LVwG-500071/15/KLE/AK LVwG-500072/15/KLE/AK LVwG-500073/15/KLE/AK LVwG-500074/15/KLE/AK LVwG-500075/15/KLE/AK LVwG-500076/14/KLE/AK

Linz, 13.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Beschwerden von C B aus L, vertreten durch Rechtsanwalt G L aus W, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck jeweils vom 16. Mai 2014, Agrar96-2-2013, Agrar96-3-2013, Agrar96-4-2013, Agrar96-5-2013, Agrar96-6-2013, Agrar96-7-2013, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von je 20 Euro, insgesamt 120 Euro, zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck jeweils vom 16. Mai 2014, Agrar96-2-2013, Agrar96-3-2013, Agrar96-4-2013,
Agrar96-5-2013, Agrar96-6-2013, Agrar96-7-2013, wurden über den Beschwerde­führer wegen Übertretungen des § 9 VStG iVm § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 iVm § 3 Abs. 1 leg. cit. Geldstrafen in der Höhe von je 100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 60 Stunden, gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 verhängt. Das jeweils beschlagnahmte Pflanzenschutzmittel wurde für verfallen erklärt.

Ferner hat der Beschwerdeführer gemäß § 64 VStG je 10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe und je 851,22 Euro Gebühren für die Tätigkeit des Bundesamtes für Ernährungssicherheit, zu zahlen.

 

Dem Beschwerdeführer wird als Verantwortlicher und somit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ des Betriebes B und G M, Inh. C B aus L, zur Last gelegt, dass am 6. Februar 2013 im angeführten Unternehmen das im Folgenden jeweils näher angeführte Pflanzenschutzmittel gelagert und für den Verkauf vorrätig gehalten worden sei, obwohl die Zulassung aufgehoben worden sei und die Abverkaufsfrist bereits geendet habe. Es seien somit nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht worden.

 

1. Zu Agrar96-2-2013:

18 x 20 ml des Pflanzenschutzmittels „Systemschutz D“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2452,

Zulassungsende: 25.7.2003, Abverkaufsfrist 31.12.2003

 

2. Zu Agrar96-3-2013:

3 x 1 kg des Pflanzenschutzmittels „Moosvernichter“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2085,

Zulassungsende 28.2.2010, Abverkaufsfrist 28.2.2011

 

3. Zu Agrar96-4-2013:

6 x 250 ml des Pflanzenschutzmittels „Decis“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2111,

Zulassungsende 31.10.2007, Abverkaufsfrist: 31.10.2008

 

4. Zu Agrar96-5-2013:

1 x 100 ml des Pflanzenschutzmittels „Paramaag-Sommer“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 523,

Zulassungsende 30.6.2010, Abverkaufsfrist 30.6.2011

 

5. Zu Agrar96-6-2013:

1 x 100 ml des Pflanzenschutzmittels „Dursban 2E“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 1871,

Zulassungsende 31.12.2006, Abverkaufsfrist 31.12.2007

 

6. Zu Agrar96-7-2013:

3 x 12 Stk. des Pflanzenschutzmittels „Celaflor Blattlausfrei Pflaster“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2587-01,

Zulassungsende 31.12.2006, Abverkaufsfrist 31.12.2007

 

Gegen diese Straferkenntnisse richten sich die rechtzeitig eingebrachten Beschwerden, mit denen beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen sowie den Beschwerden Folge zu geben, die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde Folgendes ausgeführt:

„1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, entgegen § 9 VStG iVm § 15 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 nicht bestraft zu werden.

2. Mit dem Straferkenntnis zu Geschäftszahl Agrar96-4-2013 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde der Beschwerdeführer bestraft, weil er ein Pflanzenschutzmittel mit der Handelsbezeichnung „Decis“ für den Verkauf vorrätig gehalten haben soll; mit dem Straferkenntnis zu Geschäftszahl
Agrar96-5-2013 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde der Beschwerde­führer bestraft, weil er ein Pflanzenschutzmittel mit der Handels­bezeichnung „Paramaag-Sommer“ für den Verkauf vorrätig gehalten haben soll. Diese beiden  Pflanzenschutzmittel werden vom jeweiligen Hersteller mit denselben Wirkstoffen und in derselben Formulierung unverändert hergestellt und sind nach wie vor zugelassen; beim Pflanzenschutzmittel „Decis“ hat der Hersteller auch die Handelsbezeichnung beibehalten. Beim Pflanzenschutzmittel „Paramaag-Sommer“ wurde die Handelsbezeichnung lediglich geringfügig in „Para-Sommer“ geändert. Da sich weder der Hersteller noch die enthaltenen Wirkstoffe und die Formulierungen entscheidungswesentlich geändert haben, durfte dieses Pflanzenschutzmittel im angeblichen Tatzeitpunkt unverändert in Verkehr gebracht werden, ohne dass es einer zusätzlichen Zulassung bedurfte.

3. Der im Verfahren Agrar96-3-2013 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verfahrensgegenständliche „Moosvernichter“ ist kein Pflanzenschutzmittel im Sinne des Pflanzenschutzmittelgesetzes.

4. Selbst wenn man entgegen dem obigen Vorbringen davon ausgehen wollte, dass der objektive Tatbestand einer der Verwaltungsübertretungen erfüllt sein sollte, so würde eine Bestrafung des Beschwerdeführers dennoch ausscheiden. Es liegen nämlich sämtliche Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gemäß § 45 VStG vor. Insbesondere ist hervorzuheben, dass ein allfälliges Verschulden des Beschwerdeführers - sofern es überhaupt vorliegt - als äußerst gering einzustufen ist.

Dies ergibt sich in Bezug auf die Produkte mit den Handelsbezeichnungen „Decis“ und „Paramaag-Sommer“ schon daraus, dass der jeweilige Hersteller diese Produkte unverändert herstellt und dass sie auch zugelassen sind; alleine aus dem Umstand, dass sich im Fall von „Decis“ bei gleicher Handelsbezeichnung (!) die Zulassungsnummer bzw. im anderen Fall die Handelsbezeichnung geringfügig geändert hat, kann kein Verschulden des Beschwerdeführers abgeleitet werden.

Außerdem waren von allen beanstandeten Produkten jeweils nur äußerst geringfügige Mengen vorhanden; es handelte sich offensichtlich um Restmengen, die der Beschwerdeführer seinem Vorlieferanten zurückgeben hätte können. Gemäß § 3 Abs. 3 Pflanzenschutzmittelgesetz sind Abnehmer nämlich berechtigt, Pflanzenschutzmittel, die nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, dem Abgeber zurückzugeben. Der Abgeber ist zu deren kostenloser Rücknahme einschließlich ihrer Verpackungen verpflichtet. Dass der Beschwerdeführer diese Rückgabe vergessen hat, stellt äußerstenfalls ein sehr geringfügiges Verschulden dar.

Da die Produkte tatsächlich nicht verkauft worden sind, ist evident, dass die „Tat“ keinerlei Folgen gehabt hat.

5. Seitens des Bundesamtes für Ernährungssicherheit wurde am 6. Februar 2013 eine einzige Kontrolle durchgeführt, in deren Rahmen die sechs verfahrens­gegenständlichen Produkte beanstandet wurden. Für jedes der beanstandeten Produkte hat die Verwaltungsbehörde I. Instanz eine in Anbetracht des Strafrahmens am unteren Rand angesiedelte Geldstrafe in Höhe von jeweils
100 Euro verhängt. Zusätzlich wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, für jedes beanstandete Produkt „Gebühren“ für die Tätigkeit des Bundesamtes für Ernährungssicherheit in Höhe von jeweils 855,22 Euro zu bezahlen, das sind insgesamt „Gebühren“ in Höhe von 5107,32 Euro.

Für diese „Gebühren“ liegt keine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage vor. Dies gilt sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.

Diese „Gebühren“ stehen in keinem sachlich zu rechtfertigenden Verhältnis zur Höhe der verhängten Strafe und zum Gewicht der zu ahndenden Verwaltungs­übertretung; derartige „Gebühren“ wirken im Ergebnis in unzulässiger Weise wie eine Mindeststrafe.

Diese Gebühren sind offensichtlich auch weit höher, als es zur Kostendeckung notwendig wäre. Die Kosten eines einzigen Kontrollvorganges sind völlig unabhängig davon, ob überhaupt ein Produkt beanstandet wird, und wenn ja, wie viele Produkte beanstandet werden. Die willkürliche Vervielfältigung von „Gebühren“, die sich nur daraus ergibt, dass aus einem einheitlichen Vorgang nachträglich mehrere Akten gemacht werden, entspricht nicht dem gesetzlich vorgesehenen Kostendeckungsprinzip.

Der Zuspruch derartiger „Gebühren“ führt außerdem zu einer unsachlichen einseitigen Bevorzugung der Amtspartei; ein Kostenersatz an den Beschwerde­führer ist nämlich in den Verfahrensgesetzen selbst dann nicht vorgesehen, wenn der Beschwerdeführer obsiegt und das Verfahren zur Gänze eingestellt wird.

Ungeachtet dieser Bedenken gegen eine verfassungs- und gesetzeskonforme Grundlage der vorgeschriebenen „Gebühren“ wird weiters geltend gemacht, dass den angefochtenen Straferkenntnissen nicht zu entnehmen ist, wie sich die Gebühren für die Tätigkeit des Bundesamtes für Ernährungssicherheit zusam­mensetzen sollen. Es wird ausdrücklich bestritten, dass das Bundesamt für Ernährungssicherheit Tätigkeiten erbracht haben soll, für welche Gebühren in der zugesprochenen Höhe vorgesehen werden.

6. Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz hat keine ordentlichen Ermittlungs­verfahren durchgeführt und in den angefochtenen Straferkenntnissen weder detaillierte Feststellungen getroffen noch schlüssige Begründungen angeführt.

Die Verwaltungsbehörde I. Instanz hat daher ihrer gesetzlichen Pflicht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sowie ihrer gesetz­lichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen. Hätte die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht ent­sprochen, wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer einzustellen sind, jedenfalls wäre sie aber zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Beschwerdeführer keine Gebühren für die Tätigkeit des Bundesamtes für Ernährungssicherheit vorzuschreiben sind.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerden samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakten dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich vorgelegt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An der Verhandlung nahmen die Vertreterin der belangten Behörde, die Vertreterin des Bundesamtes für Ernährungssicherheit und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers teil.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Anlässlich einer am 6. Februar 2013 im Betrieb B & G M, Inh. C B aus L, durchgeführten Kontrolle wurden in einem Präsentationsschrank im Kundenbereich des Geschäftslokales des kontrollierten Betriebes folgende Pflanzenschutzmittel vorgefunden:

1. Zu Agrar96-2-2013:

18 x 20 ml des Pflanzenschutzmittels „Systemschutz D“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2452,

Zulassungsende: 25.7.2003, Abverkaufsfrist 31.12.2003

 

 

 

 

2. Zu Agrar96-3-2013:

3 x 1 kg des Pflanzenschutzmittels „Moosvernichter“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2085,

Zulassungsende 28.2.2010, Abverkaufsfrist 28.2.2011

 

3. Zu Agrar96-4-2013:

6 x 250 ml des Pflanzenschutzmittels „Decis“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2111,

Zulassungsende 31.10.2007, Abverkaufsfrist: 31.10.2008

 

4. Zu Agrar96-5-2013:

1 x 100 ml des Pflanzenschutzmittels „Paramaag-Sommer“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 523,

Zulassungsende 30.6.2010, Abverkaufsfrist 30.6.2011

 

5. Zu Agrar96-6-2013:

1 x 100 ml des Pflanzenschutzmittels „Dursban 2E“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 1871,

Zulassungsende 31.12.2006, Abverkaufsfrist 31.12.2007

 

6. Zu Agrar96-7-2013:

3 x 12 Stk. des Pflanzenschutzmittels „Celaflor Blattlausfrei Pflaster“,

amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2587-01,

Zulassungsende 31.12.2006, Abverkaufsfrist 31.12.2007

 

Hinweise, dass die angeführten Produkte zur Entsorgung bereit gestellt waren, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Bei den angeführten Produkten handelt es sich um im Pflanzenschutz­mittelregister eingetragene Pflanzenschutzmittel mit einem Zulassungsende und einer Abverkaufsfrist. Zum Tatzeitpunkt war das Zulassungsende erreicht bzw. die Abverkaufsfrist verstrichen.

 

Diese Feststellungen ergeben sich auf Grund der von der Behörde vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsstrafakten und den Vorbringen der Parteien bzw. des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhand­lung.

 

Das Pflanzenschutzmittel Decis (amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2111, Zulassungsende 31.10.2007, Abverkaufsfrist: 31.10.2008) war zum Tatzeitpunkt am 6. Februar 2013 nicht zugelassen bzw. war auch die Abverkaufsfrist verstrichen. Die Zulassung war somit mehr als 5 Jahre abgelaufen.

 

Das in der Beschwerde angeführte Produkt Para Sommer, als Nachfolger von Paramaag-Sommer, wurde mit der amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 3354 erst ab 26. Juli 2013, also nach dem Tatzeitpunkt (6. Februar 2013) zugelassen. Zur Tatzeit bestand somit keine Zulassung des Produktes oder des Nachfolgeproduktes.

 

Beim Moosvernichter (amtl. Pflanzenschutzmittelregisternummer 2085, Zulas­sungs­ende 28.2.2010, Abverkaufsfrist 28.2.2011) handelt es sich unzweifelhaft ebenfalls um ein im Pflanzenschutzmittelregister eingetragenes Pflanzenschutz­mittel, dessen Zulassung bzw. Abverkaufsfrist im gegenständlichen Fall abge­laufen ist.

 

Es erübrigte sich daher, einen Sachverständigenbeweis einzuholen, da die beanstandeten Produkte bereits zugelassen waren und die Zulassung geendet hat. Es handelte sich daher jeweils um Pflanzenschutzmittel im Sinne des § 3 Pflanzenschutzmittelgesetz.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

§ 3 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 lautet:

(1) Pflanzenschutzmittel und Zusatzstoffe dürfen nur dann zum Zwecke des Verkaufes oder der sonstigen Abgabe an andere gelagert oder vorrätig gehalten oder auf sonstige Weise in Verkehr gebracht oder beworben werden, wenn den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einschließlich der darauf beruhenden Verordnungen und den Rechtsvorschriften der Europäischen Union entsprochen wird.

(2) Pflanzenschutzmittel,

1.   auf die nachweislich die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Buchstaben c und d der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zutreffen oder

2.   die nachweislich zur Entsorgung oder Rückgabe an den Abgeber gelagert werden,

sind unverzüglich so zu kennzeichnen, dass eindeutig der vorgesehene Bestimmungszweck daraus hervorgeht. Die Nachweise sind durch Dokumentation der maßgeblichen Unterlagen, insbesondere hinsichtlich der Herkunft und der Bestimmung der Pflanzenschutzmittel, zu erbringen.

(3) Abnehmer sind berechtigt, Pflanzenschutzmittel, die nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, dem Abgeber zurückzugeben. Der Abgeber ist zu deren kostenloser Rücknahme einschließlich ihrer Verpackungen verpflichtet, sofern die Rückgabe in den Originalverpackungen ohne Beigabe anderer Stoffe oder Zube­reitungen erfolgt und der Abnehmer dem Abgeber über dessen Verlangen seine Identität nachgewiesen hat.

 

Artikel 28 Abs. 2 Verordnung (EG Nr. 1107/2009):

Abweichend von Absatz 1 ist in folgenden Fällen keine Zulassung erforderlich:

[…]

c) Herstellung, Lagerung und Verbringung eines Pflanzenschutzmittels, das zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt ist, sofern das Mittel in dem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist und der Mitgliedstaat, in dem es hergestellt, gelagert oder transportiert wird, Inspektionsanforderungen fest­gelegt hat, um sicherzustellen, dass das Pflanzenschutzmittel nicht auf seinem Hoheitsgebiet verwendet wird;

d) Herstellung, Lagerung und Verbringung eines Pflanzenschutzmittels, das zur Verwendung in einem Drittland bestimmt ist, sofern der Mitgliedstaat, in dem es hergestellt, gelagert oder transportiert wird, Inspektionsanforderungen fest­gelegt hat, um sicherzustellen, dass das Pflanzenschutzmittel aus seinem Hoheitsgebiet ausgeführt wird […].

 

Nach § 4 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 sind zugelassene und geneh­migte Pflanzenschutzmittel in das beim Bundesamt für Ernährungssicherheit zu führende Pflanzenschutzmittelregister einzutragen.

 

An den vorgefundenen Pflanzenschutzmitteln bzw. an deren Auffindungsplatz war keine Kennzeichnung angebracht, die auf eine andere oder besondere Verwen­dung oder Bereithaltung zur Entsorgung hinweisen würde.

 

Für die verfahrensgegenständlichen Produkte lag zum Tatzeitpunkt keine aufrechte Zulassung vor und war damit auch die Voraussetzung für ein gewerbs­mäßiges Inverkehrbringen nicht (mehr) gegeben. Es handelt sich daher um gemäß § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 nicht zugelassene Pflanzen­schutzmittel. Die Pflanzenschutzmittel wurden in einem Präsentationsschrank im Kundenbereich des Geschäftslokals gemeinsam mit anderen verkehrsfähigen Pflanzenschutzmitteln, das heißt ohne räumliche Trennung, vorgefunden.

 

Die Erfüllung des objektiven Tatbestandes steht somit unzweifelhaft fest.

 

Da zum Tatzeitpunkt einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 Pflanzen­schutz­mittelgesetz 2011 der Eintritt weder eines Schadens noch einer Gefahr gehört und über das Verschulden in der betreffenden Verwaltungsvorschrift keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei Ungehorsamsdelikten hat der Beschuldigte die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und dabei initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.

 

Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Beschwerde­führer entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätte können, sodass gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung als erfüllt zu bewerten.

 

Gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a begeht, wer Tätigkeiten entgegen § 3 Abs. 1 oder 2 oder § 4 Abs. 1 ausübt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwal­tungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld­strafe bis zu 15 000 Euro, im Wiederholungsfall bis 30 000 Euro, zu bestra­fen.

 

Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

 

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen vermag das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgend­einer Weise überschritten haben könnte.

 

Der Beschwerdeführer hat keine Sorgepflichten und ein Einkommen von monat­lich durchschnittlich 1000 Euro. Das Unternehmen wirft derzeit keinen Gewinn ab und es bestehen Schulden in der Höhe von 500.000 Euro.

 

Aus spezialpräventiven Gründen ist die verhängte Strafe unbedingt notwendig, um den Beschwerdeführer von weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Auch aus generalpräventiven Überlegungen bedarf es der Strafhöhe, um auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der pflanzenschutz­recht­lichen Bestimmungen von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist daher der Ansicht, dass die von der Behörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils 100 Euro (Ersatz­freiheitsstrafe 60 Stunden) tat- und schuldangemessen und in der festgesetzten Höhe erforderlich sind, um den Beschwerdeführer wirksam von weiteren einschlä­gigen Tatbegehungen abzuhalten.

 

Die Geldstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen, liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt lediglich 0,7 % der möglichen Höchststrafe.

§ 45 Abs. 1 letzter Satz VStG konnte nicht angewendet werden, da das Ver­schulden des Beschwerdeführers nicht gering war. Das tatbildmäßige Verhalten ist nicht erheblich hinter dem Schuld- und Unwertgehalt zurück­geblieben, den die betreffende Strafnorm typisiert.

 

Zur Vorschreibung der Gebühren des Bundesamtes für Ernährungssicherheit:

Nach § 18 Abs. 6 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 ist für Tätigkeiten des Bundes­amtes für Ernährungssicherheit im Rahmen der Vollziehung dieses Bundes­gesetzes eine Gebühr gemäß § 6 Abs. 6 GESG zu entrichten.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 GESG obliegt dem Bundesamt für Ernährungssicherheit die Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes.

 

Nach § 6 Abs. 6 GESG ist für Tätigkeiten des Bundesamtes für Ernährungs­sicherheit anlässlich der Vollziehung der in Abs. 1 angeführten hoheitlichen Aufgaben eine Gebühr nach Maßgabe eines Tarifes (§ 57 AVG) zu entrichten, den das Bundesamt für Ernährungssicherheit mit Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des Bundes­ministers für Finanzen kostendeckend festzusetzen hat. Die Zustimmung gilt als erteilt, sofern innerhalb einer Frist von einem Monat ab Einlangen im jeweiligen Ressort kein schriftlicher Widerspruch durch zumindest einen der angeführten Bundesminister erfolgt. In diesem Tarif können Vorschriften über die Einhebung der Gebühr, insbesondere über den Zeitpunkt der Entrichtung, vorgesehen werden. Bis zur Erlassung dieses Tarifes bleiben die nach den in Abs. 1 ange­führten Bundesgesetzen jeweils erlassenen Tarife in Geltung. Gebühren für Tätigkeiten anlässlich der Kontrolle, ausgenommen solcher, welche nach gemein­schaftsrechtlichen Vorschriften vorgeschrieben sind, fallen jedoch nur dann an, wenn Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen der in Abs. 1 angeführten Bundesgesetze festgestellt werden. Im Verwaltungsstrafverfahren sind im Straferkenntnis dem Beschuldigten neben einer Verwaltungsstrafe die Gebühren vorzuschreiben; diese sind unmittelbar an das Bundesamt für Ernährungs­sicherheit zu entrichten.

 

Auf Grund des § 6 Abs. 6 GESG wurde vom Bundesamt für Ernährungssicherheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Finanzen ihr Gebührentarif für Tätigkeiten im Rahmen der Vollziehung des DMG 1994, FMG 1999, PMG 2011 und SaatG 1997, VNG 2007, MOG 2007 (Kontrollgebührentarif 2013 - KGT 2013) erlassen.

 

Der KGT 2013 sieht in § 1 Abs. 1 vor, dass die Gebühren für die in der Anlage angeführten Tätigkeiten des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im Rahmen der Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011, die aufgrund von Zuwider­handlungen gegen dieses Gesetz anfallen, in der Anlage festgesetzt werden.

 

Die Anlage lautet auszugsweise:

 

Allgemeine Gebühren

Code Nr.

 

Gebühr/Einheit in €

0

Allgemeine Gebühren

 

01003

Anfahrtspauschale im Zuge der Überwachung, Kontrolle und Autorisierung

99,08

 

Gebühren Kontrollgebührentarif 2013

Code Nr.

 

Gebühr/Einheit in €

1

Gebühren bei Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen […] Pflanzenschutzmittelgesetzes […] im Falle einer Anzeige (exclusive der Kosten für die Probenahme, Prüfung und Bewertung) je festgestellter Verwaltungsübertretung

 

12010

Kosten für Kontrolltätigkeiten vor Ort ausgenom­men jene für die vorläufige Beschlagnahme

110,47

12011

Kosten für innerdienstliche administrative, verwal­tungs­rechtliche und schriftliche Folgetätigkeiten

245,50

12012

Kosten für Tätigkeiten im Rahmen der vorläufigen Beschlagnahme vor Ort

110,47

12013

Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anfor­derungen und schriftliche Folgetätigkeiten (je nach Aufwand, jedoch mindestens)

368,27

 

 

Das Bundesamt für Ernährungssicherheit beantragte im Rahmen jeder Anzeige vom 18. Februar 2013 für seine Tätigkeiten Gebühren gemäß Gebührentarif vom 1. Jänner 2013 (Kontrollgebührentarif 2013) wie folgt:

 

 

Code Nr.

 

Gebühr in Euro

01003

Anfahrtspauschale im Zuge der Über­wachung, Kontrolle und Autorisie­rung (anteilig)

16,51

12010

Kosten für Kontrolltätigkeiten vor Ort ausgenommen jene für die vorläufige Beschlagnahme

110,47

12011

Kosten für innerdienstliche administra­tive, verwaltungsrechtliche und schriftliche Folgetätigkeiten

245,50

12012

Kosten für Tätigkeiten im Rahmen der vorläufigen Beschlagnahme vor Ort

110,47

12013

Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anforderungen und schriftliche Folgetätigkeiten (je nach Aufwand, jedoch mindestens)

368,27

 

 

Gesamtsumme 851,22

 

 

Die Gesamtsumme von 851,22 Euro wurde dem Beschwerdeführer mit jedem angefochtenen Straferkenntnis vorgeschrieben.

 

Zu den vom Bundesamt für Ernährungssicherheit vorgeschriebenen Gebühren ist auszuführen, dass dem Beschwerdeführer zwar insoweit zu folgen ist, als lediglich eine Kontrolle an einem Tag durch das Kontrollorgan des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im Betrieb stattgefunden hat, jedoch die Kosten für die Bearbeitung vor Ort (Gebührencode Nr. 12010) für jedes einzelne vor Ort zu überprüfende Pflanzenschutzmittel insofern anfallen, als bei Auffälligkeiten eines Produktes eine Überprüfung der Zulassung sowie der Abverkaufsfrist etc. durch­geführt wird. Dies gilt auch für die Vorschreibung der Kosten für das Kontroll­verfahren und die Beschlagnahme, welche schließlich ebenfalls für jedes einzelne Produkt durchgeführt wurde, wie sich aus der Bescheinigung gemäß § 10 Abs. 5 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 ergibt.

 

Der vom Beschwerdeführer beanstandete Mehraufwand ergab sich schließlich dadurch, dass mehrere unterschiedliche Pflanzenschutzmittel, welche nicht in Verkehr hätten gebracht werden dürfen, vorgefunden wurden und jeweils jedes einzelne Produkt überprüft werden musste. Die Anfahrtspauschale (Gebühr laut Kontrollgebührentarif Code Nr. 01003: 16,51 Euro) wurde ohnehin anteilsmäßig vorgeschrieben.

 

Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 6 Abs. 6 GESG. Die vom Bundesamt für Ernährungssicherheit geltend gemachten Gebühren betreffen allesamt Tätig­keiten, die in der Anlage des Kontrollgebührentarifes 2013, der auf Grund des
§ 6 Abs. 6 GESG vom Bundesamt für Ernährungssicherheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Finanzen erlassen wurde, aufgelistet sind.

 

Dem Bundesamt für Ernährungssicherheit gebührt daher für jede Anzeige, d.h. für jede Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes, ein Ersatz der im Kon­troll­gebührentarif 2013 angeführten Gebühren im begehrten Ausmaß.

 

Diese Gebühren sind unabhängig von der Strafhöhe bzw. dem Unwert der begangenen Verwaltungsübertretung vorzuschreiben.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­ver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 11. März 2015, Zl.: E 1803/2014-4

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 29. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/07/0082-5