LVwG-300391/19/Py/PP

Linz, 09.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn O.M., vertreten durch Rechtsanwälte G. S. P., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.05.2014, SV96-54-2013, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.10.2014

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.05.2014, SV96-54-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach §§ 33 Abs. 1 iVm 111 Abs. 1 ASVG – Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 218 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie, Herr M., haben es als Verantwortlicher der Firma O. M. Gesell­schaft m.b.H. mit Sitz in S., x verwaltungsstraf­rechtlich zu verantworten, dass der türkische Staatsangehörige

 

S.P., geb. am x

 

bei welchem es sich um eine in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Person handelt, beschäftigt war, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt am 18.03.2013 ab 07:00 Uhr zur Pflichtversicherung bei der Oö Gebietskrankenkasse angemeldet wurde.

 

Dies wurde vom Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr bei einer Kontrolle am 08.04.2013 in P. auf der Baustelle Fa. L. festgestellt und der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 25.04.2013 angezeigt.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass Herr P. trotz Verpflichtung zur Vollversicherung nicht bei der Oö. GKK gemeldet war und somit der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt ist, da er am 18.03.2013 um 07:43 Uhr und somit nach Arbeitsantritt um 07:00 Uhr bei der Oö. GKK angemeldet wurde.

 

Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herange­zogenen Gründe dar.

 

2. Dagegen erhob der Beschuldigte rechtzeitig im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Beschwerde, in der er ausführt, dass am 18.03.2013 um 07:43 Uhr eine Mindestangabe-Anmeldung an die Oö. GKK betreffend den türkischen Staats­angehörigen S.P., geb. x gefaxt und um 10:15 Uhr des­selben Tages seitens der steuerlichen Vertretung des Bf eine Vollanmeldung mittels ELDA durchgeführt wurde. Nach Erledigung der Aufnahmeformalitäten ist dieser gemeinsam mit seiner Arbeitspartie um ca. 08:00 Uhr dieses Tages nach D. abgefahren. Beim Ausfüllen des Formulars anlässlich der Kontrolle habe er offenbar sein Eintreffen im vom Bf vertretenen Unternehmen als Beginn seiner Beschäftigung angegeben, den tatsächlichen Arbeitsantritt stellte dieser Zeit­punkt jedoch nicht dar, allenfalls läge eine nur geringfügige Verspätung vor.

 

3. Mit Schreiben vom 14.07.2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, dass gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsver­fahrens­gesetz (VwGVG) durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin zur Entscheidung berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Anfrage bei der Oö. GKK hinsichtlich der genauen Meldedaten durch das vom Bf vertretene Unternehmen betreffend den gegenständlichen Dienstnehmer sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.10.2014, zu der der Rechtsvertreter des Bf sowie der als Zeuge geladene gegenständliche türkische Staatsangehörige S.P. erschienen sind. Mit Schreiben vom 04.09.2014 nahm die Organpartei zur übermittel­ten Beschwerde dahingehend Stellung, dass geprüft werden müsse, wann der Zeitpunkt des Arbeitsantrittes war. Zudem sei es verwunderlich, dass am 18.03.2013 um
07:00 Uhr der erste Kontakt zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer stattge­funden haben soll und dieser trotzdem bereits um 08:00 Uhr dieses Tages nach Vorarlberg aufgebrochen ist.

 

Da bereits in der mündlichen Verhandlung der entscheidungswesentliche Sach­verhalt ausreichend ermittelt werden konnte war dem vom Rechtsvertreter des Bf in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einvernahme einer weiteren Zeugin zum Beweis für den vorgebrachten Zeitpunkt des Arbeits­antritts erst nach erfolgter Meldung zur Oö. GKK keine Folge zu geben.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. geht bei seiner Entscheidung von folgen­dem Sachverhalt aus:

 

Am 18.03.2013 7.00 Uhr sprach der türkische Staatsangehörige S.P., geb. x, bei der Firma O.M. Gesellschaft mbH mit Sitz in S., x, vor. Über Vermittlung eines bereits im Unternehmen tätigen Freundes war vereinbart, dass er an diesem Morgen mit dem Bf als Verantwortlichen des Unternehmens ein Einstellungsgespräch führen sollte. Zunächst wartete Herr P. zu um anschließend um ca. 07:30 Uhr mit dem Bf ein Aufnahmegespräch, im Zuge dessen die Anforderungs- und Entloh­nungs­modalitäten besprochen wurden, zu führen. Aufgrund der Einstellungs­zusage durch den Bf  überreichte Herr P. dem Sekretariat die erforderlichen Dokumente und Unterlagen. Daraufhin wurde er am 18.03.2013 mittels Mindest­angabenmeldung mit dem elektronischen Datensammelsystem der Sozial­versicherungsträger (ELDA) Protokoll-Nr. 14737853 um 07:50:12 Uhr von der Firma O.M. GmbH bei der Oö. GKK als Dienstnehmer gemeldet. Um ca. 08:00 Uhr im Anschluss an die Sicherheitseinweisung brach Herr P. gemein­sam mit weiteren Dienstnehmern des Unternehmens zu einer Baustelle auf. Noch am selben Tag um 10:15:58 Uhr wurde Herr P. unter ELDA Protokoll Nr. 14804547 über die steuerliche Vertretung des Bf ab 18.03.2013 im Beschäfti­gungs­ausmaß von 38,40 Stunden als Spenglerhelfer zur Sozialversicherung gemeldet.

 

Eine Beschäftigung des Herrn P. durch das vom Bf vertretene Unternehmen vor Arbeitsaufnahme fand nicht statt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere den Meldenachweisen der Oö. GKK und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 03.10.2014. In dieser Verhandlung schilderte der Zeuge P. schlüssig, dass er am 18.03.2013 erstmalig in der Firma O.M. GmbH vorgesprochen hat um mit dem Bf ein Einstellungsgespräch zu führen. Aus dem vom Zeugen geschilderten Ablauf geht zweifelsfrei hervor, dass von ihm vor seiner Anmeldung mittels Mindestangabenmeldung bei der Oö. GKK keine Arbeits­tätigkeit durch­geführt wurde. Er gab auch auf mehrmaliges Nachfragen ausdrücklich und glaubwürdig an, dass er seine Angaben bei der Kontrolle, er habe um 07:00 Uhr des 18.03.2013 seine Beschäftigung aufge­nommen, auf sein Eintreffen im Unter­nehmen bezogen habe, zuvor sei jedoch über seine Aufnahme gesprochen worden, sein tatsächlicher Arbeitsbeginn (aushändigen der Arbeitskleidung, Sicher­heitsunterweisung, Ab­fahrt zur Baustelle) habe jedoch keinesfalls vor 08:00 Uhr stattgefunden.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundes­gesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Ab­hän­gigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken­­versicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Auf­zeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, ein­sehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf
365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbe­deutend sind.

 

5.2. Aufgrund des Beweisverfahrens konnte der Bf zweifelsfrei darlegen, dass der gegenständliche türkische Staatsangehörige Herr S.P. am 18.03.2013 nicht bereits – wie im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses vorge­worfen – ab 07:00 Uhr beschäftigt wurde. Vielmehr geht aus der schlüssigen Zeugenaussage des Herrn P. sowie den Meldeunterlagen der Oö. GKK hervor, dass er seine Beschäftigung nicht vor Übermittlung der Mindestan­gabenmeldung durch das vom Bf vertretene Unternehmen an die Oö. GKK aufgenommen hat. Der dem Bf zur Last gelegte Verwaltungsstraftatbestand ist somit nicht erfüllt.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungs­übertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

 

Zu III.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Dr.in Andrea Panny