LVwG-650194/7/Bi/SA

Linz, 21.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau R P, H, S, vertreten durch Herrn RA Dr. G H, G, B, vom 9. Juli 2014 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 26. Juni 2014, VerkR21-169-2014, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, aufgrund des Ergebnisses der am 21. August 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung  zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang aufgehoben.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) gemäß § 30 Abs.2 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen AM, B und B1 – Führerschein ausgestellt Republik Tschechien, Magistràt mesta Kladno, am 28.4.2014 zu GZ:EI 832725 – ab Rechtskraft des Bescheides entzogen und gemäß § 29 Abs.3 FSG die Ablieferung des Führerscheines bei der belangten Behörde angeordnet. Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 4. Juli 2014.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Auf ausdrücklichen Antrag wurde am 21. August 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Bf RA Dr. H durchgeführt. Die Vertreterin der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.  

3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, nach Art. 2 Abs.1 RL2006/126 würden Führerscheine der anderen Mitgliedsstaaten gegenseitig anerkannt. Der Besitz eines Führerscheines eines anderen Mitgliedsstaates sei der Beweis dafür, dass der Inhaber zum Zeitpunkt seiner Ausstellung alle Erfordernisse für die Erteilung der Lenkberechtigung im Ausstellungsstaat erfüllt habe. § 30 Abs.2 letzter Satz FSG, der anscheinend uneingeschränkt die Prüfung ermögliche, ob das Wohnsitzerfordernis im Ausstellermitgliedsstaat zum Zeitpunkt der Ausstellung erfüllt gewesen sei, verstoße gegen Unionsrecht und habe zufolge Anwendungs­vorrang keine Wirkung. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung, bei der der Rechtsvertreter der Bf gehört und die Ausführungen der belangten Behörde im in Beschwerde gezogenen Bescheid sowie im Vorlagebericht vom 11. Juni 2014 berücksichtigt wurden. 

 

Das  Beweisverfahren hat ergeben, dass die Bf österreichische Staatsbürgerin ist und laut ZMR seit 19.10.2010 durchgehend an der Adresse H, S, mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.

Die Bf hat laut Mitteilung des tschechischen Ministerstvo dopravy dieses Adresse als ihren „früheren ordentlichen Wohnsitz“ bezeichnet und am 28. April 2014 einen Führerschein für die Klassen AM, B1 und B ausgestellt bekommen, gültig bis 28. April 2024, nachdem auf Nachfrage von der belangten Behörde am 30. September 2013 mitgeteilt wurde, dass kein Fahrverbot besteht und sie nie eine Fahrerlaubnis besessen hat. Weiters wurde mitgeteilt, dass die Bf immer ihren Hauptwohnsitz in Österreich und diesen nie nach Tschechien verlegt hatte und auch ihrer beruflichen Tätigkeit hier nachkommt, dh dort nur einen Anmeldung erfolgt sein dürfte, weshalb der tschechische Führerschein in Österreich nicht anerkannt werden würde.

 

Die Bf erklärte am 28. Mai 2014 vor der belangten Behörde, sie sei allein­erziehende Mutter der beiden Kinder – A M, geb. X, und H U, geb. X – die in Österreich die Volksschule bzw den Kindergarten besuchen. Sie habe vor etwa 20 Jahren versucht, in Österreich einen B-Führerschein zu bekommen, habe aber die Prüfung nicht bestanden. Da sie ohne Führerschein auf dem Arbeitsmarkt keine Chance habe, die Fahrschulkurse nur abends stattfänden und sie für die Töchter keine Betreuungsperson gehabt habe, habe sie Anfang März 2013, nachdem sie davon durch einen Bekannten erfahren habe, einen Österreicher („M“ aus B, Pkw mit deutschem Kennzeichen) kontaktiert, über diesen in Prag einen Kurs absolviert und am 26. August 2013 die Führerscheinprüfung mit einem Dolmetscher abgelegt. Die Kosten von 3.500 Euro habe sie an „M“ bezahlt. Sie habe mit diesem nach der Prüfung in Kladno die Ausstellung des Führerscheines beantragt; ihre Adresse sei mit „B“ angegeben gewesen, aber sie habe dieses Objekt nie gesehen. Einen Führerschein hat sie nach eigenen Angaben vom 28. Mai 2014 bis dahin nicht erhalten.

Vorgelegt wurde die Kopie einer tschechischen „Bestätigung des vorüber­gehenden Aufenthalts“, auf der die Adresse der Bf mit „B“ angegeben ist, von ihr unterschrieben, Datum unleserlich, sowie ein nicht übersetztes Schreiben des Magistrats Kladno vom 23.9.2013.

 

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 21. August 2014 verwies der Rechtsvertreter auf seine Argumente in der Beschwerde, das Urteil des EuGH „B A“ und die ZVR vom Jänner 2014, S. 6ff. Er vertrat die Rechtsansicht, dass die ggst Entziehung dem geltenden EU-Recht, insbesondere den Bestimmungen der Führerscheinrichtlinie, die die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vorsehe, und der Rechtsprechung des EuGH widerspreche.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:      

Gemäß § 30 Abs.2 letzter Satz FSG – in der Fassung der 14. FSG-Novelle, BGBl.I Nr.61/2011, in Kraft seit 19.1.2013 – ist eine Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates oder eines Nicht-EWR-Staates auszusprechen, wenn eine Person eine Lenkberechtigung in diesem Staat zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Person ihren Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z1) in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheines hatte.

§ 5 Abs.1 Z1 FSG normiert, dass ein Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung nur gestellt werden darf, wenn der Antragsteller seinen Wohnsitz im Sinne des Art. 12 der Richtlinie über den Führerschein ABl. Nr. 403/2006 in Österreich hat (Abs. 2).

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung liegt ein Wohnsitz in Österreich gemäß Abs.1 Z1 vor, wenn sich die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen und – sofern vorhanden – beruflichen Bindungen innerhalb der letzten zwölf Monate nachweislich während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten hat oder glaubhaft macht, dass sie beabsichtigt, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten. Als Wohnsitz eines Führerscheinwerbers oder -besitzers, dessen berufliche Bindungen in einem anderen Staat als seine persönlichen Bindungen liegen, gilt unabhängig von der 185-tägigen Frist der Ort der persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt.

 

Gemäß Art. 2 Abs.1 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (im Folgenden kurz: FS-RL 2006/126/EG) werden die von den Mitglieds­staaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt.

Gemäß Art. 7 Abs.1 lit.e darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitglieds­staates ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraumes von sechs Monaten dort studiert haben. Gemäß Abs.5 letzter Satz dieser Bestimmung achten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Art. 2 bei der Erteilung der Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Abs. 1 des vorliegenden Artikels erfüllt; sie wenden ihre nationalen Vorschriften für die Aufhebung oder den Entzug der Fahrerlaubnis an, wenn feststeht, dass ein Führerschein ausgestellt worden ist, ohne dass die Voraussetzungen hiefür vorlagen.

Gemäß Art. 12 der FS-RL 2006/126/EG gilt im Sinne dieser Richtlinie als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, dh während mindestens 185 Tagen im Kalender­jahr, wohnt.

Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese letztgenannte Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedsstaat zur Ausführung eines Auftrages von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes zur Folge.

 

Für das Landesverwaltungsgericht stellt sich die Frage, ob trotz Zweifel an der Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses durch die Bf im EU-Mitgliedstaat Tschechien für mindestens 185 Tage im Kalenderjahr die Verpflichtung zur Anerkennung des dort erworbenen Führerscheines ohne jede Formalität besteht oder es dem Mitgliedstaat Österreich gestattet ist, diesbezüglich Ermittlungen zu tätigen und Beweisergebnisse und Informationen zu verwerten.

 

Gemäß dem Urteil des EuGH (2.Kammer) vom 1. März 2012, C-467/10, Strafverfahren gegen B A, sind Art. 1 Abs.2 iVm Art. 8 Abs.2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein sowie Art. 2 Abs.1 iVm Art. 11 Abs.4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Aufnahmemitgliedsstaates nicht entgegenstehen, die es diesem erlaubt, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins in seinem Hoheitsgebiet zu verweigern, wenn aufgrund unbestreitbarer, vom Ausstellermitgliedsstaat herrührender Informationen feststeht, dass der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt seiner Ausstellung nicht die in Art.7 Abs.1 lit.b der Richtlinie 91/439 und in Art.7 Abs.1 lit.e der Richtlinie 2006/126 vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes erfüllte. Insoweit ist der Umstand, dass diese Informationen den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedsstaates vom Ausstellermitgliedsstaat nicht direkt, sondern nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt werden, als solcher nicht geeignet, die Einstufung diese Informationen als vom Ausstellermitgliedsstaat herrührend auszuschließen, sofern sie von einer Behörde dieses Mitgliedsstaates stammen.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob Informationen, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens erlangt wurden, als vom Ausstellermitgliedsstaat herrührende Informationen eingestuft werden können, und gegebenenfalls die genannten Informationen zu bewerten und unter Berück­sichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Verfahrens zu beurteilen, ob es sich bei ihnen um unbestreitbare Informationen handelt, die belegen, dass der Inhaber des Führerscheines, als dieser ihm im letztgenannten Staat ausgestellt wurde, dort nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte.

 

Im Urteil B A hat der Gerichtshof unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen, dass Art.1 Abs.2 und Art.7 Abs.1 lit.b sowie Art.8 Abs.2 und 4 der Richtlinie 91/439 es einem Aufnahmemitgliedsstaat nicht verwehren, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausge­stellten Führerscheins zu verweigern, wenn nicht anhand von Infor­mationen des Aufnahmemitglieds­staates, sondern aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedsstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass die in Art.7 Abs.1 lit.b vorgesehene Voraussetzung des ordentlichen Wohnsitzes nicht beachtet wurde. Die Aufzählung der Erkenntnisquellen, auf die sich der Aufnahmemitgliedsstaat stützen kann,  ist abschließend und erschöpfend.

Die Ausnahme, die von der Pflicht, in andern Mitgliedsstaaten erteilte Fahrerlaubnisse ohne Formalitäten anzuerkennen, besteht und mit der ein Gleichgewicht zwischen dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Fahrerlaubnisse und dem Grundsatz der Sicherheit im Straßenverkehr hergestellt wird, darf nicht weit verstanden werden, da sonst der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung völlig ausgehöhlt würde.

Damit eine Information eines Ausstellermitgliedsstaates, wonach der Inhaber eines Führerscheines dort bei dessen Ausstellung nicht wohnhaft war, als unbestreitbar eingestuft werden kann, muss sie von einer Behörde dieses Staates herrühren. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass die von den Einwohnermeldebehörden des Ausstellermitgliedsstaates erlangten Informationen als solche Informationen angesehen werden können. Dagegen können Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedsstaates obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat, die ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedsstaates auferlegt ist, nicht als vom Ausstellermitgliedsstaat herrührende unbestreitbare Informationen qualifiziert werden, die beweisen, dass der Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seines Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedsstaat hatte. Dies gilt auch für die Erklärung der nationalen Behörde des Ausstellermitgliedsstaates, dass sie die Wohnsitzvoraus­setzungen nicht geprüft hätten, da eine solche Erklärung nicht beweist, dass der Inhaber seinen Wohnsitz nicht im Gebiet dieses Mitgliedsstaats hatte. Im Übrigen ist ein Mitgliedsstaat nur dann berechtigt, einen Führerschein nicht anzuer­kennen, wenn er dies ohne Eingriff in die Zuständigkeiten des Aussteller­mitgliedsstaates, wie insbesondere dessen ausschließliche und unumschränkte Zuständigkeit, den Wohnsitz des Inhabers in seinem Hoheitsgebiet zu prüfen, tun kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die bei den Einwohnermeldebehörden des Ausstellermitgliedsstaats erlangten Informationen als solche vom Aussteller­mitgliedsstaat herrührende unbestreitbare Informationen angesehen werden können. Bei Privatpersonen wie Vermietern oder Arbeitgebern eingeholte Informationen sind dagegen keine solche Informationen (vgl auch Beschluss des EuGH (3. Kammer) vom 9. Juli 2009, C-445/08, Kurt Wierer gegen Land Baden Würtemberg).

Haben die Behörden eines Mitgliedsstaates einen Führerschein gemäß Art. 1 Abs.1 der Richtlinie 91/439 ausgestellt, sind die anderen Mitgliedsstaaten nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungs­voraussetzungen nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Beweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber am Tag seiner Ausstellung diese Voraussetzungen erfüllte. Diese Erwägungen sind in vollem Umfang auf das System übertragbar, das mit der FS-RL 2006/126 geschaffen wurde, in der der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der in den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine mit den gleichen Worten wie in der Richtlinie 91/439 bekräftigt worden ist (vgl Urteil des EuGH (2. Kammer) vom 26. April 2012, C-419/10, Wolfgang Hofmann gegen Freistaat Bayern).

 

Auf den Fall der Bf übersetzt bedeutet diese Rechtsprechung des EuGH, dass der in Tschechien ausgestellte Führerschein der Bf im selben Umfang anzuerkennen ist und dass es der österreichischen Führerscheinbehörde verwehrt ist, das Vorliegen eines ordentlichen Wohnsitzes der Bf für zumindest 185 Tage zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokuments in Tschechien nachzuprüfen. Damit sind auch die Angaben der Bf vom 28. Mai 2014, sie habe einen Wohnsitz in Tschechien angemeldet, sei aber nie an der angegebenen Adresse gewesen, nicht verwertbar als vom Ausstellermitgliedsstaat herrührende unbestreitbare Informationen im Sinne der oben zitierten Judikatur. Damit war aber auch jegliche Nachprüfung in Bezug auf die angegebene Adresse der Bf in Tschechien bzw die Auskunft aus dem ZMR über ihren Wohnsitz in Österreich ebenso wie Überlegungen zur Schulpflicht des älteren Kindes und damit verbundene persönliche Bindungen an den österreichischen Wohnsitz hinfällig.

Mit der Ausstellung des Führerscheins Nr. EI 832725 am 28. April 2014 für die Klassen AM, B1 und B ist im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH davon auszugehen, dass die zuständige tschechische Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erwerb einer Lenkberechtigung auch im Hinblick auf die Wohnsitzvoraussetzungen bejaht hat.

 

Damit ist der letzte Satz des § 30 Abs.2 FSG, der der eindeutigen im Licht des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der in anderen Mitgliedsstaaten erteilten Fahrerlaubnisse ohne Formalitäten zu sehenden Judikatur des EuGH – aus welchen Beweggründen auch immer – offensichtlich widerspricht, als invalide Bestimmung zu betrachten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.    

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 27. Jänner 2015, Zl.: Ro 2015/11/0002-4