LVwG-600537/4/BR/BD

Linz, 16.10.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier, über die Beschwerde von S S, geb. X, U L, gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Oberösterreich, vom 31.7.2014,  Zl: VSTV/91400655025/2014 gerichtete,  

 

zu Recht:

 

 

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der gegen das Strafausmaß gerichteten  Beschwerde mit der Maßgabe statt gegeben, als die Geldstrafe auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt wird.

 

II.      Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Gemäß § 64 Abs.1 VStG ermäßigen sich demnach die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 10 Euro.

 

 

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat mit dem oa. Straferkenntnis über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 103a Abs.1 Z3 iVm § 103 Abs.1 Z3 lit.e und 134 Abs.1 KFG, eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen und 20 Stunden verhängt, weil er, wie am 23.06.2014 um 15.40 Uhr anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, als Verantwortlicher der Firma S S in L, U etabliert, als Mieterin des Sattelzugfahrzeuges X mit dem Kennzeichen X samt Sattelanhänger X mit dem Kennzeichen X, nicht dafür Sorge getragen hatte, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, weil er das Sattelzugfahrzeug samt Sattelanhänger Herrn/Frau K T zum Lenken überlassen gehabt habe, obwohl diese(r) keine von der Behörde erteilte Lenkberechtigung der Klasse "CE" besessen hat. Eine solche wäre notwendig gewesen, weil die höchst zulässigen Gesamtmassen der angeführten Fahrzeuge (hzgG Sattelzugfahrzeug: 18000 kg; hzgG Sattelanhänger: 33000 kg) 51000 kg betrug, der Lenker allerdings nur im Besitz der Klasse CE1 war.

 

II. Betreffend die Strafzumessung brachte die Behörde begründend zum Ausdruck, dass bei der Bemessung der Strafe nach § 19 Abs.1 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigten war. Im ordentlichen Verfahren sind nach § 19 Abs.2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens sei besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie sozialen Verhältnisse (samt allfälligen Sorgepflichten) des Beschuldigten sind zu berücksichtigen. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist erheblich, da durch die übertretene Norm insbesondere eine Vorschrift, die der Sicherheit des Straßenverkehrs dient, verletzt wurde. Dass das Überlassen einer Fahrzeugkombination mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse von 51000 kg (!) einen wesentlichen Unterschied im Vergleich zu einer Fahrzeugkombination mit maximal 12000 kg darstellt und somit ein anderes Verkehrsrisiko in sich birgt, steht wohl außer Zweifel. Durch die Missachtung bzw. Vernachlässigung seiner gesetzlichen Pflichten wurde dem durch die Norm verfolgten Verkehrssicherheitsinteresse in beträchtlicher Weise zuwider gehandelt.

In welchem Umfang und auf welcher Basis feststellend die Behörde die Einkommensverhältnisse tatsächlich feststellte ist nicht nachvollziehbar.

 

III. Die Behörde hat den Verfahrensakt unter Anschluss eines Aktenverzeichnisses mit dem Hinweis vorgelegt, nach Plausibilitätsprüfung eine Beschwerdevorentscheidung nicht in Erwägung gezogen zu haben.

Gemäß § 44 Abs.3 Z2 VwGVG konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage hinreichend und erschöpfend.

 

 

IV. Zum Zweck der Klärung der für die Strafzumessung wesentlichen allseitigen Verhältnisse des Beschwerdeführers, wurde dieser mit Schreiben vom 14.10.2014 aufgefordert diese bekanntzugeben.

In diesem Zusammenhang erschien der Beschwerdeführer am 15.10.2014 persönlich beim Landesverwaltungsgericht. Er legte seinen Gewerbeschein und Bankauszüge vor, welche belegen, dass seine Einkommensverhältnisse gegenwärtig noch als äußerst bescheiden anzunehmen sind. Er ist sorgepflichtig für 2 Kleinkinder (Zwillinge) und seine Ehefrau bezieht derzeit Karenzgeld.

In der Sache erklärt er nochmals die Umstände wie es zur Anstellung dieses Fahrers gekommen ist, den er, wegen der nicht vorgelegten Bescheinigung über die Lenkberechtigung „E“ nach einer Woche wieder entlassen habe müssen. Aus dem im akterliegenden Führerscheinregister über diesen Fahrer geht hervor, dass diesem bereits am 4.7.2014 die verfahrensgegenständliche (fehlende) Führerscheinklasse erteilt worden war.

Eine Rückfrage bei der Führerscheinbehörde (belangten Behörde) hat ergeben, dass dieser Fahrer tatsächlich am 4.7.2014 die Lenkberechtigung für die damals fehlende Klasse erworben hatte und ihm mit diesem Datum auch eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt worden war.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verantwortung des Beschwerdeführers insofern als glaubwürdig, nachvollziehbar und insofern auch berücksichtigungswürdig, als er von diesem Fahrer, welcher offenbar dringend eine Beschäftigung als Lastkraftwagenlenker gebraucht hat, im Hinblick auf die damals noch fehlende Führerscheinklasse getäuscht worden ist und letztlich die Gutgläubigkeit und Gutmütigkeit des Beschwerdeführers zu einem Beschäftigungsverhältnis führte.

Ebenfalls kann davon ausgegangen werden, dass mit dieser Fahrt ohne damals noch bestehender Lenkberechtigung für die „E“ keine nachteiligen Beeinträchtigungen für andere Verkehrsteilnehmer einhergegangen sind. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, weil dieser Fahrer im Ergebnis über die kurze Zeit später bereits durch die bestandene Fahrprüfung und entsprechend erteilten Lenkberechtigung über die erforderliche Qualifikation im Grunde schon am 23. 6. 2014 (Vorfallszeitpunkt) verfügt hatte.

Der Beschwerdeführer machte einen sehr glaubwürdigen und soliden Eindruck. Das Landesverwaltungsgericht geht daher in der Beurteilung seines Verschuldens von einem bloß geringfügigen Verschuldensgrad aus wobei insbesondere eine offenkundig gezielt herbeigeführte Täuschung ihn dazu brachte zu glauben, dass der bei ihm Beschäftigung suchende Fahrer schon damals über die erforderliche Berechtigung zum Lenken eines Lastkraftwagenzuges verfügt hatte.

 

 

 

IV.1. Zur Strafzumessung hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs.1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (Abs.2 leg.cit).

 

Diese Umstände sind jedoch insbesondere mit Blick auf § 34 Abs.1 Z12 StGB, dessen Beurteilungskriterien durch § 19 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren gelten, als Milderungsgründe zu qualifizieren und daher zu berücksichtigen.

Dies darf unter Bedachtnahme auf das Sachlichkeitsgebot (Ungleiches in der Strafsanktion nicht gleich zu behandeln)  nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. dazu die Oö. UVS-Erk. v. 08.02.2005, VwSen-160237/5/Br/Wü, sowie v. 9.2.1998, VwSen-105157/5/BR).

 

Im Rahmen der Rechtsprechung gilt es die Einzelfallgerechtigkeit zu wahren und unsachliche Ergebnisse in entsprechender Wertung ungleicher Ausgangslagen zu vermeiden (so auch UVS v. 19.06.1995, VwSen-102913/2/Gu/Atz).

        

Angesichts der hier vorliegenden Tatumstände galt es daher auch in diesem Fall den Unwert des Deliktes  zu differenzieren um im Sinne der Sachlichkeit und Gerechtigkeit entsprechend zu werten und die Geldstrafe letztlich tatschuldangemessen festzulegen. Eine Verfahrenseinstellung oder ein Vorgehen nach § 45 Abs.1 Z4 VStG kommt jedoch nicht in Betracht, weil letztlich ein Gewerbetreibender nur durch den Vorweis einer entsprechenden Urkunde (hier Führerschein oder Ersatzbescheinigung) der von ihm verlangten Sorgfaltspflicht nachkommt. Die von der Behörde angenommene Unwahrhaftigkeit mit dem vom Beschwerdeführer ermöglichten Lenken ohne der erforderlichen Lenk-berechtigung „E“ kann im Lichte der oben getroffenen Feststellungen in diesem Umfang nicht gefolgt werden.

Bei der Strafzumessung war nunmehr insbesondere auch die zweifellos ungünstigere Einkommenssituation, als diese seitens der Behörde mit 1.000 Euro angenommen wurden, zu berücksichtigen gewesen. Ebenso die unberücksichtigt gebliebenen Sorgepflichten und letztlich ebenso die offenbar bestehende Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, welche den Ausspruch einer deutlich geringeren Strafe sachlich geboten erscheinen ließ.

 

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Frage der undifferenzierten Strafpraxis eines alkoholisierten Radfahrers im Verhältnis zu dem eine ungleich höhere abstrakte Gefahr indizierenden Lenker eines Kraftfahrzeuges, insbesondere eines etwa über 40 Tonnen schweren Lastkraftwagens, vor dem Hintergrund zu der dazu ergangenen UVS-Spruchpraxis, vom Verwaltungsgerichtshof dazu bislang keine Aussage getroffen wurde.

Wie oben ausgeführt, sah sich in vielen Entscheidungen auch der Unabhängige Verwaltungssenat mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot zur Anwendung des § 20 VStG immer wieder veranlasst um dadurch die hohe Mindeststrafe in ein angemessenes Verhältnis zum Tatunwert zu bringen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r