LVwG-800101/2/Kl/AK

Linz, 23.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn K.N. sen., x, gegen das Straferkenntnis des Bürger­meisters der Stadt Wels vom 11. August 2014,  GZ: BZ-VerkR-06056-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und das angefoch­tene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom
11. August 2014, GZ: BZ-VerkR-06056-2014, wurde über den Beschwerdeführer (kurz: Bf) eine Geldstrafe von 363 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§ 23 Abs. 1 Z 2 iVm § 6 Abs. 2 und 4 Z 1 Güterbeförderungsgesetz - GütbefG 1995 ver­hängt, weil er als Inhaber und damit gemäß § 23 Abs. 1 GütbefG verwaltungs­strafrechtlicher Verantwortlicher der Firma N.T.L. GmbH mit dem Sitz U., zu verantworten hat, dass mit dem Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen x (SK) bzw. x, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3.500 kg übersteigt, angemietet von der Firma N.S. s.r.o., x, SK x, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Leerfahrt) mit einem Mietfahrzeug durchgeführt wurde, ohne einen Beschäftigungsvertrag, aus dem der Name des Arbeitgebers, der Name des Arbeitnehmers, das Datum und die Laufzeit des Beschäftigungsvertrages hervor­gehen oder eine Bescheinigung des Arbeitgebers mit diesen Inhalten, mitzuführen.

Die Übertretung wurde von Organen des Landespolizeikommandos Oberöster­reich, Landesverkehrsabteilung, am 15.05.2014 gegen 10.56 Uhr in W. in der T., in Höhe Nr. x, im Zuge einer Fahrzeugkontrolle festgestellt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Fahrer zum Beweis einer aufrechten Sozialversicherung eine Anmelde­bestätigung und eine E-Card dabei gehabt hätte. Der Beweis eines Beschäfti­gungsverhältnisses sei daher erbracht.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme. Da schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt klar fest­steht und im Übrigen schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG.

 

4.1. Aufgrund der Aktenlage und vom Bf unbestritten steht folgender entschei­dungserheblicher Sachverhalt fest:

Bei einer Kontrolle am 15.05.2014 in W., T. in Höhe Nr. x, wurde näher bezeichnetes Kraftfahrzeug mit Anhänger, dessen höchstes zuläs­siges Gesamtgewicht 3.500 kg übersteigt, angetroffen. Das Fahrzeug wurde von der Firma N.T.L. GmbH mit Sitz in U. angemietet. Es wurde eine Leerfahrt durchgeführt. Laut Firmenbuchaus­zug ist K.N. sen., geb. x, als Prokurist eingetragen; als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist K.N. jun., geb. x, ein­getragen.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG hat der Unter­nehmer dafür zu sorgen, dass in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwen­deten Kraftfahrzeug während der gesamten Fahrt eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister sowie die allenfalls nach Abs. 4 erforderlichen Dokumente mitgeführt werden.

Gemäß § 6 Abs. 4 GütbefG sind, wenn Mietfahrzeuge gemäß § 3 Abs. 3 zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern oder für den Werkverkehr verwendet werden, folgende Dokumente im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichts­organen auf Verlangen auszuhändigen:

1.   Vertrag über die Vermietung des Kraftfahrzeuges;

2.   Sofern der Lenker nicht der Mieter ist, Beschäftigungsvertrag des Lenkers, aus dem der Name des Arbeitgebers, der Name des Arbeitnehmers, das Datum und die Laufzeit des Beschäftigungsvertrages hervorgehen oder eine Bestätigung des Arbeitgebers mit diesen Inhalten.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z 2 GütbefG begeht - abgesehen von gemäß dem V. Haupt­stück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen - eine Verwal­tungs­übertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer § 6 Abs. 1 oder 2 zuwiderhandelt.

Gemäß § 23 Abs. 4 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 die Geldstrafe mindestens 363 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist, wenn dem Beschuldigten die Unterlassung gebotener Vorsorgehandlungen ange­lastet wird, für die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde der Ort maßge­bend, an dem der Beschuldigte tätig hätte werden sollen (handeln hätte sollen). Das ist jener Ort, an dem die Unternehmensleitung ihren Sitz hat. Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unter­nehmens­leitung anzunehmen sein. Auf das betreffende Tatbild ist hierbei stets Bedacht zu nehmen (Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwal­­tungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1426, RZ 10a und 11b mit Judikatur­nachweisen).

 

5.2. Der Bf wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis als Unternehmer zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung gezogen und ist unbestritten der Unter­nehmenssitz in U., also im Bundesland T. Da der Tatvorwurf darauf lautete, dass nicht Sorge getragen wurde, dass eine beglau­bigte Abschrift der Konzessionsurkunde mitgeführt wurde, also eine Unterlassung dem Bf vorgeworfen wurde, ist nach dem Tatbild eindeutig der Sitz der Unter­nehmensleitung in T. jener Ort, von welchem aus der Beschuldigte hätte handeln sollen bzw. Vorsorgehandlungen treffen müssen. Es ist daher am Sitz der Unternehmensleitung in U. der Tatort gelegen. Es war daher die belangte Behörde nicht zuständig.

Die Unzuständigkeit der belangten Behörde ist in jedem Stadium des Verfahrens aufzugreifen. Es war daher das Straferkenntnis mangels Zuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

 

5.3. Aus verfahrensökonomischen Gründen wird jedoch angeführt, dass nach dem Firmenbuchauszug der Beschuldigte K.N. sen. lediglich als Prokurist eingetragen ist. Handelsrechtlicher Geschäftsführer ist K.N. jun.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Ver­waltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertre­tung nach außen berufen ist. Ein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer einer GmbH ist ein gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft und als solches nach der angeführten Gesetzesstelle für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich (VwGH 14.10.1986, 85/04/0229). Dies ist gegebenenfalls Herr K.N. jun. Hingegen besitzt ein Prokurist zwar eine umfangreiche Vertretungsmacht, Organstellung kommt ihm jedoch nicht zu, weshalb er nicht zu den zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG zählt (VwGH 08.10.1992, 90/19/0532, 24.03.1994, 92/18/0176, 0181).

 

Sollte hingegen ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt sein, so ist nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 VStG, der die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber allfälligen entsprechenden Regelungen in den besonderen Verwaltungsgesetzen normiert, die Sonderbestimmung des § 9
Abs. 1 und § 370 Abs. 2 GewO bzw. die hierzu ergangene Spezialbestimmung des § 23 Abs. 7 GütbefG heranzuziehen, wonach der Geschäftsführer nach § 39 der Gewerbeordnung 1994 strafrechtlich verantwortlich ist und Strafen gegen diesen zu verhängen sind.

 

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Spruch des Straferkenntnisses klar und ein­deutig hervorzugehen hat, in welcher Funktion der Beschuldigte verwaltungs­straf­rechtlich zur Verantwortung gezogen wird, nämlich, ob in persönlicher Verantwortlichkeit, als nach außen vertretungsbefugtes Organ oder als verant­wortlicher Beauftragter (VwGH 25.02.1993, 92/18/0440, 19.05.1994, 94/17/0007).

 

Laut Auszug des zentralen Gewerberegisters ist Herr K.N. sen. als gewerbe­rechtlicher Geschäftsführer für das Gewerbe „Gewerbsmäßige Beförde­rung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenz­über­schrei­tender Güterverkehr)“ am Standort U. aufrecht gemeldet. Er ist daher als gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 23 Abs. 7 GütbefG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Dies hat im Spruch des Straferkenntnisses seinen Niederschlag zu finden.

 

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, war kein Kostenbeitrag zum Beschwerde­verfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG festzusetzen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt