sich zumindest qualifiziert zu informieren, widrigenfalls genau in dieser Nachlässigkeit die Vorwerfbarkeit zu sehen ist („ignorantia legis non excusat“)..

 

Mit anderen Worten ist die Bf nicht schon dadurch entschuldigt, dass die von einer Anzeigepflicht nichts wusste und auch nicht darauf aufmerksam gemacht wurde, da sie die – in unserem Rechtsgefüge auch ganz und gar nicht „exotischen“ – Rechtsschutzinteressen im Zusammenhang mit Vorhaben an Gebäuden hätte kennen können bzw. müssen, zumal es sich bei dem einen Schild um ein (gerade auch im Vergleich zum bisherigen Bestand) überdurchschnittlich großflächiges Exemplar handelt und das andere deutlich weiter in den Luftraum vor dem Geschäftslokal hineinragt als alle anderen.

 

Es ist auch nicht primär die Pflicht dessen, der eine Werbetafel anbringen lassen möchte, die entsprechende Rechtslage darzulegen, da diese durchaus von lokalen, ihm nicht bekannten Umständen und Faktoren gekennzeichnet sein kann. Hier ist eine klare Trennlinie zwischen „servicierendem“ Hinweis und vorwerfbarer Obliegenheit zu ziehen.

 

Die Bf hat daher die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen subjektiv zu verantworten.

 

IV.2. Zur Strafbemessung ist festzuhalten, dass andere Milderungs- und Erschwerungsgründe, als sie von der belangten Behörde festgestellt und abgewogen wurden, auch nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht zu berücksichtigen waren.

 

Ein Absehen von der Strafe iSd § 45 Abs.1 VStG war insbesondere deshalb nicht angebracht, weil die Verwirklichung der Übertretungen doch von einer signifikanten inneren Unbetroffenheit im professionellen Umfeld geprägt ist. Darüber hinaus ist die Zustimmung zur Anbringung der beiden Werbeeinrichtungen als bewusster Akt des unreflektierten Inkaufnehmens eines Rechtsbruches vor dem Hintergrund tendenziell ignoranter Unwissenheit zu qualifizieren, der objektiv von keiner tiefgreifenden Verbundenheit mit den Schutzgütern der Rechtsordnung zeugt.

 

Gewichtet man aber – quasi interpolierend – die abstrakte Verwerflichkeit der Übertretungen auf Grund der Bedeutung des geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Verletzung, so muss man, was die Höhe der verhängten Strafe anbelangt, basierend auf einem Strafrahmen bis 36.000,- Euro, schon rein rechnerisch zu dem Schluss gelangen, dass sich das Strafmaß vom jeweils 200,- Euro in einer geradezu bagatellhaften Größenordnung von rund 0,55% der Höchststrafe bewegt. Im Rahmen derartiger Größenordnungen entfallen – insbesondere auch in Hinblick auf die behördlichen Möglichkeiten bei der Gewährung schuldnerentlastender Zahlungsmodalitäten im Rahmen des Strafvollzuges – auch alle Überlegungen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf. Die Aspekte der Spezialprävention müssen hier dem Strafzweck der Generalprävention weichen.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Bf die ihr zur Last gelegten Übertretungen vorzuwerfen sind und die verhängten Strafen dem Unrecht der Taten sowie der Ungebührlichkeit des Tuns angemessen sind.

VI. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger